10139/J XXIV. GP
Eingelangt am 14.12.2011
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Anfrage
der Abgeordneten Gerhard Huber,
Kolleginnen und Kollegen
an Frau Bundesministerin für Justiz Mag. Dr. Beatrix Karl
betreffend die Enteignung von ca 18.000 Tirolerinnen und Tirolern wegen Wiedereinführung des geteilten Eigentums, wegen des Fehlens von Verjährungs- und Ersitzungsregelungen, Einführung einer „societas leonina“ als public private partnership „Gemeindegutsagrargemeinschaft“ und Beseitigung der Rechtskraftwirkung von Bescheiden im Sonderprivatrecht der ländlichen Bodenordnung für Gemeinschaftsbesitz.
Teil II.
II. Die Tiroler Landesregierung hat entschieden, geschätzt 18.000 Tirolerinnen und Tiroler, welche Eigentümer von Stammliegenschaften sind und deshalb an sog. Agrargemeinschaften („Urbarialgemeinden“ im Burgenland) Anteilsrechte besitzen, entschädigungslos zu enteignen.
Als Basis dieser entschädigungslosen Enteignungsmaßnahmen wurde beim Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs Slg 18.446/2008 vom 11. Juni 2008 angeknüpft, welches wiederum sein Fundament im Erk VfSlg 9336/1982 findet (im Erwägungsteil von VfSlg 18.446/2008 unter Pkt II. wird zehnmal das Erkenntnis Slg 9336/1982 zitiert).
Im Erkenntnis VfSlg 9336/1892, dem „Fundament“ des Erkenntnisses VfSlg 18.446/2008, definiert der VfGH (auch) das „Gemeindegut in agrargemeinschaftlicher Nutzung“ zwingend als Eigentum einer Ortsgemeinde, sodass alle Rechtsakte, mit denen Gemeindegut entweder als Eigentum einer Agrargemeinschaft oder als Einzeleigentum festgestellt wurde, rückblickend als Eigentumseingriff zu Lasten der Ortsgemeinde erscheinen.
Der Verfassungsgerichtshof erkannte mit Erkenntnis VfSlg 18.446/2008, dass trotz agrarbehördlicher Eigentumsfeststellung zu Gunsten einer Agrargemeinschaft dieses Eigentum seine Eigenschaft als „Gemeindegut“ (= Eigentum bzw Substanz der Ortsgemeinde) nicht verloren hätte[1]. In Konsequenz will der Verfassungsgerichtshof den (angeblich nachteilig) betroffenen Ortsgemeinden einen Anspruch auf „Substanzwert“ zuerkennen, der alle durch das Eigentumsrecht vermittelte Rechtspositionen umfassen soll[2], mit Ausnahme der (historischen) land- und forstwirtschaftlichen Nutzungsformen.
Bereits heute wenden die Tiroler Agrarbehörde und der Tiroler Landesagrarsenat diese Judikatur auch dann an, wenn Eigentum, welches irgendwann „Gemeindegut“ war, einem agrarbehördlichen Grundzusammenlegungsverfahren unterzogen wurde[3] und deshalb aus einer Zusammenlegungsgemeinschaft gem § 8 Flurverfassungs-Grundsatzgesetz 1951 hervorgegangen ist.
Auch das aus der Zusammenlegungsgemeinschaft stammende Eigentum soll solcher Art sein, dass der Ortsgemeinde der Substanzwert zustehe. Auch für das aus der Zusammenlegungsgemeinschaft gem § 8 Flurverfassungs-Grundsatzgesetz 1951 stammende Eigentum soll demnach der Rechtssatz gelten:
„Die rechtskräftig gewordene Eigentumsübertragung hat jedoch nur das Eigentum auf die Agrargemeinschaft übertragen, an der Eigenschaft des Gemeindeguts nichts verändern können und wollen und daher auch nichts verändert.“[4] Auch aus einer Zusammenlegungsgemeinschaft gem § 8 Flurverfassungs-Grundsatzgesetz soll „Substanzwert der Ortsgemeinde“ hervorgehen[5].
Damit ist die weitere Entwicklung im „Sonderprivatrecht der ländlichen Bodenordnung“[6] vorgezeichnet: Wenn der Gesetzgeber nicht einschreitet, wird auch das aus der agrarbehördlichen Aufteilung von Gemeindegut stammende Einzeleigentum mit dem Substanzrecht der Ortsgemeinde belegt werden. Ein struktureller Unterschied der Eigentumsform Agrargemeinschaft (§ 15 Flurverfassungs-Grundsatzgesetz 1951) und der Eigentumsform Zusammenlegungsgemeinschaft (§ 8 Flurverfassungs-Grundsatzgesetz 1951) und dem aus einer Zusammenlegungsgemeinschaft hervorgegangenen geteilten Eigentum, welches wieder Gemeinschaftseigentum als Agrargemeinschaft sein kann oder Einzeleigentum, ist auch gar nicht erkennbar. Oft finden sich beide Eigentumsformen in ein- und demselben Aufteilungsbescheid. Im Übrigen ermächtigt § 16 Flurverfassungs-Grundsatzgesetz 1951 die Landesgesetzgebung ausdrücklich Regelungen zu schaffen, anhand derer „Sondereigentum einzelner Teilgenossen“ in das Regulierungsverfahren einbezogen werden kann.
Weil die Tiroler Agrarbehörden unter Berufung auf die Erkenntnisse VfSlg 18.446/2008 und 9336/1982 zu Lasten von Agrargemeinschaften judizieren, dass substanzwertbelastetes Eigentum auch aus dem Grundzusammenlegungsverfahren hervorgehe, ist der Schritt zur Erfassung des „Sondereigentums“ auch nur konsequent.
Die Tiroler Agrarbehörde könnte einen Sachverhalt „ermitteln“, wonach im Teilungsverfahren nie beabsichtigt gewesen sei, „Eigentum zu übertragen“[7].
Der Verfassungsgerichtshof könnte das „Sondereigentum“, welches seine Rechtsnatur als Gemeindegut nicht verlieren konnte und sollte, als „unvollständige Teilung“ erklären.
Der VfGH könnte erkennen:
„Die rechtskräftig gewordene Eigentumsübertragung hat nur das Eigentum auf die Teilgenossen übertragen, an der Eigenschaft des Gemeindeguts nichts verändern können und wollen und daher auch nichts verändert.[8] Die Substanz des Gemeindeguts stehe deshalb auch heute noch ungeteilt der Ortsgemeinde zu, die mit den Teilgenossen, die freilich weiterhin Eigentümer ihres Sondergutes bleiben, eine Agrargemeinschaft bildet.“
Einen Konflikt mit Art 7 StGG würde der Verfassungsgerichtshof bei Fortführung der gegen die Agrargemeinschaften gerichteten bisherigen Judikatur nicht erkennen, weil das Substanzrecht der Ortsgemeinde als agrargemeinschaftliches Anteilsrecht konstruiert wird. Warum im Wege eines Anteilsrechts die Grundherrschaft wiedererrichtet werden kann, bleibt freilich unerklärt[9].
Diese Konstruktion als Anteilsrecht gibt gleichzeitig dem Verwaltungsgerichtshof Gelegenheit, Ersitzung und Verjährung zu Lasten der Ortsgemeinde a priori auszuschließen, weil Anteilsrechte an Agrargemeinschaften angeblich solchen Rechtsinstituten nicht unterliegen.
Schreitet der Bundesgesetzgeber nicht kurzfristig gegen die Zertrümmerung der Eigentumsordnung über die „Hintertüre Agrarrecht“ ein, ist eine Weiterentwicklung der Judikaturlinie VfSlg 9336/1982 und 18.446/2008 nur eine Frage der Zeit.
So wie in Tirol die Enteignung der Agrargemeinschaftsmitglieder medial aufbereitet wurde, ist dem Tiroler Landesgesetzgeber der Applaus sicher, wenn er unter Berufung auf eine „Scheinkompetenz“ gem § 16 Flurverfassungs-Grundsatzgesetz 1951 die „Regulierung des Substanzanspruch der Ortsgemeinden im Sondereigentum der Teilgenossen“ in Angriff nimmt.
Schon aus Gründen der Gleichbehandlung liegt dieser Schritt nahe. Bekanntlich erfassen die laufenden Enteignungsmaßnahmen der Tiroler Landesregierung „nur“ die Grundbesitzer im so genannten Tiroler Oberland, im Wipptal und im Zillertal sowie in Osttirol.
Auch die Ortsgemeinden des sog. Tiroler Unterlandes fordern Substanzrecht an „ihrem Gemeindegut“. Das Instrumentarium zur Belegung des „Sondereigentums der Teilgenossen“ (vgl § 16 Flurverfassungs-Grundsatzgesetz 1951) mit „Substanzrecht der Ortsgemeinde“ liegt mit den Erkenntnissen VfSlg 9336/1982 und VfSlg 18.446/2008 offen zu Tage.
Das Erkenntnis VfSlg 18.446/2008 und die Nachfolgejudikatur[10] ist das Ergebnis 30jähriger grob fahrlässiger Unterlassung des für das Bürgerliche Recht zuständigen Bundesministers/der Bundesministerin für Justiz und des für die Grundsätze der Flurverfassung zuständigen Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft.
Die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts konnten, weil der Bundesgesetzgeber die Entwicklungen im „Sonderprivatrecht der ländlichen Bodenordnung“[11] seit 30 Jahren kräftig ignoriert,
a) das Recht der Agrargemeinschaften als „Recht der Nutzungsgemeinschaften“ systemwidrig in ein „Gemeinschaftsrecht für Eigentümer und Nutzungsberechtigte“ umbauen[12];
b) die Erscheinung des „Gemeindeguts in agrargemeinschaftlicher Nutzung“ zwingend als Eigentum der Ortsgemeinden definieren[13], obwohl das positive Gemeinderecht auf der Grundlage des Art 12 Abs 1 Z 3 B-VG und das Flurverfassungsrecht eine Prüfung und Entscheidung der Eigentumsverhältnisse im Einzelfall durch die Agrarbehörde voraussetzen[14];
c) den neu definierten Begriff des „Gemeindeguts = Eigentum einer Ortsgemeinde“ in die historischen Regulierungsbescheide „hineintragen“[15] - eine unzulässige Interpretationsmethode[16], die „jedweder gebotenen Sorgfalt“ widerspricht[17];
d) den Eigentumsbegriff nach Österreichischem Recht umgestalten und ein „Verfügungseigentum“ (Substanzrecht) kreieren[18], dem ein Nutzungsrecht (fälschlich als „Eigentum“ bezeichnet) gegenüber gestellt wurde;
e) das fundamentale Rechtsinstitut der Rechtskraft im Verwaltungsverfahren untergraben, mit unabsehbaren Implikationen möglicher Weise auch für das Zivilgerichtsverfahrensrecht;
f) eine Rechtsposition der Ortsgemeinde schaffen, welche Verfügungseigentum ist, jedoch als Anteilsrecht konstruiert wird und deshalb systemwidrige den allgemeinen Rechtsinstituten der Ersitzung und Verjährung entzogen wurde[19];
g) die leoninische public private partnership „Gemeindegutsagrargemeinschaft“ im rechtsfreien Raum erschaffen, welche auf der Idee gründet, dass eine Personengruppe als Arbeitsgesellschafter bei unbeschränkter Haftung als „Gemeindeknecht“ für die öffentliche Hand Erträgnisse erwirtschaftet;
Die Entwicklung eines Substanzrechts der Ortsgemeinde im Sondereigentum der Teilgenossen ist als logische Konsequenz der Judikaturlinie VfSlg 9336/1982, VfSlg 18.446/2008 zu erwarten.
Die Reichweite des Anspruchs der Ortsgemeinde auf den Substanzwert wurde im Erk VfSlg 18.446/2008 (noch) nicht in voller Schärfe ausgedrückt[20], sehr wohl jedoch in den Nachfolgeerkenntnissen VfSlg 19.018 vom 5. März 2010[21] und B 1645/10 vom 28.02.2011[22].
Der Gerichtshof vertritt danach eine offensichtlich gewollte Aufspaltung des Eigentumsrechts und eine Stellung der Ortsgemeinde als neue „Verfügungseigentümerin“[23] nach Art der mittelalterlichen Grundherrschaft.
Klar und deutlich wird zum Ausdruck gebracht, dass nach der konzeptuellen Vorstellung des Gerichtshofes die Ortsgemeinde „Verfügungseigentümerin“ sei[24]. Diese Rechtsposition der Ortsgemeinde als Verfügungseigentümerin wird vom VfGH ausdrücklich als Eigentum im Sinn des Art 5 StGG 1867 bzw Art 1 1. ZPrMRK anerkannt[25]. Die Rechtsposition der Agrargemeinschaft als Summe der übrigen Mitglieder erscheint dagegen auf diejenige einer „Nutzungsberechtigten“ herabgedrückt[26]. Nach der von den Gerichtshöfen des öffentlichen Rechts contra legem kreierten public private partnership „Gemeindegutsagrargemeinschaft“ stehen der Ortsgemeinde alle über die (historische) land- und forstwirtschaftliche Nutzung hinausgehenden Erträgnisse und Verfügungsbefugnisse zu, ohne dass die Ortsgemeinde irgendwelche Pflichten einer Eigentümerin (Miteigentümerin), geschweige denn einer Arbeitsgesellschafterin zu übernehmen hätte.
