2463 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXIV. GP

 

Bericht

des Justizausschusses

über die Regierungsvorlage (2378 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem die Rechtsanwaltsordnung, die Notariatsordnung, das Ausbildungs- und Berufsprüfungs-Anrechnungsgesetz, das Bauträgervertragsgesetz, das Disziplinarstatut für Rechtsanwälte und Rechtsanwaltsanwärter, das EIRAG, das Gebührenanspruchsgesetz, das Notariatsprüfungsgesetz, das Rechtsanwaltsprüfungsgesetz und das Sachverständigen- und Dolmetschergesetz geändert werden (Berufsrechts-Änderungsgesetz 2013 – BRÄG 2013)

 

Nach § 1a Abs. 1 RAO kann die Rechtsanwaltschaft nicht nur durch einen einzelnen Rechtsanwalt, sondern auch durch eine Rechtsanwalts-Gesellschaft ausgeübt werden. Zulässige Gesellschaftsformen sind dabei nach der in § 1a Abs. 1 RAO enthaltenen erschöpfenden Aufzählung die Gesellschaft bürgerlichen Rechts, die offene Gesellschaft, die Kommanditgesellschaft und die Gesellschaft mit beschränkter Haftung, nicht aber eine GmbH & Co KG. Dieser Gesellschaftsform stehen derzeit verschiedene Regelungen, unter anderem über den Kreis der als Gesellschafter in Betracht kommenden Personen und die Beschränkung der Zulässigkeit (der Anzahl) von beruflichen Zusammenschlüssen, entgegen.

Einem Anliegen der Rechtsanwaltschaft entsprechend sollen mit dem Entwurf die berufsrechtlichen Voraussetzungen für die Gründung solcher Gesellschaften geschaffen werden. Diese – in der Rechtsanwaltsordnung ja an sich bereits „angelegte“ Rechtsform – ermöglicht flexiblere Gesellschafts-Beteiligungsmodelle gerade für jüngere Rechtsanwälte, denen zunächst die Gesellschafterstellung eines Kommanditisten innerhalb der Rechtsanwalts-GmbH & Co KG eingeräumt und deren Stellung innerhalb der Gesellschaft dann gegebenenfalls sukzessive ausgebaut werden kann. Im Vergleich zur Rechtsanwalts-GmbH bietet die GmbH & Co KG weiters flexiblere Entnahmemöglichkeiten, weil in der GmbH nur die – einen entsprechenden Gewinnverteilungsbeschluss voraussetzende – Ausschüttung der Gewinne möglich ist. Schließlich sollten es die (im Vergleich zur Rechtsanwalts-GmbH) breiteren gesellschaftsrechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten der GmbH & Co KG auch leichter machen, im Gesellschaftsvertrag für den Fall der Auseinandersetzung entsprechend vorausblickend vorzukehren.

Die Zulassung der Rechtsform der Rechtsanwalts-GmbH & Co KG soll aber am Prinzip der persönlichen rechtsanwaltlichen Berufsausübung nichts ändern. Deshalb sieht der Vorschlag (in Ergänzung bzw. leichter Modifikation der nach § 21c RAO bei Gesellschaften zur Ausübung der Rechtsanwaltschaft bereits jetzt zu erfüllenden Voraussetzungen) verschiedene gesellschaftsrechtliche Regelungen vor, die eine „anwaltliche Gesellschafterstruktur“ sicherstellen.

Die in § 16 Abs. 4 RAO geregelte so genannte „Sonderpauschalvergütung“ für Verfahrenshilfeleistungen in überdurchschnittlich lang dauernden Verfahren ist immer wieder Gegenstand von Beschwerdeverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof. Dabei geht es zumeist um Detailfragen, die der besonderen Konstellation des jeweiligen Einzelfalls geschuldet sind. Im Zusammenhang mit verschiedenen bescheidmäßigen Festsetzungen von „Sonderpauschalvergütungen“ durch die Ausschüsse der Rechtsanwaltskammern hat sich zuletzt aber vermehrt die Frage ergeben, wie denn die in § 16 Abs. 4 erster Satz RAO festgelegte zeitliche Grenze, bis zu der die erbrachten Verfahrenshilfeleistungen nicht gesondert abgegolten werden, gesetzeskonform zu ermitteln ist. Da insoweit auch der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs (s. zuletzt etwa VwGH 18.5.2010, Zl. 2009/06/0263) keine eindeutige „Handlungsanleitung“ zu entnehmen ist, soll mit der vorgeschlagenen Ergänzung des § 16 Abs. 4 RAO die Vorgehensweise bei der Ermittlung der „Sondervergütungsgrenze“ entsprechend determiniert werden.

