2231 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXIV. GP

 

Bericht

des Ausschusses für Arbeit und Soziales

über die Regierungsvorlage (2159 der Beilagen): Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Republik Indien über soziale Sicherheit

Allgemeine Überlegungen

Das Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Republik Indien über soziale Sicherheit hat gesetzändernden bzw. gesetzesergänzenden Inhalt und bedarf daher der Genehmigung des Nationalrats gemäß Art. 50 Abs. 1 Z 1 B‑VG. Es hat nicht politischen Charakter. Es ist nicht erforderlich, eine allfällige unmittelbare Anwendung des Abkommens im innerstaatlichen Rechtsbereich durch einen Beschluss gemäß Art. 50 Abs. 2 Z 3 B‑VG, dass dieser Staatsvertrag durch Erlassung von Gesetzen zu erfüllen ist, auszuschließen. Da durch das Abkommen keine Angelegenheiten des selbständigen Wirkungsbereiches der Länder geregelt werden, bedarf es keiner Zustimmung des Bundesrates gemäß Art. 50 Abs. 2 Z 2 B‑VG.

1. Werdegang des Abkommens

Im Hinblick auf die sich stetig intensivierenden Wirtschaftsbeziehungen mit der Republik Indien unterstützte Österreich das indische Interesse am Abschluss eines bilateralen Sozialversicherungsabkommens. Ende 2010 wurden Expertengespräche begonnen und konnten in nur zwei Besprechungsrunden erfolgreich im März 2011 auf Expertenebene abgeschlossen werden.

2. Das Abkommen im Allgemeinen

Das Abkommen entspricht in materiellrechtlicher Hinsicht weitestgehend den in letzter Zeit von Österreich geschlossenen Abkommen, wie insbesondere dem Abkommen über soziale Sicherheit mit der Republik Korea vom 23. Jänner 2010, BGBl. III Nr. 83/2010.

Das Abkommen ist in fünf Abschnitte gegliedert:

Abschnitt I enthält allgemeine Bestimmungen und legt im Wesentlichen den persönlichen und sachlichen Geltungsbereich, den Grundsatz der Gleichbehandlung sowie die Gebietsgleichstellung hinsichtlich der Gewährung von Geldleistungen aus der Pensionsversicherung fest.

Abschnitt II normiert in Bezug auf die jeweils hinsichtlich der Versicherungspflicht anzuwendenden Rechtsvorschriften den Grundsatz des Beschäftigungslandprinzips sowie davon abweichende Sonderregelungen (insbesondere eine Entsenderegelung) und sieht die Möglichkeit vor, im Einzelfall Ausnahmen hievon zu vereinbaren. Diese Regelungen werden grenzüberschreitend tätigen Unternehmen und Personen helfen, doppelte Beitragszahlungen zu vermeiden.

Im Bereich der Pensionsversicherung (Abschnitt III) erfolgt die Leistungsfeststellung unter Zusammenrechnung der in den beiden Vertragsstaaten zurückgelegten Versicherungszeiten für den Anspruch und unter Berechnung grundsätzlich entsprechend den in jedem Vertragsstaat zurückgelegten Versicherungszeiten, wobei eine Vereinheitlichung der zwischenstaatlichen Berechnung angestrebt wird.

Abschnitt IV enthält verschiedene Bestimmungen über die Durchführung und Anwendung des Abkommens.

Abschnitt V enthält Übergangs- und Schlussbestimmungen.

Im EU-Bereich stehen hinsichtlich von Abkommen über soziale Sicherheit mit Drittstaaten keine EU-Vorschriften in Kraft, sodass die Mitgliedstaaten einen diesbezüglichen Gestaltungsspielraum haben. Das vorliegende Abkommen entspricht aber den in diesem Bereich maßgebenden Grundsätzen der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 (ABl. Nr. L 200 vom 7.6.2004, S. 1). Der vom EuGH in der Rs C-55/00, Gottardo, unmittelbar aus Art. 45 AEUV (Arbeitnehmerfreizügigkeit) abgeleiteten Verpflichtung der Mitgliedstaaten, bei Abkommen mit Drittstaaten die Staatsangehörigen der anderen Mitgliedstaaten den jeweils eigenen Staatsangehörigen gleichzustellen, wird dadurch entsprochen, dass der persönliche Geltungsbereich des vorliegenden Abkommens unbeschränkt ist und daher alle versicherten Personen unabhängig von ihrer Staatsangehörigkeit erfasst und darüber hinaus auch eine eigene unilateral für Österreich wirkende Gleichbehandlungsregelung für die vom EU-Recht erfassten Personen vorgesehen wird.

