Parlament Österreich

 

 

 

IV-12 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXIV. GP

 

 

Bild des Parlamentsgebäudes

 

Beratungen des Hauptausschusses
in Angelegenheiten
der Europäischen Union

 

(Auszugsweise Darstellung)

Mittwoch, 23. März 2011

 


Beratungen des Hauptausschusses
in Angelegenheiten
der Europäischen Union

 

(Auszugsweise Darstellung)

 

 


 

XXIV. Gesetzgebungsperiode               Mittwoch, 23. März 2011

 

 

 

Tagesordnung

 

 

 

 

6231/11 CO EUR

 

Europäischer Rat (Tagung am 24./25. März 2011) – Entwurf einer erläuterten Tagesordnung

 

(46127/EU XXIV.GP)

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Europäischer Stabilitätsmechanismus und Wettbewerbspakt

 

 

Beim kommenden Europäischen Rat am 24. und 25. März werden in der EU wirtschafts- und finanzpolitisch neue Weichen gestellt. Als eine Antwort auf die Krise sollen ein permanenter Europäischer Stabilitätsmechanismus oder Euro-Schutzschirm (ESM) eingerichtet und ein Wettbewerbspakt erarbeitet werden, um die Staatsverschuldung in den Euroländern zu dämpfen. Der Euro-Schutzschirm soll mit 700 Mrd. Euro dotiert werden, bestehend aus einem eingezahlten Kapital von 80 Mrd. € und 620 Mrd. € Rufkapital und Garantien. Für Österreich fallen in diesem Zusammenhang 2,2 Mrd. € an, 17,3 Mrd. € sind im Bedarfsfall für abzudeckendes Kapital und Garantien zur Verfügung zu stellen. Dazu ist auch eine Ergänzung des Artikel 136 AEUV notwendig, diese Vertragsänderung muss dann in allen Mitgliedsstaaten ratifiziert werden.

 

Die Mitglieder des Hauptausschusses beschlossen, angesichts der wichtigen Thematik das von der Geschäftsordnung vorgesehene "Feuerwehrkomitee" einzurichten, damit im Verlauf der Beratungen im Europäischen Rat direkter Kontakt mit den Fraktionen im Nationalrat aufrecht erhalten werden kann.

 

 

SPÖ und ÖVP nahmen zudem mehrheitlich einen Antrag auf Stellungnahme an, der eine Ergänzung des Artikel 136 AEUV, wie ihn die deutsche Bundesregierung vorgeschlagen hat, einfordert. Die gewünschte Ergänzung lautet: "Die Mitgliedsstaaten, deren Währung der Euro ist, können einen Stabilitätsmechanismus einrichten, der aktiviert wird, wenn dies unabdingbar ist, um die Stabilität des Euro-Währungsgebiets insgesamt zu wahren. Die Gewährung aller erforderlichen Finanzhilfen im Rahmen des Mechanismus wird strengen Auflagen unterliegen."

 

 

Bundeskanzler Werner Faymann ging davon aus, dass der vorliegende Text zum Euro-Schutzschirm noch Änderungen erfahren wird. Zum einen gehe es um die gerechte Verteilung der Lasten unter den Ländern - eine Frage, die noch nicht völlig ausdiskutiert ist - zum anderen müsse die Frage einer stärkeren Heranziehung von Privaten noch eingehend diskutiert werden. Er halte dies für notwendig, auch wenn die EZB meint, eine Heranziehung Privater würde nur zu einer Zeitverzögerung führen und den Schutzschirm schwächen. Der Kanzler sah keinen Anlass, Euro-Bonds einzuführen.

 

Einmal mehr sprach sich Faymann für eine Finanztransaktionssteuer aus, wobei er einräumte, dass es dazu in Europa noch große Widerstände gebe. Staatssekretär Andreas Schieder, der ebenfalls vehement für die Einbeziehung Privater eintrat, ergänzte, im Ecofin sei es wichtig gewesen sicherzustellen, dass der ESM mit einem AAA-Rating auf den Kapitalmärkten reüssieren kann. Man wollte auch gewährleisten, dass die aufgenommenen Schulden nicht den Budgets der Mitgliedstaaten angerechnet werden. Bei der Aufteilung der Mittel habe man den EZB-Kapitalschlüssel herangezogen. Schieder unterstrich insbesondere die strengen Bedingungen für die Vergabe von Mitteln, diese könnten nur gewährt werden, wenn dies der Wahrung der Stabilität der Eurozone dient.

 

Der Bundeskanzler nahm auch zum geplanten Wettbewerbspakt Stellung. Ihm sei es wichtig, die Beurteilung eines Landes nicht nur nach dessen Verschuldung vorzunehmen. Ein wesentliches Kriterium für die Beurteilung der Wettbewerbsfähigkeit eines Landes liege auch darin, ob das Land überhaupt in der Lage sei, seine Schulden zurückzuzahlen. Aber auch der soziale Frieden sowie das Niveau von Bildung, Ausbildung und Forschung seien zu berücksichtigen. Das Ganze sei aber derzeit in Diskussion. Bis April soll jedes Land die Faktoren melden, die es in diesem Zusammenhang für wichtig hält, dann werde man vergleichen und dort diskutieren, wo die Meinungen stark auseinandergehen, erläuterte Faymann. Das Ganze gehe in Richtung von einer besseren Koordination, stellte er fest, wobei verbindlich festgelegt werden soll, auf welche Faktoren Rücksicht zu nehmen ist.

 

 

Der Euro-Rettungsschirm wurde dezidiert von FPÖ und BZÖ, auch in Form vorgelegter Anträge, abgelehnt. In einem Antrag auf Stellungnahme, der keine Mehrheit fand, fordert die FPÖ darüber hinaus sich dafür einzusetzen, dass Staaten wie Griechenland oder Irland, deren makroökonomische Kennzahlen einen Verbleib in der gemeinsamen Währungsunion nicht rechtfertigen, aus dieser entlassen werden und ihre alten Währungen wieder einzuführen haben.

 

In der Minderheit blieb auch der Antrag des BZÖ auf Ausschussfeststellung, in dem sich die Fraktion gegen eine Ausweitung des Euro-Rettungsschirms, eine Laufzeitverlängerung der Kredite für Griechenland, eine Senkung des mit Griechenland vereinbarten Zinssatzes sowie gegen die geplante Vertragsänderung zur Schaffung eines langfristigen Stabilitätsmechanismus ausspricht.

