Stellungnahme des Bundesministers für Landesverteidigung und Sport

zum Jahresbericht 2012 der

Parlamentarischen Bundesheerkommission für Beschwerdewesen

 

 

 

I . ENTWICKLUNG DES BESCHWERDEAUFKOMMENS  2

A . Gesamtaufkommen. 2

B . Entwicklung des Beschwerdeaufkommens von 1957 bis 2012 sowie detaillierte Jahresübersicht 2012. 3

II . MASSNAHMEN ZU KONKRETEN BESCHWERDEFÄLLEN   4

A . Allgemeines. 4

B . Beispiele für Beschwerdefälle. 5

1 . Unangebrachte Ausdrucksweisen. 5

2 . Schikanen. 6

3 . Unzureichende militärärztliche Betreuung. 6

4 . Nicht einsichtige Gestaltung dienstlicher Maßnahmen. 7

5 . Mangelnde Fürsorge. 7

6 . Organisatorische Mängel 7

7 . Unverständnis über Einsparungen. 8

8. Nichtbeachtung von Vorschriften. 8

III . AMTSWEGIGE PRÜFVERFAHREN   9

A . Allgemeines. 9

B . Beispiele für amtswegige Prüfverfahren. 9

1 . Desolate Mannschaftsunterkünfte (GZ 10/042-2012) 9

2 . Beschimpfungen und Schikanen (GZ 10/046-2012) 10

3 . Unzulässige Ausdrucks- und Verhaltensweisen von Grundwehrdienst leistenden Soldaten (GZ 10/220-2012) 11

4 . Unangebrachte Aussagen unter Rekruten (GZ 10/339-2012) 13

 

 

 

 

 


S91147/1-GrpPräs/2013                                                                                           25. Juni 2013

 

 

 


Frau

Präsidentin des Nationalrates

Parlament

1011 WIEN

 

Gemäß § 4 Abs. 5 des Wehrgesetzes 2001 (WG 2001), BGBl. I Nr. 146, beehre ich mich, zu dem von der beim Bundesminister für Landesverteidigung und Sport eingerichteten Parla­mentarischen Bundesheerkommission für Beschwerdewesen verfassten Jahresbericht über ihre Tätigkeiten und Empfehlungen im Jahr 2012 Stellung zu beziehen:

 

 

I. ENTWICKLUNG DES BESCHWERDEAUFKOMMENS

 

A. Gesamtaufkommen

 

Die Parlamentarische Bundesheerkommission für Beschwerdewesen (PBHK) führt im Regel­fall in monatlich stattfindenden Plenarsitzungen außerordentliche Beschwerden sowie amts­wegig durchgeführte Überprüfungen gem. § 4 Abs. 4 Wehrgesetz 2001(WG 2001) einer Beschlussfassung zu, und erstattet Empfehlungen an den Bundesminister für Landesver­teidigung und Sport. Die für die Einbringung einer außerordentlichen (ao.) Beschwerde legitimierten Personen sind gem. § 4 des Wehrgesetzes 2001

         Personen, die sich freiwillig einer Stellung unterziehen oder sich freiwillig zum Aus­bildungsdienst gemeldet haben

         Stellungspflichtige

         Soldatinnen und Soldaten

         Soldatenvertreter

         Wehrpflichtige des Miliz- und Reservestandes

         Personen, die Ausbildungsdienst geleistet haben.

Die PBHK kann jedoch auch gemäß § 4 Abs. 4 WG 2001 von ihr vermutete Mängel oder Missstände im militärischen Dienstbereich von Amts wegen prüfen.

Die beschlossenen Empfehlungen werden anhand von Tagesordnungen dem Bundesministeri­um für Landesverteidigung und Sport (BMLVS) übermittelt. Gem. § 14 Abs. 3 der Allgemei­nen Dienstvorschriften für das Bundesheer (ADV) sind die außerordentlichen Beschwerden vom Bundesminister für Landesverteidigung und Sport zu erledigen. Liegt eine Empfehlung der PBHK vor, so ist bei der Beschwerdeerledigung auf diese Bedacht zu nehmen.

Im generellen Bestreben, den militärischen Dienstbetrieb und insbesondere den Ausbildungs­dienst zu verbessern, werden (auch) die Beschwerdefälle einer Auswertung bzw. Analyse unterzogen. Dies kann verständlicherweise nur auf Basis der – wie oben dargestellt – dem BMLVS übermittelten Empfehlungen/Unterlagen erfolgen. Um eine aussagekräftige Aus­wertung in diesem Sinne bewerkstelligen zu können, ist es nicht nur notwendig, zu bestim­men, wie viele Personen Beschwerde geführt haben, sondern – bezogen auf den Beschwerde­inhalt – ob über denselben Grund (z.B. im Rahmen von sogenannten Sammelbeschwerden) oder über unterschiedliche Gründe Beschwerde geführt wurde. Darüber hinaus ist es von besonderem Interesse, die genauen Beschwerdegründe zu eruieren (Sachgebiete).

In diesem Zusammenhang wird eine Differenzierung nach der Anzahl der Beschwerde­führerinnen und Beschwerdeführer (Beschwerdeverfahren) und der tatsächlichen Anzahl an Beschwerdefällen (Anlässe für Erhebungen) getroffen.

