362 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXIV. GP

 

Bericht

des Familienausschusses

über die Regierungsvorlage (340 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem das Kinderbetreuungsgeldgesetz, das Väter-Karenzgesetz, das Mutterschutzgesetz 1979, das Betriebliche Mitarbeiter- und Selbständigenvorsorgegesetz, das Landarbeitsgesetz 1984, das Angestelltengesetz 1921, das Gutsangestelltengesetz 1923, das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz und das Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz geändert werden,

den Antrag 258/A(E) der Abgeordneten Anneliese Kitzmüller, Kolleginnen und Kollegen betreffend Abschaffung der Zuverdienstgrenze im Kinderbetreuungsgeldgesetz sowie

den Antrag 268/A(E) der Abgeordneten Anneliese Kitzmüller, Kolleginnen und Kollegen betreffend Weiterentwicklung und Ausbau des Kinderbetreuungsgeldes

Zur Regierungsvorlage 340 der Beilagen ist Folgendes zu bemerken:

Derzeit kann das Kinderbetreuungsgeld (KBG) in Form von drei Pauschalvarianten (mit maximal rund 800 Euro pro Monat) bezogen werden. Für manche Eltern, die vor der Geburt des Kindes erwerbstätig sind, über relative hohe Einkünfte verfügen, sich zwar einige Zeit der Kinderbetreuung widmen wollen, aber dann bald wieder in den Beruf zurückkehren wollen, kann die Aufrechterhaltung des Lebensstandards während der Kleinkindphase schwierig sein. In diesen Fällen ist eine Wahlmöglichkeit, das Kinderbetreuungsgeld auch zu einem deutlich höheren monatlichen Auszahlungsbetrag, jedoch für einen kürzeren Bezugszeitraum, konsumieren zu können, von Vorteil.

Das Regierungsprogramm sieht daher die „Schaffung einer erwerbseinkommensabhängigen Komponente beim Kinderbetreuungsgeld, aufbauend auf den derzeitigen Bezugsvarianten“, vor. In Umsetzung dieses Regierungsprogrammes sollen nun erwerbstätige Eltern 80 % ihrer Einkünfte maximal bis zur Vollendung des 14. Lebensmonates des Kindes erhalten können. Zwei Monate davon sind dem zweiten Elternteil vorbehalten. Für die Berechnung werden das Wochengeld (Frauen) bzw. der letzte Arbeitsverdienst vor (fiktivem) Mutterschutzbeginn (für Eltern ohne Anspruch auf Wochengeld, also Beamtinnen und Väter) bzw. die Einkünfte des letzten Kalenderjahres herangezogen (etwa selbständige Väter), in allen Fällen erfolgt zusätzlich eine Berechnung anhand der Jahreseinkünfte im letzten Jahr vor der Geburt des Kindes, in welchem kein Kinderbetreuungsgeld bezogen wurde. Während des Bezuges des einkommensabhängigen Kinderbetreuungsgeldes ist ein Zuverdienst nur in sehr geringem Ausmaß erlaubt (daher deutlich reduzierte Zuverdienstgrenze), dies aufgrund der Einkommensersatzfunktion der Leistung.

Die bisherigen Pauschalmodelle bleiben bestehen und werden um eine weitere Pauschalvariante (12 plus 2) ergänzt, um einerseits einen Mindestbetrag im Verhältnis zur einkommensabhängigen Variante zu gewährleisten, aber andererseits auch ebenfalls erwerbsorientierten Eltern, die lediglich vor der Geburt dieses Kindes nicht oder in einem geringeren Ausmaß erwerbstätig waren, ein monatlich höheres Kinderbetreuungsgeld zur Auswahl zu überlassen.

Die Zuverdienstgrenze beim Kinderbetreuungsgeld in den Pauschalvarianten bleibt bestehen, wird aber um eine individuelle Zuverdienstgrenze in Höhe von 60 % der maßgeblichen Einkünfte im Kalenderjahr vor der Geburt des Kindes (ohne KBG-Bezug) ergänzt, um die Vereinbarkeit von Familie und Beruf weiter zu verbessern und insbesondere auch besser verdienenden Eltern den Bezug von Kinderbetreuungsgeld bei gleichzeitiger Erwerbstätigkeit in einem höheren Ausmaß zu ermöglichen.