Die contra legem erfundene Rechtsposition „Substanzwert“ ist der Rechtsordnung fremd; die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts, welche an die Stelle des Gesetzgebers getreten sind, wollen nur die Rechte der Ortsgemeinde definieren[27]; die Bürger sollen als „Gemeindeknechte“ fungieren, unbeschränkt haften und um den Ertrag ihrer Arbeit geprellt werden.
Weil selbstverständlich das gesamte geteilte agrarische Eigentum aus „Gemeindegut“ entstanden ist und weil Agrarbehördenentscheidungen gem § 14 Agrarverfahrensgesetz offensichtlich die Eigenschaft „Gemeindegut“ nicht beseitigen konnten und wollten[28], drohen unzählige historische Teilungen von „Gemeinschaftsgut (= Gemeindegut) zur Makulatur zu werden.
„Sondereigentum der Teilgenossen“ (vgl § 16 Flurverfassungs-Grundsatzgesetz 1951) wird vom Verfassungsgerichtshof ebenfalls mit dem „Substanzrecht der Ortsgemeinde“ belegt werden.
Wenn die agrarbehördliche Entscheidung über die Eigentumsverhältnisse die Eigenschaft „Gemeindegut“ nicht beseitigen kann, findet sich „Substanzrecht der Ortsgemeinde“ auch in allen geteilten Liegenschaften.
Beispielsweise wurden in der Tiroler Ortsgemeinde Münster in den 90er Jahren des 20. Jahrhunderts rund 300 ha „Gemeindegut“ mit Agrarbehördenbescheid auf rund 100 Stammliegenschaftsbesitzer von Münster aufgeteilt (grundbücherlich durchgeführt zu 1107/1998 der Urkundensammlung des Bezirksgerichts Rattenberg). Es ist nur eine Frage der Zeit, bis die Ortsgemeinde Münster den Versuch unternehmen wird, diese Teilungen in der Form „rückabzuwickeln“, dass gegen jeden Eigentümer „Substanzrecht“ geltend gemacht wird. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis die Ortsgemeinde Münster in einem „Mega-Rechtsstreit“ der Ortsgemeinde gegen ca. 100 Gemeindebürger um ca. 300 ha aufgeteiltes „Gemeindegut“ versinken wird. Im Wege der Tiroler Tageszeitung wird der Zugriff auf das „Sondereigentum der Teilgenossen“ in Münster bereits vorbereitet[29].
Die Bundesministerin für Justiz ist durch das Erkenntnis VfSlg 18.446/2008 nicht nur als „Hüterin der Eigentumsordnung“ gefordert, sondern auch als „Hüterin des Verfahrensrechts“, insbesondere des fundamentalen Rechtsprinzips der Rechtskraft - und zwar das Verwaltungsverfahrensrecht gleichermaßen betreffend wie das Zivilgerichtsverfahrensrecht, weil Agrarbehördenbescheide gem § 14 Agrarverfahrensgesetz strukturell den Urteilen der Zivilgerichte gleichgestellt sind.
In diesem Zusammenhang richten die unterfertigten Abgeordneten an die Frau Bundesministerin für Justiz folgende
Anfrage:
1. Ist der Österreichischen Rechtsordnung die Unterscheidung „Verfügungseigentum“[30] und „Nutzungseigentum“ bekannt? Wenn Ja, in welchen Bestimmungen des Gesetzes?
2. Hat der Bundesgesetzgeber mit Deregulierungsgesetz 2006[31] die Bestimmungen des Bürgerlichen Gesetzbuches zum „geteilten Eigentum“ mit der Begründung aufgehoben hat, dass diese Bestimmungen in der Österreichischen Rechtsordnung keinerlei Bedeutung mehr hätten? Wenn Nein, warum nicht?
3. Hat der Verfassungsgesetzgeber die Neubegründung von Verfügungseigentum einerseits und Nutzungseigentum andererseits schon im Jahr 1867 untersagt (Institutionsgarantie des Eigentums gem Art 5 StGG 1867; Verbot Eigentum zu „spalten“ gem Art 7 StGG1867)? Wenn Nein, warum nicht?
4. Wäre der Verfassungsgerichtshof nach der Österreichischen Verfassungsordnung berufen, eine „Verfügungseigentümerschaft“ zu kreieren und dieser „Verfügungseigentümerschaft“ die Rechtsposition einer „Nutzungseigentümerschaft“ gegenüberzustellen? Wenn ja, auf welcher Rechtsgrundlage?
5. Ist die politische Leitungskompetenz der Justizministerin gefordert, wenn die Höchstgerichte (Oberster Gerichtshof, Verwaltungsgerichtshof, Verfassungsgerichtshof) Entscheidungen fällen, welche mit der bisherigen Eigentumsordnung, konkret der Institutionsgarantie des Eigentums gem Art 5 StGG 1867 und dem Verbot, Eigentum zu „spalten“ gem Art 7 StGG1867 unvereinbar erscheinen[32]? Wenn Nein, warum nicht?
6. Ist es ausschließliche Kompetenz dieses Hohen Hauses darüber zu entscheiden, ob in Österreich „Verfügungseigentum“ und „Nutzungseigentum“ im Speziellen beziehungsweise geteiltes Eigentum im Allgemeinen (wieder) eingeführt wird? Wenn Nein, warum nicht?
7. Ist der Bundesministerin für Justiz bekannt, dass das Flurverfassungsrecht Sonderprivatrecht der ländlichen Bodenordnung ist[33], welches mit den Instrumenten des öffentlichen Rechts vollzogen wird?
8. Prüft das Justizministerium die höchstgerichtlichen Entscheidungen zum Flurverfassungsrecht auf mögliche Auswirkungen auf das Regelungsgefüge des Österreichischen Sachenrechts? Wenn Nein, warum nicht?
9. Hat man im Justizministerium das Erkenntnis VfSlg 9336/1982 auf mögliche Auswirkungen auf das Regelungsgefüge der Österreichischen Sachenrechtsordnung überprüft? Wenn Nein, warum nicht? Wenn Ja, welche Schlussfolgerungen wurden gezogen?
10. Hat man im Justizministerium das Erkenntnis VfSlg 18.446/2008 auf mögliche Auswirkungen auf das Regelungsgefüge der Österreichischen Sachenrechtsordnung überprüft? Wenn Nein, warum nicht? Wenn Ja, welche Schlussfolgerungen wurden gezogen?
11. Hat man im Justizministerium das Erkenntnis VfGH B 1645/10 28.02.2011 auf mögliche Auswirkungen auf das Regelungsgefüge der Österreichischen Sachenrechtsordnung überprüft? Wenn Nein, warum nicht? Wenn Ja, welche Schlussfolgerungen wurden gezogen?
12. Hat der Verfassungsgerichtshof spätestens mit dem Erkenntnis B 1645/10 vom 28.02.2011 die Rechtsposition der substanzberechtigten Gemeinde als „Verfügungseigentum“ definiert[34] und dadurch diese Erscheinungsform des Eigentums neu in die Österreichische Rechtsordnung eingeführt? Wenn Nein, warum nicht?
13. Führt die Schaffung einer neuen Rechtsfigur des Verfügungseigentums (in der Hand der politischen Ortsgemeinden), welcher ein ziviles Eigentum (in der Hand der Agrargemeinschaft als körperschaftliche Einrichtung einer geschlossenen Anzahl von nutzungsberechtigten Grundbesitzern[35]) gegenüber gestellt wird, notwendig zu grundlegenden Verwerfungen in der ländlichen Bodenordnung? Wenn Nein, warum nicht?
14. Wäre die Bundesministerin für Justiz zuständig, Urteile und Erkenntnisse der Höchstgerichte daraufhin zu überprüfen, ob diese der Rechtssicherheit abträgliche Auswirkungen auf das Regelungsgefüge der Österreichischen Sachenrechtsordnung (speziell auch im Liegenschaftseigentum!) entfalten? Wenn Nein, warum nicht?
15. Wäre es schon längst die Verpflichtung der Bundesministerin für Justiz gewesen, gegen die Schaffung von Verfügungseigentum als Gegensatz zu Nutzungseigentum[36] mit den VfGH-Erkenntnissen VfSlg 18.446/2008 und B 1645/10 vom 28.02.2011 einzuschreiten? Wenn Nein, warum nicht?
16. Hat der Verfassungsgerichtshof spätestens mit dem Erkenntnis B 1645/10 vom 28.02.2011 das verfassungsrechtliche Verbot gem Art 7 StGG 1967, geteiltes Eigentum zu „schaffen“ bzw anzuerkennen, dadurch gebrochen, dass ein Substanzrecht der Ortsgemeinde als Verfügungseigentum[37] neben dem zivilen Eigentum der Agrargemeinschaft[38] anerkannt wurde? Wenn Nein, warum nicht?
17. Kann das Verbot zur Schaffung von geteiltem Eigentum gem Art 7 StGG 1867 dadurch umgangen werden, dass eine Rechtsposition, welche sich inhaltlich als Verfügungseigentum darstellt[39], formal als Anteilsrecht an einer Agrargemeinschaft[40] dekretiert wird? Wenn Ja, warum?
18. Unterscheiden sich das „Anteilsrecht“ an einer juristischen Person und das Verfügungseigentum am Vermögen einer juristischen Person dadurch, dass ein Anteilsberechtigter in der Form disponiert, dass er seine satzungsmäßigen Rechte in den Entscheidungsstrukturen des Eigentümer-, des Geschäftsführungs- und des Aufsichtsorgans einer juristischen Person ausübt, während der Verfügungseigentümer ein Herrschaftsrecht an der Sache selbst ausübt? Wenn Nein, warum nicht?
19. Droht diese dialektisch, theoretisch klare Unterscheidung zwischen Anteilsrecht an einer juristischen Person und Verfügungseigentum am Vermögen dieser juristischen Person dann zu „verschwimmen“, wenn dem Verfügungseigentümer per Gesetz Mitwirkungsrechte in den Organen der juristischen Person eingeräumt werden? Wenn Nein, warum nicht?
20. Ist das Substanzrecht der Ortsgemeinde, wie dieses vom Verfassungsgerichtshof im Erkenntnis B 1645/10 vom 28.02.2011 definiert wurde[41], klassisches Verfügungseigentum[42], weil die Ortsgemeinde kraft Herrschaftsrecht über die Sache selbst disponiert[43]? Wenn Nein, warum nicht?
21. Wurden der Ortsgemeinde neben ihrer Stellung als Verfügungseigentümerin am Regulierungsgebiet zusätzliche Rechte als Anteilsberechtigte eingeräumt, zB ein Vetorecht zur Blockade von wirksamen Organbeschlüssen? Wenn Nein, warum nicht?
22. Zeigt sich die doppelte Rechtsposition der Ortsgemeinde als Anteilsberechtigte (mit Sonderstellung) und Verfügungseigentümerin („Substanzberechtigte“) unter anderem daran, dass die Ortsgemeinde einmal durch die Teilnahme an der Ausschussentscheidung und Contravotum den Organbeschluss alleine verhindern kann (Anteilsrecht mit Sonderstellung) und dass die Entscheidung des Geschäftsführungsorgans der Agrargemeinschaft über Substanz auch dann nicht zur Verfügung über die Substanz berechtigt, wenn die Ortsgemeinde zur Sitzung ordnungsgemäß geladen war und daran nicht teilgenommen hat (weshalb der Organbeschluss „gültig“ wäre), weil die Ortsgemeinde kraft Verfügungseigentum zusätzlich auch außerhalb der Organe der juristischen Person disponiert? Wenn Nein, warum nicht?
23. Ist die doppelte Rechtsposition der „substanzberechtigten Ortsgemeinde“, wie diese vom Verfassungsgerichtshof im Erkenntnis B 1645/10 vom 28.02.2011 als „verfassungskonform“ bestätigt wurde, nicht nur dialektisch, theoretisch als Anteilsrecht einerseits und als Verfügungseigentümerschaft andererseits zu unterscheiden, sondern sind diese beiden Rechtspositionen auch in den Rechtsfolgen zu unterscheiden? Wenn Nein, warum nicht?
24. Muss die Rechtsposition der Verfügungseigentümerschaft[44] dem allgemeinen Regelungssystem des Sachenrechts unterworfen werden? Wenn Nein, warum nicht?
25. Muss die Rechtsposition der Verfügungseigentümerschaft, die der Verfassungsgerichtshof im Erkenntnis B 1645/10 vom 28.02.2011 als verfassungskonforme Erscheinung der Österreichischen Rechtsordnung bestätigen zu können glaubt, genau so wie das zivile Volleigentum gem § 354 ABGB, der Rechtsvernichtung durch Ersitzung unterworfen werden, anderenfalls ein (weiterer) Strukturbruch in der Österreichischen Rechtsordnung droht? Wenn Nein, warum nicht?
