976 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXIV. GP

 

Bericht

des Ausschusses für Arbeit und Soziales

über die Regierungsvorlage (936 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über Arbeitsverhältnisse zu Theaterunternehmen (Theaterarbeitsgesetz – TAG) erlassen und mit dem das Urlaubsgesetz, das Arbeitsverfassungsgesetz, das Entgeltfortzahlungsgesetz und das Arbeitsruhegesetz geändert werden (Theateranpassungsgesetz 2010)

Das seit 1922 im Wesentlichen unverändert geltende SchauspG entspricht nicht mehr zur Gänze den Anforderungen eines modernen Bühnenarbeitsrechts und den heutigen Bedürfnissen der Theaterunternehmer/innen und der Schauspieler/innen; zudem steht das SchauspG in einigen Bereichen in Widerspruch zu europarechtlichen Vorgaben.

Die bisherigen Novellen zum SchauspG erfolgten jeweils im Zusammenhang mit der Neuregelung bestimmter Teilbereiche des Arbeitsrechts, hatten Zitatberichtigungen oder wie die zuletzt erfolgte Novelle im Rahmen des 1. Euro-Umstellungsgesetzes Bund, BGBl. I Nr. 98/2001, den Entfall der Bezugnahmen auf den Begriff „Steuereinheiten“ zur Folge. Der sonstige Inhalt des SchauspG blieb jedoch seit 1922 unverändert. Die in der Vergangenheit unternommen Versuche einer umfassenden Änderung und Modernisierung des SchauspG scheiterten. Insbesondere führten die nach 1985 geführten Sozialpartnergespräche zu einem vom damaligen Bundesministerium für soziale Verwaltung versandten Begutachtungsentwurf (BMS GZ 30.507/52-V/1/1985) zu keiner Einigung. Die „Weiterentwicklung“ des Bühnenarbeitsrechts bzw. dessen Anpassung an die geänderten arbeitsrechtlichen und gesellschaftlichen Verhältnisse erfolgte lediglich über Kollektivverträge.

Das Regierungsprogramm für die XXIV. Gesetzgebungsperiode sieht vor, dass „auf Basis der Studie zur sozialen Lage eine interministerielle Arbeitsgruppe ein Maßnahmenpaket zur Verbesserung der Arbeits- und Lebensbedingungen der KünstlerInnen“ entwickeln soll.

In Entsprechung dieser Zielvorgabe wurde am 22.4.2009 eine interministerielle Arbeitsgruppe zur Verbesserung der beruflichen und sozialen Lage der Kunstschaffenden in Österreich (kurz: IMAG) unter der gemeinsamen Leitung des Bundesministeriums für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz und des Bundesministeriums für Unterricht, Kunst und Kultur geschaffen.

Im Rahmen der IMAG wurde im Frühling 2009 im Bundesministerium für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz die Arbeitsgruppe „Arbeitsrecht der Schauspieler/innen“ (kurz: AG „Arbeitsrecht“) eingesetzt. In dieser Arbeitsgruppe waren neben den betroffenen Bundesministerien die Sozialpartner sowie verschiedene Interessengruppen aus dem Kunstbereich vertreten. Nach einer eingehenden Analyse der arbeitsvertragsrechtlichen Situation der Schauspieler/innen fanden im Zeitraum Herbst 2009 bis September 2010 Sozialpartnerverhandlungen mit dem Ziel statt, dass SchauspG zu novellieren.

Ziel der Verhandlungen war es, in möglichst vielen Punkten zu sozialpartnerschaftlich konsensualen Ergebnissen zu gelangen. Wesentliches Ergebnis ist, dass der Status des SchauspG als arbeitsrechtliches Sondergesetz bzw. als Kodifikation des „Bühnenarbeitsrechts“ beibehalten wird. Das gibt dem Mitglied und anderen mit arbeitsrechtlichen Materien Vertrauten die Möglichkeit, eine Übersicht über das in Österreich geltende Bühnenarbeitsrecht zu erlangen. Weiters besteht weitgehende Übereinstimmung dahingehend, dass das SchauspG auf Basis der Verhandlungsergebnisse zu modernisieren und an die zwischenzeitigen Entwicklungen der arbeitsrechtlichen Gesetzgebung und der Theaterpraxis anzupassen ist.

Nach dem ursprünglichen Konzept sollte die Modernisierung des „Bühnenarbeitsrechts“ im Rahmen einer Novelle zum SchauspG erfolgen. Ein entsprechender Begutachtungsentwurf wurde seitens des Bundesministeriums für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz mit GZ BMASK-462.209/0001-VII/9/2010 im Juli 2010 zur Begutachtung versandt. Im Hinblick auf die mit diesem Reformvorhaben verbundenen umfangreichen inhaltlichen Änderungen einerseits sowie auf diesbezügliche Anregungen im Begutachtungsverfahren andererseits wurde von einer Novellierung des SchauspG abgesehen. Das „modernisierte“ Bühnenarbeitsrecht soll nunmehr in Form eines neuen Bundesgesetzes erlassen werden, das grundsätzlich auf der Systematik des SchauspG aufbaut.

Das TAG setzt die weitgehend konsensual ausgearbeiteten Arbeitsergebnisse der AG „Arbeitsrecht“ um.

Im Wesentlichen enthält das TAG folgende Regelungen:

-       Neuregelung des Geltungsbereichs (§ 1):

         Das TAG ist weiterhin ein arbeitsvertragsrechtliches Gesetz und gilt für die im Rahmen von Bühnenarbeitsverhältnissen an Theaterbühnen künstlerisch tätigen Personen; es erfolgt derzeit keine Einbeziehung von Filmschauspieler/innen und sonstigen Filmschaffenden.

