382 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXIV. GP

 

Bericht

des Ausschusses für Arbeit und Soziales

über den Antrag 144/A der Abgeordneten Mag. Birgit Schatz, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesverfassungsgesetz über die Einrichtung einer Arbeitslosenanwaltschaft

Die Abgeordneten Mag. Birgit Schatz, Kolleginnen und Kollegen haben den gegenständlichen Initiativantrag am 03. Dezember 2008 im Nationalrat eingebracht und wie folgt begründet:

„900.000 Menschen werden jedes Jahr arbeitslos.

220.000 waren es im Durchschnitt des Jahres 2007. Arbeitslosigkeit betrifft also Jahr für Jahr etwa 20 Prozent aller Personen im erwerbsfähigen Alter und fast jede oder jeden DritteN unselbständig ErwebstätigeN!

Im Unterschied zu PensionistInnen, SchülerInnen, StudentInnen, Behinderten usw. haben Arbeitslose keine eigene bzw. keine anerkannte Interessenvertretung. Dabei wären gerade Arbeitslose auf Betreuung, Beratung und Wahrnehmung ihrer Interessen angewiesen:

             • Arbeitslose sind die am höchsten armutsgefährdete Gruppe

             • Arbeitslose haben geringe Rechtsansprüche (die Verweigerung eines rechtswidrigen Aktes des Arbeitsmarktservice bewirkt zunächst einmal die Sperre).

             • Arbeitslose haben geringe Rechtssicherheit, was sich an der hohen Zahl von Verfahren beim Verwaltungsgerichtshof bzw. den Beschwerden bei der Volksanwaltschaft zeigt).

Die Situation arbeitsloser Menschen in Österreich ist gekennzeichnet von geringer rechtlicher Absicherung der Betroffenen, sehr großem Handlungs- und Interpretationsspielraum des AMS und vor allem geringen Kenntnissen des Arbeitslosenversicherungsrechtes in der Bevölkerung.

Aus dem Zusammenfall dieser drei Faktoren resultieren für eine moderne Demokratie bzw. für einen Rechtsstaat nicht hinnehmbare Ungerechtigkeiten: So etwa bietet das Arbeitslosenversicherungsgesetz arbeitslosen oder arbeitssuchenden Menschen keine Möglichkeit, sich mit juristischen Mitteln gegen vermeintlich oder tatsächlich falsche, fehlerhafte oder schikanöse Entscheidungen bzw. Anordnungen des AMS zur Wehr zu setzen, ehe ein Bescheid zur Einstellung des Bezugs nach dem AIVG erlassen wurde. Sich gegen als ungesetzlich, falsch, schikanös oder auch nur fehlerhaft erachtete Schritte des AMS wehren kann man folglich nur unter Gefährdung der persönlichen Existenzsicherung. Dies ist eines Rechtsstaates und einer modernen Demokratie unwürdig!

Trotz aller Schwierigkeiten haben lohnarbeitslose Menschen in den letzten Jahren den Rechtsweg beschritten und in zahlreichen Verfahren gegen das AMS Rechtstandards durchsetzen können, die der Gesetzgeber mit der letzten Novelle des Arbeitslosenversicherungsgesetzes de facto wieder außer Kraft gesetzt hat.

Zur Verbesserung der rechtlichen und gesellschaftlichen Situation lohnarbeitsloser Menschen ist die Schaffung einer gesetzlichen Lobby für die Lobbylosen unumgänglich: Eine Arbeitslosenanwaltschaft, die nicht nur punktuell, individuell und situationsbezogen mit aus Arbeitslosigkeit resultierenden Problemen konfrontiert ist, sondern auf Grund einer systematischen Beschäftigung mit Problemlagen und Rechtslage in der Lage ist, lohnarbeitslosen Menschen jene Information und Unterstützung bieten kann, die in deren Situation auch notwendig ist. Darüber hinaus ist es notwendig, die Situation lohnarbeitsloser Menschen zum Gegenstand einer öffentlichen Debatte zu machen. Eine Arbeitslosenanwaltschaft, welche die Interessen lohnarbeitsloser Menschen mittels Öffentlichkeitsarbeit, Mitwirkung im Gesetzwerdungsverfahren und Berichte an den Nationalrat vertritt, schafft die notwenige Wissensbasis einer solchen öffentlichen Debatte. Eine Arbeitslosenanwaltschaft muss insbesondere

             • niederschwellig und unbürokratisch ansprechbar sein.

              Aufgabe der Arbeitslosenanwaltschaft ist nicht die Erstinformation, sondern die Beratung und Unterstützung in Problemsituationen

             • eine Vermittlungsstelle zwischen arbeitslosen Menschen und AMS bzw. dessen AuftragnehmerInnen einnehmen können;

             • im Gesetzgebungsverfahren über Stellungnahmen, Anhörungsrechte sowie Vorschlags- und Empfehlungsrechte eingebunden sein;

             • arbeitslose Menschen bei der Durchsetzung ihrer Interessen unterstützen und vertreten können;

             • unabhängig, weisungsfrei und finanziell abgesichert sein

             • arbeitslose Menschen einbinden.

Im vorliegenden Entwurf eines Bundesverfassungsgesetzes über die Einrichtung und die Tätigkeit der Arbeitslosenanwaltschaft wird diesen Erfordernissen Rechnung getragen. Er schafft einen verfassungsgesetzlichen Rahmen, der mittels eines eigenen Gesetzes auszuführen ist.“

 

Der Ausschuss für Arbeit und Soziales hat den gegenständlichen Initiativantrag in seiner Sitzung am 14. Oktober 2009 in Verhandlung genommen. An der Debatte beteiligten sich außer der Berichterstatterin Mag. Birgit Schatz die Abgeordneten Sigisbert Dolinschek und Oswald Klikovits.

Im Zuge der Debatte haben die Abgeordneten Mag. Birgit Schatz, Kolleginnen und Kollegen einen Abänderungsantrag eingebracht.

Bei der Abstimmung fand der gegenständliche Initiativantrag in der Fassung des oben erwähnten Abänderungsantrages keine Mehrheit.

Als Berichterstatter für das Plenum wurde Abgeordneter Oswald Klikovits gewählt.

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Ausschuss für Arbeit und Soziales somit den Antrag, der Nationalrat wolle diesen Bericht zur Kenntnis nehmen.

Wien, 2009 10 14

                                Oswald Klikovits                                                                Renate Csörgits

                                   Berichterstatter                                                                            Obfrau