885 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXIV. GP

 

Bericht

des Ausschusses für innere Angelegenheiten

über die Regierungsvorlage (871 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem das Zivildienstgesetz 1986 geändert wird (ZDG-Novelle 2010)

Das Regierungsprogramm für die XXIV. Gesetzgebungsperiode sieht neben der budgetäreren Entlastung der Rechtsträger – die bereits mit der Novelle zum Zivildienstgesetz, BGBl. I Nr. 5/2009, umgesetzt wurde, die Schaffung von Möglichkeiten zur adäquaten Sanktionierung bei disziplinären Schwierigkeiten sowie die Vornahme legistischer Anpassungen im Zivildienstgesetz im Hinblick auf die bereits umgesetzte Verkürzung vor.

Zu den Eckpunkten der Novellierung im Einzelnen:

1. Maßnahmen der Verfahrensbeschleunigung und Vereinfachung:

In der Vollzugspraxis stellte sich heraus, dass es die 2006 erfolgte Verkürzung des Zivildienstes von zwölf auf neun Monate erfordert, die einzelnen Verfahren im Interesse der Beteiligten zu beschleunigen. Diesem Ziel dienen insbesondere:

-       die Verlagerung der Bescheiderlassung bei Widerruf und Aufhebung zur Zivildienstserviceagentur, womit auch ein zweigliedriger Instanzenzug eröffnet wird;

-       die Abschaffung der Verpflichtung des Landeshauptmannes zur Einholung von Gutachten im Anerkennungs- und Aufstockungsverfahren und damit einhergehend eine Entlastung des Zivildienstbeschwerderates;

-       die Streichung der Berufungsmöglichkeit gegen den Zuweisungsbescheid, was auch ein Gleichziehen mit den entsprechenden wehrrechtlichen Bestimmungen ermöglicht;

-       das Vorsehen einer Mitteilungspflicht über Bescheide an den Rechtsträger, womit der Entfall der Parteistellung des Rechtsträgers normiert werden kann;

-       die Herabsetzung der 24-Tages-Frist auf eine 18-Tages-Frist bei vorzeitiger Entlassung wegen Dienstunfähigkeit; weiters soll eine Entlassung bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen ex- lege erfolgen;

-       der Umstand, dass die Bezirksverwaltungsbehörden nicht mehr den Lichtbildausweis auszustellen haben.

2. Sicherstellung von disziplinären Maßnahmen

Die Vollzugspraxis zeigt, dass die derzeit im ZDG vorgesehenen Disziplinarmaßnahmen völlig unzureichend sind. In vielen Fällen ist es nicht oder erst nach einigen Monaten möglich, Fehlverhalten entsprechend zu sanktionieren oder gar Zivildienstleistende aus dem ordentlichen Zivildienst zu entlassen. Da aber gerade diese Fälle nicht nur der Einrichtung sondern dem Ansehen des Zivildienstes insgesamt schaden, wäre es wichtig und notwendig, rasch und adäquat Maßnahmen treffen zu können. Diesem Ziel dienen insbesondere:

-       die raschere Neuzuweisung im Nichtantrittsfall;

-       die Möglichkeit der sofortigen Entlassung aus disziplinären Gründen, wenn ein Zivildienstleistender trotz Aufforderung nicht zur ordnungsgemäßen Dienstleistung gewillt ist, und erst in weiterer Folge die Möglichkeit der Verlängerung bei weiteren Dienstpflichtverletzungen;

-       die Eindämmung von Krankenstandsmissbräuchen durch Neuregelung bei Nichteinrechnung und Weigerung sowie die Entlassung ex lege anstelle der Entlassung durch Bescheid.

3. Maßnahmen für einen zeitgemäßeren Vollzug

Diesem Ziel dienen insbesondere:

-       die Anerkennung neuer Gebiete, in denen die Zivildienstleistung erfolgen kann, wie in der Kinderbetreuung und in der Integration und Beratung Fremder;

-       die Möglichkeit, mit Bescheid Ausnahmen vom Verbot des Erwerbes und Besitzes genehmigungspflichtiger Waffen und vom Verbot des Führens von Schusswaffen zu erteilen;

-       die Möglichkeit, bis zur Vollendung des 28. Lebensjahres das Erlöschen der Zivildienstpflicht zu beantragen, um bestimmte Aufgaben im öffentlichen Dienst wahrnehmen zu können;

-       die Adaptierung der Regelungen über die Verlängerung durch Vereinbarung;

-       die Präzisierung der Straftatbestände;

-       die Ausstellung der individualisierten Zivildienstabzeichen durch die Zivildienstserviceagentur.