Jedenfalls wird festgehalten, wie vielen dieser Beschwerdefälle (bzw. wie vielen Beschwerde­führern) Berechtigung oder Nichtberechtigung zuerkannt worden ist. Gegebenenfalls ist auch festzustellen, wie viele der Beschwerdefälle zurückzuweisen (z.B. wegen Unzuständigkeit, mangelnder Beschwerdelegitimation, bereits entschiedener Angelegenheiten, etc.) waren.

 

B. Entwicklung des außerordentlichen Beschwerdeaufkommens von 1957 bis 2012 sowie detaillierte Jahresübersicht 2012

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 


Die Entwicklung des ao. Beschwerdewesens wird seit Jahren einerseits durch die PBHK im Rahmen ihrer Jahresberichte dokumentiert und andererseits durch Auswertungen der Empfehlungen durch das BMLVS (Abt. Disziplinar- und Beschwerdewesen - DiszBW) analysiert.

 

Angemerkt wird, dass das Zahlenmaterial insgesamt den durch die PBHK an das BMLVS übermittelten (9) Tagesordnungen entnommen ist. Weiters wird zur o.a. Tabelle erläuternd festgehalten, dass bis 2002 die Daten (Beschwerdefälle und Beschwerdeführer) aus den Jahresberichten der PBHK stammen, ab 2003 (PBHK führt ab diesem Jahr nur mehr die Beschwerdeführer/-verfahren an) aus den beim BMLVS aufliegenden Daten, welche auf den von der PBHK übermittelten Empfehlungen und Unterlagen zu den einzelnen ao. Beschwer­den und amtswegigen Erhebungen basieren.

 

 

Jahresübersicht 2012:

 

Im Zeitraum 1.1.2012 bis 31.12.2012 wurden durch das BMLVS (gemäß § 14 Abs. 3 ADV) 133 Beschwerden bei einer Gesamtzahl von 421 Beschwerdeführerinnen und Beschwerde­führern einer Erledigung zugeführt. Dabei ist zu berücksichtigen, dass diese Gesamtanzahl der Erledigungen auch ao. Beschwerden aus dem Jahre 2010 sowie 2011 (Einbringungs­datum) umfasst.

 

2012

Berechtigung

Keine

Berechtigung

Teilweise Berechtigung

Zurück­weisung

nicht

abgesprochen

 

 

 

 

 

 

Fälle (133)

26,32%

21,05%

10,52%

39,85%

2,26%

 

 

 

 

 

 

BF (421)

21,62%

7,13%

14,49%

25,41%

31,35%

 

 

Die insgesamt 133 Beschwerdefälle (Erhebungsanlässe) beinhalteten 209 unterschiedliche Beschwerdegründe (siehe unten).

 

Darüber hinaus wurden im selben Zeitraum acht Empfehlungen zu amtswegig durchgeführten Überprüfungen von der Parlamentarischen Bundesheerkommission an das BMLVS über­mittelt und erledigt.

 

Es darf nochmals angemerkt werden, dass sich sämtliche Daten aus den von der PBHK an das BMLVS übermittelten Tagesordnungen/Unterlagen ergeben. Es können daher keine Aussagen zu Beschwerden getroffen werden, die zwar von der PBHK in Bearbeitung genommen wur­den, jedoch (noch) keiner Empfehlung zugeführt bzw. (noch) nicht dem BMLVS zur Er­ledigung übermittelt worden sind.

 

Beschwerdegründe (Sachgruppen) 2012

 

Die im Rahmen der Auswertung der erledigten ao. Beschwerden festgestellten beschwerde­relevanten Sachverhalte werden zum besseren Verständnis sechs Sachgruppen zugeordnet.

 

I

II

III

IV

V

VI

38,75%

4,79%

38,28%

11%

5,74%

1,44%

 

(I) Personalangelegenheiten

(II) mil. Sicherheit, Disz- & Beschwerdewesen, Dienste vom Tag

(III) Ausbildung, Dienstbetrieb, Verhalten Ranghöherer

(IV) Versorgungs- und Sanitätsangelegenheiten

(V) Bauangelegenheiten, Unterbringung, Infrastruktur

(VI) sonstige Angelegenheiten

 

Im Jahr 2012 waren insgesamt 209 Beschwerdegründe zu diesen Sachgruppen feststellbar.

 

 

II. MASSNAHMEN ZU KONKRETEN BESCHWERDEFÄLLEN

 

A. Allgemeines

 

Sämtliche Beschwerdefälle wurden jeweils einer umfassenden Überprüfung zugeführt, wobei im Rahmen der Dienstaufsicht selbstverständlich die als erforderlich erachteten Maßnahmen entweder bereits im Erhebungsstadium, oder in weiterer Folge im Rahmen einer Aufarbeitung gesetzt wurden. Die Palette dieser – anlassbezogenen – Maßnahmen reicht von einer auf­klärenden Information über personalrechtliche Veranlassungen bis hin zur disziplinären Ahn­dung. Zur weitreichenden Information/Aufklärung trägt auch das von der Abteilung Diszipli­nar- und Beschwerdewesen in periodischen Abständen erstellte InformationsblattDiszBW-Info“ bei, mit welchem nicht nur jeweils aktuelle Fallbeispiele und Entscheidungen aus dem Beschwerdewesen, sondern auch Neuerungen/Änderungen aus dem Disziplinar- und Straf­recht zur Fortbildung der Kommandanten und Kaderangehörigen veröffentlicht werden.