Die drei Nebeneinkunftsarten zählen nicht mehr als Zuverdienst, damit erfolgt eine Änderung, die auf die realen Verhältnisse von durchschnittlichen Eltern kleiner Kinder Rücksicht nimmt, die Berechnung des Zuverdienstes etwas erleichtert und die Vollzugsbehörden entlastet.

Zur Erleichterung der Inanspruchnahme (v.a. für Väter) aber auch als Anpassung an die beiden neuen Varianten soll in Hinkunft die Mindestbezugsdauer pro Block generell zwei statt drei Monate betragen (ein zweimaliger Wechsel ist zulässig, wonach max. drei Blöcke entstehen können). Entsprechend werden auch die arbeitsrechtlichen Regelungen angepasst und soll auch die Karenz nach dem MSchG bzw. VKG etc für zwei Monate möglich sein.

Weiters werden auch die Meldefristen im MSchG/VKG - soweit erforderlich - an die neue Rechtslage angepasst.

In jenen Härtefällen, in denen ein Elternteil aus bestimmten, schwerwiegenden Gründen durch den Wegfall des gemeinsamen Haushaltes mit dem Kind am Bezug des Kinderbetreuungsgeldes verhindert ist, kann der andere Elternteil verlängertes Kinderbetreuungsgeld beziehen. Weiters soll es auch für einkommensschwache alleinstehende Elternteile, die zwar schon einen Antrag auf Festsetzung des Unterhalts gestellt haben, jedoch noch keinen Unterhalt oder Unterhaltsvorschuss erhalten, zu einer Verlängerung des Kinderbetreuungsgeldbezuges kommen.

Der Zuschuss zum Kinderbetreuungsgeld wird für Geburten ab 1.1.2010 von einem Kredit in eine echte Beihilfe umgewandelt, die nicht mehr zurückzuzahlen ist und zudem nur mehr wirklich einkommensschwachen Eltern zur Verfügung gestellt wird.

Durch die Erhöhung des Mehrlingszuschlages in den pauschalen Kurzvarianten auf die Hälfte des jeweiligen Tagesbetrages erfolgt eine Verbesserung für Mehrlingseltern in den pauschalen Kurzvarianten.

Die Schaffung eines kürzeren, aber höheren KBG-Bezuges erfordert Anpassungen, wie etwa bei den nachzuweisenden Mutter-Kind-Pass-Untersuchungen.

 

Die Abgeordneten Anneliese Kitzmüller, Kolleginnen und Kollegen haben den Entschließungsantrag 258/A(E) am 10. Dezember 2008 im Nationalrat eingebracht und wie folgt begründet:

„In den Erläuterungen der Regierungsvorlage 229 d.B. (XXIII GP) wurde das Regierungsprogramm 2006 zitiert, welches im Sinne der besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf eine Anhebung der Zuverdienstgrenze vorsah. Daher würde die Zuverdienstgrenze mit der Regierungsvorlage (229 d.B.) auf 16.200,-- Euro angehoben. Diese Anhebung von derzeit 14.600,-- Euro auf 16.200,-- Euro entspricht einer Erhöhung um 1.600,-- Euro oder 10,96 Prozent.

Dieser Betrag konnte schon damals nicht als Erhöhung, sondern nur als längst überfällige, teilweise Anpassung an die seit 2002 eingetretene Inflation betrachtet werden. Die Inflation wird von 2002 bis 2008 insgesamt etwa 14,6 Prozent betragen, die Preisentwicklung wird sich in diesem Zeitraum um 15,53 Prozent erhöht haben. Nach der Inflationsprognose der WKO wird die Inflation und Preisentwicklung zwischen 2002 und 2009 bei 16,8 bzw. 18,08 Prozent zu liegen kommen. Inflation und Preisentwicklung setzen sich wie folgt zusammen:

Zur eingetretenen inflationsbedingten Preissteigerung seit 2002:

Jahr        Inflation         ∑ Inflation         Preisentwicklung

2001        -                              -                              100,00                    Index 2001 = 100

2002        1,8%                       1,8%                       101,80

2003        1,3%                       3,1%                       103,12

2004        2,1%                       5,2%                       105,29

2005        2,3%                       7,5%                       107,71

2006        1,5%                       9,0%                       109,33

2007        2,2%                       11,2%                     111,74

2008        3,4%                       14,6%                     115,53            (Prognose WKO, 10/08)

2009        2,2%                       16,8%                     118,08            (Prognose WKO, 10/08)

(WKO, Oktober 2008, Quelle: STATISTIK AUSTRIA, WIFO) http://wko.at/statistik/prognose/inflation.pdf

