10002/J XXIV. GP

Eingelangt am 30.11.2011
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Anfrage

 

der Abgeordneten Dr.in Gabriela Moser, Freundinnen und Freunde an die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie

betreffend Anschlussstelle der A23 an den Landstraßer Gürtel

 

Die ASFINAG baut derzeit die Anschlussstelle der A23 an den Landstraßer Gürtel aus. Laut ASFINAG-Information sind für 860 Meter Straßenbau Kosten von 101 Mio Euro (ohne Finanzierungskosten von üblicherweise ca 50% zusätzlich) vorgesehen. Es wird damit eine Ampel vom Spitzenstunden-Stau entlastet und dieser Stau um etwa 400 Meter stadteinwärts zur nächsten Ampel verlegt.

Abgesehen von verkehrspolitischen und budgetären Effizienzfragen bleiben bei diesem Projekt der ASFINAG im Bundesstraßennetz aber auch eine Reihe weiterer wichtiger Fragen insbesondere in Sachen Lärmschutz und damit Gesundheitsschutz offen.

 

 

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgende

ANFRAGE

 

1)    Die ASFINAG beteuert, dass die Lärmsituation nach Beendigung der Ausbauarbeiten an der Anschlussstelle der A23 an den Gürtel für die unmittelbaren AnrainerInnen verbessert sein wird. Jedoch geht aus Berechnungen der ASFINAG selbst hervor, dass Verbesserungen nur für die unteren Stockwerke der anrainenden Wohnhäuser Hoffmannsthalgasse 2, 4, 6, 8 und 10 bzw. Landstraßer Gürtel 85, 87, 89, 91 und 93 zu erwarten sind! Für die Stockwerke über dem 3. Stock sind demnach keine Verbesserungen bzw. sogar Verschlechterungen bei den Lärmimmissionen zu erwarten.

Wieso werden die betroffenen AnrainerInnen mit Halbwahrheiten und Fehlinformationen zur künftigen Lärmsituation konfrontiert?

 

2)    Obwohl es sich offenbar beim Projekt des Ausbaus der Anschlussstelle der A23 um eine Rampenverlegung handelt und dafür keine Umweltverträglichkeitsprüfung verpflichtend vorgeschrieben ist, ist jedoch laut §7 Abs 1 und 3 BStG bei der Planung, beim Bau und bei der Erhaltung von Bundesstraßen auf die Umweltverträglichkeit – und damit auch auf die Zumutbarkeit der Lärmbelästigung – Bedacht zu nehmen.

Wieso hat das BMVIT bei der Vorlage des Projekts zur technischen Projektgenehmigung die geplanten Maßnahmen trotz weiterer Erhöhung der derzeit schon gesetzwidrig hohen Lärmbelastung für viele AnrainerInnen zustimmend zur Kenntnis genommen?


3)    Ist §7a Abs 1 BStG bei der Planung des Ausbauprojektes zur Anwendung gekommen, der u.a. Folgendes vorsieht: "Eine Bestimmung des Straßenverlaufes nach § 4 Abs. 1 ist nur zulässig, wenn bei Bau und Betrieb der Bundesstraße vermieden wird, a) dass das Leben und die Gesundheit von Nachbarn gefährdet werden (...)"?

 

4)    Wenn ja, wie wurde das konkret geprüft und sichergestellt? Ist ein vollständiges Lärmgutachten erstellt worden, wenn ja, von wem und mit welchem konkreten Inhalt und Ergebnis?

 

5)    Ist Ihnen bekannt, dass laut ASFINAG-Angaben bereits jetzt die Lärmschwellenwerte nach der EU-Richtlinie 2002/49/EG und den entsprechenden (Umgebungs-) Lärmschutzgesetzen von Bund und Wien für viele AnrainerInnen sowohl tagsüber als auch nachts überschritten werden?

 

6)    Ist Ihnen bekannt, dass laut Österreichischem Arbeitsring für Lärmbekämpfung (ÖÄL) und Studien des Instituts für Umwelthygiene an der Universität Wien eine ständige Überschreitung der Lärmschwellenwerte von 60 dB am Tag und von 50 dB in der Nacht der EU-Richtlinie 2002/49/EG und des Umgebungslärmschutzgesetzes von Bund und Wien und gesundheitliche Probleme mit sich bringt, u.a. Schlafstörungen, Schwächung des Immunsystems, Bluthochdruck und eine deutliche Erhöhung des Herzinfarktrisikos, bereits bei 65 dB am Tag und 55 dB bei Nacht um bis zu 30%, bei 75 dB bis 90 dB wie an der A23-Anschlussstelle entsprechend höher?