In erfreulicherweise immer weniger Fällen eines festgestellten Missstandes waren auch straf­rechtliche Konsequenzen erforderlich.

Es ist in diesem Zusammenhang jedoch auch festzuhalten, dass in Einzelfällen – auch bei be­rechtigt erhoben angesehenen – Beschwerdevorbringen, die sich auf Angelegenheiten be­zogen, die nicht dem BMLVS zuzurechnen sind, keine unmittelbare Lösung herbeigeführt werden konnten.

 

B. Beispiele für Beschwerdefälle

 

Zum besseren Verständnis wird der jeweiligen Maßnahmensetzung der bezughabende Anlass­fall im Wortlaut der Jahresberichte der PBHK in kursiver Schrift vorangesetzt. Es darf angemerkt werden, dass die von der PBHK angeführten Beschwerdefälle auch Beschwerden betreffen, in denen unterschiedliche Beschwerdegründe (z.B. unangebrachte Ausdrucksweise, Schikanen, etc.) vorgebracht wurden.

 

1. Unangebrachte Ausdrucksweisen

 

Im Auslandseinsatz wandte sich ein Gruppenkommandant im Zuge der Durchführung von Dienstaufsicht mit den Worten „Du Sautrottel, halt die Gosch´n, sonst prügle ich dich windelweich!“ zu einer Charge (GZ 10/207-2012).

 

Das Verhalten des Beschwerdebezogenen wurde disziplinär gewürdigt. Darüber hinaus wurden die Kommandanten aller Ebenen darauf hingewiesen, den Dienstbetrieb so zu gestalten, dass die Soldaten den Zweck von dienstlichen Maßnahmen verstehen und deren Notwendigkeit einsehen.

 

Ein Kompaniekommandant sagte zu einem Soldaten mit Sonnenbrille, der gemeinsam mit seinen Kameraden in Kompanieformation angetreten war: „Wenn Sie in der Einteilung noch einmal eine Sonnenbrille tragen, dann schieß` ich Sie aus dem Leben!“ (GZ 10/214-2012).

 

Zum ggstdl. Vorfall wurde auch eine ordentliche Beschwerde (gemäß § 13 der Allgemeinen Dienstvorschriften für das Bundesheer – ADV) eingebracht. Bereits im Rahmen der Behand­lung dieser ordentlichen Beschwerde stand die Förderung des Betriebsklimas (und insbeson­dere des Gesprächsklimas zwischen Beschwerdeführer und Beschwerdebezogenem) im Vor­dergrund. Einzelgespräche mit den Betroffenen ergaben eindeutig das Bild, dass der Vorfall nicht als körperliche Bedrohung aufgefasst wurde.

 

Unteroffiziere bedachten Grundwehrdienst leistende Soldaten mit Ausdrucksweisen wie „Vollidioten“ sowie der Aussage, dass Grundwehrdienst leistende Soldaten  – im Unterschied zu Hunden – nicht einmal das Kommando „Platz!“ richtig ausführen könnten (GZ 10/227-2012).

 

Das Verhalten des einen Unteroffiziers wurde disziplinär gewürdigt. Gegen den zweiten Unteroffizier wurde ein Disziplinarverfahren eingeleitet, das jedoch bis zum Ende seines Aus­landseinsatzes (August 2013) ruhend gestellt wurde.

Das verantwortliche Kommando hat zusätzliche Belehrungen und Schulungsmaßnahmen durchgeführt.

2. Schikanen

 

Auf den Rechtfertigungsversuch von Grundwehrdienst leistenden Soldaten reagierte ein Vizeleutnant wegen mangelhafter Reinigungsleistung mit der Aussage, wenn noch ein Wort gesagt werde, sei eine Einteilung für das ganze Wochenende die Folge (GZ 10/303-2012).

 

Der Beschwerdebezogene wurde über die Verwendung eines korrekten Umgangstons sowie über die Einhaltung der Hygienevorschriften belehrt.

 

Ein Lehroffizier schlug einem kursteilnehmenden Offizier mit der Hand auf den Rücken, um ihn – als Teilnehmer an einer Befehlsausgabe im Stehen – zum sofortigen Aufstehen zu bewegen (10/304-2012).

 

Es wurde ein Disziplinarverfahren eingeleitet und Mitteilung an die Staatsanwaltschaft erstattet. Beide Verfahren sind noch anhängig.

 

Während des Auslandseinsatzes versetzte ein Unteroffizier einer Charge einen „Eier-Klatscher“ (Schlag in den männlichen Intimbereich), (GZ 10/207-2012).

 

Das Verhalten des Beschwerdebezogenen wurde disziplinär gewürdigt. Darüber hinaus wurden die Kommandanten aller Ebenen darauf hingewiesen, den Dienstbetrieb so zu ge­stalten, dass die Soldaten den Zweck von dienstlichen Maßnahmen verstehen und die Not­wendigkeit einsehen (siehe dazu auch Pkt. 1. - 1. Absatz).