26. Erlaubt der Gleichheitssatz die Anerkennung eines Verfügungseigentums der öffentlichen Hand (der politischen Ortsgemeinde) an landwirtschaftlich genutztem Grund und Boden, welches gegen Ersitzung durch den redlichen Besitzer stärker ausgestaltet ist, als das zivile Volleigentum[45]? Wenn Ja, warum?
27. Gebietet bereits die bis 2006 noch in Geltung stehende Bestimmung des § 360 2. Satz ABGB, den zivilen Eigentümer im Verhältnis zur „substanzberechtigten Ortsgemeinde“ als „Substanzbesitzer“ anzuerkennen, der redlich „Substanzrecht“ ersitzt und ersessen hat - jedenfalls dann, wenn die Ersitzungszeit bei Inkrafttreten des Deregulierungsgesetzes 2006[46] bereits vollendet war[47]? Wenn Nein, warum nicht?
28. Kann das Verfügungseigentum „Substanzrecht“ als Hoheitsrecht im Sinn des § 1456 ABGB interpretiert werden, weshalb Rechtsvernichtung durch Ersitzung ausgeschlossen ist? Wenn ja, warum?
29. Verlangen die Regelungen der §§ 1455 iVm 1457 ABGB kraft Analogieschluss, dass das Verfügungseigentum der Ortsgemeinde, das „Substanzrecht“, der Rechtsvernichtung durch Ersitzung von Seiten des redlichen Eigentümers unterworfen wird? Wenn Nein, warum nicht?
30. Hat der Verfassungsgerichtshof im Erkenntnis VfSlg 18.446/2008 die Rechtsfolgen der „atypischen Gemeindegutsregulierung“ ausschließlich als Anteilsrecht an der Agrargemeinschaft konstruiert[48]? Wenn Nein, warum nicht?
31. Hat der Verfassungsgerichtshof im Erkenntnis VfSlg 18.446/2008 Anhaltspunkte dafür gegeben, wann kraft „Eigentumsregulierung“ ein Anteilsrecht der politischen Ortsgemeinde an der juristischen Person Agrargemeinschaft entstehen soll[49]? Wenn Nein, warum nicht?
32. Hat der Verfassungsgerichtshof im Erkenntnis VfSlg 18.446/2008 Anhaltspunkte dafür gegeben, bei welchen Sachverhalten die „Eigentumsregulierung“ gerade nicht zu einem Anteilsrecht der Ortsgemeinde führt[50]? Wenn Nein, warum nicht?
33. Bringt der Verfassungsgerichtshof im Erkenntnis VfSlg 18.446/2008 zum Ausdruck, dass ein fehlender walzender Anteil der Ortsgemeinde eine „reine Agrargemeinschaft“ (ohne Substanzrecht der Ortsgemeinde) entstehen lässt[51]? Wenn Nein, warum nicht?
34. Hat der Verfassungsgerichtshof im Erkenntnis B 1645/10 vom 28.02.2011 bestätigt, dass eine erweisliche Absicht, aus Gemeindegut eine „reine Agrargemeinschaft“ zu „machen“, zur Vernichtung des Substanzrechts der Ortsgemeinde führte? Wenn Nein, warum nicht?
35. Wurde dieser Grundsatz bereits im Erkenntnis VfSlg 19.018/2010 durchbrochen, weil eine bloße Beurteilung des Regulierungsgebietes als „Gemeindegut“ (obwohl bescheidmäßig kein Anteilsrechts zuerkannt war) für ausreichend erachtet wurde, um Substanzrecht der Ortsgemeinde (ohne Prüfung eines Eigentumstitels der Ortsgemeinde, nur aufgrund „Gemeindegut“) hervorzubringen? Wenn Nein, warum nicht?
36. Hat der Verfassungsgerichtshof somit bereits im Erkenntnis VfSlg 19.018/2010 den im Erk VfSlg 18.446/2008 präpositiv vorausgesetzten Grundsatz, dass die Agrarbehörde (wenn auch „rechtswidrig“, jedoch kraft Rechtskraftwirkung) aus „Gemeindegut“ reine Agrargemeinschaften schaffen könne, wieder aufgegeben? Wenn Nein, warum nicht?
37. Gilt im Österreichischen Sonderprivatrecht für die ländliche Bodenordnung ein „fundamentales Rechtsprinzip“ im Sinne von „Einmal Gemeindegut, immer Gemeindegut?“ Wenn Ja, warum?
38. Hat der Tiroler Landesgesetzgeber mit TFLG-Novelle 2010 Tiroler LGBl 7/2010 die vom Verfassungsgerichtshof im Erkenntnis VfSlg 18.446/2008 als Anteilsrecht gedachte Rechtsposition einer Ortsgemeinde nach „verfassungswidriger Eigentumsregulierung“ überschießend einerseits als Anteilsrecht an der juristischen Person[52] und andererseits als Verfügungseigentum über Gemeindegut[53] konstruiert? Wenn nein, warum nicht?
39. Ist ein Landesgesetzgeber berechtigt bei Materien gem Art 12 Abs 1 Z 3 B-VG sich über ausdrückliche Regelungen im Bundes-Grundsatzgesetz hinweg zu setzen? Wenn ja, warum?
40. Ist konkret der Tiroler Landesgesetzgeber berechtigt, die Anteilsrechte an einer Agrargemeinschaft im Landes-Ausführungsgesetz entgegen der bundesgesetzlichen Vorgabe in §§ 22 und 23 Flurverfassungs-Grundsatzgesetz 1951 zu regeln? Wenn ja, warum?
41. Hat der Tiroler Landesgesetzgeber mit TFLG-Novelle 2010 LGBl 7/2010 ein Anteilsrecht der Ortsgemeinde an Agrargemeinschaften geregelt, welches den gem §§ 22 und 23 im Grundsatzgesetz festgeschriebenen Grundsätzen[54] vollkommen widerspricht? Wenn Nein, warum nicht?
42. Hat der Tiroler Landesgesetzgeber eine Kompetenz Regelungen auf dem Gebiet des Zivilrechts – außerhalb der Kompetenz gem Art 15 Abs 9 B-VG – zu erlassen?
43. War der Tiroler Landesgesetzgeber befugt, für das Sonderprivatrecht der ländlichen Bodenordnung Verfügungseigentum (Substanzrecht) zu schaffen[55] und diese Rechtsposition dem zivilen Eigentümer, der auf eine Nutzungsberechtigung[56] reduziert wurde, entgegen zu setzen („Eigentumsspaltung“!)? Wenn Ja, warum?
44. Wäre es Aufgabe der Bundesministerin für Justiz gewesen, im Herbst 2009 im Zuge des Gesetzgebungsverfahrens zur TFLG-Novelle 2010 darauf zu dringen, dass ein möglicher Weise politisch und dogmatisch überforderter Tiroler Landesgesetzgeber in der Funktion eines Ausführungsgesetzgebers gem Art 12 Abs 1 Z 3 B-VG gerade nicht im Alleingang auf Grundsatzerkenntnisse des Verfassungsgerichtshofs reagieren soll? Wenn Nein, warum nicht?
45. Wäre es Aufgabe der Bundesministerin für Justiz gewesen, im Herbst 2009 im Zuge des Gesetzgebungsverfahrens zur TFLG-Novelle 2010 darauf zu dringen, dass es nicht Aufgabe eines Landes-Ausführungsgesetzgebers ist, Grundsatzerkenntnisse des Verfassungsgerichtshofs umzusetzen, sondern dass der Landes-Ausführungsgesetzgeber das Bundes-Grundsatzgesetz umzusetzen hat? Wenn Nein, warum nicht?
46. Wäre es Aufgabe der Bundesministerin für Justiz gewesen, wegen der politische Situation in Tirol, die politische Reaktionen auf das VfGH-Erkenntnis Slg 18.446/2008 forderte, Leitungskompetenz zu übernehmen und im Sinn von Einheit und Systematik der Rechtsordnung einen strukturierten Denk- und Entwicklungsprozess auf der Ebene des Bundes-Grundsatzgesetzgebers einzuleiten? Wenn Nein, warum nicht?
47. Wäre ein Denk- und Entwicklungsprozess auf der Ebene des Bundes-Grundsatzgesetzgebers in Materien gem Art 12 Abs 1 B-VG gerade im Fall des Flurverfassungsrechts geboten, weil diese Rechtsmaterie Sachenrecht, Unternehmensrecht (letzteres auf der Ebene von juristischen Personen), Umgründungsrecht und Vertragsrecht auf der Ebene von behördlich genehmigungspflichtigen „Parteienübereinkommen“ mit öffentlichem Recht in einem Verfahren verbindet, in welchem inhaltlich zusammenhängende Bescheide strukturiert aufeinander aufbauen - weil es sich somit um eine hochkomplexe Rechtsmaterie handelt? Wenn Nein, warum nicht?
48. Wäre es Aufgabe der Bundesministerin für Justiz gewesen, im Herbst 2009 im Zuge des Gesetzgebungsverfahrens zur TFLG-Novelle 2010 darauf zu dringen, dass der Bundes-Grundsatzgesetzgeber auf das Erkenntnis VfSlg 18.446/2008 und mit (mit knapp 30jähriger Verspätung) auf das Erkenntnis VfSlg 9336/1982 reagiert, das Flurverfassungs-Grundsatzgesetz 1951 „nach VfSlg 9336/1982“ saniert und dass erst anschließend die Landesgesetzgeber mit entsprechenden Gesetzesnovellen folgen? Wenn Nein, warum nicht?
49. Hat das Amt der Tiroler Landesregierung mit Erledigung vom 15. Oktober 2009 den Entwurf einer Novelle zum Tiroler Flurverfassungs-Landesgesetz an das Bundeskanzleramt-Verfassungsdienst übermittelt und wurde dieser Entwurf auch an das Justizministerium zur Stellungnahme übermittelt? Wenn Nein, warum Nicht?
50. Hat das Justizministerium sich mit einer Stellungnahme in den Gesetzgebungsprozess eingeschaltet? Wenn Nein, warum nicht?
51. Haben die zuständigen Mitarbeiter des Ministeriums, namentlich hat SC Hon.-Prof. Dr. Georg Kathrein, Leiter der Zivilrechtssektion des Bundesministeriums für Justiz, oder OStA. Dr. Johannes Stabentheiner, Leiter der Abteilung I/2 Sachen- Schuld u. Wohnrecht des Bundesministeriums für Justiz, oder ein anderer Mitarbeiter des Ministeriums Bedenken aus zivilrechtlicher Sicht gegen § 33 Abs 5 TFLG des Novellen-Entwurfs[57] erhoben? Wenn Nein, warum nicht? Wenn Ja, welche? Wenn Ja, warum sind diese Bedenken nicht in die „einvernehmliche Stellungnahme“ des Landwirtschaftsministeriums und des Bundeskanzleramtes-Verfassungsdienst vom 02.11.2009 Zl BMLFWU-LE.4.1.7/0025-I/4/2009, gerichtet an das Amt der Tiroler Landesregierung oder in die „einvernehmliche Stellungnahme“ des Landwirtschaftsministeriums und des Bundeskanzleramtes-Verfassungsdienst vom 18.11.2009 BMLFWU-LE.4.1.7/0032-I/4/2009, gerichtet an das Amt der Tiroler Landesregierung, Verfassungsdienst, eingeflossen?
52. Erweist sich die „Enthaltsamkeit“ des Justizministeriums in der Abgelegenheit „Reaktion des Gesetzgebers auf das Erkenntnis VfSlg 18.446/2008“ rückblickend als der Rechtssicherheit speziell im Österreichischen Liegenschaftsrecht abträglich? Wenn Nein, warum?
53. Kann die Justizministerin garantieren, dass das mit den Erkenntnissen VfSlg 9336/1982, 18.446/2008, 19.018/09 und B 1645/10 vom 28.02.2011 entwickelte Substanzrecht der Ortsgemeinde von den Höchstgerichten nicht auch in das „Sondereigentum der Teilgenossen“, dh in das geteilte Eigentum (heute als Einzeleigentum im Grundbuch aufgrund agrarbehördlichen Teilungsbescheides verbüchert), „implementiert“ wird? Wenn Ja, warum? Wenn Nein, warum nicht?
54. Kann die Justizministerin konkret den „Teilgenossen von Münster“/Tirol garantieren, dass jenes „Sondereigentum“, welches aus der Aufteilung von Gemeindegut durch rechtskräftigen Agrarbehördenbescheid hervorgegangen ist und im Grundbuch als Einzeleigentum verbüchert ist, auch „morgen“ vor dem „Substanzrecht“ der Ortsgemeinde sicher ist? Wenn Nein, warum nicht?
55. Kann die Justizministerin den am Tiroler Markt tätigen Geschäftsbanken garantieren, dass die Tiroler Liegenschaften im Einzeleigentum noch als Sicherheit für Kreditgeschäfte tauglich sind oder müssen die Geschäftsbanken am Tiroler Markt befürchten, dass diese Liegenschaften ebenfalls mit Substanzrecht der Ortsgemeinde belastet sind? Wenn Nein, warum nicht?