Das von der alten Regierung selbst gesetzte Ziel, die Vereinbarkeit von Beruf und Familie mittels Anhebung der Zuverdienstgrenze zu erleichtern wird durch eine Anhebung unter der inflationsbedingt eingetretenen Preissteigerung nicht erreicht werden können. Da sich die Löhne seit 2002 annähernd analog zu der Inflationsrate verändert haben, ist eine Erweiterung des KBG-Bezieherkreises gegenüber dem Zeitpunkt der Einführung des Kinder­betreuungsgeldgesetzes nicht zu erwarten. Wer im Jahr 2002 über der Zuverdienstgrenze lag wird sich auch im Jahr 2009 mit seinen Einkünften über dieser Grenze befinden.

Um das Kinderbetreuungsgeld wirklich weiter zu entwickeln und den Familien echte Wahlfreiheit zu gewährleisten ist es notwendig die Zuverdienstgrenze ersatzlos zu streichen. Das Kinderbetreuungsgeld soll zwei Funktionen erfüllen. Es soll einerseits jenen, die ihre Kinder gerne zu Hause selbst betreuen wollen, diese Tätigkeit erleichtern, und andererseits jenen, die sich für einen frühen Wiedereinstieg ins Berufsleben entschieden haben die Kosten für die außerhäusliche Kinderbetreuung abgelten. Diese beiden Funktionen sind nur dann realisierbar, wenn das Kinderbetreuungsgeld allen Familien, unabhängig von deren Einkommen zusteht.

Die Einhaltung der Zuverdienstgrenze ist für all jene Familien, die ohnehin mit einem (in solchen Fällen meist relativ hohen) Einkommen ihr Auslangen finden, kein Problem, da ja nur der Zuverdienst des KBG-Beziehers (zumeist der Mutter) ausschlaggebend ist. Jenen, die das Kinderbetreuungsgeld bitter nötig hätten (Alleinverdiener und Partnerschaften mit nur einem geringen Einkommen), wird mit dem Erfordernis der Einhaltung der Zuverdienstgrenze nur unnötig das Leben erschwert. Die restlose Streichung dieses Erfordernisses ist auch in Anbetracht der komplizierten Zuverdienstermittlung und des hohen Verwaltungsaufwandes anzuraten.

Finanzielle Auswirkungen:

Die jährlichen Mehrkosten gegenüber der derzeitigen gesetzlichen Lage können mit etwa 300 Mio. Euro angenommen werden.“

 

Die Abgeordneten Anneliese Kitzmüller, Kolleginnen und Kollegen haben den Entschließungsantrag 268/A(E) am 10. Dezember 2008 im Nationalrat eingebracht und wie folgt begründet:

„Wegfall der Zuverdienstgrenze (Grenzbetrag)

§ 2 Abs. 1 Z 3 iVm §§ 8 und 8a Kinderbetreuungsgeldgesetz (KBGG) BGBl. I Nr. 103/2001 in der derzeit geltenden Fassung normiert einen Grenzbetrag (Zuverdienstgrenze) zum Kinderbetreuungsgeld in Höhe von jährlich 16.200,- Euro.

Mit der Kinderbetreuungsgeldgesetz-Novelle BGBl. I Nr. 76/2007 wurde der Grenzbetrag um 10,96 % angehoben, gleichzeitig aber die KBGG-Härtefälle-Verordnung (BGBl. II NR 405/2001), welche in Härtefällen ein Überschreiten des Grenzbetrags (damals 14.600,- Euro) in Höhe von 15 % vorsah, außer Kraft gesetzt. Seit Einführung des KBG mit 1.1.2002 müssen wir eine inflationsbedingte Preisentwicklung von plus 15,53 % bis Jahresende 2008 zur Kenntnis nehmen. Durch die Erhöhung der Zuverdienstgrenze unterhalb der eingetretenen Inflation wurde der mögliche Bezieherkreis für das Kinderbetreuungsgeld gegenüber dem Jahr 2002 nicht ausgebaut, da die Einkommen seit 2002 höhere Steigerungen erfahren haben als durch die Anhebung der Zuverdienstgrenze abgedeckt wurde.

