2230 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXIV. GP
Bericht
des Ausschusses für Arbeit und Soziales
über die Regierungsvorlage (2139 der Beilagen): Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Vorbereitenden Kommission für die Organisation des Vertrages über das umfassende Verbot von Nuklearversuchen über soziale Sicherheit
1. Allgemeine Überlegungen
Das vorliegende Abkommen über soziale Sicherheit mit der Vorbereitenden Kommission für die Organisation des Vertrages über das umfassende Verbot von Nuklearversuchen (im Folgenden: CTBTO) hat gesetzändernden bzw. gesetzesergänzenden Inhalt und bedarf daher der Genehmigung des Nationalrats gemäß Art. 50 Abs. 1 Z 1 B‑VG. Es hat nicht politischen Charakter. Es ist der unmittelbaren Anwendung im innerstaatlichen Rechtsbereich zugänglich, sodass ein Beschluss gemäß Art. 50 Abs. 2 Z 3 B‑VG, dass dieser Staatsvertrag durch Erlassung von Gesetzen zu erfüllen ist, nicht erforderlich ist. Da durch das Abkommen keine Angelegenheiten des selbständigen Wirkungsbereiches der Länder geregelt werden, bedarf es keiner Zustimmung des Bundesrates gemäß Art. 50 Abs. 2 Z 2 B‑VG.
Im EU-Bereich stehen hinsichtlich von Abkommen über soziale Sicherheit mit internationalen Organisationen keine europarechtlichen Vorschriften in Kraft, sodass die Mitgliedstaaten einen diesbezüglichen Gestaltungsspielraum haben.
2. Werdegang des Abkommens
Die CTBTO ist eine internationale Organisation, die bereits seit Längerem ihren Amtssitz in Wien hat. Der Rechtsstatus der CTBTO wurde in verschiedenen Schritten geregelt, die zum besseren Verständnis dieses Abkommens kurz dargestellt werden müssen. Zunächst wurde auf der Grundlage des Privilegiengesetzes (BGBl. Nr. 677/1977) für die CTBTO eine Verordnung der Bundesregierung über die Einräumung von Privilegien und Immunitäten an die CTBTO, die ausländischen Ständigen Vertretungen, die Angestellten und die Sachverständigen in Bezug auf die CTBTO erlassen (BGBl. II Nr. 63/1997 - im Folgenden: PrivilegienVO).
Gemäß § 1 dieser PrivilegienVO wurden der CTBTO und den Angestellten der Organisation Privilegien und Immunitäten im gleichen Umfang gewährt, wie sie den Vereinten Nationen und ihren vergleichbaren Bediensteten auf Grund von bestehenden Verträgen eingeräumt werden. Damit galt im Bereich der Sozialversicherung für die CTBTO im Wege des Notenwechsels zwischen der Republik Österreich und den Vereinten Nationen betreffend die modifizierte Anwendbarkeit des Abkommens über soziale Sicherheit mit der UNIDO auf weitere in Österreich errichtete Ämter der Vereinten Nationen (BGBl. Nr. 340/1983) dieselbe Rechtslage wie für UNIDO-Angestellte aufgrund des erwähnten Abkommens (BGBl. Nr. 424/1971). Dies hatte insbesondere eine Befreiung aller Angestellten von der österreichischen Sozialversicherungspflicht verbunden mit einem Wahlrecht, jedem einzelnen Zweig beizutreten (Art. 2 des Abkommens über soziale Sicherheit mit der UNIDO), aber auch eine Übertragung von Pensionsansprüchen durch Überweisungsbeträge (Art. 6 und 7 des Abkommens über soziale Sicherheit mit der UNIDO), zur Folge.
Diese PrivilegienVO ist allerdings bereits am 1.11.1997 durch das In-Kraft-Treten des Abkommens zwischen der Republik Österreich und der CTBTO über den Amtssitz der Organisation (im Folgenden: CTBTO-Amtssitzabkommen), BGBl. III Nr. 188/1997, außer Kraft getreten (§ 4 der PrivilegienVO).