 

Im Lehrsaal war ein Rekrut eingenickt. Ein Unteroffizier „weckte“ ihn durch das Werfen eines Schlüsselbundes. In dieser Einheit erteilte ein anderer Unteroffizier einem Rekruten infolge befehlswidriger Nutzung des privaten Mobiltelefons den Auftrag, das Mobiltelefon durch die mehrfache Eingabe eines falschen PIN-Codes außer Betrieb zu setzen. Derselbe Unteroffizier nahm mit einem Rekruten „Kontakt“ auf, indem er mit der Spitze seines Messers an den Helm des Rekruten klopfte (GZ 10/227-2012).

 

Das Verhalten des einen Unteroffiziers wurde disziplinär gewürdigt. Gegen den zweiten Unteroffizier wurde ein Disziplinarverfahren eingeleitet, dieses ist noch anhängig.

Das verantwortliche Kommando hat zusätzliche Belehrungen und Schulungsmaßnahmen durchgeführt (siehe dazu auch Pkt. 1. – 3. Absatz).

 

3. Unzureichende militärärztliche Betreuung

 

Ein Truppenarzt reagierte auf Leistenbeschwerden eines Rekruten unzureichend, weil die Durchführung einer medizinisch indizierten und vom Patienten beantragten Magnetresonanz­untersuchung unterblieb und sich die Behandlung auf die Anordnung einer lokalen Salbenbehandlung sowie körperliche Schonung beschränkte (GZ 10/137-2012).

 

Der beschwerdebezogene Truppenarzt wurde darauf hingewiesen, dass die Indikation für technische Untersuchungen, auch wenn sie nicht im Bereich des ÖBH durchgeführt werden und somit kostenwirksam sind, großzügiger im Sinne der Patientinnen und Patienten zu bewerten ist. Weiters wurde er im Zusammenhang mit seiner beschwerderelevanten Wortwahl bei Patientengesprächen eindringlich ermahnt und hingewiesen, nicht emotionelle Gesichts­punkte in den Vordergrund zu stellen.

 

Von einer Truppenärztin wurde einem Unteroffizier eine befristete Rasurbefreiung mit der Auflage erteilt, ein Muttermal chirurgisch entfernen zu lassen, obwohl ein privatärztliches Attest eine unbefristete Rasurbefreiung empfahl. Eine neuerliche truppenärztliche Beurteilung ergab eine unbefristete Rasurbefreiung ohne Auflagen (GZ 10/016-2012).

 

Die beschwerdebezogene Truppenärztin wurde über die Einhaltung der maßgeblichen Bestimmungen belehrt.

 

Im Zuge einer militärärztlichen Untersuchung tätigte ein Truppenarzt zu Rekruten unter anderem folgende Aussagen: „Stellen Sie sich zur Trage! Ist das so schwer zu verstehen, Trottel, Sie blöder?“, „Kommen Sie näher, sind Sie geistig zurückgeblieben oder nur dumm?“, „Wenn Sie wegen noch so einer Kleinigkeit zu mir kommen, boxe ich Sie hier raus!“, „Trottel“, „Hirsch“ (GZ 10/476-2011).

 

Der Truppenarzt wurde im Zusammenhang mit seiner beschwerderelevanten Verhaltensweise belehrt. Erläuternd wird jedoch angemerkt, dass die beschwerdeführenden Rekruten die truppenärztliche Ambulanz teilweise bis zu 15-mal innerhalb von 6 Wochen wegen nur geringer bzw. fehlender Krankheitssymptome konsultierten.

 

4. Nicht einsichtige Gestaltung dienstlicher Maßnahmen

 

Ein stellvertretender Zugskommandant verkürzte Soldaten die zur Verfügung stehende Zeit für die Einnahme des Essens dadurch, dass sich Rekruten, die beim Anstellen zum Essens­empfang die Dienstgrade nicht auf Anhieb wussten, in der Reihe erneut hinten anzustellen hatten. Als Reaktion auf die Nichteinhaltung der vorgegebenen Zeit zur Herstellung der Packordnung befahl der stellvertretende Zugskommandant ABC-Alarm und Marsch mit aufgesetzter Schutzmaske (GZ 10/053-2012).

 

Der Beschwerdebezogene wurde unter Zugrundlegung der maßgeblichen Bestimmungen nachweislich belehrt.

 

5. Mangelnde Fürsorge

 

Eine Einweisung an die Kontrollposten im Zuge der Wachausbildung von Rekruten erfolgte durch den Gruppenkommandanten unter anderem mit den Worten „Kontrolliert´s diese Vögel gscheit!“. In der Folge mussten sich die beiden als Rollendarsteller eingeteilten Rekruten bei Temperaturen um den Gefrierpunkt bis auf die Unterwäsche ausziehen und in diesem Zustand bis zu 15 Minuten dauernde Ausbildungsabläufe über sich ergehen lassen (GZ 10/040-2012).

 

Unabhängig von der disziplinären Würdigung der Verhaltensweisen der Missstandsverant­wortlichen wurde eine nachweisliche Belehrung des Kaders über die Verhaltensregeln für Soldaten und erzieherische Maßnahmen durchgeführt.