Durch die ersatzlose Abschaffung des Grenzbetrages (Zuverdienstgrenze) wird sowohl der Bezug des Kinderbetreuungsgeldes für Mütter und Väter erleichtert als auch der Verwaltungsaufwand im Zusammenhang mit der Vollziehung des Kinderbetreuungsgeldgesetzes verringert. Weiters wäre die Wahlfreiheit der Eltern bezüglich außerhäuslicher oder familiärer Betreuung ihrer Kinder voll und ganz gewährleistet. Mit dem Wegfall der Zuverdienstgrenze wird auch das Wechselerfordernis in der Betreuung zum vollen KBG-Bezug abgeschafft.

Abschaffung des Wechselerfordernisses in der Betreuung zum vollen KBG-Bezug

In den §§ 5, 5a und 5b Kinderbetreuungsgeldgesetz wird die Anspruchsdauer des Kindergeldbezuges geregelt. Der Bezug des Kinderbetreuungsgeldes steht einem Elternteil längstens bis zur Vollendung des 30., 20. oder 15. Lebensmonats zu. Nimmt auch der zweite Elternteil Kinderbetreuungsgeld in Anspruch, so verlängert sich die Anspruchsdauer über die Vollendung des jeweiligen Lebensmonats hinaus um jenen Zeitraum, den der zweite Elternteil Kinderbetreuungsgeld beansprucht, höchstens jedoch bis zur Vollendung des 36., 24. Oder 18. Lebensmonates des Kindes. Damit sollte vor allem Vätern ein Anreiz geboten werden, sich vermehrt um die Kindererziehung zu kümmern.

Abgesehen davon, dass Österreichs Familien in dieser Frage nicht durch die Politik bevormundet werden sollten, zeigt die Kinderbetreuungsgeld-Statistik (August 2008) des Bundesministeriums für Gesundheit Familie und Jugend, dass der, durch diese Regelung erwünschte, Lenkungseffekt aus verschiedenen Gründen in der Bevölkerung nicht greift. Zeigt doch die Statistik, dass die Zahl der Kinderbetreuungsgeld-beziehenden Männer insgesamt bei nur 4 % zu liegen kommt. Lediglich bei Selbständigen (21,11 %) und Bauern (17,89 %) sind überdurchschnittliche Beteiligungen von Vätern an der Kinderbetreuung erreicht worden. Dies nicht etwa weil in diesen Berufsgruppen Väter prinzipiell mehr Verantwortung für ihre Kinder übernehmen würden, sondern weil es sich diese Berufsgruppen leichter „richten“ können.

Die eingezogene Regelung hat also keinen nennenswerten Erfolg gezeigt, führt jedoch dazu, dass die große Mehrheit gegenüber einigen wenige Berufsgruppen, die über freie Gestaltungsmöglichkeiten in ihrem Erwerbsleben verfügen diskriminiert wird. Betrachtet man nur jene Kinderbetreuungsgeldbezieher, die über keinerlei Gestaltungsmöglichkeiten verfügen (also nicht Studenten, Schüler, Arbeitslose, Notstandshilfebezieher, Selbständige, Bauern) so kommt man auf eine Männerquote von 2,95 %. Diese Regelung ist wegen Erfolgslosigkeit und mangelndem Lenkungseffekt ersatzlos zu streichen. Mit der Abschaffung der Teilungsregelung bei der Kinderbetreuung würden unsere Familien bis zum vollendeten 3. Lebensjahr (Eintritt des Kindes in den Kindergarten) das Kinderbetreuungsgeld beziehen. Betroffen davon ist bei Mehrkindfamilien in den meisten Fällen nur der Kinderbetreuungsgeldbezug für das jüngste Kind.

Einführung eines „Geschwisterbonus“ bei Folgegeburten innerhalb von 30 Monaten

In Schweden spricht man im Zusammenhang mit dem Elterngeld bei einer vergleichbaren Regelung von einer „Geschwindigkeitsprämie“. Wenn nach einer Geburt innerhalb von 30 Monaten eine zweite Geburt erfolgt, wird man bei der neuerlichen Berechnung der Elterngeldhöhe bevorzugt eingestuft. Diese Regelung hat laut dem Berlin-Institut für Bevölkerung und Entwicklung nachweislich die Altersabstände zwischen Geschwistern verringert. (Gunnar Anderson/Jan M. Hoem/Ann-Zofie Duvander (2006): Social differentials in speed-premium effects in childbearing in Sweden. Demographic Research Vol. 14/Article 4, 27.10.2006)

Zu rechtfertigen ist eine solche Regelung dadurch, dass sich die Dauer der Reduzierung oder Aufgabe der Erwerbstätigkeit von Eltern bei mehreren Geburten dadurch verringert und die Sozialisation bei Geschwistern besser verläuft als bei Einzelkindern.