Ab diesem Zeitpunkt ist für die Frage der Befreiung von der österreichischen Sozialversicherung nur das CTBTO-Amtssitzabkommen maßgebend. Nach Abschnitt 30 dieses Amtssitzabkommens sind zwar zunächst ebenfalls alle Angestellten von der österreichischen Sozialversicherung befreit, nach Abschnitt 49 erstreckt sich diese Befreiung allerdings nicht auf österreichische Staatsbürger und Staatenlose mit Wohnsitz in Österreich. Für die Regelung aller weiteren sozialversicherungsrechtlichen Aspekte (insbesondere die Ermöglichung eines freiwilligen Beitritts all jener Angestellten zur österreichischen Sozialversicherung, die an Sozialversicherungseinrichtungen der CTBTO nicht teilhaben) soll ein gesondertes Abkommen über soziale Sicherheit geschlossen werden (Abschnitt 31 des CTBTO-Amtssitzabkommens).
Allerdings vertrat die CTBTO die Auffassung, dass durch das Amtssitzabkommen kein Rückschritt im Vergleich zur bisherigen Rechtslage (nach der PrivilegienVO) eingetreten sein könne. Daher ging die CTBTO von einer pragmatischen Weitergeltung derselben Rechtslage wie für die UNIDO-Angestellten aus, was insbesondere ein Fortwirken der Befreiung auch für die österreichschen Staatsbürger (und der Staatenlosen, auf die im Weiteren allerdings nicht mehr näher eingegangen wird) zur Folge gehabt hätte.
Ab jenem Zeitpunkt, in dem diese Auffassungsunterschiede bekannt wurden, waren die CTBTO und die Republik Österreich bestrebt, durch ein Abkommen über soziale Sicherheit gemäß Abschnitt 31 des CTBTO-Amtssitzabkommens die erforderliche rechtliche Klarheit zu schaffen. Wegen der Vorbildwirkung der Regelungen im Verhältnis zur UNIDO und zu den sonstigen Ämtern der Vereinten Nationen in Wien musste allerdings zunächst der Abschluss der diesbezüglichen neuen Abkommen abgewartet werden.
3. Das Abkommen im Allgemeinen
Das Abkommen orientiert sich in materiellrechtlicher Hinsicht grundsätzlich am Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Organisation der Vereinten Nationen für Industrielle Entwicklung betreffend die soziale Sicherheit der Angestellten dieser Organisation vom 23.4.2010, BGBl. III Nr. 111/2010 (im Folgenden: UNIDO-Abkommen) und dem Abkommen zwischen der Republik Österreich und den Vereinten Nationen über soziale Sicherheit ebenfalls vom 23.4.2010, BGBl. III Nr. 110/2010.
Das Abkommen gliedert sich in sechs Teile:
Teil I enthält die erforderlichen Begriffsbestimmungen.
Teil II enthält die Bestimmungen über den Umfang der Versicherung, wobei entsprechend den mit den anderen internationalen Organisationen in Wien bestehenden Regelungen, wie insbesondere auch im UNIDO-Abkommen allen Angestellten der CTBTO ein Wahlrecht hinsichtlich der einzelnen Versicherungszweige eingeräumt wird.
Teil III enthält die Bestimmungen im Zusammenhang mit der Aufnahme in den Vorsorgefonds und dem Ausscheiden aus diesem, wobei in diesen Fällen grundsätzlich die Möglichkeit einer Erstattung der Beiträge aus der österreichischen Pensionsversicherung bzw. der Leistung eines Überweisungsbetrages zum Nachkauf entsprechender österreichischer Versicherungszeiten vorgesehen ist.
Teil IV enthält verschiedene Bestimmungen über die Durchführung und Anwendung des Abkommens.
Die Teile V und VI enthalten die üblichen Übergangs- und Schlussbestimmungen, wobei aber auch auf die Sondersituation Rücksicht genommen werden musste, dass die CTBTO von einer Weitergeltung derselben Rechtslage wie im Verhältnis zur UNIDO auch nach In-Kraft-Treten des CTBTO-Amtssitzabkommens ausgegangen ist.
4. Finanzielle Auswirkungen
Eine genaue Abschätzung der finanziellen Auswirkungen des Abkommens hängt unter anderem von der Anzahl der Angestellten der CTBTO, der Dauer deren Tätigkeit bei dieser Organisation und davon ab, ob Ansprüche aus dem Vorsorgefonds der CTBTO erworben werden. Diese Elemente liegen außerhalb des Zuständigkeitsbereiches der Republik Österreich, so dass keine genauen Zahlen angegeben werden können.