56. Erlischt das Substanzrecht der Ortsgemeinde jedenfalls in der gerichtlichen Versteigerung oder muss auch der Erwerber im Versteigerungsverfahren damit rechnen, dass die Ortsgemeinde in alle Zukunft den Substanzwert aus dem Eigentum absaugt (dies nach dem Grundsatz „Einmal Gemeindegut, immer Gemeindegut!“)? Wenn Ja, warum? Wenn Nein, warum nicht?
57. Muss die Bundesministerin für Justiz eingestehen, dass die vorstehenden angesprochenen Garantien für Rechtssicherheit im Sonderprivatrecht der ländlichen Bodenordnung deshalb nicht abgegeben werden können, weil aktuell der Verfassungsgerichtshof die Funktion des Grundsatzgesetzgebers gem Art 12 Abs 1 Z 3 B-VG in der untauglichen Form des „case-law“ wahrnimmt? Wenn nein, warum nicht?
58. Entspricht eine Rechtsfortbildung in Form von „case-law“ der Höchstgerichte dem mitteleuropäischen Verständnis von Rechtssicherheit speziell im Sachenrecht, insbesondere im Liegenschaftsrecht? Wenn ja, warum?
59. Wird sich die Bundesministerin für Justiz dafür einsetzen, dass der Bundesgrundsatz-Gesetzgeber seine Pflichten als Garant von Rechtssicherheit im Sonderprivatrecht der ländlichen Bodenordnung wieder wahrnimmt? Wenn Nein, warum nicht?
60. Muss eine Initiative des Bundesgrundsatz-Gesetzgebers zur Sanierung der entstandenen Wirrnisse im Sonderprivatrecht der ländlichen Bodenordnung in Anbetracht der Implikation von Sachenrecht im Allgemeinen, von Eigentum als Institution im Speziellen, von Grundsätzen über den Eigentumserwerb durch Okkupation und Ersitzung infolge Jahrhunderte langer Gemeinschaftsnutzung, von den Rechtsfolgen der Auflösung des grundherrschaftlichen Obereigentums, von Grundsätzen über den Eigentumserwerb durch die moderne politische Ortsgemeinde aus Anlass ihrer Einrichtung aufgrund des RGG 1862, des Rechts der juristischen Person (der Agrargemeinschaft), des Rechts der Vorgründungsgesellschaft („Regulierungsausschuss“ im Regulierungsverfahren), von Umgründungsrecht (körperschaftliche Einrichtung einer Agrargemeinschaft) usw – dies alles vollzogen mit den Instrumenten des öffentlichen Rechts, notwendig vom Bundesministerium für Justiz ausgehen? Wenn Nein, warum nicht?
61. Wäre der zu 1717/A XXIV GP der Beilagen zu den sten Prot NR registierte Initiativantrag der Abgeordneten Huber, Mag. Stadler und Kolleginnen und Kollegen eine geeignete Grundlage für eine vom Bundesministerium für Justiz initierte Regierungsvorlage? Wenn nein, warum nicht?
62. Wäre Abteilungsleiter OStA. Dr. Johannes Stabentheiner, Leiter der Abteilung I/2 Sachen- Schuld u. Wohnrecht des Bundesministeriums für Justiz, der geeignete Abteilungsleiter, dem die dogmatische Durchdringung der zugegebenermaßen exotischen Materie des Teilungs- und Regulierungsrechts gem Flurverfassung und die kurzfristige Erstellung einer so komplexen Regierungsvorlage zuzutrauen ist? Wenn nein, warum nicht? (Auf die verdienstvolle Bearbeitung der für die „Sanierung des Flurverfassungsrechts nach VfSlg 9336/1982“ unmittelbar einschlägigen §§ 285 bis 288 ABGB im „Klang-Kommentar zum ABGB, 3. Auflage, durch Abteilungsleiter OStA. Dr. Johannes Stabentheiner, wird ausdrücklich hingewiesen).
63. Hat man im Justizministerium bereits vor dem Erkenntnis VfSlg 18.446/2008 erkannt, dass ausgehend vom Erkenntnis VfSlg 9336/1982 die Gefahr droht, dass seit Jahrzehnten rechtskräftig mit urteilsgleicher Wirkung (§ 14 Agrarverfahrensgesetz) als Eigentum einer Agrargemeinschaft festgestellte Liegenschaften als „Substanzwert“ der Ortsgemeinde definiert werden könnten? Wenn Nein, warum nicht?
64. Hat man im Justizministerium erkannt, dass ausgehend vom Erkenntnis VfSlg 9336/1982 die Gefahr droht, dass seit Jahrzehnten rechtskräftig mit urteilsgleicher Wirkung (§ 14 Agrarverfahrensgesetz) als Sondereigentum der Teilgenossen festgestellte Vermögenswerte als „Substanzwert“ der Ortsgemeinde definiert werden könnten? Wenn Nein, warum nicht?
65. Hat man im Justizministerium erkannt, dass im Einleitungsbeschluss zum Gesetzesprüfungsverfahren VfSlg 9336/1982 das politische Gemeinderecht (Reichsgemeindegesetz 1862 und die Ausführungsgesetze von 1863 bis 1866 dazu) als Eigentumstitel zu Gunsten der öffentlichen Hand interpretiert wurde[58]? Wenn Nein, warum nicht?
66. Vermittelte das politische Gemeinderecht der Jahre 1862 und folgend einen Rechtstitel, kraft dessen privater Gemeinschaftsbesitz zu Gunsten der politischen Ortsgemeinde ex lege entschädigungslos zu Gunsten der Ortsgemeinde enteignet wurde[59]? Wenn Ja, mit welcher Gesetzesbestimmung?
67. Wäre ein ex lege Übergang des Eigentums der „Realgemeinde“ auf die „neue Gemeinde“, wie dies im Einleitungsbeschluss zum Erk VfSlg 9336/1982 vom Verfassungsgerichtshof vorausgesetzt wurde[60], schon im Kaiserthum Österreich als offenkundig rechtswidrige, entschädigungslosen Enteignung verpönt gewesen[61]?
68. Wenn das Eigentum der „Realgemeinde“ – entgegen der Rechtsauffassung im Einleitungsbeschluss zu VfSlg 9336/1982 – gerade nicht auf die „neue“ Ortsgemeinde übergegangen ist, entfällt dann die konkrete Grundlage, welche das seinerzeitige Gesetzesprüfungsverfahren VfSlg 9336/1982 rechtfertigte? Wenn Nein, warum nicht?
69. Wurde im Einleitungsbeschluss zum Erkenntnis VfSlg 9336/1982 damit argumentiert, dass die jeweilige Ortsgemeinde einen konkreten Eigentumstitel besitzen würde, kraft dessen das „Gemeindegut in agrargemeinschaftlicher Nutzung“ zivilrechtliches Eigentum der jeweiligen Ortsgemeinde sei, weil im Zuge der Errichtung der heutigen Ortsgemeinden auf der Grundlage des Reichsgemeindegesetzes 1862 das Eigentum der (alten) „Realgemeinden“ (= der historischen Wirtschaftsgenossenschaften) ex lege auf die neue politische Ortsgemeinde übergegangen wäre? Wenn Nein, warum nicht?
70. Ist diese Rechtsauffassung, wonach das politische Gemeinderecht (RGG 1862 und Ausführungsgesetze dazu) der jeweiligen heutigen Ortsgemeinde einen Eigentumstitel verschafft hätte, im Gedankenduktus des Erkenntnisses VfSlg 9336/1982 selbst, weiterverfolgt worden oder nicht[62]? Wenn Ja, warum?
71. Wurde in der Begründung des eigentlichen Erkenntnis VfSlg 9336/1982 das „Gemeindegut in agrargemeinschaftlicher Nutzung“ rein abstrakt als Eigentum der Ortsgemeinde erklärt[63] und zwar ohne jeden Bezug auf konkrete Eigentumsverhältnisse innerhalb einer konkreten Ortsgemeinde[64]? Wenn Nein, warum nicht?
72. Wurde diese rein abstrakte Definition des „Gemeindegutes in agrargemeinschaftlicher Nutzung“ als Eigentum der Ortsgemeinde dadurch erzeugt, dass im ersten Schritt das „Gemeindegut in agrargemeinschaftlicher Nutzung“ rein abstrakt als „Gemeindegut im Sinn der Gemeindeordnungen“ definiert wurde und im zweiten Schritt rein abstrakt begründet wurde, dass „Gemeindegut im Sinn der Gemeindeordnungen“ nur als Eigentum der Ortsgemeinden verstanden werden könne? Wenn Nein, warum nicht?
73. Wurde im Erkenntnis VfSlg 9336/1982 auf den Umstand Rücksicht genommen, dass das Gemeindegut nur historisch im umfassenden Sinn einheitlich in jenen Gemeindeordnungen der Länder geregelt war, die in Ausführung des Reichsgemeindegesetzes RGBl 1862/18 – nach einem einheitlichen zentralen Mustergesetz – in den Jahren 1864 bis 1866 erlassen wurden[65]?
74. Wurde im Erkenntnis VfSlg 9336/1982 auf den Umstand Rücksicht genommen, dass aus diesem umfassenden Regelungsbereich „Gemeindegut“ durch das TRRG 1883 eine sachlich klar begrenzte Verwaltungsmaterie herausgelöst wurde, die einer besonderen Verwaltungsorganisation mit richterlichem Einschlag – den Agrarbehörden – vorbehalten sein sollte? Wenn Ja, inwiefern?
75. Wurde diese 1883 aus dem umfassenden Regelungsbereich „Gemeindegut“ heraus gelöste schwerpunktmäßig reformatorische Verwaltungsaufgabe später unter dem Begriff „agrarische Operationen“ (Bodenreform) zusammengefasst? Wenn Nein, warum nicht?
76. Wurde im Erkenntnis VfSlg 9336/1982 auf den Umstand Rücksicht genommen, dass die Materie „agrarische Operationen“ (Bodenreform) der Bundeskompetenz „Bodenreform“ gem Art 12 Abs 1 Z 3 B-VG unterliegt? Wenn Ja, inwiefern?
[1] VfSlg 18.446/2008, Pkt B II. 3. Abs 2. (Seite 19 des Originalerkenntnisses) „Die rechtskräftig gewordene Eigentumsübertragung hat jedoch nur das Eigentum auf die Agrargemeinschaft übertragen, an der Eigenschaft des Gemeindeguts nichts verändern können und wollen und daher auch nichts verändert.“
[2] Die Rechtsposition „Substanzwertanspruch der Ortsgemeinde“ wird im Nachfolgeerkenntnis B 1645/10 28.02.2011, Pkt III. 2.2.2.5. als Eigentum im verfassungsrechtlichen Sinn definiert: „Dieser Anspruch der Gemeinde auf den Substanzwert des Gemeindegutes stellt aber gleichermaßen eine durch die Eigentumsgarantie geschützte Rechtsposition dar, die auch das subjektive Recht der umfassenden Dispositionsbefugnis über alle vom Eigentumsschutz erfassten Rechte gewährleistet (…). Es ist daher verfassungsrechtlich geboten, den Anspruch der Gemeinde auf den Substanzwert des Gemeindegutes - hier im Wege der Einräumung von Zustimmungs- und Einwirkungsrechten - zu wahren, weil ansonsten der Gemeinde die Ausübung ihrer Eigentümerbefugnisse verfassungswidrig vorenthalten werden würde (vgl. VfSlg. 18.446/2008).“
[3] Landesagrarsenat Tirol vom 27.1.2011 LAS – 1059/8-10 (AGM Huben); LAS Tirol vom 6.10.2011 Zl LAS -1018/8-10 (AGM Wängle).
[4] VfSlg 18.446/2008, Pkt B II. 3. Abs 2. (Seite 19 des Originalerkenntnisses).
[5] Landesagrarsenat Tirol vom 27.1.2011 LAS – 1059/8-10 (AGM Huben); LAS Tirol vom 6.10.2011 Zl LAS -1018/8-10 (AGM Wängle).
[6] Josef Kühne, Zu Agrargemeinschaften in Vorarlberg, in: Die Agrargemeinschaften in Westösterreich (im Druck) 351.