4. legistische Adaptierungen

Diesem Ziel dienen insbesondere:

-       begriffliche Adaptierungen aber auch Maßnahmen der Vereinfachung der Kommunikation zwischen Behörden und Zivildienstpflichtigen.

Durch die Zivildienstgesetz-Novelle 2010 kann von einer Kostenersparnis für das Bundesministerium für Inneres in der Gesamthöhe von mindestens € 370.000,-- ausgegangen werden.

Zu Z 3 (§ 4 Abs. 5): Durch die Abschaffung der Gutachtenserstellung durch den Zivildienstbeschwerderat ist mit Einsparungen an Sitzungsgebühren und Aufwandsentschädigungen für die Mitglieder des Zivildienstbeschwerderates in Höhe von rund € 10.000,-- zu rechnen.

Zu Z 14 (§ 7a): Durch den Wegfall der Verlängerungsmöglichkeit nach § 7a ZDG für nicht begünstigte Rechtsträger werden rund 8% (oder rund € 100.000,--) der bisherigen Kosten für die auszubezahlenden Förderungen eingespart. Weiters betrug der Anteil bei den Kosten für die Verlängerung, der auf Einrichtungen der Kategorie 2 fiel, rund 35%. Durch die nun erfolgte Reduzierung der Förderungen von Sozial- und Behindertenhilfeeinrichtungen ist mit weiteren rund € 140.000,-- an Einsparungen zu rechnen.

Zu Z 18 (§ 8 Abs. 1): Durch den Ausschluss einer Berufungsmöglichkeit gegen Zuweisungsbescheide kann es zu Personaleinsparungen beim Bundesministerium für Inneres kommen.

Zu Z 27 (§ 20): Im Jahr 2009 wurden in Summe rund 2200 Entlassungs-, Unterbrechungs-, Befreiungs- und Aufschubverfahren durchgeführt. Durch die Abschaffung der Parteistellung der Rechtsträger in diesen Verfahren kommt es neben einer Verwaltungsvereinfachung auch zu Einsparungen bei Portogebühren von zumindest € 12.000,--, zumal diese nicht mehr zur Stellungnahme aufzufordern und diesen auch keine Bescheide mehr zuzustellen sind.

Zu Z 37 (§ 32 Abs. 5): Durch die Möglichkeit, dass beim Vorliegen eines Übergenusses im Falle einer neuerlichen Zuweisung der (sehr oft uneinbringliche) Übergenuss in Abzug gebracht werden kann, werden voraussichtlich Einsparungen in Höhe rund € 8.000,-- gemacht werden können.

Diese Gesamtsumme in Höhe von rund € 370.000,-- ist insofern als Untergrenze zu sehen, als weitere Novellierungsinhalte wegen ihrer Neuartigkeit (z.B. die Möglichkeit, Zivildienstleistende auch Kindergärten zur Verfügung zu stellen) oder aber wegen ihrer Nichtbewertbarkeit mangels ausreichender Kennzahlen oder Schätzgrößen monetär nicht beziffert werden können.

Neben diesen Auswirkungen sind durch die Übertragung der Zivildienstabzeichenausstellung von den Bezirksverwaltungsbehörden zur Zivildienst-Serviceagentur weiters geringe Kostenverschiebungen von den Ländern zum Bundesministerium für Inneres (Bund) zu erwarten; auch dieser Umstand ist wegen der unbekannten Anzahl der dann nicht mehr von den Bezirksverwaltungsbehörden zu bearbeitenden Fällen nicht bewertbar.

Die Zuständigkeit des Bundes zur Erlassung des vorgeschlagenen Bundesgesetzes ergibt sich aus Art. 10 Abs. 1 Z 15 B-VG („Angelegenheiten des Zivildienstes“).


Der Ausschuss für innere Angelegenheiten hat die gegenständliche Regierungsvorlage in seiner Sitzung am 14. September 2010 in Verhandlung genommen. An der Debatte beteiligten sich im Anschluss an die Ausführungen der Berichterstatterin Ulrike Königsberger-Ludwig die Abgeordneten Tanja Windbüchler-Souschill, Christoph Hagen, Harald Vilimsky, Hannes Fazekas und Günter Kößl.

Bei der Abstimmung wurde der in der Regierungsvorlage enthaltene Gesetzentwurf mit Stimmenmehrheit angenommen.

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Ausschuss für innere Angelegenheiten somit den Antrag, der Nationalrat wolle dem von der Bundesregierung vorgelegten Gesetzentwurf (871 der Beilagen) die verfassungs­mäßige Zustimmung erteilen.

Wien, 2010 09 14

                     Ulrike Königsberger-Ludwig                                                          Otto Pendl

                                 Berichterstatterin                                                                          Obmann