946 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXIV. GP

 

Bericht

des Finanzausschusses

über die Regierungsvorlage (875 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem das Einkommensteuergesetz 1988, das Körperschaftsteuergesetz 1988, die Bundesabgabenordnung, das Abgabenverwaltungsorganisationsgesetz 2010 und das EU-Polizeikooperationsgesetz geändert werden (Betrugsbekämpfungsgesetz 2010 - BBKG 2010)

Hauptgesichtspunkte des Entwurfes für die Änderungen im Einkommensteuergesetz 1988:

Es wird klargestellt, dass bei illegalen Beschäftigungsverhältnissen ein Nettolohn als vereinbart gilt, um zu gewährleisten, dass die Lohnabgaben (Lohnsteuer, Dienstgeberbeitrag, etc.) von diesem (ausbezahlten) Nettoentgelt hochzurechnen sind.

Um ungerechtfertigte Tarifbegünstigungen für Personen, auf die das zwischenstaatliche Steuerrecht (DBA bzw. § 48 BAO) Anwendung findet, zu vermeiden, wird in gewissen Fällen als Lohnzahlungszeitraum der Kalendertag unterstellt.

Zur Vermeidung von Betrugsaktivitäten im Baubereich wird mit einer Auftraggeberhaftung, ähnlich der gesetzlichen Bestimmung im Bereich der Sozialversicherung (§ 67a ff ASVG), eine Haftungsbestimmung für Bauunternehmer eingeführt, die Aufträge an Subunternehmer weitergeben. Diese Regelung sieht eine Auftraggeberhaftung für Lohnabgaben des Auftragnehmers vor. Die Haftung entfällt, wenn das Auftrag gebende Unternehmen einen Haftungsbetrag an das Dienstleistungszentrum bei der Wiener Gebietskrankenkasse überweist.

Ein Arbeitnehmer soll mit Abgabenbescheid unmittelbar in Anspruch genommen werden können, wenn er vorsätzlich mit dem Arbeitgeber zusammenwirkt und an der Verkürzung der Lohnsteuer mitwirkt.

Zur Betrugsbekämpfung soll die Sozialversicherung Daten über die Anmeldung von Dienstnehmern zeitnah an die Finanzbehörden übermitteln.

Im Interesse der Erleichterung der steuerlichen Erfassung im In- oder Ausland sollen Zahlungen über 100.000 Euro, die ins Ausland erfolgen, dem Finanzamt gemeldet werden müssen. Die Mitteilungsverpflichtung erstreckt sich auf im Inland erbrachte Leistungen aus selbständiger Arbeit im einkommensteuerrechtlichen Sinn, auf Vermittlungsleistungen sowie auf eine im Inland erbrachte kaufmännische oder technische Beratung.

Hauptgesichtspunkte des Entwurfes für die Änderungen im Körperschaftsteuergesetz 1988:

Werden Ausgaben aufgrund einer fehlenden Empfängerbenennung nicht als Betriebsausgaben abgezogen, reicht das Unterbleiben des Betriebsausgabenabzuges allein nicht aus, um den Vorteil auszugleichen, der sich auf Ebene des Empfängers aus der Verschleierung der empfangenen Beträge ergeben kann. Um den Vorteil aus der dadurch möglichen steuerlichen Nichterfassung auf Seiten des Empfängers auszugleichen, soll der Betrag zusätzlich einer 25%igen Körperschaftsteuer unterworfen werden. Auf diese Weise wird die zweite Besteuerungsebene (Empfänger der Beträge) erfasst. Es liegt an der Körperschaft, diese Rechtsfolge durch eine Empfängerbenennung abzuwenden.

Hauptgesichtspunkte des Entwurfes für die Änderungen in der Bundesabgabenordnung:

Die Verlängerung der Hinterziehungsverjährungsfrist dient als Maßnahme zur Betrugsbekämpfung und wird daher von sieben auf zehn Jahre verlängert.

Hauptgesichtspunkte des Entwurfes für die Änderungen im Abgabenverwaltungsorganisationsgesetz 2010:

Kernaufgabe der Finanzverwaltung ist die Sicherung des Abgabenaufkommens zur Finanzierung des Staatshaushaltes. Ein wesentlicher Schwerpunkt ist dabei eine effektivere Bekämpfung der Steuerverkürzung und insbesondere der Schattenwirtschaft, die bekanntermaßen außerhalb der Grundsätze ordnungsgemäßer Buchführung und Aufzeichnungen agiert.

