996 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXIV. GP

 

Bericht

des Ausschusses für Wirtschaft und Industrie

über den Bericht des Bundesministers für Wirtschaft, Familie und Jugend über die Situation der kleinen und mittleren Unternehmungen der gewerblichen Wirtschaft 2010 (III-188 der Beilagen)

Der vorliegende „Mittelstandsbericht“ des Bundesministers für Wirtschaft, Familie und Jugend setzt sich insbesondere mit der Lage und Rolle der kleinen und mittleren Unternehmungen (KMU) im Kontext der internationalen Wirtschaftskrise auseinander. Im Jahr 2009 waren in der marktorientierten Wirtschaft rund 299 000 KMU, das sind 99,6 % aller österreichischen Unternehmen, tätig. Diese beschäftigten etwa zwei Drittel aller Erwerbstätigen bzw. 62 % aller ArbeitnehmerInnen und erzielten rund 60 % aller Umsatzerlöse sowie 57 % der Bruttowertschöpfung der marktorientierten Wirtschaft. Bei mehr als einem Drittel aller KMU handelt es sich um Unternehmungen mit nur einem Beschäftigten, sogenannte Ein-Personen-Unternehmen. Mehr als die Hälfte aller KMU waren Kleinstbetriebe mit 2 bis 9 Beschäftigten, knapp 11 % der Betriebe waren Arbeitgeber für 10 bis 49 Personen, in rund 2 % der Unternehmen waren 50 bis 249 Personen beschäftigt. Im Jahr 2009 waren fast 75 000 KMU im Handel tätig, dieser Sektor stellte damit fast ein Viertel aller KMU in Österreich dar und war damit der größte Wirtschaftsbereich. Danach folgten die freiberuflichen Dienstleistungen (knapp 55 000 KMU) und die Beherbergungs- und Gastronomiebetriebe (mehr als 45 000 KMU).

Der Bericht geht im Besonderen auf die Auswirkungen der Wirtschaftskrise ein. Sie zeigten sich vor allem in rückläufigen Beschäftigungs- und Umsatzzahlen. Am stärksten sanken sowohl die Zahl der Arbeitskräfte (um fast 4 %) als auch die Umsätze (- 12 %) im produzierenden Bereich. Während das nominelle Umsatzminus im Handel mit 5,5 % höher ausfiel als bei den sonstigen Dienstleistungen (- 4,7 %), war der Beschäftigungsrückgang in den beiden Sektoren mit jeweils rund 1 % in etwa gleich. Von einer stabilen privaten Nachfrage konnte hingegen der Einzelhandel profitieren, dessen Umsatz 2009 gegenüber 2008 real nur um 0,3 % schrumpfte. Die Tourismusbetriebe wiederum verzeichneten 2009 das schlechteste Ergebnis seit 2004, wobei, wie der Bericht zu bedenken gibt, der Rückgang ausschließlich auf die internationalen Gäste (Nächtigungen: - 3,2 %) zurückzuführen ist, während die Nächtigungszahlen bei den heimischen Gästen um 1,7 % gestiegen sind. Im internationalen Vergleich schnitt der österreichische Tourismus allerdings gut ab und konnte auch während der angespannten Konjunkturphase Marktanteile dazugewinnen.

Breiten Raum widmet der Bericht der EU-Ebene und geht dabei von dem 2008 von der Europäischen Kommission vorgestellten Small Business Act (SBA) aus, der einen Rahmen für die europäische KMU-Politik schafft und in zehn Grundsätzen Ziele festlegt und Maßnahmen vorschlägt. Österreich hat sich im Dezember 2008 zur Umsetzung des SBA verpflichtet. Das nun jährlich für jedes Mitgliedsland erscheinende "SBA Fact Sheet" ermöglicht eine Bestandsaufnahme der aktuellen KMU-Politik und einen europäischen Vergleich, wobei alle zehn Grundsätze anhand von 88 Indikatoren beleuchtet werden.