[7] Bescheid der Tiroler Agrarbehörde I. Instanz vom 09.11.2006, AgrB-R741/362-2006, wörtlich zitiert nach VfSlg 18.446/2008, Seite 5 des Originalerkenntnisses: „Die Zuordnung des Eigentums am Gemeindegut an die Agrargemeinschaft als Regulierungsmaßnahme … erfolgte ohnehin als nudum jus, als nacktes Recht, weil …“. Ein solcher Bescheid der Tiroler Agrarbehörde, mit welchem Sondereigentum der Teilgenossen mit dem Substanzwertanspruch der Ortsgemeinde belegt wird, könnte analog wie folgt begründet werden: „Die Zuordnung des Eigentums am Gemeindegut an die einzelnen Teilgenossen als Teilungsmaßnahme erfolgte ohnehin als nudum jus, als nacktes Recht, weil die Tiroler Bauern nie Eigentum an Grund und Boden besessen haben.“
[8] Vgl VfSlg 18.446/2008, Pkt B II. 3. Abs 2. (Seite 19 des Originalerkenntnisses) „Die rechtskräftig gewordene Eigentumsübertragung hat jedoch nur das Eigentum auf die Agrargemeinschaft übertragen, an der Eigenschaft des Gemeindeguts nichts verändern können und wollen und daher auch nichts verändert.“
[9] VfGH B 1645/10 vom 28.02.2011, 2.2.3.7. „Dem Vorbringen der beschwerdeführenden Agrargemeinschaft, §36 Abs2 TFLG 1996 idF LGBl. 7/2010 sei wegen Widerspruchs zu Art7 StGG
verfassungswidrig, ist zu erwidern, dass diese Verfassungsvorschrift - sofern hier maßgeblich - nur ein Verbot enthält, Liegenschaften nach Art des geteilten Eigentums mit unablösbaren Leistungen zu belasten (Zellenberg, in: Korinek/Holoubek [Hrsg], Österreichisches Bundesverfassungsrecht III [Loseblatt 2000] Art7 StGG Rz 12). Derartiges ordnet §36 Abs2 TFLG 1996 idF LGBl. 7/2010 aber nicht an.“
[10] Insbesondere Erk B 1645/10 vom 28.02.2011 („Mieders III“).
[11]) Vgl „Unter der Bezeichnung „Bodenreform, insbesondere agrarische Operationen und Wiederbesiedelung“, Grundsatzmaterie Bund, Ausführungsgesetzgebung Länder und Vollziehung der Agrarbehörden gem Art 12 der Bundesverfassung, wird diese Materie als „Privatrecht ländlicher Bodenordnung“ geregelt.“ Josef Kühne, Zu Agrargemeinschaften in Vorarlberg, in: Die Agrargemeinschaften in Westösterreich, 351.
[12] VfSlg 18.446/2008, B II. 1. Abs 2. der Begründung: „Wenn die Agrarbehörden in den Sechziger Jahren also das Eigentum am Gemeindegut auf die Agrargemeinschaft übertragen haben, war das durch das Vorbild der echten Agrargemeinschaften vielleicht nahe gelegt, im Blick auf das Ergebnis aber offenkundig verfassungswidrig. Ist dieser Akt jedoch - wie hier - rechtskräftig geworden, ist Gemeindegut entstanden, das nun atypischerweise im gemeinsamen Eigentum der Gemeinde und der Nutzungsberechtigten steht und als Agrargemeinschaft organisiert ist (vgl. VfSlg. 17.779/2006).“ VfSlg 18.446/2008, Pkt II B Z 1 Abs 4 (Seite 16 des Originalerkenntnisses): „An sich sieht nämlich das Gesetz die Abänderung von Regulierungsplänen vor (§69 Abs1 TFLG). Die Beseitigung des Zwanges, das Ausmaß der Mitgliedschaft auch beim Gemeindegut ausschließlich an den Nutzungsrechten zu orientieren durch VfSlg. 9336/1982, erlaubt nunmehr die Berücksichtigung des Substanzwertes. Das ist auch verfassungsrechtlich geboten.“
[13] VfSlg 18.446/2008, Pkt II Z 1 der Begründung: „Gemeindegut steht im Eigentum der Gemeinde, wird aber von allen oder bestimmten Gemeindegliedern aufgrund alter Übung unmittelbar für land- und forstwirtschaftliche Zwecke zur Deckung des Haus- und Gutsbedarfes von Stammsitzliegenschaften genutzt. Der über die Summe der Nutzungsrechte hinausgehende Substanzwert des Gemeindegutes, der je nach Art der Nutzung möglicherweise freilich erst bei Eingriff in die Substanz oder bei Teilungen zutage tritt, steht daher der Gemeinde zu (vgl. VfSlg. 9336/1982). Die Befugnis der Agrarbehörden zur Regelung der rechtlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse am Gemeindegut (§36 Abs2 litd TFLG 1952, nunmehr §33 Abs2 litc TFLG 1996) hätte sich folglich auf die Regulierung der Ausübung der land- und forstwirtschaftlichen Nutzungsrechte beschränken müssen. Das ist im Hinblick auf die undifferenzierte Einbeziehung des Gemeindegutes in das System des Flurverfassungsrechtes nicht geschehen. Andererseits sah das Gesetz Eigentumsübertragungen als solche (abgesehen von Veräußerungen) nur im Zuge von Teilungen vor.“
[14] „Den Agrarbehörden obliegt es, die „rechtlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse an agrargemeinschaftlichen Grundstücken“ zu ordnen, indem die überkommene rechtmäßige gemeinschaftliche Nutzung sowie das Eigentum und die Anteilrechte an diesen Liegenschaften nach in „Übereinkommen“ vereinbartem oder „von amtswegen“ ermittelten Sachverhalt festgestellt werden. Eigentumsrechte an Gemeinschaftsgut können auf Grund vertraglicher Einigung im Übereinkommen in das Gemeindevermögen übertragen, von Amtswegen jedoch nur „festgestellt“ werden. Dabei ist der wirkliche Eigentümer zu ermitteln (Feststellungsentscheidung [!]); Zuständigkeit zu Enteignungen oder enteignungsgleichen Eingriffen kommen den Agrarbehörden im Regulierungsverfahren nicht zu. „Ob ein Grundstück ein Gemeindevermögen, ein Gemeindegut oder ein Gemeinschafts- bzw Gesamtvermögen einer Nutzungsgemeinschaft bilde, muß von Fall zu Fall beurteilt werden und lassen sich die beiden letzteren Eigentumskategorien nur sehr schwer voneinander unterscheiden.“ (Peyrer, Die Regelung der Grundeigenthums=Verhältnisse, 23)“ (Josef Kühne, Zu Agrargemeinschaften in Vorarlberg, in: Die Agrargemeinschaften in Westösterreich [im Druck] 352).
[15] VwGH 30.6.2011 Zl 2010/07/0091, Pkt 6.3.2. Abs 1: „Darauf, dass unter dem Gemeindegut im damals noch in Kraft stehenden § 15 Abs. 2 lit. d FGG und im damals geprüften § 31 Abs. 2 lit d Vorarlberger FLG (im Wesentlichen inhaltsgleich dem § 36 Abs. 2 lit d TFLG 1952) jene Erscheinung zu verstehen ist, die in den früheren Gemeindeordnungen im Rahmen des Reichsgemeindegesetzes 1862 und den nachfolgenden Gemeindegesetzen geregelt war (vgl. VfSlg. 384/1925 und VfSlg. 2308/1952) hat auch der Verfassungsgerichtshof in seinem Erkenntnis VfSlg 9.336/1982 ausdrücklich hingewiesen. Dies ergebe sich - so der Verfassungsgerichtshof - nicht nur aus dem durch die Gemeindeordnungen geprägten Ausdruck "Gemeindegut", sondern auch aus dem Hinweis auf die Bestimmungen der Gemeindeordnungen im Grundsatzgesetz. […] Das Gemeindegut im Sinne der Gemeindeordnungen sei aber nicht nur formell der Gemeinde zugeordnet, sondern auch in materieller Hinsicht Eigentum der Gemeinde und nur insofern beschränkt, als es mit bestimmten öffentlich-rechtlichen Nutzungsrechten einiger oder aller Gemeindemitglieder belastet sei, sodass die Substanz und also auch der Substanzwert und ein allfälliger Überschuss der Nutzungen der Gemeinde als solcher zugeordnet bleiben.“
[16] Raschauer, Rechtskraft und agrarische Operation nach TFLG, in: Die Agrargemeinschaften in Tirol, 273: „[…] wenn man berücksichtigt, dass der flurverfassungsrechtliche Begriff des Gemeindeguts nicht gleichbedeutend ist mit dem gemeinderechtlichen Begriff des Gemeindeguts und dass Bescheide aus der zum Zeitpunkt ihrer Erlassung maßgeblichen Rechtslage heraus zu interpretieren sind. Der gemeinderechtliche Begriff des Gemeindeguts hat, wie erläutert, das Eigentum der politischen Gemeinde zur Voraussetzung; das Flurverfassungsrecht regelt dagegen in erster Linie kollektive Nutzungsformen. Das TFLG 1935 und das TFLG 1952 unterschieden – wie allein der jeweilige § 36 zeigt – im Hinblick auf Gemeinden zwischen `Besitz´ und grundbücherlicher Zuschreibung (Eigentum).“
[17] Öhlinger, Das Gemeindegut in der Judikatur des VfGH, in: Kohl/Oberhofer/Pernthaler [Hrsg], Die Agrargemeinschaften in Tirol [2010] 223 [238]: „Es würde jeder juristischen Sorgfalt und Genauigkeit widersprechen, den historischen Bescheiden der Tiroler Agrarbehörden, die vor der Veröffentlichung des Erkenntnisses des VfGH Slg 9336/1982 erlassen wurden, einen Inhalt zu unterstellen, der vom damals geltenden Flurverfassungsrecht nicht gedeckt ist.“
[18] B 1645/10 28.02.2011, Pkt III. 2.2.2.5. „Dieser Anspruch der Gemeinde auf den Substanzwert des Gemeindegutes stellt aber gleichermaßen eine durch die Eigentumsgarantie geschützte Rechtsposition dar, die auch das subjektive Recht der umfassenden Dispositionsbefugnis über alle vom Eigentumsschutz erfassten Rechte gewährleistet (…). Es ist daher verfassungsrechtlich geboten, den Anspruch der Gemeinde auf den Substanzwert des Gemeindegutes - hier im Wege der Einräumung von Zustimmungs- und Einwirkungsrechten - zu wahren, weil ansonsten der Gemeinde die Ausübung ihrer Eigentümerbefugnisse verfassungswidrig vorenthalten werden würde (vgl. VfSlg. 18.446/2008).“
[19] VWGH 30.6.2011 Zl 2010/07/0091, Pkt 4. Abs 5. „Wie die belangte Behörde zutreffend festhielt, können Anteilsrechte an einer Agrargemeinschaft aber auch im Falle ihrer Nichtausübung nicht verjähren (vgl. dazu die auch von der belangten Behörde zitierten hg. Erkenntnisse vom 24. Juli 2008, 2007/07/0100, und vom 21. Oktober 2004, 2003/07/0107). Eine Verjährung der Anteilsrechte der Gemeinde bzw. eine Ersitzung der Agrargemeinschaft im Umfang des Rechtes an der Substanznutzung kommt daher nicht in Frage.“
[20] Vgl VfSlg 18.446/2008, Pkt II B Z 2 Abs 4 (Seite 17 f des Originalerkenntnisses): „Das Problem dieses Verfahrens ist vielmehr ausschließlich die im Gesetz nirgends näher bedachte Rechtslage, die durch die Feststellung des Eigentums einer Agrargemeinschaft am Gemeindegut geschaffen wurde. Das für das Gemeindegut wesentliche Substanzrecht der Gemeinde muss hier - entgegen dem ursprünglichen (gemeinderechtlichen) Konzept des Gemeindegutes, das sie als Eigentümerin vorsieht, - als (möglicherweise im Ausmaß wechselnder) Anteil an der Agrargemeinschaft zur Geltung gebracht werden können.“
[21] VwGH 2010/07/0091 vom 30.6.2011: „Der über die Summe der Nutzungsrechte hinausgehende Substanzwert des Gemeindegutes steht der Gemeinde zu und muss das Substanzrecht der Gemeinde als Anteil an der Agrargemeinschaft zur Geltung gebracht werden können" (vgl. E VfGH 5. März 2010, B 984/09, B 997/09).“
[22] B 1645/10 28.02.2011, Pkt III. 2.2.2.5. „Dieser Anspruch der Gemeinde auf den Substanzwert des Gemeindegutes stellt aber gleichermaßen eine durch die Eigentumsgarantie geschützte Rechtsposition dar, die auch das subjektive Recht der umfassenden Dispositionsbefugnis über alle vom Eigentumsschutz erfassten Rechte gewährleistet (…). Es ist daher verfassungsrechtlich geboten, den Anspruch der Gemeinde auf den Substanzwert des Gemeindegutes - hier im Wege der Einräumung von Zustimmungs- und Einwirkungsrechten - zu wahren, weil ansonsten der Gemeinde die Ausübung ihrer Eigentümerbefugnisse verfassungswidrig vorenthalten werden würde (vgl. VfSlg. 18.446/2008).“
[23] Vgl Harry Westermann, Zulässigkeit und Folgen einer Aufspaltung des Bodeneigentums in Verfügungs- und Nutzungseigentum (1974); Fritz Baur, Möglichkeiten und Grenzen des Zivilrechts bei der Gewährleistung Öffentlicher und sozialer Erfordernisse im Bodenrecht, AcP 1976, 97 ff; Peter Badura, Möglichkeiten und Grenzen des Zivilrechts bei der Gewährleistung Öffentlicher und sozialer Erfordernisse im Bodenrecht, AcP 1976, 120 ff.
