2257 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXIV. GP

 

Bericht

des Gesundheitsausschusses

über die Regierungsvorlage (2167 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz und das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz geändert werden (2. Verwaltungsgerichtsbarkeits-Anpassungsgesetz – Bundesministerium für Gesundheit)

Mit der Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012, BGBl. I Nr. 51, wurde eine neue zweistufige Verwaltungsgerichtsbarkeit geschaffen. Demnach werden mit Wirkung vom 1. Jänner 2014 je ein Verwaltungsgericht erster Instanz in den Ländern sowie zwei Verwaltungsgerichte erster Instanz beim Bund eingerichtet, und zwar ein Bundesverwaltungsgericht und ein Bundesfinanzgericht.

Die unabhängigen Verwaltungssenate der Länder sowie zahlreiche andere weisungsfreie Sonderbehörden des Bundes werden aufgelöst und der administrative Instanzenzug wird im Wesentlichen abgeschafft. Von Behörden erster Instanz erlassene Bescheide können demnach in Zukunft nur bei einem Verwaltungsgericht angefochten werden.

Die Verwaltungsgerichte erster Instanz werden in der Regel in der Sache selbst entscheiden. Sie erkennen durch EinzelrichterInnen, jedoch kann der Gesetzgeber Senatszuständigkeiten sowie die Einbeziehung von fachkundigen Laienrichter/inne/n festlegen. Als weitere Instanz wird der Verwaltungsgerichtshof tätig. Er entscheidet über Revisionen, die gegen Erkenntnisse der Verwaltungsgerichte wegen Rechtswidrigkeit erhoben werden.

Auf Grundlage dieses umfassenden Ausbaues des österreichischen Rechtsschutzsystems sind auch in den im Zuständigkeitsbereich des Bundesministeriums für Gesundheit liegenden sozialversicherungsrechtlichen Bestimmungen verfahrensrechtliche Anpassungen notwendig:

Die Sozialversicherung ist nach Art. 10 Abs. 1 Z 11 B-VG Bundessache in Gesetzgebung und Vollziehung. Mit Ablauf des Jahres 2013 werden zahlreiche Sonderbehörden, die in den verschiedenen Verwaltungsgebieten bisher als Rechtschutzbehörden vorgesehen waren, mit diesem Zeitpunkt aufgelöst (vgl. Anlage zur Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012). Im Zuständigkeitsbereich des Bundesministeriums für Gesundheit für Angelegenheiten der Kranken- und Unfallversicherung betrifft dies die im Allgemeinen Sozialversicherungsgesetz (ASVG) für Streitigkeiten im Zusammenhang mit den Beziehungen der Träger der Sozialversicherung mit Vertragspartnern/Vertragspartnerinnen verankerten neun Landesberufungskommissionen (§ 345) und die Bundesschiedskommission (§ 346) sowie die für Verfahren im Zusammenhang mit dem Erstattungskodex berufene Unabhängige Heilmittelkommission (§ 351h). Es bedarf daher einer entsprechenden Anpassung der jeweiligen Bestimmungen im ASVG an die mit 1. Jänner 2014 geltende neue Rechtslage.

Bei den genannten Angelegenheiten handelt es sich um Rechtssachen in Angelegenheiten der Vollziehung des Bundes, die nicht unmittelbar von eigenen Bundesbehörden besorgt werden.

Art. 131 Abs. 4 B-VG sieht die Möglichkeit vor, durch Bundesgesetz eine Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes festzulegen. Ein solches Bundesgesetz darf nur mit Zustimmung der Länder kundgemacht werden; dieses Vetorecht ist nach Art. 42a B-VG binnen acht Wochen ab Einlangen des Gesetzesbeschlusses des Nationalrates beim Amt der Landesregierung auszuüben.

Im Entwurf des Bundesministeriums für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz für ein Verwaltungsgerichtsbarkeits-Anpassungsgesetz 2012 ist eine Übertragung von sozialversicherungsrechtlichen Angelegenheiten in Verwaltungssachen und Aufsichtsagenden an das Bundesverwaltungsgericht vorgesehen.