 

Nur unter bestimmten Bedingungen wollen die Grünen einem Europäischen Stabilitätsmechanismus zustimmen. Sie kritisierten vor allem die in ihren Augen mangelnde Informationspolitik der Bundesregierung und den Plan der EU, den europäischen Stabilitätsmechanismus außerhalb der EU-Institutionen anzusiedeln. Damit drohe die Gefahr von Intransparenz und fehlender demokratischer parlamentarischer Legitimation. Sie verlangen daher die Einrichtung des ESM innerhalb des Institutionengefüges der EU unter voller politischer Einbeziehung des Europäischen Parlaments.

 

Die Grünen sprechen sich in ihrem Antrag auf Stellungnahme unter anderem für ein geordnetes Ent- bzw. Umschuldungsverfahren für Staaten unter Beteiligung privater Gläubiger sowie für die Einführung von Euro-Bonds aus. Weiters befürworten sie eine europaweite Harmonisierung des Satzes und der Bemessungsgrundlage der Körperschaftssteuer, die Einführung einer Finanztransaktionssteuer und den Übergang zur qualifizierten Mehrheit in Fragen der Steuerharmonisierung. Auch dieser Antrag fand keine Mehrheit.

 

 

 

In der Diskussion befürworteten die Abgeordneten Josef Cap, Christine Muttonen und Kai Jan Krainer (alle S) den Stabilitätsmechanismus. Dieser mache Schluss mit nur kurzfristigen, unkoordinierten Schritten, sagte Muttonen und forderte die Loslösung von der Abhängigkeit von amerikanischen Rating-Agenturen. Bisher sei alles darauf hinausgelaufen, dass die Gewinne privatisiert werden, im Notfall aber die SteuerzahlerInnen einspringen müssen, warf Abgeordneter Cap ein. Deshalb müsse dieser Lobby etwas entgegengesetzt werden, verlangte er. Der permanente Mechanismus werde sicherlich dazu beitragen.

 

Abgeordnete Muttonen wollte in ihrer Wortmeldung nach vorne blicken und thematisierte die Strategie Europa 2020, worin es um die Schaffung von Arbeitsplätzen, die Bekämpfung der Armut, die Förderung von Forschung und Entwicklung und den Umstieg auf erneuerbare Energien geht. Dabei sei politischer Wille und Entschlossenheit gefordert, merkte sie an, aber auch die Erschließung neuer Finanzierungsquellen, etwa durch die Finanztransaktionssteuer. Muttonen sprach sich auch für eine europäische Bürgerinitiative zur Einführung einer solchen Steuer sowie zum Ausstieg aus der Atomkraft aus. Ihr Klubkollege Kai Jan Krainer hielt den Kritikern des Stabilitätsmechanismus entgegen, man zahle auch beim Abschluss einer Versicherung ein und hoffe, dass man diese doch nicht in Anspruch nehmen muss.

 

Mit dem dauerhaften Mechanismus mache man einen bedeutenden Schritt nach vorne, meinte auch Abgeordneter Wolfgang Schüssel (V), der jedoch insofern Kritik verstand, als man in der Vergangenheit, etwa bei Griechenland, andere Lösungen gefunden hatte, die dann neben den neuen Regelungen weiterlaufen. Er warnte eindringlich davor, die Vertragsänderung nicht zu beschließen, denn dann laufe das Ganze aus den Rudern und das werde wieder auf die SteuerzahlerInnen zurückfallen. Schüssel zeigte sich zufrieden darüber, dass der Mechanismus nicht rein intergouvernemental ausgerichtet ist, sondern dass die EZB und die Kommission voll eingebunden sein sollen. Auch Schüssel sprach sich für die Heranziehung Privater aus und meinte, Euro-Bonds seien nur dann sinnvoll, wenn es automatische Sanktionen gibt.

 

Was den Wettbewerbspakt betrifft, so meinte sein Klubkollege Martin Bartenstein (V), der Pakt stärke die österreichische Politik, denn hierzulande spielten bereits heute die Lohn- und Produktionskosten eine Rolle. Selbstverständlich, so Bartenstein, gehe es auch um das Pensionssystem, und hier insbesondere um die Frühpensionierung. 

 

Eine völlig andere Beurteilung des Euro-Schutzschirms nahm Abgeordneter Heinz-Christian Strache (F) vor. Seiner Meinung nach entwickelt sich die EU zu einer "Transferunion", in der man auf Lebenszeit für bankrotte Staaten Schulden zahlen müsse. Der Euro-Rettungsschirm führe auf die Dauer zu einer Hyper-Inflation, zeigte er sich überzeugt, und liege nicht im Interesse der österreichischen Bevölkerung. Strache forderte, über die geplante Vertragsänderung eine Volksabstimmung abzuhalten.

 

Ähnlich negativ lautete die Stellungnahme von Abgeordnetem Ewald Stadler (B). Er sei "beeindruckt", wie er sich ausdrückte, dass man ohne weiteres 2,2 Mrd. Euro zusätzlich zur Verfügung stelle, obwohl man genau sehe, dass die Hilfen aus dem Ruder laufen. Das bisherige Vorgehen der EU-Staaten sei vertragswidrig gewesen, aber auch die in Aussicht genommene Vertragsänderung werde nicht die Zustimmung des BZÖ finden, denn die EU schlage damit einen völlig falschen Weg ein. Das Signal für den Bankensektor sei damit, dass die SteuerzahlerInnen ohnehin einspringen, weshalb man so weiter machen könne wie bisher.

 

Der BZÖ-Mandatar kritisierte auch scharf den Wettbewerbspakt und befürchtete dadurch einen Eingriff in die Tarifverträge sowie immense Auswirkungen auf die Lohnpolitik. Einmal mehr stellte Stadler den Vorschlag einer Hartwährungszone zur Diskussion.

 

Nicht grundsätzlich negativ fiel die Stellungnahme von Abgeordnetem Alexander Van der Bellen (G) zum Euro-Schutzschirm aus. Er hielt es aber für eine "Provokation", dass die Mechanismen auf keiner demokratiepolitischen Basis erfolgen und die Staats- und RegierungschefInnen Verträge schließen, ohne vorher das Parlament zu informieren. In diesem Sinne forderte Van der Bellen eindringlich die Vorlage eines Informationsgesetzes ein. Vorher gebe es keine Zustimmung der Grünen zur angestrebten Vertragsänderung, bekräftigte er.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Energiepolitik

 

 

Thema der Sitzung des EU-Hauptausschusses war vor dem Hintergrund der Katastrophe in Japan einmal mehr die Zukunft der Energiepolitik in Europa.

