2575 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXIV. GP

 

Bericht

des Justizausschusses

über den Antrag 2369/A der Abgeordneten Mag. Peter Michael Ikrath, Dr. Johannes Jarolim, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Strafgesetzbuch geändert wird

sowie

über den Antrag 17/A der Abgeordneten Mag. Albert Steinhauser, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz vom 23. Jänner 1974 über die mit gerichtlicher Strafe bedrohten Handlungen (Strafgesetzbuch – StGB) geändert wird

 

Der Initiativantrag 2369/A wurde von den Abgeordneten Mag. Peter Michael Ikrath, Dr. Johannes Jarolim, Kolleginnen und Kollegen am 27. Juni 2013 im Nationalrat eingebracht und wie folgt begründet:

„Am 20. Oktober 2011 hat der Nationalrat eine Entschließung betreffend Durchführung einer wissenschaftlichen Evaluierung des § 278a StGB verabschiedet (203/E XXIV. GP), der zufolge die Bundesministerin für Justiz ersucht wird, dem Nationalrat nach Durchführung einer wissenschaftlichen Evaluierung des § 278a StGB darüber zu berichten, wie der Tatbestand vor dem Hintergrund seiner Entstehungsgeschichte unter Berücksichtigung der Zusammenhänge mit den strafprozessualen Entwicklungen, insbesondere hinsichtlich der Reichweite und der Bestimmtheit der Tatbestandsmerkmale, gemessen an den internationalen Vorgaben zu bewerten ist, ob und welche Beschränkungen des Tatbestandes im materiellen und formellen Recht möglich und sachgerecht sind; und im Fall eines legistischen Anpassungsbedarfs dem Nationalrat entsprechende Gesetzesvorschläge zu unterbreiten.

Die wissenschaftliche Evaluierung durch Univ.Prof. Dr. Susanne Reindl-Krauskopf und Univ.Ass. Dr. Farsam Salimi liegt nun in Form der ALES-Studie „Kriminelle Organisation (§ 278a StGB) – Eine dogmatische Evaluierung des Tatbestandes im Auftrag des Bundesministeriums für Justiz“ vor. Das Gutachten bestätigt, dass es keine internationalen Vorgaben gibt, die § 278a StGB verlangen; die Bestimmung könnte daher ersatzlos gestrichen werden. Das Gutachten empfiehlt eine derartige Streichung jedoch nicht. Auch eine Streichung im materiellen Recht mit Belassung im Strafprozessrecht als Voraussetzung für besondere Ermittlungsmethoden wird von der Studie nicht empfohlen, zumal es dadurch nur zu einer Verlagerung der Problematik mit zweifelhaftem Nutzen kommen könnte.

§ 278a StGB (Kriminelle Organisation) soll um die Tatbestandsalternative in Bezug auf Organisationen, die erheblichen Einfluss auf Politik oder Wirtschaft anstreben, reduziert und damit auf den Kernbereich der organisierten Kriminalität, nämlich jene Formen, die auf Gewinnerzielung ausgerichtet sind, beschränkt werden.“

 


 

Die Abgeordneten Mag. Albert Steinhauser, Kolleginnen und Kollegen haben den Initiativantrag 17/A am 28. Oktober 2008 im Nationalrat eingebracht und wie folgt begründet:

„1) Allgemeiner Teil:

Der § 278a StGB wurde im Rahmen der StGNov 1993 im Zusammenhang mit der Schaffung des Deliktes der Geldwäscherei eingeführt. Zweck der Einführung dieses Tatbestandes in das StGB war einerseits der Schutz der Rechtsgüter des Staates und seiner Bürger vor bestimmten Straftaten, die aufgrund der spezifischen Gefährlichkeit von Banden und erst recht von kriminellen Organisationen „mit einer besonders hohen Wahrscheinlichkeit und in einer besonders intensiven Form“ zu erwarten sind. Andererseits sollte auch der öffentliche Friede geschützt werden, da sich eine kriminelle Organisation aufgrund der Begehung von den im Gesetz angeführten Katalogstraftaten zu einer Bedrohung der Grundlagen der rechtsstaatlichen Ordnung auswachsen und insoweit in besonders nachhaltiger Weise den öffentlichen Rechtsfrieden beeinträchtigen kann (Kienapfel, JBl 1995, 613).