Auszug: „Demografische Forschung - aus erster Hand“, 2004, Jahrgang 1, Nr. 4; Max-Planck-Institut für demografische Forschung, „Vienna Institute of Demography (VID) – Österreichische Akademie der Wissenschaften“

Seite 3:

„Schweden führte in den 1980er-Jahren eine geburtenbezogene Elterngeldregelung ein: Eltern, die ihr zweites (oder weiteres) Kind innerhalb eines bestimmten Zeitraumes nach dem vorangegangenen Kind bekommen, können Elterngeld auf der Basis jenes Einkommens erhalten, das sie vor der Geburt des vorangegangenen Kindes hatten. Eine Verringerung des Einkommens, etwa durch Elternzeit oder Teilzeitbeschäftigung nach der Geburt eines Kindes, wirkt sich dann nicht auf die Höhe des Elterngeldes bei einer folgenden Geburt aus. Diese Maßnahme hat zu einer Verkürzung des Geburtenabstandes insbesondere zwischen dem ersten und zweiten Kind geführt. Dies bewirkte einen Anstieg der Zweitgeburtenraten (siehe Abbildung 1) und zu einem geringeren Teil der Dritt- und Viertgeburtenraten.

In den 1990er-Jahren fiel die Fertilität in Schweden stark. Dieser Rückgang ist nicht auf eine grundlegende Änderung im Geburtenverhalten zurückzuführen: Auch in den 1990er-Jahren bekamen Frauen ihr zweites Kind deutlich früher als vor Einführung der Maßnahme. Doch die ökonomische Krise der frühen 1990er-Jahre und der drastische Anstieg der Arbeitslosigkeit bewogen vor allem nicht erwerbstätige Frauen, in geringerem Maße ein Kind zu bekommen. Die Elterngeldregelungen in Bezug auf die zeitliche Planung von zweiten und weiteren Geburten haben somit ein prozyklisches Geburtenverhalten verstärkt.

Eine andere Wirkung hatte das Kinderbetreuungsgeld in Finnland. Wie in Schweden stieg hier Anfang der 1990er-Jahre die Arbeitslosigkeit wegen einer ökonomischen Krise stark; jedoch sank die Fertilitätsrate nicht. Untersuchungen zeigen, dass das Kinderbetreuungsgeld insbesondere arbeitslosen Frauen erlaubte, die Zeit der ökonomischen Krise und der eingeschränkten Erwerbsmöglichkeiten zu überbrücken.“

Schlussfolgerung: Vorteile des erhöhten Kinderbetreuungsgeldes bei schneller Geburtenfolge Schwedens, kombiniert mit krisenunabhängigem Kindergeld (Fixbetrag) Finnlands.

Gerade in Krisenzeiten, in welchen wir uns derzeit weltweit befinden, wirken einkommensabhängige Karenzgeldmodelle geburtenhemmend. Potentielle Mütter warten mit der Geburt von Kindern zu und hoffen die Familienplanung an einem Zeitpunkt mit einem guten Einkommen nachholen zu können. Einkommensunabhängige Karenzgeldmodelle hingegen werden gerade in wirtschaftlich schwierigen Zeiten geburtenfördernd wirken, da eine Geburt unabhängig vom Einkommen zur finanziellen Absicherung der Familie beiträgt. Nach dem Motto: Wann, wenn nicht jetzt.

Versicherungsschutz für Elternteil und Kind für 36 Monate (auch bei Kurzvarianten)

Das Kinderbetreuungsgeld beinhaltet sowohl eine Geldleistung (14,53, 20,80 bzw. 26,60 Euro pro Tag) als auch eine Versicherungsleistung in Form der Krankenversicherung während des Kinderbetreuungsgeldbezugs.

Mit der Einführung der so genannten Kurzvarianten (richtiger Minderleistungsvarianten) im Zuge der Kinderbetreuungsgeldgesetz-Novelle war nicht nur eine deutliche Verringerung der Gesamtgeldleistung verbunden, sondern auch eine zeitliche Verkürzung der Krankenversicherungsdauer auf 15/18 bzw. 20/24 Monate.