3. Finanzielle Auswirkungen

Eine exakte Berechnung der finanziellen Auswirkungen des Abkommens ist im Bereich der Pensionsversicherung mangels geeigneter Daten nicht möglich. Dies betrifft vor allem auch die mögliche Zahl jener Personen, die erst auf Grund des Abkommens einen Pensionsanspruch geltend machen können, denn nur bei diesem Personenkreis kann das Abkommen finanzielle Auswirkungen haben. Wegen der vergleichbaren Ausgangssituation mit dem Abkommen mit der Slowakei (siehe 971 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXI. GP), das noch vor deren EU-Beitritt geschlossen wurde, können die für dieses Abkommen ermittelten Auswirkungen als Ausgangsbasis herangezogen werden. Im Hinblick auf die zuletzt in Österreich beschäftigten rund 2.950 indischen Staatsangehörigen und die damals im Verhältnis zur Slowakei herangezogenen rund 5.000 beschäftigten slowakischen Staatsangehörigen allerdings nur zu 59%.

Auch bei der Berechnung des Mehraufwandes aufgrund des Abkommens mit der Republik Indien muss berücksichtigt werden, dass in vielen Fällen mit Erreichen des normalen Pensionsalters ein Anspruch auch ohne Abkommen bestehen würde. Ferner werden auch von der Republik Indien nach Österreich Pensionen gezahlt werden. Durch die Überweisung dieser Leistungen nach Österreich reduzieren sich zum Teil die Ansprüche auf Ausgleichszulage bzw., soweit ohne Abkommen kein österreichischer Pensionsanspruch bestünde, auf entsprechende Leistungen aus der Sozialhilfe der Bundesländer.

Ausgehend von den bisherigen Erfahrungen kann daher im ersten Jahr nach dem Inkrafttreten des Abkommens mit Indien mit ca. 59 Neuzugängen und in den folgenden drei Jahren mit durchschnittlich ca. 12 Neuzugängen gerechnet werden (was jeweils 59% der Slowakei-Fälle entspricht), wobei der Berechnung des sich daraus ergebenden Pensionsaufwandes und damit der finanziellen Auswirkungen auf den Bundesbeitrag zur Pensionsversicherung eine zwischenstaatliche Durchschnittspension von 295 Euro und eine Aufwertung mit 1,02 pro Jahr zu Grunde gelegt werden kann.

Somit kann in den ersten vier Jahren nach dem In-Kraft-Treten des Abkommens mit nachstehenden Auswirkungen auf den Sachaufwand des Bundes (in Euro) gerechnet werden:

 

1. Jahr

2. Jahr

3. Jahr

4. Jahr

insgesamt

Pensionen auf Grund des Abkommens

244.000

274.000

331.000

391.000

1.240.000

 

Der gegenständliche Staatsvertrag hat gesetzändernden bzw. gesetzesergänzenden Charakter und bedarf daher gemäß Art. 50 Abs. 1 Z 1 B-VG der Genehmigung durch den Nationalrat.

 

Der Ausschuss für Arbeit und Soziales hat den gegenständlichen Staatsvertrag in seiner Sitzung am 14. März 2013 in Verhandlung genommen. Gem. § 37 Abs. 2 GOG-NR beschloss der Ausschuss für Arbeit und Soziales einstimmig den Abgeordneten Stefan Markowitz zur Teilnahme an der Sitzung mit beratender Stimme beizuziehen. An der Debatte beteiligten sich im Anschluss an die Ausführungen der Berichterstatterin Abgeordneten Adelheid Irina Fürntrath-Moretti die Abgeordneten Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein und Sigisbert Dolinschek sowie der Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz Rudolf Hundstorfer.

 

Bei der Abstimmung wurde einstimmig beschlossen, dem Nationalrat die Genehmigung des Abschlusses dieses Staatsvertrages zu empfehlen.

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Ausschuss für Arbeit und Soziales somit den Antrag, der Nationalrat wolle beschließen:

Der Abschluss des Staatsvertrages: Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Republik Indien über soziale Sicherheit (2159 der Beilagen) wird gemäß Art. 50 Abs. 1 Z 1 B-VG genehmigt.

Wien, 2013 03 14

                 Adelheid Irina Fürntrath-Moretti                                                  Renate Csörgits

                                 Berichterstatterin                                                                           Obfrau