[24] B 1645/10 28.02.2011, Pkt III. 2.2.2.5. „Dieser Anspruch der Gemeinde auf den Substanzwert des Gemeindegutes stellt aber gleichermaßen eine durch die Eigentumsgarantie geschützte Rechtsposition dar, die auch das subjektive Recht der umfassenden Dispositionsbefugnis über alle vom Eigentumsschutz erfassten Rechte gewährleistet (…). Es ist daher verfassungsrechtlich geboten, den Anspruch der Gemeinde auf den Substanzwert des Gemeindegutes - hier im Wege der Einräumung von Zustimmungs- und Einwirkungsrechten - zu wahren, weil ansonsten der Gemeinde die Ausübung ihrer Eigentümerbefugnisse verfassungswidrig vorenthalten werden würde (vgl. VfSlg. 18.446/2008).“
[25] B 1645/10 28.02.2011, Pkt III. 2.2.2.5. „Dieser Anspruch der Gemeinde auf den Substanzwert des Gemeindegutes stellt aber gleichermaßen eine durch die Eigentumsgarantie geschützte Rechtsposition dar, die auch das subjektive Recht der umfassenden Dispositionsbefugnis über alle vom Eigentumsschutz erfassten Rechte gewährleistet (…). Es ist daher verfassungsrechtlich geboten, den Anspruch der Gemeinde auf den Substanzwert des Gemeindegutes - hier im Wege der Einräumung von Zustimmungs- und Einwirkungsrechten - zu wahren, weil ansonsten der Gemeinde die Ausübung ihrer Eigentümerbefugnisse verfassungswidrig vorenthalten werden würde (vgl. VfSlg. 18.446/2008).“
[26] B 1645/10 28.02.2011, Pkt III. 2.2.2.4. „Auch gegen die Regelungen, denen zufolge substanzwertrelevante Organbeschlüsse nur mit Zustimmung der Gemeinde gefasst werden können (Satz 2), hegt der Verfassungsgerichtshof keine Bedenken mit Blick auf das Sachlichkeitsgebot. Die beschwerdeführende Agrargemeinschaft vernachlässigt in ihrer gegenteiligen Argumentation den Umstand, dass der Substanzwert ausschließlich der Gemeinde zusteht (vgl. bereits VfSlg. 18.446/2008). Die übrigen Mitglieder der Agrargemeinschaft verfügen demgegenüber in Ansehung des Substanzwerts über keinerlei Rechte. Die Einräumung eines Zustimmungsrechts der Gemeinde ist daher sachlich gerechtfertigt.“ – Von Eigentum gem § 354 ABGB kann keinesfalls mehr gesprochen werden!
[27] B 1645/10 vom 28.02.2011, Pkt 2.2.2.5. der Begründung: „Dieser Anspruch der Gemeinde auf den Substanzwert des Gemeindegutes stellt aber gleichermaßen eine durch die Eigentumsgarantie geschützte Rechtsposition dar, die auch das subjektive Recht der umfassenden Dispositionsbefugnis über alle vom Eigentumsschutz erfassten Rechte gewährleistet (Korinek, in: Korinek/Holoubek [Hrsg], Österreichisches Bundesverfassungsrecht III [Loseblatt 2002] Art5 StGG Rz 26 aE; vgl. auch EGMR 24.6.1993, Fall Papamichalopoulos, Appl. 14.556/89, Z39 ff.). Es ist daher verfassungsrechtlich geboten, den Anspruch der Gemeinde auf den Substanzwert des Gemeindegutes - hier im Wege der Einräumung von Zustimmungs- und Einwirkungsrechten - zu wahren, weil ansonsten der Gemeinde die Ausübung ihrer Eigentümerbefugnisse verfassungswidrig vorenthalten werden würde (vgl. VfSlg. 18.446/2008).“
[28] VfSlg 18.446/2008, Pkt B II. 3. Abs 2. (Seite 19 des Originalerkenntnisses) „Die rechtskräftig gewordene Eigentumsübertragung hat jedoch nur das Eigentum auf die Agrargemeinschaft übertragen, an der Eigenschaft des Gemeindeguts nichts verändern können und wollen und daher auch nichts verändert.“
[29] Entsprechend einer Meldung der Tiroler Tageszeitung vom 4.10.2011 ortet der Landtagsabgeordnete Toni Frisch (FP) in Münster den „größten Agrarskandal im Land“.
[30] Grundlegend zu dieser Unterscheidung: Harry Westermann, Zulässigkeit und Folgen einer Aufspaltung des Bodeneigentums in Verfügungs- und Nutzungseigentum (1974); Fritz Baur, Möglichkeiten und Grenzen des Zivilrechts bei der Gewährleistung Öffentlicher und sozialer Erfordernisse im Bodenrecht, AcP 1976, 97 ff; Peter Badura, Möglichkeiten und Grenzen des Zivilrechts bei der Gewährleistung Öffentlicher und sozialer Erfordernisse im Bodenrecht, AcP 1976, 120 ff.
[31] Bundesgesetz vom 24. Juli 2006 BGBl 2006/113 (Deregulierungsgesetz 2006).
[32] Vgl VfGH B 1645/10 28.02.2011, Pkt III. 2.2.2.5. „Dieser Anspruch der Gemeinde auf den Substanzwert des Gemeindegutes stellt aber gleichermaßen eine durch die Eigentumsgarantie geschützte Rechtsposition dar, die auch das subjektive Recht der umfassenden Dispositionsbefugnis über alle vom Eigentumsschutz erfassten Rechte gewährleistet (…). Es ist daher verfassungsrechtlich geboten, den Anspruch der Gemeinde auf den Substanzwert des Gemeindegutes - hier im Wege der Einräumung von Zustimmungs- und Einwirkungsrechten - zu wahren, weil ansonsten der Gemeinde die Ausübung ihrer Eigentümerbefugnisse verfassungswidrig vorenthalten werden würde (vgl. VfSlg. 18.446/2008).“
[33]) Vgl Josef Kühne, Zu Agrargemeinschaften in Vorarlberg, in: Die Agrargemeinschaften in Westösterreich (im Druck) 351: „Unter der Bezeichnung „Bodenreform, insbesondere agrarische Operationen und Wiederbesiedelung“, Grundsatzmaterie Bund, Ausführungsgesetzgebung Länder und Vollziehung der Agrarbehörden gem Art 12 der Bundesverfassung, wird diese Materie als `Privatrecht ländlicher Bodenordnung´ geregelt.“
[34] B 1645/10 vom 28.02.2011, Pkt 2.2.2.5. der Begründung: „Dieser Anspruch der Gemeinde auf den Substanzwert des Gemeindegutes stellt aber gleichermaßen eine durch die Eigentumsgarantie geschützte Rechtsposition dar, die auch das subjektive Recht der umfassenden Dispositionsbefugnis über alle vom Eigentumsschutz erfassten Rechte gewährleistet (Korinek, in: Korinek/Holoubek [Hrsg], Österreichisches Bundesverfassungsrecht III [Loseblatt 2002] Art5 StGG Rz 26 aE; vgl. auch EGMR 24.6.1993, Fall Papamichalopoulos, Appl. 14.556/89, Z39 ff.). Es ist daher verfassungsrechtlich geboten, den Anspruch der Gemeinde auf den Substanzwert des Gemeindegutes - hier im Wege der Einräumung von Zustimmungs- und Einwirkungsrechten - zu wahren, weil ansonsten der Gemeinde die Ausübung ihrer Eigentümerbefugnisse verfassungswidrig vorenthalten werden würde (vgl. VfSlg. 18.446/2008).“ (im Original keine Hervorhebungen)
[35] „Die Agrargemeinschaft fällt „nicht unter den klassischen Typus der Selbstverwaltung“, „sondern [stellt] eine selbstverwaltungsartige Organisationsform privatautonomer Eigentums- und Rechtsnutzung dar“. [Peter Pernthaler, Verfassungsrechtliche Probleme der TFLG-Novelle 2010, in: Kohl/Oberhofer/Pernthaler/Raber [Hrsg], Die Agrargemeinschaften in Westösterreich (2012) 498]
[36] VfGH B 1645/10 28.02.2011, Pkt III. 2.2.2.5. „Dieser Anspruch der Gemeinde auf den Substanzwert des Gemeindegutes stellt aber gleichermaßen eine durch die Eigentumsgarantie geschützte Rechtsposition dar, die auch das subjektive Recht der umfassenden Dispositionsbefugnis über alle vom Eigentumsschutz erfassten Rechte gewährleistet (…). Es ist daher verfassungsrechtlich geboten, den Anspruch der Gemeinde auf den Substanzwert des Gemeindegutes - hier im Wege der Einräumung von Zustimmungs- und Einwirkungsrechten - zu wahren, weil ansonsten der Gemeinde die Ausübung ihrer Eigentümerbefugnisse verfassungswidrig vorenthalten werden würde (vgl. VfSlg. 18.446/2008).“
[37] VfGH B 1645/10 28.02.2011, Pkt III. 2.2.2.5. „Dieser Anspruch der Gemeinde auf den Substanzwert des Gemeindegutes stellt aber gleichermaßen eine durch die Eigentumsgarantie geschützte Rechtsposition dar, die auch das subjektive Recht der umfassenden Dispositionsbefugnis über alle vom Eigentumsschutz erfassten Rechte gewährleistet (…). Es ist daher verfassungsrechtlich geboten, den Anspruch der Gemeinde auf den Substanzwert des Gemeindegutes - hier im Wege der Einräumung von Zustimmungs- und Einwirkungsrechten - zu wahren, weil ansonsten der Gemeinde die Ausübung ihrer Eigentümerbefugnisse verfassungswidrig vorenthalten werden würde (vgl. VfSlg. 18.446/2008).“
[38] VwGH Zl 2010/07/0091, Pkt 4 Abs 1 „Es trifft zu, dass die Agrargemeinschaft durch die Feststellung von Eigentum im rechtskräftigen Regulierungsplan Eigentümerin des in Rede stehenden Gebietes ist. Durch diesen Eigentumsübergang von der Gemeinde auf die Agrargemeinschaft hat sich das Eigentumsrecht der Gemeinde aber in ein Anteilsrecht verwandelt (vgl. dazu die Erkenntnisse des Verfassungsgerichtshofes vom 11. Juni 2008, VfSlg 18.446/2008, und vom 5. März 2010, B 984/09 - B 974/09). Dieses Anteilsrecht der Gemeinde ist inhaltlich mit dem Recht auf die Verfügung über den Substanzwert gleichzusetzen. Beziehen sich die Anteile der übrigen Mitglieder der Agrargemeinschaft (nur) auf die Rechte an den Nutzungen der agrargemeinschaftlichen Grundstücke, so bezieht sich das Anteilsrecht der Gemeinde an der Agrargemeinschaft auf das Recht zur Nutzung der Substanz (vgl. dazu auch § 34 Abs. 1 TFLG 1996 in der Fassung der TFLG-Novelle 2010). Die Agrargemeinschaft ist zwar "bloß formale Eigentümerin", allerdings - zivilrechtlich betrachtet - Alleineigentümerin der agrargemeinschaftlichen Grundstücke. Das der Gemeinde zukommende Recht auf den Substanzwert verwirklicht sich hier nicht in einer Form des Miteigentums, sondern als agrargemeinschaftliches Anteilsrecht.“
[39] VfGH B 1645/10 28.02.2011, Pkt III. 2.2.2.5. „Dieser Anspruch der Gemeinde auf den Substanzwert des Gemeindegutes stellt aber gleichermaßen eine durch die Eigentumsgarantie geschützte Rechtsposition dar, die auch das subjektive Recht der umfassenden Dispositionsbefugnis über alle vom Eigentumsschutz erfassten Rechte gewährleistet (…). Es ist daher verfassungsrechtlich geboten, den Anspruch der Gemeinde auf den Substanzwert des Gemeindegutes - hier im Wege der Einräumung von Zustimmungs- und Einwirkungsrechten - zu wahren, weil ansonsten der Gemeinde die Ausübung ihrer Eigentümerbefugnisse verfassungswidrig vorenthalten werden würde (vgl. VfSlg. 18.446/2008).“
[40] VwGH Zl 2010/07/0091, Pkt 4 Abs 1 „Es trifft zu, dass die Agrargemeinschaft durch die Feststellung von Eigentum im rechtskräftigen Regulierungsplan Eigentümerin des in Rede stehenden Gebietes ist. Durch diesen Eigentumsübergang von der Gemeinde auf die Agrargemeinschaft hat sich das Eigentumsrecht der Gemeinde aber in ein Anteilsrecht verwandelt (vgl. dazu die Erkenntnisse des Verfassungsgerichtshofes vom 11. Juni 2008, VfSlg 18.446/2008, und vom 5. März 2010, B 984/09 - B 974/09). Dieses Anteilsrecht der Gemeinde ist inhaltlich mit dem Recht auf die Verfügung über den Substanzwert gleichzusetzen. Beziehen sich die Anteile der übrigen Mitglieder der Agrargemeinschaft (nur) auf die Rechte an den Nutzungen der agrargemeinschaftlichen Grundstücke, so bezieht sich das Anteilsrecht der Gemeinde an der Agrargemeinschaft auf das Recht zur Nutzung der Substanz (vgl. dazu auch § 34 Abs. 1 TFLG 1996 in der Fassung der TFLG-Novelle 2010). Die Agrargemeinschaft ist zwar "bloß formale Eigentümerin", allerdings - zivilrechtlich betrachtet - Alleineigentümerin der agrargemeinschaftlichen Grundstücke. Das der Gemeinde zukommende Recht auf den Substanzwert verwirklicht sich hier nicht in einer Form des Miteigentums, sondern als agrargemeinschaftliches Anteilsrecht.“
[41] VfGH B 1645/10 28.02.2011, Pkt III. 2.2.2.5. „Dieser Anspruch der Gemeinde auf den Substanzwert des Gemeindegutes stellt aber gleichermaßen eine durch die Eigentumsgarantie geschützte Rechtsposition dar, die auch das subjektive Recht der umfassenden Dispositionsbefugnis über alle vom Eigentumsschutz erfassten Rechte gewährleistet (…). Es ist daher verfassungsrechtlich geboten, den Anspruch der Gemeinde auf den Substanzwert des Gemeindegutes - hier im Wege der Einräumung von Zustimmungs- und Einwirkungsrechten - zu wahren, weil ansonsten der Gemeinde die Ausübung ihrer Eigentümerbefugnisse verfassungswidrig vorenthalten werden würde (vgl. VfSlg. 18.446/2008).“
[42] Grundlegend zum „Verfügungseigentum“: Harry Westermann, Zulässigkeit und Folgen einer Aufspaltung des Bodeneigentums in Verfügungs- und Nutzungseigentum (1974); Fritz Baur, Möglichkeiten und Grenzen des Zivilrechts bei der Gewährleistung Öffentlicher und sozialer Erfordernisse im Bodenrecht, AcP 1976, 97 ff; Peter Badura, Möglichkeiten und Grenzen des Zivilrechts bei der Gewährleistung Öffentlicher und sozialer Erfordernisse im Bodenrecht, AcP 1976, 120 ff.
