359 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXIV. GP

 

Bericht und Antrag

des Justizausschusses

betreffend ein Aufhebungs- und Rehabilitationsgesetz

Im Zuge der Beratungen über den Antrag 374/A der Abgeordneten Mag. Albert Steinhauser, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem NS-Unrechtsurteile aufgehoben werden (NS-Aufhebungsgesetz) hat der Justizausschuss in seiner Sitzung am 7. Oktober 2009 auf Antrag der Abgeordneten Mag. Heribert Donnerbauer, Dr. Johannes Jarolim und Mag. Albert Steinhauser mit Stimmenmehrheit beschlossen, dem Nationalrat gemäß § 27 Abs. 1 des Geschäftsordnungsgesetzes einen Selbständigen Antrag vorzulegen, der ein Aufhebungs- und Rehabilitationsgesetz zum Inhalt hat.

Dieser Antrag war ua wie folgt begründet:

„Der vorliegende Initiativantrag soll die Intention des Anerkennungsgesetzes vom 7.7.2005 (BGBl. I Nr. 86/2005 (AnerkennungsG 2005)), gerichtliche Verurteilungen mit typisch nationalsozialistischem Unrecht aufzuheben, erneut aufgreifen und derzeit noch bestehende Lücken schließen. Dieses Ziel soll im Wege einer umfassenden Neuregelung erreicht werden, indem der Umfang der rückwirkenden Aufhebung gerichtlicher Entscheidungen mit typisch nationalsozialistischem Unrecht (§ 1) und für eine Rehabilitierung (§ 4) klargestellt bzw. erweitert werden soll. Der Ansatz, wo möglich keine Einzelprüfung vorzusehen, sowie der Ausspruch von Achtung und Mitgefühl sollen aus dem Anerkennungsgesetz 2005 übernommen werden, wobei jedoch vorgeschlagen wird, dass dieser Ausspruch von der Republik Österreich als Ganzes zum Ausdruck gebracht wird.

Das Anerkennungsgesetz 2005 hat zum Ziel, durch den Bezug auf das Aufhebungs- und Einstellungsgesetz 1945 (StGBl. Nr. 48/1945) mit der dazu ergangenen Verordnung (StGBl. Nr. 155/1945) und die Befreiungsamnestie 1946 (BGBl. Nr. 79/1946), die unverändert in Geltung stehen, alle Verurteilungen gegen Österreicher in die Urteilungsaufhebung einzubeziehen, welche Gerichte unter der nationalsozialistischen Herrschaft gegen Österreicher ausgesprochen haben und daher als Ausdruck typisch nationalsozialistischen Unrechts zu betrachten sind. Die rückwirkende Aufhebung der dadurch erfassten Verurteilungen soll festgestellt werden; eine gesonderte amtswegige Prüfung und Feststellung sieht das Anerkennungsgesetz nicht mehr vor.

In Artikel I § 2 spricht das Anerkennungsgesetz 2005 sowohl den Opfern derartiger Unrechtsurteile, insbesondere den Opfern der nationalsozialistischen Militärjustiz, als auch den Opfern der politischen Verfolgung, den aus ihrer Heimat Vertriebenen, allen Kriegsopfern und Widerstandskämpfern und deren Familien Achtung und Mitgefühl aus.

Der gewählte Ansatz stellt eine wesentliche Verbesserung dar, allerdings wird die Generalklausel wieder durch den Verweis auf das Gesetz von 1945 (samt Verordnung) und auf das Gesetz von 1946 auf die in diesen Vorschriften erwähnten Situationen eingeschränkt. Diese beiden Gesetze erfassen nämlich nur taxativ umschriebenen Bereich von NS-Rechtsvorschriften bzw. nur Urteile der Militär- und SS-Gerichte. Nicht von diesen Gesetzen erfasst sind insbesondere:

         - Strafurteile der Sonder- und Standgerichte (diese werden - unzutreffend - in die Befreiungsamnestie 1946 hineingelesen);

         - Strafurteile des Volksgerichtshofs;

         - Strafurteile der Oberlandesgerichte (soweit diesen im Rahmen der Zuständigkeit des Volksgerichtshofs die Strafsachen abgetreten worden sind);

         - Verurteilungen wegen gleichgeschlechtlicher Handlungen;

         - Anordnungen von Zwangssterilisierungen insbesondere durch Erbgesundheitsgerichte sowie auch Anordnungen von Zwangsabtreibungen;

         - solche gerichtliche Entscheidungen gegen Nicht-Österreicher, die auf - aus heutiger Sicht - inländischem Gebiet ausgesprochen worden sind.

Dadurch hat auch das Anerkennungsgesetz 2005 zwar viele, letztlich aber nicht alle NS-Unrechtsentscheidungen erfasst, womit letztlich auch das angestrebte Ziel, Rechtsklarheit und Rechtssicherheit zu schaffen, nicht vollständig erreicht worden ist. Das Anerkennungsgesetz 2005 kann insbesondere nicht so weit ausgelegt werden, dass es über die beiden verwiesenen Gesetze hinaus die Nichtigkeit aller Verurteilungen der genannten Art bewirkt. Derzeit behelfen sich die Gerichte mit einer analogen Anwendung der bestehenden Gesetze auf darin nicht ausdrücklich genannte Fälle.

Der vorliegende Initiativantrag soll diese Lücken schließen.“

 

In der Debatte ergriffen die Abgeordneten Mag. Albert Steinhauser, Anna Franz, Dr. Johannes Jarolim, Herbert Scheibner, Mag. Harald Stefan, Dr. Harald Walser, Mag. Karin Hakl, Mag. Ewald Stadler, Mag. Peter Michael Ikrath, Mag. Johann Maier und Dr. Walter Rosenkranz sowie die Bundesministerin für Justiz Mag. Claudia Bandion-Ortner und der Ausschussobmann Abgeordneter Mag. Heribert Donnerbauer das Wort.

 

Als Berichterstatter für das Plenum wurde Abgeordneter Franz Glaser gewählt.

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Justizausschuss somit den Antrag, der Nationalrat wolle dem angeschlossenen Gesetzentwurf die verfassungsmäßige Zustimmung erteilen.

Wien, 2009 10 07

                                   Franz Glaser                                                         Mag. Heribert Donnerbauer

                                   Berichterstatter                                                                           Obmann