598 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXIV. GP

 

Bericht

des Verfassungsausschusses

über den Antrag 33/A der Abgeordneten Dr. Eva Glawischnig-Piesczek, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesverfassungsgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz geändert und ein Bundesgesetz, mit dem ein Gesetz über die Instandsetzung und Fürsorge jüdischer Friedhöfe erlassen wird

Die Abgeordneten Dr. Eva Glawischnig-Piesczek, Kolleginnen und Kollegen haben den gegenständlichen Initiativantrag am 28. Oktober 2008 im Nationalrat eingebracht und wie folgt begründet:

„In Anhang A Punkt 8 zum Abkommen zwischen der österreichischen Bundesregierung und der Regierung der Vereinigten Staaten von Amerika zur Regelung von Fragen der Entschädigung und Restitution für Opfer des Nationalsozialismus vom 23. Jänner 2001 („Washingtoner Abkommen“) verpflichtet sich Österreich, zusätzliche Unterstützung für die Restaurierung und Erhaltung bekannter und unbekannter jüdischer Friedhöfe zu leisten. Eine gesetzliche Umsetzung dieser Verpflichtung ist bis heute nicht geschehen.

Die Halacha, das religiöse Gesetz des jüdischen Glaubens, verpflichtet die jüdischen Gemeinden zur immerwährenden Erhaltung ihrer Friedhöfe und Grabstätten. Aufgrund der Zerstörung der jüdischen Gemeinden Österreichs in der NS-Zeit und der Vertreibung und Ermordung ihrer Mitglieder sind diese nicht dazu in der Lage, diese Aufgabe zu übernehmen.

Der Halacha zufolge gehört ein jüdisches Grab ausschließlich den Toten. Es ist auf ewig unantastbar. Dem religiösen Gebot folgend, müssen daher ein jüdisches Grab und ein jüdischer Friedhof auf ewige Zeiten bestehen bleiben. Der Respekt vor diesem religiösen Gebot, das Bewusstsein um die kulturhistorische Bedeutung jüdischer Friedhöfe und Grabstätten als Denkmäler einer zerstörten Kultur und die Anerkennung historischer Verantwortung erfordern die Unterstützung von Instandsetzungs- und Instandhaltungsmaßnahmen durch die öffentliche Hand.

Aufgrund der Ereignisse während und in Folge der NS-Zeit ist der Zustand von zumindest 18 jüdischen Friedhöfen als äußerst mangelhaft oder mangelhaft zu bezeichnen, insbesondere von jenen in Deutsch Wagram, Dürnkrut, Eisenstadt, Großenzersdorf, Hohenau, Kittsee, Michelndorf, Mistelbach, Oberstockstall, Waidhofen an der Thaya, Gattendorf, Güssing, Kobersdorf, Lackenbach, Rechnitz, Währing, Zentralfriedhof Tor 1, Innsbruck (alter Friedhof). Zusätzlich zur Instandhaltung ist im Fall dieser Friedhöfe eine erstmalige Instandsetzung erforderlich, die durch öffentliche und private Mittel erfolgen soll.

Der Zustand der jüdischen Friedhöfe verschlechtert sich derart rapide, dass nach Einschätzung des Bundesdenkmalamtes beispielsweise auf dem jüdischen Friedhof in Wien-Währing ohne rasche Maßnahmen innerhalb der nächsten fünf Jahre rund 20 % der auf den Grabsteinen existierenden historischen Daten unwiederbringlich verloren gehen. Bei schätzungsweise 750 der 8000 Grabstätten ist zu befürchten, dass die Steine bereits innerhalb der nächsten zwei Jahre in einem unrettbaren Zustand sein werden. Es besteht daher dringender Handlungsbedarf, um den Zerfall zahlreicher historisch bedeutsamer Grabstätten zu verhindern.

Ausgehend davon und eingedenk der Tatsache, dass den hiesigen Kultusgemeinden die Instandsetzung und Instandhaltung der Vielzahl von Grabstätten und Friedhöfen nicht zumutbar ist, wird eine bundesgesetzliche Verpflichtung des Bundes zur Instandsetzung und Erhaltung jüdischer Friedhöfe vorgeschlagen.“

 

Der Verfassungsausschuss hat den gegenständlichen Initiativantrag erstmals in seiner Sitzung am 25. März 2009 in Verhandlung genommen. An der Debatte beteiligten sich außer dem Berichterstatter Abgeordneten Mag. Albert Steinhauser die Abgeordneten Mag. Wilhelm Molterer, Angela Lueger, Mag. Harald Stefan, Mag. Dr. Wolfgang Zinggl, Christoph Hagen, Otto Pendl und Mag. Daniela Musiol sowie der Staatssekretär im Bundeskanzleramt Dr. Josef Ostermayer. Danach wurden die Beratungen vertagt.

Die Verhandlungen wurden am 21. Jänner 2010 wieder aufgenommen. In der Debatte ergriffen die Abgeordneten Mag. Wilhelm Molterer, Ing. Peter Westenthaler, Dr. Harald Walser und Ing. Norbert Hofer sowie der Staatssekretär im Bundeskanzleramt Dr. Josef Ostermayer das Wort.

 

Bei der Abstimmung fand der gegenständliche Initiativantrag nicht die Zustimmung der Ausschussmehrheit.

 

Als Berichterstatter für das Plenum wurde Abgeordneter Johann Singer gewählt.

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Verfassungsausschuss somit den Antrag, der Nationalrat wolle diesen Bericht zur Kenntnis nehmen.

Wien, 2010 01 21

                                  Johann Singer                                                               Dr. Peter Wittmann

                                   Berichterstatter                                                                           Obmann