2233 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXIV. GP

 

Bericht

des Finanzausschusses

über die Regierungsvorlage (2196 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem das Finanzmarktaufsichtsbehördengesetz, das Bankwesengesetz, das Börsegesetz 1989, das E-Geldgesetz 2010, das Zahlungsdienstegesetz, das Investmentfondsgesetz 2011, das Immobilien-Investmentfondsgesetz, das Wertpapieraufsichtsgesetz 2007, das Kapitalmarktgesetz, das Ratingagenturenvollzugsgesetz, das Zentrale Gegenparteien-Vollzugsgesetz, das Pensionskassengesetz, das Versicherungsaufsichtsgesetz, das Punzierungsgesetz 2000, das Gebührengesetz 1957, das Glücksspielgesetz, die Bundesabgabenordnung, das Finanzstrafgesetz, das EU-Finanzstrafvollstreckungsgesetz, das Bundesfinanzgerichtsgesetz, das Bundespensionsamtübertragungs-Gesetz und das Rundfunkgebührengesetz geändert werden (Verwaltungsgerichtsbarkeits-Anpassungsgesetz – Bundesministerium für Finanzen)

Mit der Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012 (BGBl. I Nr. 51/2012) wird die Einführung einer zweistufigen Verwaltungsgerichtsbarkeit verfassungsrechtlich verankert (Bundesverwaltungsgericht und Verwaltungsgerichtshof). Mit dem Verwaltungsgerichtsbarkeits-Ausführungsgesetz 2013 wird deren Einführung zum Jahr 2014 einfachgesetzlich vorbereitet. Mit dem Gesetzentwurf erfolgen die erforderlichen Anpassungen in den einfachen Materiengesetzen.

Während bisher gemäß § 22 Abs. 2 FMABG gegen Bescheide der Finanzmarktaufsichtsbehörde (FMA) nach dem AVG keine Berufung zulässig ist, wird künftig auch gegen solche Bescheide der FMA ausnahmslos das Verwaltungsgericht des Bundes mit Beschwerde angerufen werden können. Wiewohl für das Verfahrensrecht vor dem Verwaltungsgericht des Bundes aufgrund der verfassungsrechtlichen Vorgaben mit dem Verwaltungsgerichtsbarkeits-Ausführungsgesetz 2013 ein eigenes Bundesgesetz erlassen wird, sieht Art. 136 Abs. 2 B-VG vor, dass in den die einzelnen Gebiete der Verwaltung regelnden Bundes- oder Landesgesetzen verfahrensrechtliche Regelungen getroffen werden können, wenn sie zur Regelung des Gegenstandes erforderlich sind. Damit soll materienspezifischen Besonderheiten u.a. durch die Erlassung von sonderverfahrensrechtlichen Regelungen Rechnung getragen werden.

Mit der vorgeschlagenen Novelle des FMABG wird von der verfassungsrechtlich eingeräumten Ermächtigung Gebrauch gemacht, für den Bereich der Finanzmarktaufsicht eigene verfahrensrechtliche Regelungen zu schaffen. Damit soll vor allem auf die Besonderheiten der europarechtlich determinierten Aufsicht über den Finanzmarkt reagiert werden.

Zu diesen Besonderheiten zählt: Der Finanzmarkt ist im Vergleich zur Gesamtwirtschaft auch unter optimalen regulatorischen Bedingungen besonders volatil. Behördliche Maßnahmen auf diesem Markt (zum Beispiel die Bestellung eines Regierungskommissärs, die Untersagung der Geschäftsleitung, der Entzug der Konzession, die Untersagung von Kapital- und Gewinnentnahmen sowie diese Maßnahmen vorbereitende bescheidförmige Auskunftsersuchen etc.) bedürfen dementsprechend einer erhöhten Effektivität und Durchsetzungskraft; sie müssen insbesondere rasch ergriffen und unverzüglich vollzogen werden können.

Aufgrund der Lehren aus der letzten Finanzmarktkrise muss im Bereich der Finanzmarktaufsicht effektiv sowohl durch rasch ergriffene und unverzüglich vollzogene als auch europaweit gleichermaßen gesetzte Maßnahmen gehandelt werden. Beides zählt zu den wesentlichen Regulierungszielen des jüngsten europäischen Finanzmarktrechtes. Zu diesem Zweck wird die europäische Finanzmarktregulierung zunehmend durch national unmittelbar anwendbares, europaweit vollharmonisiertes Verordnungsrecht gesetzt. Im Sinne des sogenannten single rule book hat die FMA im Einklang mit ihren europäischen Schwesterbehörden sowohl europäische Verordnungen mit Gesetzescharakter als auch solche ohne Gesetzescharakter – sogenannte Durchführungsverordnungen – zu vollziehen. Eine grundsätzlich aufschiebende Wirkung von Rechtsmitteln nach nationalem Verfahrensrecht birgt in diesem Zusammenhang die Gefahr, die genannten Regulierungsziele zu vereiteln, indem eine verspätet vollziehbare Aufsichtsmaßnahme das europarechtlich vorgegebene Regulierungsziel aufgrund der Volatilität des Finanzmarktes nicht mehr erreichen kann oder zumindest das Ziel eines gleichmäßiges aufsichtsrechtlichen Vorgehens in ganz Europa untergräbt. Eine solche Folge wäre als Verstoß gegen das europäische Effektivitätsprinzip in Gestalt des Vereitelungsverbots zu werten.