Bei einem Angestellten, der aus der österreichischen Pensionsversicherung in den Vorsorgefonds der CTBTO wechselt, wird angenommen, dass er zuvor 10 Jahre in der österreichischen Pensionsversicherung mit Einkünften über der Höchstbeitragsgrundlage versichert war. Geht man von der Höchstbeitragsgrundlage für das Jahr 2011 aus und dem Beitragssatz von 10,25 %, so ergibt sich ein Überweisungsbetrag von ca. 60 000 €. Ein solcher Überweisungsbetrag belastet die österreichische Pensionsversicherung.
Überweisungsbeträge für Personen, die von der CTBTO ins österreichische Sozialversicherungssystem wechseln möchten, betragen ebenfalls bei der Annahme von 10 Jahren Zugehörigkeit zum Vorsorgefonds ca. 40 000 €, wobei immer von der Höchstbeitragsgrundlage und dem während des Übergangszeitraums ermäßigten Beitragssatz von 7 % ausgegangen wird. Diese Überweisungsbeträge lösen zwar in der Regel spätere Leistungsverpflichtungen der österreichischen Pensionsversicherung aus, stellen aber im Zeitpunkt der Leistung Einnahmen der österreichischen Pensionsversicherung dar. Wichtig ist ferner auch, dass ab 1. November 2015 aufgrund der Erhöhung dieses Beitragssatzes auf 20,25 % die Einnahmen der österreichischen Pensionsversicherung in jedem Einzelfall verdreifacht werden.
Unter Zugrundelegung der von der CTBTO zur Verfügung gestellten Personaldaten kann man für das Jahr 2011 annehmen, dass 1 Person zur CTBTO wechselt und 2 Personen aus dem Beschäftigungsverhältnis bei der CTBTO ausscheiden. Daraus würden sich Einnahmen für die Pensionsversicherung von 20 000 € ergeben. Für die Jahre 2012 - 2015 wird angenommen, dass jeweils 1 Person in beiden Fallkonstellationen betroffen ist, so dass sich eine Belastung von jährlich 20 000 € ergibt. Da die finanziellen Auswirkungen im Konkreten ganz wesentlich von den Intentionen der Betroffenen (die finanziell interessanten Parameter wie z. B. die Inanspruchnahme der Übertragung der Pensionsanwartschaften beruhen auf keiner Automatik, sonderen sind Optionen für die Betroffenen) abhängen, ist eine genauere Berechnung der finanziellen Auswirkungen leider nicht möglich.
Da das vorliegende Abkommen ausschließlich die Situation von Angestellten betrifft, die bei der CTBTO (einer internationalen Organisation) beschäftigt sind, und diesen verschiedene Wahlrechte zur Sicherstellung ihrer sozialen Absicherung einräumt und somit wesentliche Verbesserungen im Vergleich mit der Situation ohne Abkommen bringt, hat es keine Auswirkungen auf die Verwaltungskosten der Bürger/innen oder für Unternehmen.
Der gegenständliche Staatsvertrag hat gesetzändernden bzw. gesetzesergänzenden Charakter und bedarf daher gemäß Art. 50 Abs. 1 Z 1 B-VG der Genehmigung durch den Nationalrat.
Der Ausschuss für Arbeit und Soziales hat den gegenständlichen Staatsvertrag in seiner Sitzung am 14. März 2013 in Verhandlung genommen. Gem. § 37 Abs. 2 GOG-NR beschloss der Ausschuss für Arbeit und Soziales einstimmig den Abgeordneten Stefan Markowitz zur Teilnahme an der Sitzung mit beratender Stimme beizuziehen. Berichterstatterin im Ausschuss war die Abgeordnete Dr. Sabine Oberhauser, MAS.
Bei der Abstimmung wurde einstimmig beschlossen, dem Nationalrat die Genehmigung des Abschlusses dieses Staatsvertrages zu empfehlen.
Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Ausschuss für Arbeit und Soziales somit den Antrag, der Nationalrat wolle beschließen:
Der Abschluss des Staatsvertrages: Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Vorbereitenden Kommission für die Organisation des Vertrages über das umfassende Verbot von Nuklearversuchen über soziale Sicherheit (2139 der Beilagen) wird gemäß Art. 50 Abs. 1 Z 1 B-VG genehmigt.
Wien, 2013 03 14
Dr. Sabine Oberhauser, MAS Renate Csörgits
Berichterstatterin Obfrau