Angemerkt wird, dass die Angelegenheit auch einer amtswegigen Prüfung durch die PBHK (siehe Abschnitt III/Pkt. 2 - GZ 10/046-2012) unterzogen wurde.

 

6. Organisatorische Mängel

 

Im Zuge der Umstellung einer Truppenküche auf eine Finalisierungsküche traten Probleme auf. So standen einerseits zuwenig Speisen und Beilagen und andererseits zu wenig Geschirr und Essbesteck zur Verfügung, sodass die Teilnehmer eines Kurses teilweise nur unzureichende Essensportionen erhielten (GZ 10/190-2012).

 

Der Leiter der beschwerdebezogenen Finalisierungsküche hat eine Erweiterung der Menü­angebote veranlasst.

 

Aus einem Überbrückungskontingent von 22 Rekruten mussten über einen Zeitraum von mehreren Wochen zusätzlich sechs Dienste vom Tag (Wache, Bereitschaft, Chargendienst) gestellt werden, was neben der Normdienstzeit zu einer stark erhöhten dienstlichen Inanspruchnahme führte (GZ 10/089-2012).

 

Die Beschwerdebezogenen wurden hinsichtlich der Einhaltung der einschlägigen Bestimmungen eindringlich belehrt.

 

7. Unverständnis über Einsparungen

 

Für erhebliche Unstimmigkeiten sorgte die Neuregelung bezüglich der Einbehaltung eines Teiles der bisher ausbezahlten Tagesgebühr (40% für das Mittagessen und 15% für das Frühstück) gemäß Reisegebührenvorschrift bei unentgeltlicher Bereitstellung der Verpflegung im Rahmen der Teilnahme an Aus-, Fort- und Weiterbildung. Dieser Personenkreis monierte eine finanzielle Schlechterstellung. Gegenständliche Regelung des Bundesministeriums für Landesverteidigung und Sport entstand unter dem Aspekt der Notwendigkeit zur Einsparung in Zeiten von Budgetkürzungen. Die Parlamentarische Bundesheerkommission unterstützte die Bestrebungen des Bundesministeriums für Landesverteidigung und Sport, die im Gegen­stand zu einer Verbesserung innerhalb der gesetzlichen Vorgaben führten (GZ 10/067-2011).

 

In diesem Zusammenhang erging eine Klarstellung für den anspruchsberechtigten Personen­kreis mittels einer erlassmäßigen Regelung (GZ, S95570/13-Infra/2012, vom 27.09.2012; militärwirtschaftliche Verwaltungsweisung Verpflegung; unentgeltliche Verpflegsteilnahme bei Aus- und Fortbildung).

 

Ebenfalls unter dem Sparaspekt stand die im Jahr 2011 erfolgte Neuregelung des Zuschlages für Öffentlichkeitsarbeit und Kontaktpflege für Soldatinnen und Soldaten in Auslandsver­wendung. Im Ergebnis bewirkte dies in Einzelfällen eine finanzielle Schlechterstellung um mehr als 1.000,- Euro pro Monat. Übergangsbestimmungen federten Nachteile ab. Die Parla­mentarische Bundesheerkommission unterstützt die Bestrebungen des Bundesministeriums für Landesverteidigung und Sport, im Gegenstand eine Verbesserung innerhalb der gesetzlichen Vorgaben zu erreichen (GZ 10/490-2011).

 

Das Ressort ist bestrebt, sowohl die gesetzlichen Vorgaben zu erfüllen bzw. erreichen, aber auch Verbesserungen innerhalb dieser Vorgaben herbeizuführen.

 

8. Nichtbeachtung von Vorschriften

 

Der Leiter eines Soldatenheims beauftragte jene Grundwehrdienst leistenden Soldaten, die als Betreuungshelfer eingeteilt waren, private Lebensmittel und Getränke in sein privates Kraftfahrzeug zu verladen (GZ 10/172-2012).

 

Der Beschwerdebezogene wurde eindringlich belehrt und ermahnt.

In einem anderen Fall zog ein Unteroffizier Rekruten für Tischlereiarbeiten in seinem Eigen­heim heran. Als „Belohnung“ gab ihnen der Unteroffizier dienstfrei (GZ 10/343-2012).

 

Der Beschwerdebezogene wurde vorläufig vom Dienst enthoben. Weiters wurde gegen ihn ein Disziplinarverfahren eingeleitet und Strafanzeige bei der Staatsanwaltschaft erstattet.

 

Nach einem mitternächtlichen Anruf seines Kommandanten musste ein Rekrut/Heereskraft­fahrer mit dem Dienst-Kraftfahrzeug den Kommandanten und einen weiteren Offizier in ein nahegelegenes Nachtlokal fahren. Der Rekrut erhielt den Befehl, im Nahbereich des Lokals zu warten. Erst nach drei Stunden kamen beide Offiziere aus dem Nachtlokal und wurden vom Rekruten im Morgengrauen zurückchauffiert (GZ 10/009-2013).

 

Gegen den Beschwerdebezogenen wurde ein Disziplinarverfahren eingeleitet.