         Künftig wird auf den Unternehmensbegriff im Sinne des UGB abgestellt.

         Klarstellung, dass das TAG für alle an Theaterunternehmen im Sinne des TAG im Rahmen von Bühnenarbeitsverhältnissen künstlerisch tätigen Personen unabhängig vom Ausmaß der Beschäftigung gilt.

-       Klarstellung, dass das Mitglied, sofern nicht anderes vereinbart ist, die seinem Kunstfach entsprechenden Leistungen zu erbringen hat (§ 3);

-       Klare gesetzliche Regelung der Entlohnung von Vorproben (§ 7);

-       Aufnahme einer Entgeltfortzahlungsregelung für Arbeitsunfälle sowie Kur- und Erholungsaufenthalte (§ 9);

-       Anpassung der urlaubsrechtlichen Regelungen an das allgemeine Urlaubsrecht (§ 15):

         Klarstellung, dass der Urlaubsanspruch mit Beginn des Bühnenarbeitsverhältnisses entsteht und aliquot mit dessen Dauer anwächst (damit besteht auch für Mitglieder, deren Bühnenarbeitsverhältnis kürzer als sechs Monate dauert, ein aliquoter Urlaubsanspruch),

         Verbot der Urlaubsbestimmung für Zeiten, in denen ein Anspruch auf Fortzahlung des Entgelts besteht,

         Normierung einer Mindestdauer des Urlaubs,

         Klarstellung des Verbots der Urlaubsablöse,

         Aufnahme einer Regelung hinsichtlich der Verjährung des Urlaubs und der Ersatzleistung für nicht verbrauchten Urlaub;

-       Korrespondierend zur Angleichung des Urlaubsrechts im TAG erfolgt eine Bereinigung des Geltungsbereichs des UrlG (Art. 2);

-       Europarechtskonforme Überarbeitung der arbeitszeitrechtlichen Sonderregelungen:

         Die bisherigen arbeitszeitrechtlichen Regelungen werden grundsätzlich beibehalten. Im Sinne der zwingenden Vorgaben der Arbeitszeitrichtlinie wird insbesondere eine gesetzliche Regelung der wöchentlichen Ruhezeit für Mitglieder (§ 17), aber auch für sonstige Theaterarbeitnehmer/innen (§ 44) vorgesehen.

-       Schaffung einer neuen Entgeltgrenze im Bereich des Konkurrenzverbots und des Rücktrittsrechts (§§ 20 und 34);

-       Modifizierung des Systems der Nichtverlängerungserklärung entsprechend der kollektivvertragsrechtlichen Praxis dahingehend, dass die Initiative zur Nichtverlängerung künftig beim/bei der Theaterunternehmer/in liegt (§ 27).

-       Regelung der Rechtsfolgen einer unterlassenen Verständigung des Betriebsrats von einer Nichtverlängerungserklärung im ArbVG (Art. 3).

-       Neudefinition des Gastvertrages (§ 41);

-       Redaktionelle Anpassungen und Vereinheitlichung der Terminologie (z.B. wird durchgehend auf die Begriffe „Bühnenarbeitsvertrag“ oder „Arbeitsverhinderung“ abgestellt);

-       Nichtübernahme veralteter und teilweise materiell derogierter Bestimmungen des SchauspG:

         Nichtübernahme des in sich widersprüchlichen und zu anderen Bestimmungen des SchauspG in Widerspruch stehenden § 6 SchauspG (Herabsetzung und Einstellung des Entgelts),

         Nichtübernahme der nicht mehr zeitgemäßen Regelung der Benefizvorstellung gemäß § 10 SchauspG (der Wegfall der Rechnungslegungspflicht nach § 10 Abs. 1 letzter Satz SchauspG führt zudem zu einer Reduktion der Verwaltungskosten für Theaterunternehmer/innen),

         Nichtübernahme der durch die Entwicklung des kollektiven Arbeitsrechts überholten Bestimmungen des § 26 SchauspG (Theaterbetriebsordnung).

         Nichtübernahme des begünstigten Austrittsrechts der Schauspielerin bei Verehelichung „während der Vertragsdauer“ nach § 31 SchauspG (dieser Bestimmung wurde mit dem EheRwG, BGBl. 412/1975, materiell derogiert),

         Nichtübernahme der in Widerspruch zu den §§ 3 ff AVRAG bzw. der Betriebsübergangsrichtlinie stehenden „Betriebsübergangs- und Haftungsregelung“ des bisherigen § 33 Abs. 1 und 3 SchauspG.

 

Der Ausschuss für Arbeit und Soziales hat die gegenständliche Regierungsvorlage in seiner Sitzung am 9. November 2010 in Verhandlung genommen. An der Debatte beteiligten sich im Anschluss an die Ausführungen der Berichterstatterin Abgeordneten Ridi Maria Steibl die Abgeordneten Sonja Ablinger, Mag. Dr. Wolfgang Zinggl und Ursula Haubner sowie der Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz Rudolf Hundstorfer.

Bei der Abstimmung wurde der in der Regierungsvorlage enthaltene Gesetzentwurf einstimmig angenommen.

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Ausschuss für Arbeit und Soziales somit den Antrag, der Nationalrat wolle dem von der Bundesregierung vorgelegten Gesetzentwurf (936 der Beilagen) die verfassungs­mäßige Zustimmung erteilen.

Wien, 2010 11 09

                                Ridi Maria Steibl                                                                Renate Csörgits

                                 Berichterstatterin                                                                           Obfrau