 

Die Grünen legten dazu einen Antrag auf Stellungnahme vor, in dem sie die sofortige Stilllegung aller Risikoreaktoren in Europa und den Baustopp für alle in Europa in Bau befindlichen AKW fordern. Sie verlangen des weiteren einen europäischen Ausstiegsplan aus der Atomenergie und die unverzügliche Überarbeitung der Richtlinie für nukleare Sicherheit. Zu den Forderungen der Grünen zählen darüber hinaus die Beendigung des EURATOM-Vertrags und die Gründung einer europäischen Gemeinschaft für erneuerbare Energien und Energieeffizienz. Österreich dürfe dem Kommissionsvorschlag für das EURATOM-Forschungsprogramm keine Zustimmung geben, meinen die Grünen, und die EU-Kommission habe den Ausbau der erneuerbaren Energien mit aller Kraft voranzutreiben. Der Antrag fand jedoch nicht die erforderliche Mehrheit.

 

 

Bundeskanzler Werner Faymann hielt dazu fest, dass Österreichs Standpunkt derzeit keine Chance auf eine Mehrheit habe. Der Großteil der EU-Länder wolle weiterhin Atomstrom zur Reduktion von CO2 einsetzen. Die österreichischen Regierungsmitglieder würden aber in den einzelnen Gremien nicht locker lassen und Bündnispartner suchen, um Teilziele zu erreichen. Mittelfristig sollten die Risikoreaktoren abgeschaltet werden, sagte Faymann, das engagierte Programm sei aber ohne Druck der Bevölkerung, etwa durch eine europäische Bürgerinitiative, nicht durchsetzbar, gab er zu bedenken.

 

Die einsame Lage Österreichs im Hinblick auf die Anti-Atom-Politik wurde auch von Abgeordnetem Martin Bartenstein (V) thematisiert. Der Antrag der Grünen sei derzeit unrealistisch, sagte er. Dem gegenüber argumentierte Abgeordnete Christiane Brunner (G), die Formulierungen in den Schlussfolgerungen des Rats seien äußerst unverbindlich. Außerdem halte sie den Stresstest für die AKW für problematisch, weil die Atom-Lobby die Kriterien dafür festlege. Dieser Kritik schloss sich auch die Grüne Klubobfrau Eva Glawischnig-Piesczek an. Von "Placebo-Effekten" sprach Abgeordneter Andreas Karlsböck (F). Würde man bei den Stresstests die erforderlichen Kriterien anwenden, dann müssten sämtliche Kraftwerke in Deutschland zugesperrt werden, stellte er fest. Klubobmann Heinz-Christian Strache (F) erwartete sich ein bestimmteres Auftreten der österreichischen Regierungsvertreter in Brüssel.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Die Lage in Libyen, bzw. in Nordafrika und im arabischen Raum

 

 

Der kommende Gipfel in Brüssel wird sich auch mit der Lage in Nordafrika und in der arabischen Region befassen. Bundesminister Michael Spindelegger erläuterte dazu die Position der EU. Als Voraussetzung für ein Eingreifen in Libyen habe die EU eine UNO-Resolution als Bedingung formuliert. Darüber hinaus sollte das Vorgehen auch von den Betroffenen im Land selbst und von der Arabischen Liga mitgetragen werden.

 

Die Rolle der EU sei keine militärische, betonte der Außenminister, ihr Hauptaugenmerk liege auf humanitären Aktionen. Zur Versorgung der gewaltigen Flüchtlingsströme seien von der EU 73 Mio. € zur Verfügung gestellt worden, von der Kommission kämen 36 Mio. €. Österreich selbst habe 500.000 € gespendet, zusätzlich kämen vom Bundesministerium für Inneres Zelte und weiteres Material im Wert von 150.000 €.

 

Der Außenminister stellte klar, dass es sich bei den derzeitigen Aktionen um keinen Krieg handelt, sondern um die Herstellung der Flugverbotszone zum Schutz der Zivilbevölkerung. Er räumte jedoch mit Bedauern ein, dass dabei auch zivile Opfer zu beklagen seien. Europa habe sich auf größere Flüchtlingsströme vorzubereiten, sagte der Außenminister und unterstrich die Bereitschaft der EU, bei einer Neuordnung der Staatenwelt in der betroffenen Region beim Aufbau von Rechtstaatlichkeit mitzuwirken. Dies wurde von Abgeordnetem Wolfgang Schüssel (V) bekräftigt. Europa müsse sich ein sinnvolles Programm für die nächsten fünf bis zehn Jahr überlegen, stellte er fest.

 

Auch Klubobmann Josef Cap (S) thematisierte die Gratwanderung, die man bei derartigen militärischen Operationen zum Schutz der Bevölkerung bewältigen müsse. Abgeordnete Ursula Plassnik (V) sah das außenpolitische Krisenmanagement der EU gefordert und wies auf die dramatische Zuspitzung der Ereignisse im Jemen, aber auch in Bahrain hin.

 

Auf ihre Frage, wer denn die Ansprechpartner in Libyen nun seien, meinte der Bundeskanzler, die Schwierigkeit bestehe darin, dass es in diesen Ländern keine gewachsene Opposition gibt, was die Zusammenarbeit schwierig mache. Er halte den derzeit vorsichtigen Weg der EU der Nicht-Anerkennung für richtig, da man nicht genau wisse, welche Kräfte hinter der Opposition stehen. Allgemein war man sich einig, dass man den Anteil der Arabischen Liga stärker einfordern sollte.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Folgender Antrag von SPÖ und ÖVP wurde einstimmig angenommen:

 

 

EU-Hauptausschuss am 23.3.2011

 

 

Antrag

gemäß §31e Abs. 3 iVm §31d Abs. 6 GOG-NR

 

 

der Abgeordneten Muttonen und Neugebauer

 

 

 

Der Hauptausschuss wolle beschließen:

 

 

„Der Hauptausschuss beschließt die Konsultierung des Komitees gemäß Art. 31e Abs. 3 GOG-NR betreffend die Beratungen  im Europäischen Rat am 24./25.3.2011 über die geplante Ergänzung des Art. 136 AEUV und insbesondere über allenfalls vorgebrachte Änderungen gegenüber dem bisherigen Vorschlag.“

 

 

Begründung

 

Bei Vertragsänderungen ist der Verlauf der Beratungen im Europäischen Rat oft nicht mit Sicherheit vorhersehbar. Daher soll der Nationalrat entsprechend der bisherigen Praxis im Wege des sogenannten „Feuerwehrkomitees“ mitwirken können.