[43] Vgl die Regelung gem TFLG-Novelle 2010: Nach §35 Abs7 TFLG 1996 idF LGBl. 7/2010 ist bei Agrargemeinschaften nach §33 Abs2 litc Z2 leg.cit. dem Ausschuss und der Vollversammlung jedenfalls ein von der Gemeinde entsandter Vertreter beizuziehen (vgl. Satz 1 leg.cit.), kann in substanzwertrelevanten Angelegenheiten ein Organbeschluss nur mit Zustimmung der Gemeinde rechtswirksam gefasst werden (vgl. Satz 2 leg.cit.) und kann die Gemeinde in derartigen Angelegenheiten den Organen der Agrargemeinschaft Aufträge erteilen und im Fall der Nichtbefolgung dieser Aufträge die Agrarbehörde anrufen (vgl. Satz 3 leg.cit.).
[44] VfGH B 1645/10 28.02.2011, Pkt III. 2.2.2.5. „Dieser Anspruch der Gemeinde auf den Substanzwert des Gemeindegutes stellt aber gleichermaßen eine durch die Eigentumsgarantie geschützte Rechtsposition dar, die auch das subjektive Recht der umfassenden Dispositionsbefugnis über alle vom Eigentumsschutz erfassten Rechte gewährleistet (…). Es ist daher verfassungsrechtlich geboten, den Anspruch der Gemeinde auf den Substanzwert des Gemeindegutes - hier im Wege der Einräumung von Zustimmungs- und Einwirkungsrechten - zu wahren, weil ansonsten der Gemeinde die Ausübung ihrer Eigentümerbefugnisse verfassungswidrig vorenthalten werden würde (vgl. VfSlg. 18.446/2008).“
[45] So jedoch der Verwaltungsgerichtshof jedenfalls rechtsdogmatisch unzutreffend, weil die beiden Rechtspositionen „Anteilsrecht an der Agrargemeinschaft“ und „Substanzrecht als Verfügungseigentum“ dialektisch, theoretisch nicht unterschieden werden. (VwGH 30.6.2011 Zl 2010/07/0091, Pkt 4. Abs 5. „Wie die belangte Behörde zutreffend festhielt, können Anteilsrechte an einer Agrargemeinschaft aber auch im Falle ihrer Nichtausübung nicht verjähren (vgl. dazu die auch von der belangten Behörde zitierten hg. Erkenntnisse vom 24. Juli 2008, 2007/07/0100, und vom 21. Oktober 2004, 2003/07/0107). Eine Verjährung der Anteilsrechte der Gemeinde bzw. eine Ersitzung der Agrargemeinschaft im Umfang des Rechtes an der Substanznutzung kommt daher nicht in Frage.“)
[46] Bundesgesetz vom 24. Juli 2006 BGBl 2006/113 (Deregulierungsgesetz 2006) wurden im Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuch die Bestimmungen betreffend das geteilte Eigentum (§§ 359 und 360) wegen Gegenstandslosigkeit aufgehoben..
[47] § 360 2. Satz ABGB. „In allen Fällen, in welchen die Trennung des Rechts auf die Substanz von dem Recht auf die Nutzungen nicht ausdrücklich erhellet, ist jeder redliche Besitzer als vollständiger Eigentümer anzusehen.“
[48] VfSlg 18.446/2008 Pkt B II. 3. Abs 3 der Begründung: „Der Umstand, dass eine Regulierung der Sechziger Jahre das Eigentum am Gemeindegut der Agrargemeinschaft zugeordnet und der Gemeinde einen Anteil nur nach Maßgabe der Nutzungen zugebilligt hat, dispensiert demgemäß heute nicht vom verfassungsrechtlichen Gebot, den der Gemeinde zustehenden, wenngleich bisher nicht berücksichtigten Substanzwert […] zu berücksichtigen und gegebenenfalls schon vorher die Anteile neu festzustellen.“ Pkt B. II. 2. Abs 4 der Begründung: „Das Problem dieses Verfahrens ist vielmehr ausschließlich die im Gesetz nirgends näher bedachte Rechtslage, die durch die Feststellung des Eigentums einer Agrargemeinschaft am Gemeindegut geschaffen wurde. Das für das Gemeindegut wesentliche Substanzrecht der Gemeinde muss hier - entgegen dem ursprünglichen (gemeinderechtlichen) Konzept des Gemeindegutes, das sie als Eigentümerin vorsieht, - als (möglicherweise im Ausmaß wechselnder) Anteil an der Agrargemeinschaft zur Geltung gebracht werden können.“ Pkt B II. 1. Abs 2. der Begründung: „Wenn die Agrarbehörden in den Sechziger Jahren also das Eigentum am Gemeindegut auf die Agrargemeinschaft übertragen haben, war das durch das Vorbild der echten Agrargemeinschaften vielleicht nahe gelegt, im Blick auf das Ergebnis aber offenkundig verfassungswidrig. Ist dieser Akt jedoch - wie hier - rechtskräftig geworden, ist Gemeindegut entstanden, das nun atypischerweise im gemeinsamen Eigentum der Gemeinde und der Nutzungsberechtigten steht und als Agrargemeinschaft organisiert ist (vgl. VfSlg. 17.779/2006). Innerhalb der Agrargemeinschaft allerdings - einer Körperschaft des öffentlichen Rechts (§34 Abs2 TFLG) - wirft eine solche Konstruktion die Frage auf, wie der Anteil der Gemeinde im Verhältnis zu den Anteilen der Inhaber von Stammsitzliegenschaften zu bemessen ist.“ VfSlg 18.446/2008, Pkt B II. 3. Abs 2 (Seite 19 des Original-Erkenntnisses) „Es war in keinem Verfahrensstadium davon die Rede, […] dass (rechtswidrigerweise) beabsichtigt [gewesen] sei, aus dem Gemeindegut eine reine Agrargemeinschaft zu machen (ist doch der Anteil von 10 % der Gemeinde als solcher ausdrücklich eingeräumt worden)“. (keine Hervorhebungen im Original)
[49] VfSlg 18.446/2008, Pkt B II. 3. Abs 2 (Seite 19 des Original-Erkenntnisses) „Es war in keinem Verfahrensstadium davon die Rede, […] dass (rechtswidrigerweise) beabsichtigt [gewesen] sei, aus dem Gemeindegut eine reine Agrargemeinschaft zu machen (ist doch der Anteil von 10 % der Gemeinde als solcher ausdrücklich eingeräumt worden)“. (keine Hervorhebung im Original)
[50] VfSlg 18.446/2008, Pkt B II. 3. Abs 2 (Seite 19 des Original-Erkenntnisses) „Es war in keinem Verfahrensstadium davon die Rede, […] dass (rechtswidrigerweise) beabsichtigt [gewesen] sei, aus dem Gemeindegut eine reine Agrargemeinschaft zu machen (ist doch der Anteil von 10 % der Gemeinde als solcher ausdrücklich eingeräumt worden)“. (keine Hervorhebung im Original)
[51] VfSlg 18.446/2008, Pkt B II. 3. Abs 2 (Seite 19 des Original-Erkenntnisses) „Es war in keinem Verfahrensstadium davon die Rede, […] dass (rechtswidrigerweise) beabsichtigt [gewesen] sei, aus dem Gemeindegut eine reine Agrargemeinschaft zu machen (ist doch der Anteil von 10 % der Gemeinde als solcher ausdrücklich eingeräumt worden)“. (Argumentum e contrario zu: „ist doch der Anteil von 10 % der Gemeinde als solcher ausdrücklich eingeräumt worden“.
[52] Mitwirkungsrechte in den Organen; Entnahmerecht von Geld und von Liegenschaften usw.
[53] Substanzwertanspruch gem § 33 Abs 5 TFLG 1996 idF LGBl 7/2010; Verfügungsrecht auch außerhalb einer Mitwirkung an den Organsentscheidungen der Agrargemeinschaft.
[54] Anteilsrecht an der Nutzungsgemeinschaft nach Nutzungsanteilen!
[55] § 33 Abs 5 1. Satz TFLG 1996 idF LGBl 7/2010: „(5) Der Substanzwert eines agrargemeinschaftlichen Grundstückes ist jener Wert, der nach Abzug der Belastung durch die land- und forstwirtschaftlichen Nutzungsrechte verbleibt. Der Substanzwert steht der Gemeinde zu.“ § 35 Abs 7 2. und 3. Satz leg cit.: „In Angelegenheiten, die den Substanzwert der agrargemeinschaftlichen Grundstücke (§ 33 Abs. 5) betreffen, kann ein Organbeschluss nur mit Zustimmung der Gemeinde rechtswirksam gefasst werden. Die Gemeinde kann in derartigen Angelegenheiten den Organen der Agrargemeinschaft Aufträge erteilen“.