Eines der zentralen Elemente der rechtsanwaltlichen Berufsausübung ist die anwaltliche Verschwiegenheit. Diese Verschwiegenheitspflicht erstreckt sich auch auf die Hilfskräfte des Rechtsanwalts (OGH 16.10.1996, 9 ObA 2165/96i). Obgleich der Begriff der „Hilfskraft“ eines Rechtsanwalts weit auszulegen ist, werden die Gesellschafter einer Rechtsanwaltsgesellschaft, die nicht selbst Rechtsanwalt sind, und die Organwalter eines Organs der Rechtsanwalts-Gesellschaft nicht dazu gehören. Die im besonderen Vertrauensverhältnis zwischen Rechtsanwalt und Partei gelegenen Gründe für die Verschwiegenheitspflicht sind aber auch für diese Personen maßgeblich, etwa wenn sie von ihrem Recht Gebrauch machen, in die Geschäftsunterlagen der Gesellschaft (und damit auch in Unterlagen der Partei) einzusehen (vgl. etwa § 22 Abs. 2 und § 30j Abs. 3 GmbHG über das Recht auf Einsicht in die „Bücher und Schriften“ der Gesellschaft). Aus diesem Grund wird eine Regelung vorgeschlagen, nach der auch die genannten Personen ausdrücklich der rechtsanwaltlichen Verschwiegenheitspflicht nach § 9 Abs. 2 RAO unterliegen.

Das Feilbietungsrechtsänderungsgesetz, BGBl. I. Nr. 68/2008, hat in den §§ 146 ff. NO eine Verpflichtung des notariellen Amtsnachfolgers zur Übernahme bestimmter Urkunden und Verzeichnisse seines Amtsvorgängers verankert. Diese Verpflichtung zur Aktenübernahme soll sich künftig auch auf die vom Notar zu führenden Tagebücher und Kassabücher sowie die vom Amtsvorgänger verwahrten Privattestamente und andere erbrechtsbezogene Urkunden erstrecken. Die Änderung soll im Interesse der Parteien insbesondere die schnellere Auffindbarkeit und Verfügbarkeit bestimmter Urkunden gewährleisten sowie die raschere Überprüfbarkeit bestimmter Vorgänge ermöglichen. Klar geregelt werden sollen ferner künftig auch die Vorgehensweise und die der Notariatskammer zur Verfügung stehenden Maßnahmen, wenn es zu Säumigkeiten des Amtsnachfolgers bei der Erfüllung seiner Verpflichtungen kommt.

Mit der Dienstrechts-Novelle 2011, BGBl. I Nr. 140/2011, ist das Disziplinarrecht nach dem Richter- und Staatsanwaltschaftsdienstgesetz in verschiedenen Punkten geändert worden. Dies betrifft etwa die – sieht man vom Disziplinarsenat beim Obersten Gerichtshof ab – Reduktion der Anzahl der Disziplinarsenats-Mitglieder von fünf auf drei. Im notariellen Disziplinarrecht sind verschiedene Bestimmungen des RStDG sowohl im Ordnungsstrafverfahren (vgl. § 165 Abs. 3 NO) als auch (und insbesondere) im Verfahren vor dem Disziplinargericht (vgl. § 170 Abs. 1 NO) sinngemäß anzuwenden. Dieser Gleichklang soll auch künftig weitestgehend beibehalten werden. Nur in einigen wenigen Bereichen passen die Neuregelungen des RStDG nicht für das notarielle Disziplinarrecht. So wäre beispielsweise eine Pflicht zur Veröffentlichung rechtskräftiger verfahrensbeendender Sachentscheidungen in anonymisierter Form im Rechtsinformationssystem des Bundes (RIS) auch für Entscheidungen der Notariatskammer in Ordnungsstrafsachen, die nicht weiter angefochten werden, zweifelsohne überschießend.

3. Der Entwurf enthält darüber hinaus verschiedene weitere Änderungen im Berufsrecht der Rechtsanwälte und Notare. Mit ihnen soll unter anderem den praktischen Erfahrungen, die mit den Änderungen der Rechtsanwaltsordnung und der Notariatsordnung durch die Berufsrechts-Änderungsgesetze 2006, 2008 und 2010 gemacht worden sind, Rechnung getragen werden.

 

Der Justizausschuss hat die gegenständliche Regierungsvorlage in seiner Sitzung am 19. JUNI 2013 in Verhandlung genommen. An der Debatte beteiligten sich im Anschluss an die Ausführungen des Berichterstatters Abgeordneter Dr. Johannes Jarolim der Abgeordnete Dr. Peter Fichtenbauer.

 

Bei der Abstimmung wurde der in der Regierungsvorlage enthaltene Gesetzentwurf einstimmig beschlossen.


 

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Justizausschuss somit den Antrag, der Nationalrat wolle dem von der Bundesregierung vorgelegten Gesetzentwurf (2378 der Beilagen) die verfassungsmäßige Zustimmung erteilen.

Wien, 2013 06 19

                            Dr. Johannes Jarolim                                                  Mag. Peter Michael Ikrath

                                   Berichterstatter                                                                           Obmann