 

Die Präsidentin des Nationalrates wird ersucht, für die Parlamentsdirektion die erforderlichen organisatorischen Vorkehrungen zu treffen. Der Vorsitzende des EU-Unterausschusses wird ersucht, den Vorsitz des Komitees wahrzunehmen. Die Parlamentsklubs werden jeweils – soweit durch die Klubs nicht andere Abgeordnete als Mitglieder nominiert werden - durch die Klubobleute repräsentiert. In der Praxis hat sich darüber hinaus bewährt, eine/n Klubbedienstete/n als Ansprechpartner namhaft zu machen.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Folgender Antrag von SPÖ und ÖVP auf Stellungnahme wurde mehrheitlich mit den Stimmen der beiden Koalitionsparteien angenommen:

 

 

ANTRAG AUF STELLUNGNAHME

gemäß Art 23e Abs 3 B-VG

 

 

der Abgeordneten Cap und Neugebauer

 

betreffend

 

6231/11 Europäischer Rat (Tagung am 24./25. März 2011) – Entwurf einer erläuterten Tagesordnung (46127/EU XXIV.GP)

 

 

eingebracht in der Sitzung des EU-Hauptausschusses am 23.03.2011 zu TOP 1.

 

 

 

 

Die insbesondere durch die Finanzkrise ausgelösten budgetären und wirtschaftlichen und in Folge makro-ökonomischer Ungleichgewichte zwischen den einzelnen Euro-Staaten verstärkten Probleme haben sich als zunehmendes Risiko für die Stabilität der gesamten Eurozone herausgestellt. Vor diesem Hintergrund wurde unter anderem die befristete Europäische Finanzstabilitätsfazilität (EFSF) eingerichtet. Da diese im Jahr 2013 ausläuft, ist es erforderlich, einen langfristigen Stabilitätsmechanismus einzurichten, der die Aufgaben der EFSF ab Mitte 2013 übernimmt und gleichzeitig die Kompetenz der Mitgliedstaaten in diesen Fragen unberührt lässt. Gleichzeitig wird eine Reform zur Stärkung und Verbesserung der wirtschaftspolitischen Steuerung durchgeführt, durch die das Risiko künftiger Stabilitätsprobleme verringert wird.

 

Die deutsche Bundesregierung hat den deutschen Beitrag zu einem solchen Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM) davon abhängig gemacht, dass eine ergänzende Bestimmung in den Art. 136 AEUV aufgenommen wird. Diese Ergänzung soll auf Grund des Umstands, dass sie zu keiner Kompetenzübertragung führt, im Wege eines vereinfachten Verfahrens gemäß Art. 48 Abs. 6 EUV erfolgen. Die Ergänzung lautet:

 

"(3)      Die Mitgliedstaaten, deren Währung der Euro ist, können einen Stabilitätsmechanismus einrichten, der aktiviert wird, wenn dies unabdingbar ist, um die Stabilität des Euro-Währungsgebiets insgesamt zu wahren. Die Gewährung aller erforderlichen Finanzhilfen im Rahmen des Mechanismus wird strengen Auflagen unterliegen."

 

Durch die Anpassung erfolgt noch keine Ausgestaltung der Funktionsweise des neuen Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM). Die wesentlichen Fragen des ESM wurden in der „Eurogruppe+“ bereits im März geklärt. Nunmehr ist das ESM-Gründungsübereinkommen auszuarbeiten, das der Genehmigung durch den NR bedürfen wird.

 

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

 

 

 

 

Antrag auf Stellungnahme

gemäß Art 23e Abs. 3 B-VG

 

 

Der Hauptausschuss wolle beschließen:

 

 

„Der Bundeskanzler wird ersucht, der geplanten Ergänzung des Artikels 136 AEUV zuzustimmen.“

 

 

 

 

Das gegenständliche Vorhaben ist auf die Erlassung eines verbindlichen Rechtsaktes gerichtet, der sich auf die Erlassung von Bundes(verfassungs)gesetzen auf dem im Rechtsakt geregelten Gebiet auswirken würde.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Folgender Antrag der FPÖ auf Stellungnahme wurde von SPÖ, ÖVP und Grünen mehrheitlich abgelehnt:

 

 

Antrag auf Stellungnahme

(gemäß Art. 23e B-VG)

 

 

des Abgeordneten Heinz-Christian Strache und weiterer Abgeordneter

 

betreffend Ablehnung des permanenten Euro-Rettungsschirmes

 

 

 

Im Schatten der Ereignisse von Japan und in Nordafrika ist die Europäische Union dabei, grundlegende Weichen zu stellen, künftig eine echte „Transferunion“ zu werden. Mit der vertraglichen Festschreibung des sogenannten „Euro-Rettungsschirmes“ und der gleichzeitigen Erhöhung desselben geschieht etwas, was wohl keinem Österreicher Recht sein kann: Wir werden zu Schuldnern für Bankrott-Staaten wie Griechenland, Portugal oder Irland auf Lebenszeit und darüber hinaus.

 

Ohne große darüber zu sprechen hat auch der österreichische Bundesregierung in den Vorverhandlungen einer Ausweitung des Euro-Rettungsschirmes ohne Wenn und Aber zugestimmt, die wenigen Gegner wie Finnland fanden keine Unterstützung durch Österreich.

 

Am Europäischen Rat vom 24. und 25. März 2011 soll das Gesamtpaket zu angeblichen „Rettung“ des Euro endgültig geschnürt werden – und auch Österreich wird ohne öffentliche Diskussion, geschweige denn mit einer Mitsprache der Österreicher selbst, den Ausverkauf der starken Volkswirtschaften, wie eben Österreich oder Deutschland mittragen.

