911 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXIV. GP

 

Bericht

des Finanzausschusses

über die Regierungsvorlage (879 der Beilagen): Bundesgesetz über Sonderbestimmungen im Zusammenhang mit der Erhöhung des Grundkapitals der VERBUND AG

Hauptgesichtspunkte des Entwurfes:

Die Republik Österreich, vertreten durch den Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend, ist am Grundkapital der VERBUND AG iHv 308.200.000,-- Euro mit 51 % beteiligt; mehr als 25 % des Grundkapitals befinden sich im Eigentum der Landesenergieversorger TIWAG, Wiener Stadtwerke Holding und EVN; weniger als 24 % des Grundkapitals befinden sich im Streubesitz. Gemäß § 1 Abs. 1 des Bundesverfassungsgesetzes, mit dem die Eigentumsverhältnisse an den Unternehmen der österreichischen Elektrizitätswirtschaft geregelt werden, Artikel 2, BGBl. I Nr. 143/1998, muss vom Aktienkapital der VERBUND AG mindestens 51 % im Eigentum des Bundes stehen.

Im Herbst 2010 soll im Wege eines Hauptversammlungsbeschlusses der VERBUND AG eine Aktienkapitalerhöhung der VERBUND AG im Ausmaß von ca. 1 Mrd. Euro beschlossen werden, die aus folgenden Gründen erforderlich ist:

– Erhöhung des Unternehmenswertes der VERBUND AG und damit Erhöhung des Beteiligungswertes der Republik Österreich:

Die vorgesehene Kapitalerhöhung unter Mitwirkung der Republik Österreich wird den Unternehmenswert der VERBUND AG nachhaltig erhöhen und damit die Werthaltigkeit des Anteils der Republik Österreich steigern. Darüber hinaus wird durch eine Erhöhung der Marktkapitalisierung/Liquidität der Verbund-Aktie eine höhere Attraktivität bei internationalen Investoren bewirkt und aufgrund der gestärkten Kapitalstruktur zusätzliches Investoreninteresse geweckt.

– Erhöhung des Dividendenausschüttungs- und Steueraufkommens-Potentials:

Die Kapitalerhöhung unter Teilnahme der Republik Österreich ermöglicht der VERBUND AG die Durchführung eines umfangreichen Investitionsprogramms mit nachhaltiger Ergebnissteigerung. Dies lässt sowohl eine höhere Dividendenausschüttungsfähigkeit des Unternehmens für die Beteiligung der Republik Österreich sowie ein höheres Steueraufkommen erwarten.

– Durch Kapitalerhöhung bedeutsamer volkswirtschaftlicher Gesamteffekt:

Durch eine forcierte Umsetzung der Investitionspipeline von heimischen Energie-Infrastrukturprojekten soll ein bedeutsamer volkswirtschaftlicher Gesamteffekt erzielt und entsprechende Wertschöpfung in Österreich generiert werden. Weiters kann durch das von der Republik Österreich eingesetzte Kapital von ca. 500 Mio. Euro eine große Hebelwirkung erzielt werden, da durch den genannten Kapitaleinsatz der Republik Österreich im Zuge der Kapitalerhöhung der VERBUND AG zusätzliche Investitionen des Unternehmens iHv ca. 2,5 Mrd. Euro ermöglicht werden. Diese Investitionen bewirken einen volkswirtschaftlichen Gesamteffekt von rd. 5 Mrd. Euro und generieren gemäß IWI-Studie rd. 37.000 Arbeitsplätze in Österreich. Darüber hinaus sichern die wirtschaftlichen Aktivitäten der E-Wirtschaft (Produktion und Investitionen) neben den direkten Arbeitsplätzen in der Branche auch pro Arbeitsplatz in der E-Wirtschaft zusätzliche 1,5 Arbeitsplätze in anderen Wirtschaftsbereichen.

– Investitionsprogramm der VERBUND AG trägt wesentlich zur kosteneffizienten Umsetzung der Energiestrategie bei:

Die Energiestrategie Österreichs hat als Zielvorgabe, 34 % erneuerbare Energien am Gesamtenergieverbrauch bis 2020 zu erreichen; die Stromerzeugung aus Wasserkraft soll als Beitrag dazu im ersten Schritt bis 2015 um 3,5 TWh gesteigert werden. Ein forcierter, umweltfreundlicher Ausbau der Wasserkraft kann zur Zielerreichung Österreichs beitragen, ohne dass es zu einer zusätzlichen Ausweitung der Ökostromtarifförderungen kommt. Dadurch kann möglichen zusätzlichen Belastungen für die Konsumenten und Stromkunden aus Gründen der Forcierung erneuerbarer Energien entgegen gewirkt und ein Beitrag zu einer kosteneffizienten Zielerreichung geleistet werden. Eine Kapitalerhöhung bei der VERBUND AG hat somit einen direkten Einfluss auf die Umsetzung der Energiestrategie.

– Sicherstellung des Ausbaus der heimischen Infrastruktur:

Mit der vorgesehenen Kapitalerhöhung  von ca. 1 Mrd. Euro wird das mittel- bzw. langfristige Investitionsprogramm der VERBUND AG nachhaltig unterstützt. Darüber hinaus wird der Ausbau der umweltfreundlichen österreichischen Wasserkraft und die Nutzung der umweltfreundlichen Ressource Wasserkraft zur Stromerzeugung sowie der Ausbau des heimischen Hochspannungsnetzes zur Förderung des Wettbewerbs im Europäischen Strommarkt forciert und auf diese Weise ein wesentlicher Beitrag zur Versorgungssicherheit Österreichs durch heimische Infrastruktur geleistet.