 

7)    Wie können Sie es angesichts der Gesundheitsgefährdung der AnrainerInnen durch den bereits bestehenden Lärm verantworten, dass durch den Ausbau der Anschlussstelle der A23 diese Gefährdung für viele AnrainerInnen noch erhöht wird?

 

8)    Wie können Sie die Erhöhung der Lärmbelastung vieler AnrainerInnen angesichts Ihrer Dienstanweisung vom Jänner 2011, in der Sie der ASFiNAG das Ergreifen von Maßnahmen zur Lärmreduktion an bestehenden Bundesstraßen (Autobahnen und Schnellstraßen) vorschreiben, erklären?

 

9)    Während der aktuellen Bautätigkeit, für die der Abriss der bis vor kurzem vorhandenen Lärmschutzwand notwendig war, werden die AnrainerInnen doppelt durch extreme Lärmimmissionen belastet, einerseits durch den Autobahnlärm, der hier laut Lärmkarte des Lebensministeriums Tag und Nacht die Schwellenwerte mit mehr als 15 dB überschreitet, und zusätzlich durch den Baulärm und den Lärm der Baufahrzeuge. Das ist eine völlig unzumutbare Gesundheitsgefährdung mit enormer Erhöhung des Herzinfarktrisikos über Jahre hinweg.

Können Sie das verantworten?

 

10) Haben Sie vor, § 43 Abs 2 der Straßenverkehrsordnung (StVO) einzuhalten, der besagt, dass „zur Fernhaltung von Gefahren oder Belästigungen, insbesondere durch Lärm, Geruch oder Schadstoffe {...} wenn und insoweit es zum Schutz der Bevölkerung oder der Umwelt oder aus anderen wichtigen Gründen erforderlich ist,“ u.a. „für bestimmte Gebiete, Straßen oder Straßenstrecken für alle oder für bestimmte Fahrzeugarten oder für Fahrzeuge mit bestimmten Ladungen dauernde oder zeitweise Verkehrsbeschränkungen oder Verkehrsverbote zu erlassen“ sind?

 

11) Da diese Regelung insbesondere örtlich oder zeitlich limitierte Geschwindigkeitsbegrenzungen oder auch ein Fahrverbot für Lastkraftfahrzeuge vorsieht, werden Sie also nach entsprechender Überprüfung, so lange eine durchgehende Lärmschutzwand fehlt, die AnrainerInnen durch die Verordnung a) einer Geschwindigkeitsbeschränkung auf 30km/h auf der Strecken der ehemaligen Lärmschutzwand und b) eines Nachtfahrverbots für LKWs über 3,5t auf der A23-Anschlussstelle Gürtel vor dem Autobahn- und Baulärm schützen?

 

12) Oder ist daran gedacht, die AnrainerInnen, so lange es keine Lärmschutzwand gibt, zB durch einen teilweise aufblasbaren Schallschirm aus Folie oder Membran oder sonstige wirksame Provisorien vor dem Autobahn- und Baulärm zu schützen?

 

13) Wenn beides nicht geplant ist, warum nicht?

 

14) Wenn beides nicht geplant ist, wie können Sie die mit Sicherheit zu erwartenden Gesundheitsschäden vieler AnrainerInnen und die daraus erwachsenden Gesundheitskosten für die Allgemeinheit verantworten?

 

15) Können Sie bereits die Höhe der Gesundheitskosten, die sich durch den Autobahn- und den Baulärm bei Verweigerung jeglicher schützenden Maßnahmen für die AnrainerInnen akkumulieren werden, abschätzen?

 

16) Ist daran gedacht, die AnrainerInnen für die zusätzliche Lärm-, Abgas- und Staubbelastung und dadurch bedingte Ausgaben etwa für Arztkonsultationen, Reinigung, Ausweichquartiere etc. und für die Verminderung der Lebensqualität während der Bauzeit zu entschädigen, wie das bei der Baustelle Wien Mitte - wo es „nur“ Baulärm, aber keinen Autobahnlärm gab - geschehen ist? Wenn nicht, wie erklären Sie diese unsachlich benachteiligende Ungleichbehandlung den AnrainerInnen?

 

17) Ist Ihnen bekannt, dass die BürgerInneninitiative „Lebensraum Landstraßer Gürtel“ (BI-LLG) seit vielen Jahren auf die Gefahren des Ausbauprojekts an der A23 Anschlussstelle für die Gesundheit der AnrainerInnen aufmerksam macht, und bereits sinnvolle Alternativen und Verbesserungen vorgeschlagen hat, von der ASFINAG jedoch brüskiert wurde?

 

18) Was sollen die AnrainerInnen und die BI-LLG vom Verantwortungsbewusstsein bei der ASFINAG - und beim BMVIT als Eigentümervertreter - angesichts dieser bisherigen Vorgangsweise bei der A23-Baustelle „ASt Landstraße neu“ halten?