 

Dazu gibt es in Österreich wenig mediale Gegenwehr, ein bemerkenswerter und treffender Kommentar erschien am vergangenen Freitag, den 18. März 2011 in der „Presse“:

 

Quergeschrieben

 

Die Republik Österreich haftet künftig mit abstrusen Beträgen für die in finanziellen Dingen unsoliden EU-Partner. Sie bekommt dafür nichts außer heißer Luft. Danke, Werner Faymann!

 

Von CHRISTIAN ORTNER

 

Das schlechteste Geschäft, das je ein österreichischer Kanzler gemacht hat

 

Vielen Österreichern dürfte gar nicht so recht bewusst sein, was ihnen Bundeskanzler Werner Faymann am letzten Wochenende aus Brüssel für eine kleine Überraschung mitgebracht hat. Seit der Kanzler im Kreis der europäischen Regierungschefs für die Vergrößerung des sogenannten "Euro-Rettungsschirms" gestimmt hat, haftet nämlich jeder Österreicher mit rund 3000 Euro für die Pleitiers unter den anderen EU-Staaten, macht also lächerliche 12.000 Euro für eine vierköpfige Familie.

 

Das ganze natürlich zusätzlich zu den schon jetzt vorhandenen Schulden der Republik, für die eine derartige Familie bereits mit rund 100.000 Euro geradezustehen hat.

 

Ein Mitbringsel aus Brüssel, auf das man ganz gern verzichten würde. Vor allem deswegen, weil diesem erheblichen Aufwand des österreichischen Steuerzahlers im Grunde keine Gegenleistung gegenübersteht. Während nämlich die Länder der Stabilitätszone rund um Deutschland nun gewaltige Schecks ausstellen, bekommen sie im Gegenzug vor allem eines: heiße Luft.

 

Viel mehr als unverbindliche Verwendungszusagen der Pleitekandidaten, ihre Budgets in Ordnung zu bringen, gibt es nicht; weder wird es künftig automatische Sanktionen gegen Staaten mit Schuldenexzessen geben noch andere Instrumente, um eine solide Haushaltspolitik zu erzwingen.

 

Das Ganze funktioniert ungefähr so, als würde eine Bank einem bis über beide Ohren verschuldeten Spielsüchtigen neue Kredite einräumen gegen dessen Versprechen, künftig nicht mehr so oft ins Casino zu gehen. 25 Milliarden für ein derartig leichtgewichtiges Versprechen - das war vermutlich das schlechteste Geschäft, das je ein österreichischer Bundeskanzler gemacht hat.

 

Seit diesem kostspieligen Brüsseler Wochenende steht fest: Die EU ist zu einer Haftungs-, Transfer- und Bail-out-Union geworden, in der die Tüchtigeren auf Dauer die weniger Tüchtigen alimentieren werden. Um das bei der Einführung des Euro feierlich besiegelte Versprechen, genau dies würde nie, nie, nie eintreten, sind wir in Österreich und Deutschland damit endgültig betrogen worden; bedauerlicherweise wird dieser Betrug kolossalen Ausmaßes nie strafrechtlich geahndet werden. Die Betrüger werden, anstatt im Knast zu landen, ihre wertgesicherten Politikerpensionen genießen.

 

Es ist wohl nicht zuletzt der Katastrophe in Japan und der von ihr monopolisierten Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit zu danken, dass dieser Betrug bisher kaum für wahrnehmbare Wutattacken der Betrogenen sorgte. Die unheimlichen weißen Wolken über den havarierten Kernreaktoren Japans verdeckten vorerst den Blick auf die fundamentale Änderung der wirtschaftlichen Ordnung in der EU.

 

Das ändert nichts daran, dass im März 2011 vielleicht der Anfang vom Ende der EU in ihrer heutigen Form eingeleitet wurde. "Wenn der deutsche Staatshaushalt mit einer dreistelligen Milliardensumme für den Euroraum einsteht, birgt das jenseits aller ökonomischen Kritik politischen Sprengstoff. Die bisher ungebrochene Loyalität der Deutschen zu Europa steht vor einer Zerreißprobe," formulierte es höflich die "Frankfurter Allgemeine Zeitung". Denn jene EU, die nun entsteht, will die Mehrheit der Europäer ganz einfach nicht. Das zu ignorieren, heißt, den politischen Sprengstoff zu zünden.“

 

 

Die genannten Umstände werfen kein gutes Bild auf die Europäische Union im Gesamten, aber auch auf die österreichische Bundesregierung im Besonderen. Neben dem Inhalt der Beschlüsse, muss man kritisch anmerken, dass die Bundesregierung es offenbar vorsätzlich vermieden hat, die österreichische Öffentlichkeit von Tragweite der Maßnahmen im Vorfeld zu informieren, geschweige denn zu fragen, ob Österreich diese Maßnahmen überhaupt mittragen will.

 

Abgesehen davon bewegen wir uns mit dieser „Transferunion“ in Richtung einer europäischen Wirtschaftsregierung, die keiner haben will. Alternativen dazu gibt es, eine davon wäre die Auflösung der Eurozone in einen Hartwährungs- und eine Weichwährungsunion.

 

Unterschiedliche (historisch gewachsene) Wirtschaftsräume (wie Nationalstaaten) unterliegen eben unterschiedlichen Rahmenbedingungen. Diese stellen unterschiedliche politische Herausforderungen dar und bedürfen unterschiedlicher Lösungen.

 

Die Behauptung, es wäre der besagte Euro-Rettungsschirm nötig, um Marktverzerrungen zu beseitigen, ist eine gröbliche Verdrehung von Ursache und Wirkung. Der Markt zeigt als ultimatives Regulativ die politisch verursachten Verzerrungen auf und urgiert deren Korrektur. Man kann jetzt weitere Mittel aufwenden, um diese Korrektur hinauszuzögern, aber man wird sie sicher nicht ewig verhindern können (vgl. das Schicksal von UdSSR, DDR).

 

Staaten, deren makroökonomische Kennzahlen so starke Verwerfungen aufweisen, dass sie sinnvollerweise kein Mitglied eines optimalen Währungsraumes (i.S.v. Mundells Theorie) sein sollten und auf die Hilfe anderer angewiesen sind, sind aus der Europäischen Wirtschafts- und Währungsunion zu entfernen.