Hinsichtlich des Prinzips „Vorfahrt für KMU“ („Think Small First“), das den Auftrag enthält, für ein KMU-freundliches Umfeld zu sorgen, verweist der Bericht auf eine Studie, der zufolge in Österreich die benötigte Zeit zur Erfüllung von Verwaltungsauflagen unter dem EU-Durchschnitt liegt. Etwa gleich hoch wie im EU-Mittel ist laut dieser Studie der Anteil der KMU, die sich mit Problemen aufgrund von Verwaltungsvorschriften konfrontiert sehen. Der Bericht hebt in diesem Zusammenhang das Entbürokratisierungsprogramm der Bundesregierung und insbesondere die Initiative" Verwaltungskosten senken für Unternehmen" und das „One-Stop-Shop-Prinzip“ hervor und stellt im Übrigen fest, Österreich liege bei der Umsetzung des Grundsatzes, der eine KMU-freundliche Verwaltung anstrebt, über dem EU-27-Schnitt. Spitzenwerte werden Österreich dabei vor allem in Sachen E-Government-Angebot attestiert. So sind die wesentlichen Grunddienstleistungen der Verwaltung hierzulande zu 100 % online verfügbar, während der europäische Mittelwert in diesem Bereich bei bloß 59 % liegt.

Beim Grundsatz „Finanzierung“, mit dem der SBA den erleichterten Zugang der KMU zu Krediten und Risikokapital anstrebt, weist der europäische Vergleich Österreich einen Platz im Mittelfeld zu. Der Anteil der KMU, die Probleme beim Zugang zu Finanzierungen haben, ist geringer als der EU-Durchschnitt. Unterdurchschnittlich fallen in Österreich allerdings auch die Indikatoren zum Anteil von Risikokapital und Garantien am BIP aus.

Einen Nachholprozess ortet der Bericht überdies bei der Nutzung der Vorteile des Binnenmarktes durch die österreichischen KMU. In der Gesamtbetrachtung des diesbezüglichen SBA-Grundsatzes liegt Österreich im europäischen Mittelfeld, was vor allem auf Verzögerungen bei der Umsetzung überfälliger EU-Richtlinien zurückgeführt wird. Gut ist Österreich hingegen im Bereich Innovation positioniert. So liegt etwa der Anteil der KMU mit Beteiligung an Innovationstätigkeiten mit 49 % klar über dem EU-Schnitt von 36 %. Im EU-Schnitt rangieren Österreichs KMU in Sachen Internationalität, der Anteil der Betriebe mit Auslandsinvestitionen ist in Österreich aber überdurchschnittlich hoch.

 

Der Ausschuss für Wirtschaft und Industrie hat den gegenständlichen Bericht in seiner Sitzung am 19. November 2010 in Verhandlung genommen.

 

Vor Schluss der Debatte beschloss der Ausschuss gemäß § 28b Abs. 4 des Geschäftsordnungsgesetzes des Nationalrates einstimmig den vorliegenden Bericht aus wichtigen Gründen nicht endzuerledigen.

 

An der Debatte beteiligten sich außer dem Berichterstatter Abgeordneten Dr. Christoph Matznetter die Abgeordneten Dr. Ruperta Lichtenecker, Bernhard Themessl, Adelheid Irina Fürntrath-Moretti, Ing. Robert Lugar, Franz Hörl, Elisabeth Hakel, Alois Gradauer und Wolfgang Zanger sowie der Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend Dr. Reinhold Mitterlehner.

 

Bei der Abstimmung wurde einstimmig beschlossen, dem Nationalrat die Kenntnisnahme des gegenständlichen Berichtes zu empfehlen.

 

Als Berichterstatter für das Plenum wurde Abgeordneter Dr. Christoph Matznetter gewählt.

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Ausschuss für Wirtschaft und Industrie somit den Antrag, der Nationalrat wolle den Bericht Bundesministers für Wirtschaft, Familie und Jugend über die Situation der kleinen und mittleren Unternehmungen der gewerblichen Wirtschaft 2010 (III-188 der Beilagen) zur Kenntnis nehmen.

 

Wien, 2010 11 19

                        Dr. Christoph Matznetter                                                        Konrad Steindl

                                    Berichterstatter                                                                            Obmann