Mit den nunmehr eingeräumten Befugnissen, die von der KIAB bereits im Bereich der illegalen Beschäftigung angewendet werden, werden auch die Möglichkeiten der Steueraufsicht in der Finanzverwaltung wesentlich verbessert, indem zeitnahe und vor Ort durchgeführte Informationsgewinnung über abgabenrechtlich relevante Sachverhalte zur Aufdeckung steuerlich nicht erfasster Unternehmen, zur Ermittlung erster Besteuerungsgrundlagen aber auch zur Sicherstellung der vollständigen Besteuerungsgrundlagen gesetzlich normiert werden.

Hauptgesichtspunkte des Entwurfes für die Änderungen im EU-Polizeikooperationsgesetz:

Mit dem vorliegenden Entwurf sollen die Abgabenbehörden des Bundes im Rahmen ihres gesetzlichen Wirkungsbereiches zur Zusammenarbeit mit dem Europäischen Polizeiamt (Europol) im Rahmen des Europol erteilten Mandats (siehe Anlage 1 zum EU-PolKG) berechtigt werden.

Auswirkungen auf die Verwaltungskosten für Unternehmen gemäß § 14a BHG:

Das „Bundesgesetz, mit dem das Einkommensteuergesetz 1988, das Körperschaftsteuergesetz 1988, das Abgabenverwaltungsorganisationsgesetz 2010 und das EU-Polizeikooperationsgesetz geändert werden (Betrugsbekämpfungsgesetz 2010 – BBKG 2010)“ enthält neue Informationsverpflichtungen für Unternehmen, die eine geschätzte Belastung von rund 700.000 Euro pro Jahr verursachen.

Zu den Auswirkungen im Einkommensteuergesetz 1988:

Für die neue Informationsverpflichtung „109b Meldung über die Zahlung einer Leistung ins Ausland“ in § 109b EStG wird mit rund 14.000 Fällen pro Jahr in der Gruppierung „Unternehmer und Körperschaften des öffentlichen und privaten Rechts“ gerechnet. Durch diese Informationsverpflichtung wird insgesamt eine Belastung von rund 504.000 Euro an Verwaltungskosten verursacht. Die Belastung entsteht durch  eine Mitteilungspflicht für Zahlungen, die für bestimmte inländische Leistungen ins Ausland erfolgen. Ziel ist es, die korrekte steuerliche Behandlung in Österreich überprüfbar zu machen bzw. eine Informationsweitergabe an den Staat zu ermöglichen, dem voraussichtlich das Besteuerungsrecht zukommt, wenn Österreich kein Besteuerungsrecht haben sollte.

Die neue Informationsverpflichtung „82a Mitteilung über Beauftragung zur Erbringung von Bauleistungen“ in § 82a Abs. 3 und 4 EStG betrifft durchschnittlich 3.000 Bauunternehmen.

Durch diese Informationsverpflichtung wird insgesamt eine Belastung von rund 225.000 Euro an Verwaltungskosten verursacht. Die Belastung entsteht im Rahmen der Einführung einer Haftung für die Lohnsteuer bei der Abfuhr der Auftraggeberhaftung für die Lohnsteuer. Um die Verwaltungslasten für Unternehmen möglichst gering zu halten, soll die Zahlung an das Dienstleistungszentrum der WGKK erfolgen, das bereits für die Abwicklung der Auftraggeberhaftung nach dem Sozialversicherungsrecht zuständig ist.

Kompetenz:

Die Zuständigkeit des Bundes zur Erlassung dieses Bundesgesetzes ergibt sich aus Art. 10 Abs. 1 Z 4 B-VG (Bundesfinanzen), Art. 10 Abs. 1 Z 16 B-VG (Einrichtung von Bundesbehörden) sowie aus § 7 Abs. 1 und § 11 Abs. 1 F-VG.

 

Der Finanzausschuss hat die gegenständliche Regierungsvorlage in seiner Sitzung am 03. November 2010 in Verhandlung genommen. An der Debatte beteiligten sich außer dem Berichterstatter Konrad Steindl die Abgeordneten Kai Jan Krainer, Elmar Podgorschek, Mag. Roman Haider, Dr. Christoph Matznetter und Mag. Werner Kogler sowie der Staatssekretär im Bundesministerium für Finanzen Dr. Reinhold Lopatka und der Ausschussobmann Abgeordneter Dkfm. Dr. Günter Stummvoll.