 

 

 

Daher stellen die unterzeichnenden Abgeordneten folgenden

 

 

Antrag auf Stellungnahme

gemäß Artikel 23e B-VG

 

 

Der Hauptausschuss in Angelegenheiten der Europäischen Union wolle beschließen:

 

„Die zuständigen Mitglieder der Bundesregierung werden aufgefordert, sich auf europäischer Ebene – insbesondere auf dem Europäischen Rat am 24. und 25. März 2011 – dafür einzusetzen, dass Staaten wie Griechenland oder Irland, deren makroökonomische Kennzahlen einen Verbleib in der gemeinsamen Währungsunion nicht rechtfertigen, aus dieser entlassen werden und ihre alten Währungen wieder einzuführen haben.

 

Desweiteren wird der Bundeskanzler dazu aufgefordert, am Europäischen Rat am 24. und 25. März 2011den ins Auge gefassten Beschluss des Europäischen Rates bzgl. einer geplanten Vertragsänderung zur Einrichtung eines Europäischen Stabilitätsmechanismus abzulehnen.“

 

Wien, am 23. März 2011

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Das gegenständliche Vorhaben ist durch Bundesgesetz oder Bundesverfassungsgesetz umzusetzen bzw. auf die Erlassung eines unmittelbar anwendbaren Rechtsaktes gerichtet, der Angelegenheiten betrifft, die durch Bundesgesetz oder Bundesverfassungsgesetz umzusetzen wären.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Folgender Antrag der Grünen auf Stellungnahme wurde von den anderen Parteien abgelehnt und blieb in der Minderheit:

 

 

 

ANTRAG AUF STELLUNGNAHME

gemäß Art. 23e Abs. 3 B-VG

 

 

der  Abgeordneten  Alexander Van  der  Bellen und Eva Glawischnig- Piesczek

 

betreffend  den Entwurf einer erläuterten Tagesordnung des Europäischen Rates am 24./25.März 2011 (46127/EU XXIV.GP)

 

eingebracht im Zuge des EU-Hauptausschusses am 23.März 2011

 

 

 

Der Europäische Rat hat auf seiner Sitzung am 16./17.Dezember 2010 beschlossen den Vertrag über die Arbeitsweise der EU mittels eines vereinfachten Vertragsänderungsverfahrens nach Artikel 48 Absatz 6 des Vertrages über die Europäische Union zu ändern. Ziel ist die Einrichtung eines permanenten Stabilitätsmechanismus für das Euro-Währungsgebiet.

 

Im Österreichischen Nationalrat braucht eine Änderung der Verträge nach dem vereinfachten Vertragsänderungsverfahrens eine Zwei-Drittel-Mehrheit (B-VG 23 i Abs 4). Der Bundeskanzler hat beim Europäischen Rat am 16./17.Dezember 2010 dem Verfahren und den Inhalten der vorgesehen Vertragsänderung zugestimmt, ohne vorher im österreichischen Nationalrat durch Gespräche das Vorhandensein der notwendigen 2/3 Mehrheit zu sondieren.

 

Darüber hinaus werden die verfassungsrechtlich verankerten Informationspflichten der Regierung gegenüber dem Parlament nicht eingehalten. So wurden die Entwürfe des Paktes für den Euro, auf den sich die Staats- und Regierungschefs am 10.März 2011 geeinigt hatten, von der Regierung nicht an den Nationalrat übermittelt. In Deutschland musste die Bundesregierung nach einem sehr kritischen Schreiben des Bundestagspräsidenten Lammert (CDU) eingestehen, dass doch bereits Entwürfe des Paktes zirkulieren und übermittelte sie noch vor dem Europäischen Rat. Da diese Entwürfe nicht übermittelt wurden, hat die Regierung gegen die verfassungsrechtlich verankerten Informationspflichten verstoßen.

 

Es ist nicht zulässig, wenn gerade in Zeiten in welchen auf europäischer Ebene entscheidende Weichen für die Zukunft gestellt werden und die Gefahr besteht, dass Milliarden an österreichischen Steuergeldern für die Rettung des Euros eingesetzt werden müssen, die Regierung  intransparent agiert und das Parlament zu wenig einbindet.

 

Die Regierung muss dafür sorgen, dass die demokratische Legitimation auf dem höchst möglichen Niveau gegeben ist und die verfassungsrechtlichen Informationsrechte des Parlaments erfüllt werden.

 

Dies bezieht sich in besonderer Weise auf die immer häufiger stattfindenden Treffen der Euro-Gruppe. Der Nationalrat muss über alle in diesem Rahmen besprochenen Vorhaben unterrichtet werden.

 

Die bereits laufenden Verhandlungen der Euro-Länder über die konkrete Ausgestaltung des permanenten Rettungsschirmes sind dafür das beste Beispiel. Nach den bis jetzt durchgesickerten Informationen ist angedacht, den Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM) außerhalb der EU-Institutionen anzusiedeln, wodurch die Gefahr von Intransparenz und fehlender demokratischer und parlamentarischer Legitimation droht.

 

Darüber hinaus braucht es jetzt Maßnahmen, die eine stärkere wirtschaftspolitische Koordinierung der EU-Mitgliedstaaten ermöglichen und aus der Phase des ständigen Reagierens auf die nächste Krise nachhaltig hinausführen.

 

 

 

Vor diesem Hintergrund stellen die unterfertigten Abgeordneten daher folgenden

 

 

Antrag auf Stellungnahme

gemäß Art.23e Abs. 3 B-VG

 

 

Der Bundeskanzler wird aufgefordert, folgende Vorschläge im Europäischen Rat am 24. und 25.März 2011 einzubringen und für gemeinsame europäische Wege zur raschen Umsetzung derselben einzutreten:

 

·         Die rasche und ernsthafte Vorbereitung eines geordneten Ent- bzw. Umschuldungsverfahrens für Staaten (unter Beteiligung privater Gläubiger)

·         Die Aufforderung an die Kommission,  die Einführung von Euro-Bonds entsprechend dem  Vorschlag des  Präsidenten der  Eurogruppe Jean-Claude Juncker (siehe "Financial Times"  vom 6.12.2010) zu prüfen

·         Die europaweite Harmonisierung des  Satzes und der Bemessungsgrundlage der Körperschaftssteuer

·         Den Übergang von der Einstimmigkeit zur qualifizierten Mehrheit in Fragen der Steuerharmonisierung

·         Die Einführung einer Finanztransaktionssteuer

 

·         Die Einrichtung des zukünftigen  permanenten Krisenmechanismus (EMS)  innerhalb des Institutionengefüges  der Europäischen Union und unter voller politischer Einbeziehung des Europäischen Parlamentes

·         Die Initiative für eine breit angelegte Debatte im Rahmen einer Konferenz über zukünftige Möglichkeiten der wirtschaftspolitischen Steuerung Europas. Diese Konferenz soll nach dem Konventsmodell organisiert werden um ein hohes Maß an Partizipation und demokratischer Legitimität zu gewährleisten.