Mütter haben hinkünftig relativ kurz nach der Entbindung zu entscheiden, ob sie die alte 30/36-Monatsregelung oder die neuen „flexiblen" 15/18 bzw. 20/24-Kurzvarianten in Anspruch nehmen wollen. Dies zu einem Zeitpunkt, da sich vor allem Mütter, die zum ersten Mal ein Kind bekommen, nur schwer Vorstellungen über die Veränderung der Lebensverhältnisse, die sich durch die Geburt eines Kindes bei den Eltern einstellen, machen können, und oft noch nicht Klarheit über den Gesundheitszustand des Kindes besteht.

Für viele Mütter, gerade im ländlichen Raum, wird es schwierig werden, nach Ende der 15/18 bzw. 20/24-monatigen Bezugsdauer des Kinderbetreuungsgeldes einen für die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit unerlässlichen Kinderbetreuungsplatz, bzw. Platz bei einer Tagesmutter für ihr kleines Kind zu bekommen. Vor allem Alleinerzieherinnen, die keine Möglichkeit haben sich bei einem Partner mitzuversichern, könnten dann ohne Kinderbetreuungsgeld und ohne Krankenversicherung ihr Auslangen finden müssen. Die Dauer der Krankenversicherung ist als eine Teilleistung des Kinderbetreuungsgeldes anzusehen. Diese Leistung darf durch neue Regelungen im Bereich der Geldleistung (Auszahlungsmodalität) nicht geschmälert werden.

Der Verwaltungsaufwand würde sich durch die Ausweitung des Versicherungsschutzes nicht erhöhen. Der Aufwand ist sogar gegenüber einer Implementierung von drei parallelen Systemen (15/18; 20/24 bzw. 30/36 Monate) geringer. Der versicherungsrechtliche Status würde für alle KBG-Bezieher gleich sein, lediglich der Auszahlungsmodus würde sich verwaltungsseitig ändern. Es ist nicht einzusehen, warum sich der Versicherungsschutz durch die neuen Auszahlungsvarianten verringern soll. Daher soll der Versicherungsschutz für alle KBG-Bezieher auf 36 Monate ausgedehnt werden.“

 

Der Entschließungsantrag 268/A(E) wurde vom Familienausschuss in seiner Sitzung am 18. Februar 2009 erstmals in Verhandlung genommen.

Im Anschluss an die Ausführungen des Berichterstatters Ing. Norbert Hofer beteiligten sich die Abgeordneten Gabriele Binder-Maier, Nikolaus Prinz und Mag. Judith Schwentner an der Debatte. Danach wurden die Verhandlungen vertagt.

 

In seiner Sitzung am 08. Oktober 2009 hat der Familienausschuss die Regierungsvorlage 340 d.B. und den Entschließungsantrag 258/A(E) erstmals sowie den Entschließungsantrag 268/A(E) neuerlich in Verhandlung genommen. Als Berichterstatter für die Regierungsvorlage fungierte der Abgeordnete August Wöginger, als Berichterstatterin für den Entschließungsantrag 258/A(E) die Abgeordnete Anneliese Kitzmüller.

An der Debatte beteiligten sich die Abgeordneten Franz Riepl, Mag. Daniela Musiol, Ursula Haubner, Gabriele Binder-Maier, Anneliese Kitzmüller, Gabriele Tamandl, Renate Csörgits, Mag. Andrea Kuntzl, Anna Höllerer, Edith Mühlberghuber, Mag. Judith Schwentner, Sigisbert Dolinschek, August Wöginger, Mag. Gisela Wurm, Ing. Norbert Hofer, Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Tanja Windbüchler-Souschill sowie die Staatssekretärin im Bundesministerium für Wirtschaft, Familie und Jugend Christine Marek und die Ausschussobfrau Abgeordnete Ridi Maria Steibl.

 

Bei der Abstimmung wurde der in der Regierungsvorlage enthaltene Gesetzentwurf mit Stimmenmehrheit angenommen.

 

Damit gelten der Entschließungsantrag 258/A(E) betreffend Abschaffung der Zuverdienstgrenze im Kinderbetreuungsgeldgesetz sowie der Entschließungsantrag 268/A(E) betreffend Weiterentwicklung und Ausbau des Kinderbetreuungsgeldes als miterledigt.

 

Als Berichterstatter für das Plenum wurde Abgeordneter August Wöginger gewählt.

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Familienausschuss somit den Antrag, der Nationalrat wolle dem von der Bundesregierung vorgelegten Gesetzentwurf (340 der Beilagen) die verfassungs­mäßige Zustimmung erteilen.

Wien, 2009 10 08

                               August Wöginger                                                              Ridi Maria Steibl

                                   Berichterstatter                                                                            Obfrau