Indizien für das Vorliegen einer kriminellen Organisation sind auf struktureller Ebene zB die Abschottung der Kommandoebene nach unten bzw. nach innen, die Abschirmung der Führungsebene bzw. einzelner Mitglieder gegen strafrechtliche Verfolgung, der systematische Gebrauch von Gewalt und Drohungen, um Mitglieder bei der Stange zu halten bzw. zum Schweigen zu zwingen, der Einsatz von Bestechungs- und Bedrohungsstrategien aller Art um bestimmte Entscheidungsträger (Politiker, Beamte, Richter, Manager) zu korrumpieren und für die Zwecke der Organisation zu operationalisieren.

Intention der Schaffung des § 278a StGB war also die Bekämpfung schwerer organisierter Kriminalität, gedacht wurde an Organisationen wie beispielsweise die sizilianische Mafia, die kalabrische N’drangheta oder die chinesischen Triaden (vgl Kienapfel, JBl 1995, 613).

Am 21.5.2008 wurden in einer konzentrierten Aktion österreichweit in über 20 Wohnungen und Vereinslokalen von Tierschutzorganisationen und aktiven Tierschützern Hausdurchsuchungen durchgeführt und 10 Personen verhaftet. Die Betroffenen wurden teilweise in Untersuchungshaft genommen, dies mit der Begründung, dass sie „Mitglieder einer kriminellen Organisation“ gemäß § 278a StGB seien. Konkrete Vorwürfe wurden allerdings von der Staatsanwaltschaft im Zusammenhang mit der Bildung einer kriminellen Organisation nicht erhoben, auch sind keine konkreten Beweisergebnisse vorgelegen, welche die erhobenen Vorwürfe decken könnten.

Nicht nur Amnesty International zeigte sich aufgrund der angeblich vorliegenden Beweislage irritiert darüber, dass hier das Gesamtdelikt der Mitgliedschaft in einer kriminellen Organisation verfolgt wurde und nicht entsprechende Strafverfahren wegen Sachbeschädigung, Nötigung oder gefährlicher Drohung eingeleitet wurden. Ein nicht unwesentlicher Grund für die Heranziehung des § 278a StGB könnte eine erleichterte Beweisführung sein.

Der Initiativantrag zielt darauf ab, eine missbräuchliche Verwendung des § 278a StGB zu verhindern. Es soll nicht möglich sein, dass Vorwürfe im Bereich des zivilen Ungehorsams in Verfahren nach § 278a StGB münden können, da man solche Vorwürfe jeder NGO, Umweltschutzorganisation oder Bürgerinitiative machen kann.

Amnesty International hielt im Hinblick auf das Strafrechtsänderungsgesetz 2002 in der Stellungnahme zum § 278 StGB fest, dass Widerstand gegen die Staatsgewalt oder schwere Sachbeschädigung zwar ohne Zweifel in einer demokratischen Gesellschaft kein sozialadäquates Verhalten darstellen und in jedem Fall strafgesetzlich verboten sein sollen. Es erscheine jedoch inadäquat, aus der Verabredung mehrer Demonstranten, Widerstand leisten zu wollen, eine Gruppe organisierten Verbrechens konstruieren zu wollen. Laut Amnesty International könnte diese Bestimmung dem Wortlaut nach auf Umweltorganisationen wie Greenpeace angewandt werden, wenn diese etwas ein Atomkraftwerk besetzen würden.

Wie bereits ausgeführt war es sicher nicht Intention des § 278a StGB, eine Handhabe gegen NGOs zu schaffen.

2) Besonderer Teil:

Die Ziffer 2 wird um die Wendung „in Gewinnabsicht handelt“ ergänzt, dafür entfällt „oder erheblichen Einfluss auf Politik und Wirtschaft“.