 

 

 

 

 

 

Das gegenständliche Vorhaben ist durch Bundesgesetz oder Bundesverfassungsgesetz umzusetzen oder auf die Erlassung  eines  unmittelbar  anwendbaren  Rechtsaktes  gerichtet,  der  Angelegenheiten  betrifft,  die  durch Bundesgesetz oder Bundesverfassungsgesetz umzusetzen wären.

 

 

 

 

 

 

 

 

Folgender Antrag der Grünen auf Stellungnahme wurde von SPÖ, ÖVP und FPÖ mehrheitlich abgelehnt:

 

 

 

ANTRAG AUF STELLUNGNAHME

gemäß Art. 23e Abs 3 B-VG

 

 

der Abgeordneten Glawischnig-Piesczek, Brunner

 

eingebracht in der Sitzung des EU-Hauptausschusses am 23.3. 2011 im Zuge der Behandlung des Entwurfes einer erläuterten Tagesordnung des Europäischen Rates am 24./25.März 2011 (46127/EU XXIV.GP)

 

 

 

Die Vorgänge in Japan haben gezeigt, dass eine Kernschmelze und ein atomarer Super-GAU niemals ausgeschlossenen werden können. Auch europäische Atomkraftwerke sind nicht gegen eine Kernschmelze gerüstet.

 

Sofortige Stilllegung aller Risikoreaktoren in Europa

 

Dazu zählen 4 Kategorien von Atomkraftwerken:

 

a.    Die fünf deutschen Siedewasserreaktoren Brunsbüttel, Krümmel, Isar 1 und Philippsburg 1, Grundremmingen (ähnlich dem Typ Fukushima ). Diese Meiler sind nur wenig jünger als die havarierten Reaktoren in Japan und wurden von Sicherheitsexperten aktuell wiederholt scharf kritisiert.  Ebenso die Schweizer AKW Leibstadt und Mühleberg, beides ebenfalls veraltete Siedewasserreaktoren.

 

b.    Alle AKW in Erdbebengebieten (dazu zählen u.a. das AKW Krsko in Slowenien und das AKW Neckarwestheim in Baden-Württemberg).

 

c.    Alle AKW ohne Schutzhülle (kein Containment = Stahlschutzhülle): Dazu zählen u.a. die grenznahen AKW Mochovce, Dukovany, Paks, Bohunice)

 

d.    Alle Atomkraftwerke, die entweder älter als 30 Jahre sind bzw. schwerwiegende Sicherheitsmängel aufweisen. Dazu zählen u.a. die vier deutschen AKW Biblis A und B (Betriebsstart 1974 und 1976), Neckarwestheim I (1976) und Unterweser (1978), aber auch AKW in Großbritannien (insbesondere Wylfa, Oldury und Sellafield), Frankreich (insbes. Blayais, Bugey, Dampierre, Fessenheim, St-Laurent), Belgien (Doel, Tihange) und den Niederlanden (Borssele). Keines dieser AKW ist ausreichend gegen Erdbeben, Flugzeugabstürze oder Terroranschläge geschützt. Insbesondere die AKW in Osteuropa weisen gravierende Sicherheitsmängel auf.

 

Baustopp für alle in Bau oder Planung befindlichen AKW

 

(z.B. AKW Mochovce in der Slowakei, Ausbaupläne AKW Temelin in Tschechien oder AKW-Neubaupläne in Italien)

 

Die EU muss den Anfang beim weltweiten Ausstieg aus der Kernenergie machen

 

Einzig logische Konsequenz der in ihrem Ausmaß noch immer unabsehbaren Katastrophe in Japan ist ein weltweiter Ausstieg aus der Kernenergienutzung. Die Europäischen Atomstaaten sollten hierbei den Anfang machen. Ein Ausstieg in Europa ist möglich, wenn die Milliardensubventionen und Förderungen für die Kernenergie eingestellt und massiv in Energieeffizienz und in erneuerbare Energien investiert wird.

 

Sicherheit für mittelfristig noch bestehende Anlagen unverzüglich erhöhen

 

Es gibt in der EU keinerlei Kontrolle der Atomkraftwerke durch eine übergeordnete Instanz. Es gibt keine europaweit einheitliche Regelung für die Sicherheit der Reaktoren. Eine 2009 beschlossene Direktive , die eigentlich die nukleare Sicherheit in der EU erhöhen sollte, ist völlig wirkungslos  und sieht keinerlei gemeinsame verbindliche Sicherheitsstandards vor. Stattdessen empfiehlt sie die  Prinzipien der Internationalen Atomenergieagentur (IAEA), deren Befolgung unverbindlich ist und die sie ohnehin bereits unterschrieben haben.  Schon bestehende Reaktoren sind von den Vorschriften überdies nicht betroffen, weil die Richtlinie ausschließlich für Reaktoren gilt, für die noch keine Baugenehmigung erteilt wurde. Auch Atommülllager, Atomtransporte und Wiederaufbereitungsanlagen sind nicht von der Richtlinie erfasst.

 

Förderung für die Atomindustrie einstellen

 

Über den EURATOM-Vertrag werden nach wie vor Milliardenbeträge in die Förderung der Nuklearindustrie in Europa gepumpt. Die EU-Kommission hat aktuell (7.3.2011) einen Vorschlag für das EURATOM-Forschungsrahmenprogramm für die Jahre 2012-2013 vorgelegt. Der  Vorschlag sieht demnach für einen Gesamtbetrag von 2,56 Milliarden Euro für die Atomforschung vor. Nur ein verschwindend kleiner Teil ist für Sicherheit vorgesehen. Dies ist inakzeptabel. Die Privilegierung der Atomindustrie muss durch eine der erneuerbaren Energien ersetzt werden.