 

 

III. AMTSWEGIGE PRÜFVERFAHREN

 

A. Allgemeines

 

Die PBHK ist gem. § 4 Abs. 4 WG 2001 berechtigt, von ihr vermutete Mängel und Übel­stände im militärischen Dienstbereich von Amts wegen – d.h. auch ohne konkret vorliegendes Beschwerdevorbringen – zu prüfen. Kenntnis von diesen vermuteten Missständen erlangte die PBHK insbesondere über Medienberichte.

 

B. Beispiele für amtswegige Prüfverfahren

 

1. Desolate Mannschaftsunterkünfte (GZ 10/042-2012)

 

Ausgangssituation:

Im Zuge einer Überprüfung durch die Parlamentarische Bundesheerkommission wurden in einer Kaserne in der Bausubstanz veraltete, teilweise defekte sowie nicht mehr zeitgemäße Nass- und Sanitärräume, Unterkünfte und Kanzleien festgestellt. Obwohl eine Renovierung in Teilbereichen eingeleitet war, sind bei einigen Objekten Sanierungsschritte ausstehend:

 

► Ein Objekt umfasst vier Bauteile mit jeweils zwei Sanitärsträngen. Von diesen acht Sanitärsträngen sind drei wegen derzeit laufender Generalsanierung  nicht benutzbar. Drei weitere befinden sich in einem nicht dem Stand der Technik entsprechenden Zustand.

 

► In einem anderen Objekt gibt es Wasserschäden an der Decke im Zimmer unter dem Nassraum. Darüber hinaus sind die historischen Kassettentüren stark abgenutzt und die Holzfußböden in den Kanzleien locker.

In den besichtigten WCs und Waschräumen sind bei sieben von insgesamt 14 Pissoiren die Spülungen defekt, in zwei Räumen fehlen die Deckenpaneele bzw. muss die Wand­malerei erneuert werden. Teilweise fehlen die E-Installationsdeckel bzw. gibt es undichte Armaturen in den Waschräumen.

Offene Abflussrinnen verursachen neben dem andauernden üblen Geruch immer wieder Probleme bei der Reinigung nach Rohrverstopfungen. Hauptgrund ist die mangelnde Funktion von Abfluss und Dichtungen, welche auf Grund der veralteten Abwasserstränge bestehen.

 

Die Böden der Unterkünfte in einem weiteren Objekt wurden teilweise saniert, die Holz­fußböden der noch nicht sanierten Räume weisen Löcher bzw. ausgeschlagene Teile auf, die nur provisorisch verschlossen wurden.

Die historischen Kassettentüren sind stark abgenutzt und die Schäden teilweise so extrem, dass ein Versperren nur noch mit großer Mühe erfolgen kann.

Die Holzfußböden in den Kanzleien sind locker.

Von den beiden Sanitärsträngen ist einer generalsaniert.

Im Dusch- und Waschraum gibt es immer wieder Verstopfungen im Abflussbereich, wobei es regelmäßig zu Überschwemmungen kommt.

Ein WC wurde wegen abblätternden Verputzes, sichtbarer Feuchtigkeitsflecken und Rohrverstopfungen gesperrt.

 

Rechtliche Würdigung:

Die Unterkunftssituation entspricht weder hinsichtlich der Mannschaftsunterkünfte für die dort untergebrachten Soldatinnen und Soldaten noch hinsichtlich der Ausstattung bzw. Ver­fügbarkeit von Sanitärräumlichkeiten den einschlägigen Bestimmungen des § 19 Abs. 6 ADV.

In den Mannschaftszimmern sind die desolaten Holzböden nur provisorisch instandgesetzt. Die eingeschränkte Funktionalität der Zimmertüren ermöglicht eine Versperrung nur mit größter Mühe. Die Verwendung der Sanitärräumlichkeiten (soweit nicht bereits saniert) kann den Soldatinnen und Soldaten nur durch ständige und kostspielige Re­paratur- und Instand­haltungsmaßnahmen, jedoch nicht uneingeschränkt ermöglicht werden. Dieser Ausstattungs­grad widerspricht den Bestimmungen des Erlasses des BMLV, nunmehr BMLVS, VBl. I Nr. 33/2000 vom 19. Jänner 2000 (Raumbedarfsrichtlinie-Übersicht), (GZ 10/042-2012).

 

Auf Grund der restriktiven Budgetsituation ist immer nur eine abschnittsweise Sanierung von Objekten bzw. von Objektsteilen möglich. Die bis dato durchgeführten Baumaßnahmen zeigen jedoch, dass ständig Maßnahmen zur Verbesserung der militärischen Infrastruktur gesetzt werden.

 

2. Beschimpfungen und Schikanen (GZ 10/046-2012)

 

Ausgangssituation:

Während der Basisausbildung von Rekruten ereigneten sich in einer Kompanie nachstehende Vorfälle:

 

Umgangston:

Von missstandsbezogenen Unteroffizieren wurden gegenüber Rekruten Aussagen wie „Heast Oida, hoit die Goschn“ und „Kontrolliert’s die Vögel g’scheit“, „Seid Ihr alle Homos?“ oder „Ihr Koffer, reißt’s euch z’samm“ getätigt.