Andernfalls drohen ein unsicherer Netzbetrieb mit erhöhtem Risiko für die Versorgungssicherheit und einer Blackoutgefahr trotz umfangreicher Engpassmanagement-Maßnahmen, das Risiko einer Einschränkung für den gemeinsamen Strommarkt Österreich-Deutschland sowie das Ausbleiben wesentlicher Wirtschaftsimpulse durch Nichtrealisierung von Netz- und Kraftwerksausbau mit Milliarden-Investitionsvolumen.

– Stärkung des Börseplatzes Wien durch Kapitalerhöhung bei wesentlichem ATX-Unternehmen:

Eine Kapitalerhöhung der VERBUND AG im Ausmaß von rd. 1 Mrd. Euro ist als starkes Signal für den österreichischen Kapitalmarkt im internationalen Umfeld und damit für den Finanzplatz Wien zu werten. Eine höhere Gewichtung des Verbund-Konzerns im ATX (Potenzial für TOP 5-ATX-Gewichtung) bedeutet ein sicheres Investment für Kleinanleger und langfristig orientierte institutionelle Anleger (z. B. Pensionskassen) in einem derzeit unsicheren, volatilen Marktumfeld.

– Förderung der Eigenkapitalstärke der VERBUND AG gegenüber Rating-Agenturen:

Im Vergleich zu anderen Europäischen Energieversorgern weist der Verbund-Konzern einen höheren Verschuldungsgrad auf, weshalb die Stärkung der Eigenkapitalbasis sinnvoll erscheint. So haben beispielsweise in jüngster Zeit Kapitalerhöhungen von National Grid/GB, Enel/Italien, Gas Natural/Spanien stattgefunden. Eine Kapitalerhöhung der Republik Österreich in der Verbund-Gesellschaft ist als klares Signal des Mehrheitseigentümers für die Stützung der Kreditwürdigkeit zu werten. Eine Sicherstellung des Ratings im „A“-Bereich gewährleistet langfristig niedrigere Finanzierungskosten für den Verbund und damit die Absicherung des wertschaffenden Investitionsprogramms in Österreich. Ohne eine Kapitalerhöhung ist das Investitionsprogramm des Verbund-Konzerns nicht ohne Gefahr einer Rating-Herabstufung und damit einer Zinskostenerhöhung durchführbar.

Finanzielle Auswirkungen:

Die Struktur der Kapitalerhöhung ist in der Form vorgesehen, dass die Republik Österreich ca. 500 Mio. Euro als – möglicherweise „Wasserkraft“ – Anleihe begibt und die Zuflüsse aus dieser als Barkapitalerhöhung in die VERBUND AG einbringt. Auf diese Weise kann die VERBUND AG eine Kapitalerhöhung im Ausmaß von ca. 1 Mrd. Euro durchführen. Ein weiterer Betrag von ca. 500 Mio. Euro wird über weitere bestehende Verbundaktionäre (im Wege von Bezugsrechten) sowie über Neuinvestoren am Aktienmarkt aufgenommen.

Kompetenzgrundlage:

Die Zuständigkeit des Bundes zur Erlassung dieses Bundesgesetzes ergibt sich aus Art. 10 Abs. 1 Z 4 („Bundesfinanzen“) und Z 6 B-VG („Zivilrechtswesen“).

Besonderheiten des Normerzeugungsverfahrens:

Der Gesetzesbeschluss hat Verfügungen über Bundesvermögen gemäß Art. 42 Abs. 5 B-VG zum Gegen-stand, bei denen auf Grund dieser Verfassungsbestimmung die Mitwirkung des Bundesrates ausgeschlossen ist. Daher kann der Bundesrat gegen diesen Gesetzesbeschluss des Nationalrates keinen Einspruch erheben.

 

 

 

Der Finanzausschuss hat die gegenständliche Regierungsvorlage in seiner Sitzung am 6. Oktober 2010 in Verhandlung genommen. An der Debatte beteiligten sich außer dem Berichterstatter Konrad Steindl die Abgeordneten Lutz Weinzinger, Mag. Christiane Brunner, Ing. Peter Westenthaler, Jakob Auer, Dr. Christoph Matznetter, Dr. Ruperta Lichtenecker, Ing. Robert Lugar, Kai Jan Krainer, Mag. Peter Michael Ikrath, Wolfgang Zanger und Mag. Werner Kogler sowie der Staatssekretär im Bundesministerium für Finanzen Dr. Reinhold Lopatka und der Ausschussobmann Abgeordneter Dkfm. Dr. Günter Stummvoll.

 

Bei der Abstimmung wurde der in der Regierungsvorlage enthaltene Gesetzentwurf mit Stimmenmehrheit angenommen.

 

Zum Berichterstatter für das Plenum wurde Abgeordneter Konrad Steindl gewählt.

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Finanzausschuss somit den Antrag, der Nationalrat wolle dem von der Bundesregierung vorgelegten Gesetzentwurf (879 der Beilagen) die verfassungs­mäßige Zustimmung erteilen.

Wien, 2010 10 06

                                  Konrad Steindl                                                      Dkfm. Dr. Günter Stummvoll

                                   Berichterstatter                                                                           Obmann