 

Massive Investitionen in Energieeffizienz und erneuerbare Energien

 

Nur Erneuerbare Energien, Effizienz und Energieeinsparung können uns unabhängig machen von der menschenfeindlichen und unbeherrschbaren Nukleartechnologie. Ein völliger und rascher Ausstieg aus der Atomkraft in Europa ist möglich, wenn die Milliardensubventionen und Förderungen für die Atomindustrie eingestellt und stattdessen massive Investitionen in erneuerbare Energien und Energieeffizienz getätigt werden.

 

Die Bürgerinnen und Bürger selbst über einen europaweiten Atomausstieg entscheiden

 

Der Super-GAU  in Japan macht einmal mehr klar, dass die Expertinnen und Experten außer Stande sind, die Risiken dieser Technologie zu kontrollieren. Die Folgen eines Nuklearunfalles treffen in jedem Fall unterschiedslos alle Anrainerinnen und Anrainer in einem großen Umfeld einer solchen Katastrophe. Daher kann diese Entscheidung über die Produktion von Atomstrom nicht länger von den Regierungen verantwortet werden. Die Bürgerinnen und Bürger sollen über die Zukunft der Atomkraftwerke in Europa entscheiden.

 

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

 

Antrag auf Stellungnahme gemäß Art 23e Abs. 3 B-VG

 

 

Der Hauptausschuss wolle beschließen:

 

 

Der Bundeskanzler wird aufgefordert auf europäischer Ebene im Zuge der Debatte über die schrecklichen Ereignisse in Japan und deren Konsequenzen für die europäische Energiepolitik eine politische Initiative für Volksabstimmungen über einen europäischen Atomausstieg in allen EU-Mitgliedstaaten zu setzen.

 

Darüber hinaus wird die Regierung, insbesondere der Bundeskanzler,  aufgefordert folgende Positionen auf europäischer Ebene einzubringen:

 

1.    Die sofortige Stilllegung aller Riskoreaktoren in Europa. Dazu zählen alle Siedewasserreaktoren, alle AKW in Erdbebengebieten, alle AKW ohne sekundäres Containment, alle AKW, die älter als 30 Jahre sind oder sich als besonders störanfällig  erwiesen haben.

 

2.    Baustopp für alle in Europa in Bau befindlichen AKW und Einstellung aller Planungsarbeiten für noch nicht in Bau befindliche AKW-Neuanlagen.

 

3.    Vorlage durch die EU-Kommission eines europäischen Ausstiegsplans mit dem Ziel einer systematischen und unumkehrbaren Abschaltung aller europäischen Kernreaktoren.

 

4.    Unverzügliche Überarbeitung der Richtlinie für Nukleare Sicherheit durch die EU-Kommission, zur Verankerung höchstmöglicher verbindlicher Standards für alle mittelfristig noch in Betrieb befindlichen europäischen Atomanlagen entsprechend dem Stand von Wissenschaft und Technik.

 

5.    Unmissverständliche Klarstellung durch die zuständige Forschungsministerin Karl, dass der Kommissionsvorschlag für das EURATOM-Forschungsrahmenprogramm keine Zustimmung Österreichs finden wird. Österreich muss von seinem tatsächlichen Veto-Recht Gebrauch machen.

 

6.    Die Europäische Kommission wird aufgefordert, den Ausbau der erneuerbaren Energien im europäischen Maßstab mit aller Kraft voranzutreiben und eine Einspeisevergütung nach Vorbild des deutschen Erneuerbare Energien Gesetzes EU-weit zu entwickeln und umzusetzen.

 

7.    Abschaffung der Privilegien der Atomindustrie durch die Beendigung des unzeitgemäßen EURATOM-Vertrages. Solange noch AKWs in Europa betrieben werden, müssen die Sicherheitsagenden in eine eigene Behörde überführt werden.

 

8.    Gründung einer Europäischen Gemeinschaft für erneuerbare Energien und Energieeffizienz (EURENEW) zur sicheren und dauerhaften Versorgung der EU mit erneuerbarer, umweltverträglicher Energie für die nächsten Jahrzehnte.

 

 

Das gegenständliche Vorhaben ist  gemäß Art 23e Abs. 3 B-VG auf die Erlassung von verbindlichen Rechtsakten gerichtet, die sich auf die Erlassung von Bundes(verfassungs)gesetzen auf den in diesen Rechtsakten geregelten Gebieten auswirken würd

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Folgender Antrag des BZÖ auf Ausschussfeststellung wurde von SPÖ, ÖVP und Grünen mehrheitlich abgelehnt:

 

 

Antrag auf Ausschussfeststellung

 

des Abgeordneten Mag. Stadler  

 

 

eingebracht im Zuge der Sitzung des Hauptausschusses in Angelegenheiten der Europäischen Union 23. März 2011

 

betreffend Schaffung eines Schutzschirms für die Österreicherinnen und Österreicher anstelle des Versenkens von Milliardenbeträgen in europäische Fässer ohne Boden

 

 

 

Der Hauptausschuss wolle beschließen:

 

„Der Hauptausschuss in Angelegenheiten der Europäischen Union fordert den Bundeskanzler dringend auf, sich beim Europäischen Rat am 24. und 25. März 2011 gegen jede Formulierung in den Schlussfolgerungen des Europäischen Rates auszusprechen, die die beschlossene Ausweitung des Euro-Rettungsschirm, die mit massiven Belastungen für die Steuerzahlerinnen und Steuerzahlern verbunden ist, begrüßt.

 

Der Hauptausschuss in Angelegenheiten der Europäischen Union ersucht vielmehr den Bundeskanzler, sich schützend vor die Interessen der Österreicherinnen und Österreicher zu stellen, um weitere finanzielle Belastungen für Österreich zur vermeintlichen Sanierung maroder Euro-Mitgliedstaaten abzuwenden, die Ausweitung des Euro-Rettungsschirms,  eine Laufzeitverlängerung der Griechenland gewährten Kredite, eine Senkung des mit Griechenland vereinbarten Zinssatzes sowie die geplante Vertragsänderung im Sinne der Schaffung eines langfristigen Stabilitätsmechanismus abzulehnen.

 

Der Hauptausschuss für Angelegenheiten der Europäischen Union beschließt weiters, diese Ausschussfeststellung gem. § 39 Abs. 1 bzw. 3 GOG als Kommuniqué zu veröffentlichen und der auszugsweisen Darstellung beizufügen.“

 

Wien, 23. März 2011