Charakteristisch für die organisierte Kriminalität ist die Bereicherungsabsicht, was mit der Einfügung der Gewinnabsicht noch unterstrichen werden soll. Der bisher geltende Verweis „oder erheblicher Einfluss auf Politik (…)“ ist ein gefährliche Einladung zum Missbrauch des § 278a StGB gegenüber politischen Organisationen.

So soll sicher gestellt werden, dass die Tätigkeit von NGOs nicht unter den Tatbestand des § 278a StGB subsumiert werden kann.“

Der Justizausschuss hat den Antrag 17/A in seinen Sitzungen am 30. Juni 2009, am 7. Oktober 2009, am 21. Februar 2013 sowie am 19. Juni 2013 in Verhandlung genommen. An der Debatte am 30. Juni 2009 beteiligten sich im Anschluss an die Ausführungen des Berichterstatters Mag. Albert Steinhauser die Abgeordneten Herbert Scheibner, Dr. Peter Fichtenbauer, Mag. Heribert Donnerbauer und Dr. Johannes Jarolim. Danach wurden die Verhandlungen vertagt.

Im Zuge der Wiederaufnahme der Debatte am 7. Oktober 2009 ergriffen die Abgeordneten Mag. Albert Steinhauser, Mag. Karin Hakl, Dr. Johannes Jarolim, Herbert Scheibner, Dr. Peter Fichtenbauer, Mag. Ewald Stadler sowie die Bundesministerin für Justiz Mag. Claudia Bandion-Ortner das Wort. Auf Antrag der Abgeordneten Mag. Karin Hakl wurden die Verhandlungen vertagt.

An der wiederaufgenommenen Debatte am 21. Februar 2013 beteiligten sich die Abgeordneten Mag. Albert Steinhauser und Dr. Johannes Jarolim. Auf Antrag des Abgeordneten Dr. Johannes Jarolim wurden die Verhandlungen vertagt.

An der Debatte im Zuge der Wiederaufnahme der Verhandlungen am 19. Juni 2013 beteiligten sich die Abgeordneten Mag. Albert Steinhauser, Dr. Johannes Jarolim, Dr. Peter Fichtenbauer, Gerald Grosz, Dr. Peter Wittmann und Franz Glaser sowie die Bundesministerin für Justiz Mag. Dr. Beatrix Karl und der Ausschussobmann Abgeordneter Mag. Peter Michael Ikrath.

In seiner Sitzung am 3. Juli 2013 hat der Justizausschuss den Antrag 17/A gemeinsam mit dem Antrag 2369/A neuerlich in Verhandlung genommen, wobei einstimmig beschlossen wurde, den letztgenannten Antrag der Abgeordneten Mag. Peter Michael Ikrath, Dr. Johannes Jarolim, Kolleginnen und Kollegen den weiteren Verhandlungen zugrunde zu legen. An der Debatte beteiligten sich außer der Berichterstatterin über den Antrag 2369/A Eva-Maria Himmelbauer, BSc die Abgeordneten Mag. Albert Steinhauser, Dr. Johannes Jarolim und Mag. Harald Stefan sowie der Ausschussobmann Abgeordneter Mag. Peter Michael Ikrath.

 

Im Zuge der Debatte brachten die Abgeordneten Mag. Peter Michael Ikrath und Dr. Johannes Jarolim einen Abänderungsantrag ein.

 

Bei der Abstimmung wurde der im Antrag 2369/A der Abgeordneten Mag. Peter Michael Ikrath, Dr. Johannes Jarolim, Kolleginnen und Kollegen enthaltene Gesetzentwurf in der Fassung des erwähnten Abänderungsantrages einstimmig beschlossen.

 

Damit gilt der Antrag 17/A der Abgeordneten Mag. Albert Steinhauser, Kolleginnen und Kollegen als miterledigt.

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Justizausschuss somit den Antrag, der Nationalrat wolle dem angeschlossenen Gesetzentwurf die verfassungsmäßige Zustimmung erteilen.

Wien, 2013 07 03

                     Eva-Maria Himmelbauer, BSc                                           Mag. Peter Michael Ikrath

                                 Berichterstatterin                                                                          Obmann