 

Reaktion auf eine Zeichnung:

In der ersten Ausbildungswoche wurde eine Bleistiftzeichnung an der Innentüre des Kader-WC´s entdeckt. Die Befragung des Ausbildungszuges durch den Zugskommandanten und die Suche nach den dafür verantwortlichen Soldaten blieb ohne Ergebnis, worauf der Zugskom­mandant mehrfach das An-/Abtreten zwischen Unterkunft und Antreteplatz jeweils in einer anderen Adjustierung befahl.

 

Schlafen am Antreteplatz:

Während des Selbststudiums wurden drei Rekruten im Bett liegend angetroffen. Um die Mit­tagszeit befahl der missstandsbezogene Zugskommandant zwei der drei Rekruten das Schlafen auf der Isoliermatte und im Schlafsack am Antreteplatz der Kompanie. Der dritte Rekrut war eingeschränkt dienstfähig/Innendienst, weshalb ihm das Schlafen in der Eingangshalle der Kompanie angeordnet wurde.

 

Soldatenvertreterwahl:

Bei den Rekruten des Einrückungstermins Jänner 2012 wurde die Soldatenvertreterwahl verspätet erst im März 2012 durchgeführt.

 

Rechtliche Würdigung:

Der gegenständliche Umgangston und die Ausdrucksweisen sowie die Vorgangsweisen der missstandsbezogenen Ausbilder widersprechen den einschlägigen Bestimmungen des Erlasses des BMLVS vom 3. März 2010, VBl. I Nr. 49/2010 (Verhaltensregeln für Soldaten) und den Bestimmungen des § 4 Abs 1 und 5 ADV (Verhalten gegenüber Untergebenen; Einsichtige Gestaltung dienstlicher Maßnahmen) sowie den Bestimmungen des Erlasses des BMLV, nunmehr BMLVS, vom 25. November 2008, VBl. I Nr. 97/2008 (Dienstbetrieb; „Erzieherische Maßnahmen“ im Rahmen der Dienstaufsicht bei Ausbildung und Dienstbetrieb; Grundsätze – Neuverlautbarung).

Die unterbliebene Soldatenvertreterwahl widerspricht der Bestimmung des § 3 Abs. 3 der Soldatenvertreter-Wahlordnung 2000, da die Wahl innerhalb von vier Wochen nach dem Einberufungstermin der Soldaten durchzuführen ist (GZ 10/046-2012).

 

Unabhängig von der disziplinären Würdigung der Verhaltensweisen der Missstandsverant­wortlichen wurde eine nachweisliche Belehrung des Kaders über die Verhaltensregeln für Soldaten und erzieherische Maßnahmen durchgeführt.

 

3. Unzulässige Ausdrucks- und Verhaltensweisen von Grundwehrdienst leistenden Soldaten (GZ 10/220-2012)

 

Ausgangssituation:

Eine Ausbildungskompanie verfügte über ca. 140 Grundwehrdienst leistende Soldaten, wobei rund 20% türkische und rund 15% serbisch-bosnische Wurzeln hatten. In beiden Gruppen war ein starkes Zusammengehörigkeitsgefühl gegeben. Fallweise wurde im Dienst in der je­weiligen Muttersprache gesprochen. Im Zuge der Gruppenbildungen kam es auch zu deutli­chen Spannungen mit dem Ausbildungskader, anderen Grundwehrdienst leistenden Soldaten­gruppen bzw. Grundwehrdienst leistenden Soldaten.

 

Vorfälle:

Neben den an die Parlamentarische Bundesheerkommission herangetragenen Vorfällen, insbesondere gruppenweises Aufsuchen des Truppenarztes durch Rekruten unter Lärmentwicklung im Warteraum und Disziplinlosigkeiten mit Aussagen wie „Scheißarzt“ etc., das 85 rechtskräftige Disziplinarstrafen gegenüber Grundwehrdienst leistenden Soldaten zur Folge hatte, traten im Zeitraum von zwei Monaten auszugsweise nachstehende weitere Missstände auf:

 

Ein Raufhandel unter Rekruten führte während der Ausbildung zu Aussagen wie „Oida, ich ficke dich und deine ganze Familie“ oder „Du Idiot“. Aufgrund einiger Körperverletzungen (Nasenbeinfraktur, Rissquetschwunde) wurde eine Mitteilung an die Staatsanwaltschaft erstattet.

Bei Grundwehrdienst leistenden Soldaten wurde Suchtmittelmissbrauch festgestellt. Umfangreiche Erhebungen erfolgten unter anderem wegen des Verdachtes von Verstößen nach dem Suchtmittelgesetz, § 293 StGB (Fälschung von Beweismitteln) und § 8 Militärstraf­gesetz (Unerlaubte Abwesenheit).  So begünstigte die Verlegung der „Altmannschaft“ der Grundwehrdienst leistenden Soldaten in das sogenannte Barackenquartier außerhalb der Kaserne mit der damit verbundenen fehlenden Dienstaufsicht einen umfangreichen Handel und Konsum von unerlaubten Suchtmitteln.

 

Unter Grundwehrdienst leistenden Soldaten fand ein Raufhandel nach Dienstschluss statt, wobei eine Rissquetschwunde und ein Lidhämatom zu einer Mitteilung an die Staatsanwalt­schaft führten. Grund für die Auseinandersetzung waren Aussagen unter Rekruten wie „Nazi“ oder „Scheiß Türke“.