Der liberalisierte Binnenmarkt hat im Finanzsektor zu besonders starken Verflechtungen geführt. Diese Entwicklung schlägt sich in einer zunehmend gemeinsamen Beaufsichtigung von Kreditinstituten, Versicherungen, Wertpapierfirmen etc. durch die nationalen Aufsichtsbehörden im Rahmen von Aufsichtskollegien nieder. Könnte eine Maßnahme, die europaweit in Aufsichtskollegien abgestimmt ist, je nach der aufschiebenden Wirkung von Rechtsmitteln gemäß dem jeweiligen nationalen Verfahrensrecht nur unterschiedlich effektiv vollzogen werden, würde die gemeinsame Beaufsichtigung und das ihr zugrunde liegende vollharmonisierte Aufsichtsrecht ineffektiv werden. Mithin gilt es, eine mögliche Regulierungsarbitrage zu verhindern. Nur wenn eine Aufsichtsmaßnahme grundsätzlich unabhängig von den jeweiligen nationalen Rechtsmitteln vollzogen werden kann, was der Rechtslage in den meisten europäischen Jurisdiktionen entspricht, kann ein Konflikt mit dem Grundsatz der rechtlichen Vollharmonisierung im europäischen Finanzbinnenmarkt und dem damit verfolgten Ziel, Regulierungs- und Aufsichtsarbitrage zu verhindern, vermieden werden.

Unter diesen Gesichtspunkten sind für den Bereich des Finanzmarktes in AVG-Verfahren besondere verfahrensrechtliche Regelungen erforderlich.

Kompetenzgrundlage:

Der vorliegende Entwurf stützt sich auf Art. 10 Abs. 1 Z 1 B-VG (Verwaltungsgerichtsbarkeit), Art. 10 Abs. 1 Z 4 B-VG (Bundesfinanzen; Monopolwesen), Art. 10 Abs. 1 Z 5 B-VG (Börse- und Bankwesen; Punzierungswesen), Art. 10 Abs. 1 Z 9 B-VG (Post- und Fernmeldewesen), Art. 10. Abs. 1 Z 11 B-VG (Vertragsversicherungswesen), Art. 10 Abs. 1 Z 16 B-VG (Einrichtung der Bundesbehörden und sonstigen Bundesämter; Dienstrecht und Personalvertretungsrecht der Bundesbediensteten) sowie auf § 7 Abs. 1 F-VG.

 

Der Finanzausschuss hat die gegenständliche Regierungsvorlage in seiner Sitzung am 14. März 2013 in Verhandlung genommen. An der Debatte beteiligten sich außer der Berichterstatterin Abgeordnete Heidrun Silhavy die Abgeordneten Kai Jan Krainer, Ing. Peter Westenthaler, Elmar Podgorschek und Mag. Bruno Rossmann sowie die Bundesministerin für Finanzen Mag. Dr. Maria Theresia Fekter und der Ausschussobmann Abgeordneter Dkfm. Dr. Günter Stummvoll.

 

Im Zuge der Debatte haben die Abgeordneten Dkfm. Dr. Günter Stummvoll und Kai Jan Krainer einen Abänderungsantrag eingebracht, der wie folgt begründet war:

„Zu § 14 Tarifpost 6 Abs. 5 Z 1 GebG:

Es wird eine Verordnungsermächtigung für die Bundesregierung aufgenommen, die es ermöglicht Pauschalgebühren für Eingaben (z.B.: Beschwerden, Anträge, Stellungnahmen) samt Beilagen an das Bundesverwaltungsgericht vorzusehen.“

 

Bei der Abstimmung wurde der in der Regierungsvorlage enthaltene Gesetzentwurf unter Berücksichtigung des oben erwähnten Abänderungsantrages der Abgeordneten Dkfm. Dr. Günter Stummvoll und Kai Jan Krainer mit Stimmenmehrheit (dafür: S, V, dagegen: F, G, B, T) beschlossen.


 

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Finanzausschuss somit den Antrag, der Nationalrat wolle dem angeschlossenen Gesetzentwurf die verfassungsmäßige Zustimmung erteilen.

Wien, 2013 03 14

                                 Heidrun Silhavy                                                     Dkfm. Dr. Günter Stummvoll

                                 Berichterstatterin                                                                          Obmann