 

Im Zuge der Debatte haben die Abgeordneten Dkfm. Dr. Günter Stummvoll und Kai Jan Krainer einen Abänderungsantrag eingebracht, der wie folgt begründet war:

„ Zu Z I betreffend Artikel 1 (Änderung des Einkommensteuergesetzes 1988):

Zu Z 1 und 2 (Art. 1 Z 4 und Z 8, § 82a Abs. 5, § 124b Z 176 und Z 178 EStG 1988):

Es soll klargestellt werden, dass das Dienstleistungszentrum der Wiener Gebietskrankenkasse im Regelfall die Haftungsbeträge im Verhältnis 4:1 aufzuteilen hat, das heißt 4/5tel (80%) des Haftungsbetrages entfällt auf die Beiträge und Umlagen an österreichische Krankenversicherungsträger und 1/5tel (20%) des Haftungsbetrages entfällt auf die lohnabhängigen Abgaben. Liegt eine Verrechnungsweisung vom Auftrag gebenden Unternehmen vor, so soll die Aufteilung durch das Dienstleistungszentrum in der Weise erfolgen, dass der vom Auftrag gebenden Unternehmen unter der Bezeichnung „AGH-SV“ ausgewiesene Haftungsbetrag auf die Beiträge und Umlagen an österreichische Krankenversicherungsträger entfällt und der unter der Bezeichnung „AGH-LSt“ ausgewiesene Haftungsbetrag auf die lohnabhängigen Abgaben.

Hat das beauftragte Unternehmen keine Beiträge und Umlagen an österreichische Krankenversicherungsträger abzuführen, da die beschäftigten Arbeitnehmer nicht der österreichischen Sozialversicherungspflicht unterliegen, so entfällt der an das Dienstleistungszentrum der Wiener Gebietskrankenkasse entrichtete Haftungsbetrag zu 100 % auf die lohnabhängigen Abgaben.

Der Projektauftrag der Neuentwicklung für das Verfahren beim Dienstleistungszentrum der Wiener Gebietskrankenkasse bedarf der Zustimmung des Bundesministers für Finanzen. Seitens des Bundesministers für Finanzen werden nur jene Kosten übernommen, die dem Dienstleistungszentrum der Wiener Gebietskrankenkasse durch die Aufgtraggeberhaftung nach § 82a EStG 1988 zusätzlich entstehen.

Die Bestimmung soll mit 1. Juli 2011 in Kraft treten, da noch die technische Planung und Umsetzung für die Auftraggeberhaftung erfolgen müssen.“

 

Bei der Abstimmung wurde der in der Regierungsvorlage enthaltene Gesetzentwurf unter Berücksichtigung des oben erwähnten Abänderungsantrages der Abgeordneten Dkfm. Dr. Günter Stummvoll und Kai Jan Krainer mit Stimmenmehrheit angenommen.

 

Ein von den Abgeordneten Kai Jan Krainer und Dkfm. Dr. Günter Stummvoll eingebrachter Entschließungsantrag betreffend Evaluierung und allenfalls Erweiterung der in der Verordnung des Bundesministers für Finanzen betreffend Mitteilungen gemäß § 109a EStG 1988 genannten Berufsgruppen im Sinne einer umfassenden Betrugsbekämpfung bis zum 31.12.20 wurde mit Stimmenmehrheit beschlossen. Diesem Antrag war folgende Begründung beigegeben:

„Die Struktur der heimischen Unternehmen ist einem raschen Wandel unterzogen. Daher ist im Sinne einer umfassenden Betrugsbekämpfung zu prüfen, ob die in der oben genannten Verordnung  des Bundesministers für Finanzen getätigte Auflistung von Berufsgruppen und Branchen zu ergänzen ist.“

Ein weiterer von den Abgeordneten Kai Jan Krainer und Dkfm. Dr. Günter Stummvoll eingebrachter Entschließungsantrag betreffend Evaluierung und Prüfung der Haftungshöhe bei Beauftragung zur Erbringung von Bauleistungen bis zum 31.12.2012 wurde ebenfalls mit Stimmenmehrheit beschlossen. Diesem Antrag war folgende Begründung beigegeben:

„Im Betrugsbekämpfungsgesetz ist eine Haftungsbestimmung für BauunternehmerInnen (Auftraggeberhaftung) für Lohnabgaben des Auftragnehmers gemäß § 82a EStG (neu) enthalten, die ab 1.7.2011 in Kraft treten wird. Die Angemessenheit der Höhe dieser Haftung (5% des geleisteten Werklohns) ist zu klären. Das Bundesministerium für Finanzen möge daher prüfen, ob die Haftungshöhe für BauunternehmerInnen für Lohnabgaben des Auftragnehmers/der Auftragnehmerin eine angemessene Höhe aufweist.“

 

Zum Berichterstatter für das Plenum wurde Abgeordneter Konrad Steindl gewählt.

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Finanzausschuss somit den Antrag, der Nationalrat wolle

1.     dem angeschlossenen Gesetzentwurf die verfassungsmäßige Zustimmung erteilen;

2.     die angeschlossenen Entschließungen (Anlagen 1 und 2) annehmen.

Wien, 2010 11 03

                                 Konrad Steindl                                                     Dkfm. Dr. Günter Stummvoll

                                    Berichterstatter                                                                            Obmann