Die Ausgangssituation ist mit den übrigen sozialversicherungsrechtlichen Angelegenheiten vergleichbar, da in erster Instanz keine Landesbehörden, sondern eigene vertragspartnerliche Schiedsbehörden bzw. der Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger als Selbstverwaltungskörper entscheiden. Die jährlichen Fallzahlen sind mit insgesamt höchstens 60 bis 80 (Verfahren vor den bisherigen Landesberufungskommissionen, der Bundesschiedskommission und der Unabhängigen Heilmittelkommission) als gering anzusehen, sodass eine Konzentration samt damit möglicher Spezialisierung bei einem Verwaltungsgericht zu empfehlen ist. In den Erläuterungen zur Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012 wird die Überprüfung der Entscheidungen des Hauptverbandes über die Aufnahme von Arzneispezialitäten in den Erstattungskodex ausdrücklich als Beispiel für eine solche Übertragung genannt.

Vor diesem Hintergrund wird daher - um eine einheitliche Rechtsprechung im Bereich der Sozialversicherung zu gewährleisten - vorgeschlagen, das Bundesverwaltungsgericht zur Überprüfung von Bescheiden in vertragspartnerlichen Schiedsangelegenheiten sowie in Angelegenheiten im Zusammenhang mit dem Erstattungskodex zuständig zu machen.

 

Der Gesundheitsausschuss hat die gegenständliche Regierungsvorlage in seiner Sitzung am 9. April 2013 in Verhandlung genommen. An der Debatte beteiligten sich außer der Berichterstatterin Abgeordneten Ridi Maria Steibl die Abgeordneten Karl Öllinger, Dr. Sabine Oberhauser, MAS, Dr. Kurt Grünewald und Dr. Andreas Karlsböck sowie der Bundesminister für Gesundheit Alois Stöger, diplômé.

Im Zuge der Debatte haben die Abgeordneten Dr. Sabine Oberhauser, MAS, Dr. Erwin Rasinger, Kolleginnen und Kollegen einen Abänderungsantrag eingebracht, der wie folgt begründet war:

„Zu Art. 1 Z 8 (§ 347b Abs. 1 und 2 ASVG):

Wie im Entwurf bereits vorgesehen, soll der Senat beim Bundesverwaltungsgericht, der über Bescheide der paritätischen Schiedskommissionen, der Landesschiedskommissionen und der Bundesschiedskommission und wegen Verletzung deren Entscheidungspflicht entscheiden mit vier fachkundigen Laienrichtern besetzt werden. Je zwei der fachkundigen Laienrichter/innen sind von der Österreichischen Ärztekammer und vom Hauptverband zu nominieren, wovon jeweils ein Arzt/eine Ärztin und jeweils eine Person mit spezifischen Kenntnissen im Gesundheits- und Sozialversicherungsbereich zu nominieren sind. Für die fachkundigen Laienrichter/Laienrichterinnen ist je ein Stellvertreter/eine Stellvertreterin auf dieselbe Weise zu bestellen.

Zu Art. 1 Z 9 (§ 348 Abs. 2 zweiter Satz ASVG):

Im § 348 Abs. 2 ASVG in der Fassung der Regierungsvorlage des 2. Verwaltungsgerichtsbarkeits-Anpassungsgesetzes – Bundesministerium für Gesundheit ist vorgesehen, dass bei einer Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht der Gesamtvertrag für die allenfalls nach Abs. 1 festgesetzte Dauer, jedenfalls aber bis zur Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts in Kraft bleibt. Dies kann zu Rechtsunsicherheit und Schwierigkeiten bezüglich der Planbarkeit allenfalls notwendiger Vorkehrungen führen. Der Gesamtvertrag soll daher für die allenfalls nach § 348 Abs. 1 ASVG festgesetzte Dauer, jedenfalls aber zwei volle Monate, die dem Kalendermonat, in welchen die Zustellung der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts an die antragstellende Partei erfolgte, weiter gelten. Dieser Zeitpunkt wird auch der jeweils anderen Verfahrenspartei bekannt zu machen sein.“

Bei der Abstimmung wurde der in der Regierungsvorlage enthaltene Gesetzentwurf unter Berücksichtigung des oben erwähnten Abänderungsantrages der Abgeordneten Dr. Sabine Oberhauser, MAS, Dr. Erwin Rasinger, Kolleginnen und Kollegen einstimmig beschlossen.

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Gesundheitsausschuss somit den Antrag, der Nationalrat wolle dem angeschlossenen Gesetzentwurf die verfassungsmäßige Zustimmung erteilen.

Wien, 2013 04 09

                                Ridi Maria Steibl                                              Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein

                                 Berichterstatterin                                                                           Obfrau