 

Ebenso wurde von stationär aufgenommenen Grundwehrdienst leistenden Soldaten die Bettenstation der Truppenambulanz durch Wandbeschmierungen mit Rasierschaum, Lein­tuchbemalungen und durch das Zertreten eines Mistkübels devastiert. Drei Soldaten erhielten eine Geldbuße.

 

Von Grundwehrdienst leistenden Soldaten erfolgten gegenüber Vorgesetzten sowie anderen Rekruten Aussagen wie „Ich habe Brüder und du wirst schon sehn, was die mit dir machen!“, „Ihr seids alles Nazi-Kinder!“ oder „Ich ficke deine Mutter und Schwester!“.

 

Maßnahmen:

Auf Grund der obgenannten Vorfälle wurden insgesamt vier Rekruten mit Migrationshinter­grund, die für Bedrohungen und Tätlichkeiten gegenüber anderen Grundwehrdienst leistenden Soldaten verantwortlich waren, an andere Ausbildungsstätten versetzt.

Weiters erfolgte eine Besprechung mit dem Leiter der Ergänzungsabteilung mit dem Ziel, dass die Kontingentierung von Grundwehrdienern mit ähnlichem Migrationshintergrund bzw. bei Vorliegen eines geringen Ausbildungs-/Bildungsstandards (Schulabbrecher, Arbeitslose) nicht konzentriert auf einen Einberufungsort erfolgen sollte.

Darüber hinaus wurde die Dienstaufsicht nach den aufgetretenen disziplinar- und strafrechtlichen Aspekten massiv, auch unter Einbindung der Militärstreife, verstärkt sowie die Zusammenarbeit mit der Polizei vor Ort intensiviert.

 

Rechtliche Würdigung:

Festgestellt wird, dass die im Zuge der Erhebungen bestätigten Ausdrucks- und Verhaltens­weisen von einzelnen Grundwehrdienst leistenden Soldaten im krassen Widerspruch zu den Bestimmungen des § 3 ADV (Allgemeine Pflichten des Soldaten) in Verbindung mit den Bestimmungen des Erlasses des BMLVS vom 3. März 2010, VBl. I Nr. 49/2010 Abschnitt III, Pkt. 8 (Verhaltensregeln für Soldaten; Umgangston) stehen, wonach im Sinne eines guten Betriebsklimas alle Soldaten ihren Umgangston auf Achtung und Respekt vor der Würde des Menschen sowie Höflichkeit und Korrektheit in den Umgangsformen und der Ausdrucksweise auszurichten haben.

Im Barackenquartier ist keine ordnungsgemäße Unterbringung im Sinne der Bestimmungen des § 19 Abs. 6 ADV (Dienst in Kasernen, Unterbringung der Soldaten) möglich (GZ 10/220-2012).

 

Im Hinblick auf die komplexen Führungsstrukturen im beschwerderelevanten Bereich wurden auf Kommandantenebene nachhaltige Maßnahmen ausgearbeitet und umgesetzt, wie z.B. Erhöhung der Dienstaufsicht, strengerer Maßstab bei Disziplinarverfahren, vermehrte Kontrollen durch Militärstreife, etc.

 

4. Unangebrachte Aussagen unter Rekruten (GZ 10/339-2012)

 

Vorfall:

Der Umgangston unter den Rekruten eines Ausbildungszuges umfasste Ausdrucksweisen wie „Du Gfrast, du tust nicht arbeiten“, „Trottl!“, „Saujud!“ sowie „Sehen aus wie Juden“ gegenüber Rekruten, die im Zuge des Dienstes Arbeitsschutzbekleidung/Blauzeug zu tragen hatten.

 

Rechtliche Würdigung:

Diese Ausdrucksweisen von Rekruten stehen im Widerspruch zu den Bestimmungen des Erlasses des BMLVS vom 3. März 2010, VBl. I Nr. 49/2010 Pkt. III/8 - Ver­haltensregeln für Soldaten; Umgangston, gegenseitiges Verhalten und dienstliche An­rede (GZ 10/339-2012).

Zusatzanmerkung:

Die Parlamentarische Bundesheerkommission ersucht um proaktive Information an Soldatinnen und Soldaten, damit jede Nähe zu nationalsozialistischem Gedankengut unter­bunden wird bzw. nicht aus „Gedankenlosigkeit“ unzulässige und verbotene Ausdrucks- und Verhaltensweisen zur Ausführung gelangen.

 

Nach Durchsicht der Unterlagen ergab sich der Verdacht des Verstoßes gegen § 3g Verbots­gesetz, zumal durch eine niederschriftlich einvernommene Auskunftsperson die persönliche Wahrnehmung des „Hitlergrußes“ bestätigt wurde. Der festgestellte Sachverhalt wurde durch den Disziplinarvorgesetzten dem Landesamt für Verfassungsschutz gemeldet.

Darüber hinaus wurde im Rahmen von Kaderbelehrungen auf die Sensibilität der Thematik hingewiesen. Weiters wurden die Kaderangehörigen aufgefordert, nationalsozialistischen und rassistischen Tendenzen entschieden entgegen zu treten.