[56] VwGH Zl 2010/07/0091, Pkt 4 Abs 1 „Dieses Anteilsrecht der Gemeinde ist inhaltlich mit dem Recht auf die Verfügung über den Substanzwert gleichzusetzen. Beziehen sich die Anteile der übrigen Mitglieder der Agrargemeinschaft (nur) auf die Rechte an den Nutzungen der agrargemeinschaftlichen Grundstücke, so bezieht sich das Anteilsrecht der Gemeinde an der Agrargemeinschaft auf das Recht zur Nutzung der Substanz (vgl. dazu auch § 34 Abs. 1 TFLG 1996 in der Fassung der TFLG-Novelle 2010). Die Agrargemeinschaft ist zwar "bloß formale Eigentümerin", allerdings - zivilrechtlich betrachtet - Alleineigentümerin der agrargemeinschaftlichen Grundstücke.“
[57] § 33 Abs 5 1. Satz TFLG 1996 idF LGBl 7/2010: „(5) Der Substanzwert eines agrargemeinschaftlichen Grundstückes ist jener Wert, der nach Abzug der Belastung durch die land- und forstwirtschaftlichen Nutzungsrechte verbleibt. Der Substanzwert steht der Gemeinde zu.“
[58] VfSlg 9336/1982 Pkt I Z 3 der Begründung: „Diese Vorschriften kann der Gerichtshof vorläufig nicht anders verstehen, als dass auch mit Nutzungen belastete Eigentum der früheren Realgemeinde auf die neue Gemeinde übergegangen war und lediglich mit den bisherigen Nutzungen belastet blieb (wofür insbesondere die Verwendung des Überschusses spricht), sich also vom sonstigen Gemeindevermögen nur durch die Zweckbestimmung unterscheidet (vgl VfSlg 1383/1931 und 4229/1962, S 352 f).“
[59] Vgl §§ 26 provGemG 1849; 12 TGO 1866; VfSlg 19.262, B 634/10 ua vom 10.12.2010 Pkt II A 2.4.2. Abs 2 der Begründung: „Bei dieser Sicht erweist sich auch die Feststellung der belangten Behörde, die Fraktion sei "Rechtsvorgängerin der Gemeinde" (Seite 17 des angefochtenen Bescheides), als verfassungsrechtlich unbedenklich, weil sie offenkundig nicht auf dem Gedanken einer "Quasi-Erbschaft" der politischen Ortsgemeinde beruht (vgl. dazu Öhlinger, Das Gemeindegut in der Judikatur des VfGH, in: Kohl/Oberhofer/Pernthaler [Hrsg], Die Agrargemeinschaften in Tirol [2010] 223 [228 ff.]).“
[60] VfSlg 9336/1982 Pkt I Z 3 der Begründung: „Diese Vorschriften kann der Gerichtshof vorläufig nicht anders verstehen, als dass auch mit Nutzungen belastete Eigentum der früheren Realgemeinde auf die neue Gemeinde übergegangen war und lediglich mit den bisherigen Nutzungen belastet blieb (wofür insbesondere die Verwendung des Überschusses spricht), sich also vom sonstigen Gemeindevermögen nur durch die Zweckbestimmung unterscheidet (vgl VfSlg 1383/1931 und 4229/1962, S 352 f).“
[61] Heinz Mayer, Politische Ortsgemeinde versus Realgemeinde: Zur Frage des Überganges des historischen Gemeindevermögens, in: Kohl/Oberhofer/Pernthaler, Die Agrargemeinschaften in Tirol, 198 f: „Eine solche positivrechtliche Anordnung, die einen Eigentumsübergang normiert, existiert jedoch nicht; das Gegenteil ist der Fall: § 26 der provisorischen Gemeindeordnung 1849 bestimmt klar und deutlich: „Die privatrechtlichen Verhältnisse überhaupt und insbesondere die Eigenthums- und Nutzungsrechte ganzer Classen oder einzelner Glieder der Gemeinde bleiben ungeändert.“ Die Bestimmung ist eindeutig: Eine Änderung privatrechtlicher Verhältnisse wird durch das Inkrafttreten der provisorischen Gemeindeordnung nicht bewirkt und war vom Gesetzgeber auch nicht beabsichtigt. Dies bedeutet aber, dass es auch keine Rechtsnachfolge gibt.“ Wortident mit § 26 prov. GemG 1849 regeln die §§ 11 resp 12 der Ausführungsgesetze zum RGG 1862 den Schutz des privaten Gemeinschaftseigentums.“ „Dazu kommt, dass eine solche Rechtsnachfolge eine Enteignung bedeuten würde, weil ja die juristische Person der Gemeinde nach bürgerlichem Recht fortbesteht. Es ist keine Norm ersichtlich, die deren Existenzbeendigung anordnet oder die in diesem Sinn deutbar wäre. Für Enteignung bestimmt aber schon damals § 365 ABGB nicht nur das Erfordernis des `allgemeinen Besten´ sondern auch `angemessene Schadloshaltung´.“ Öhlinger, Das Gemeindegut in der Judikatur des VfGH, in: Die Agrargemeinschaften in Tirol, 246: „So scharf nämlich die Zäsur ist, die das provisorische Gemeindegesetz in der Entwicklung des Gemeinderechts setzt, so klar sagt dieses Gesetz selbst in seinem § 26: `Die privatrechtlichen Verhältnisse überhaupt und insbesondere die Eigenthums- und Nutzungsrechte ganzer Klassen oder einzelner Glieder der Gemeinde bleiben ungeändert.´ Dieser Satz findet sich gleichlautend in den Ausführungsgesetzen der einzelnen Kronländer zum Reichsgemeindegesetz von 1862, mit denen der Prozess der „Schaffung“ der politischen Gemeinde zum Abschluss kommt, so in § 11 Vorarlberger Gemeindeordnung von 1864 und § 12 TGO 1866. Wenn hier explizit auf das Eigentum `ganzer Klassen´ Bezug genommen wird, so lässt sich nicht deutlicher zum Ausdruck bringen, dass auch das Eigentum der bisherigen Agrargemeinden (`Realgemeinden´) nicht verändert werden sollte.“
[62] Öhlinger, Das Gemeindegut in der Judikatur des VfGH, in: Kohl/Oberhofer/Pernthaler [Hrsg], Die Agrargemeinschaften in Tirol [2010] 223 [240f]: „Bemerkenswert bleibt es aber, dass der Gerichtshof diese im Prüfungsbeschluss vertretene Auffassung über die Herkunft des Gemeindegutes aus einer „Vermögensüberleitung“ von der ursprünglichen Realgemeinde auf die im Gefolge des Reichsgemeindegesetzes 1862 konstituierte politische Ortsgemeinde in der eigentlichen Begründung seiner Entscheidung gar nicht mehr weiter verfolgt. Für die Annahme einer Überleitung des Vermögens der in der historischen Realgemeinde organisierten Stammliegenschaftsbesitzer auf die politische Ortsgemeinde besteht keine Rechtsgrundlage. Dem VfGH zu unterstellen, er hätte eine generelle Vermögensüberleitung behauptet, wäre denn auch, wie noch näher zu zeigen sein wird, schlicht falsch.“
[63] „Unter dem Gemeindegut (Ortschaftsgut, Fraktionsgut), das § 15 Abs 2 lit d FlV-GG und § 31 Abs 2 lit d VFlVG zu den agrargemeinschaftlichen Grundstücken zählen und der Ordnung der rechtlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nach Maßgabe des Gesetzes unterwerfen, ist jene Erscheinung zu verstehen, die in den früheren Gemeindeordnungen im Rahmen des Reichsgemeindegesetzes 1862 und den nachfolgenden Gemeindegesetzen geregelt war (vgl. dazu für Vlbg VfSlg. 384/1925 und VfSlg. 2308/1952) und im geltenden Vlbg Gemeinderecht noch als bestehend festgehalten wird. Das ergibt sich nicht nur aus dem durch die Gemeindeordnung geprägten Ausdruck „Gemeindegut“, sondern auch aus dem Hinweis auf die Bestimmungen der Gemeindeordnungen im Grundsatzgesetz, […] Demgemäß hat der VfGH bereits in den Erk. VfSlg. 4229/1962 und 5666/1968 klargestellt, dass unter Gemeindegut iS des Flurverfassungsrechts jenes zu verstehen ist, dessen Rechtsgrundlage ausschließlich die Gemeindeordnung waren. (VfSlg 9336/1982 Pkt III Z 1 Abs 1 der Begründung).
[64] VfSlg 9336/1982 Pkt III Z 1 Abs 3 der Begründung: „Das Gemeindegut iS der Gemeindeordnungen ist aber – und hierin ist der VfGH insbesondere auch mit der Vbg. Landesregierung einig – nicht nur formell der Gemeinde zugeordnet, sondern auch in materieller Hinsicht Eigentum der Gemeinde und nur insofern beschränkt, als es mit bestimmten öffentlich-rechtlichen Nutzungsrechten einiger oder aller Gemeindeglieder belastet ist, sodass die Substanz und also auch der Substanzwert und ein allfälliger Überschuss der Nutzungen des Gemeinde als solcher zugeordnet bleiben.“
[65]) Hierzu und zum Nachfolgenden ausführlich: Peter Pernthaler, Die Gesetzgebungskompetenz für Gemeindegut, in: Kohl/Oberhofer/Pernthaler/Raber, Die Agrargemeinschaften in Westösterreich (im Druck), 409 ff.
[66] Zur „Gesichtspunktetheorie“ siehe Funk, Das System der bundesstaatlichen Kompetenzverteilung im Lichte der Verfassungsrechtsprechung (1980) 48 ff.
[67] S Artikel III. Tiroler LGBl 1935/36: Bis zum Inkrafttreten des Flurverfassungs-Landesgesetzes gelten für das Gemeindegut, insoweit es aus agrargemeinschaftlichen Grundstücken besteht, folgende Bestimmungen: 1. Über Ansprüche auf Nutzungen des Gemeindegutes entscheidet in I. Instanz der Gemeindetag. 2. Die Verteilung des Gemeinde-(Fraktions)Gutes oder eines Teiles davon unter die Gemeindemitglieder ist in der Regel unzulässig. Ausnahmen bewilligt die Landesregierung, wenn besonders triftige Gründe vorliegen. 3. …; § 79 TGO 1935: Die Verteilung des Gemeindevermögens und Gemeindeguts oder eines Teiles davon unter die Gemeindemitglieder ist in der Regel unzulässig. Ausnahmen bewilligt die Landesregierung, wenn besonders triftige Gründe vorliegen. Insoweit es sich beim Gemeindegut um agrargemeinschaftliche Grundstücke handelt, ist die Teilung im Flurverfassungslandesgesetz geregelt. § 114 Abs 3 TGO 1935: Die Verteilung des Gemeindevermögens und Gemeindeguts oder eines Teiles davon unter die Gemeindemitglieder ist in der Regel unzulässig. Ausnahmen bewilligt die Landesregierung, wenn besonders triftige Gründe vorliegen. Insoweit es sich beim Gemeindegut um agrargemeinschaftliche Grundstücke handelt, ist die Teilung im Flurverfassungslandesgesetz geregelt. § 117 TGO 1935: Für die Regelung der rechtlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Gemeindeguts, insoweit dieses aus agrargemeinschaftlichen Grundstücken im Sinne des Flurverfassungslandesgesetzes besteht, sind die Bestimmungen des Flurverfassungslandesgesetzes maßgebend. § 120 Abs 2 TGO 1935: Nutzungsrechte haften an der Liegenschaft und können im Allgemeinen nur mit dieser rechtsgültig übertragen werden. (2) Für die ausnahmsweise Übertragung von Nutzungsrechten an agrargemeinschaftlichen Grundstücken sind die Bestimmungen des Flurverfassungslandesgesetzes maßgebend. Diese aufwendige Regelungstechnik wurde in den Nachfolgebestimmungen, nämlich § 82 TGO 1949 bis § 74 TGO 2001 LGBl 2001/36 „ökonomisiert“ wie folgt: „Verhältnis zu den Vorschriften in den Angelegenheiten der Bodenreform. Im Übrigen werden durch dieses Gesetz die Vorschriften in den Angelegenheiten der Bodenreform nicht berührt.“
[68] S § 102 Abs 3 Vlbg Gemeindeordnung 1935 (Vorarlberger) LGBl 1935/25: „Die rechtlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der als agrargemeinschaftliche Grundstücke im Sinn des § 15 Absatz 2 Punkt d des Bundesgesetzes betreffend Grundsätze für die Flurverfassung BGBl Nr 256/1932 geltenden Teile des Gemeindegutes, werden durch das Ausführungsgesetz zu diesem Bundesgesetz geregelt; bis dahin bleiben die bisher geltenden Vorschriften in Kraft.“ § 91 Abs 4 Vorarlberger Gemeindegesetz 1965 (LGBl 45/1965) = § 99 Vorarlberger Gemeindegesetz 1985: „Die Gemeinde als Trägerin von Privatrechten ist verpflichtet, Gemeindegut, dessen rechtliche und wirtschaftliche Verhältnisse noch nicht nach den Bestimmungen des II. Hauptstückes des Flurverfassungsgesetzes, LGBl Nr 4/1951, geordnet sind, vorläufig nach den Bestimmungen des Flurverfassungsgesetzes zu verwalten.“
[69] § 67 Oö Gemeindeordnung 1948, Anlage 1 zum Gesetz vom 7. Juli 1948 LGBl 22/1949: „Die Bestimmungen dieses Gesetzes finden auf jene Teile des Gemeindegutes, die als agrargemeinschaftliche Grundstücke im Sinne des § 15, Abs (2), Punkt d, des Bundesgesetzes vom Jahr 1932, BGBl Nr 256, betreffend Grundsätze für die Flurverfassung, gelten, nur insofern Anwendung, als sie mit diesem Grundsatzgesetz und dem Ausführungsgesetze hiezu nicht im Widerspruch stehen. Bis zur Erlassung des Ausführungsgesetzes bleiben die geltenden Vorschriften in Kraft.“ § 67 Oberösterreichische Gemeindeordnung 1936. „Die Bestimmungen dieses Gesetzes finden auf jene Teile des Gemeindegutes, die als agrargemeinschaftliche Grundstücke im Sinn des § 15, Absatz 2, Punkt d, des Bundesgesetzes vom Jahre 1932, BGBl Nr 256, betreffend Grundsätze für die Flurverfassung, gelten, nur insoweit Anwendung, als sie mit diesem Grundsatzgesetz und dem Ausführungsgesetze hiezu nicht in Widerspruch stehen. Bis zur Erlassung des Ausführungsgesetzes bleiben die geltenden Vorschriften in Kraft.“ § 69 Abs 5 Oberösterreichische Gemeindeordnung 1936: „Über Ansprüche auf Nutzungen des Gemeindegutes entscheidet der Gemeindetag. Bei agrargemeinschaftlichen Grundstücken im Sinn der Grundsätze für die Flurverfassung (BGBl Nr 256/1932), entscheiden nach Inkrafttreten des Landes-Ausführungsgesetzes im Streitfalle die Agrarbehörden.“
[70] § 61 Abs 3 des Steirischen Gesetzes vom 6. Juli 1948 über die Änderung der Gemeindeordnung, LGBl 52/1948: „§ 61. Gemeindegut. (1) Sachen, welche zum Gebrauche eines jeden Gemeindemitgliedes einer Gemeinde dienen, bilden das Gemeindegut. Insbesonders gehören zum Gemeindegut Grundstücke, welche von allen oder nur von gewissen Gemeindemitgliedern einer Gemeinde oder einer Ortschaft zur Deckung ihres Guts- und Hausbedarfes gemeinschaftlich oder wechselseitig benützt werden. (2) … (3) Nach den aufgrund des Artikels 12, Abs (1), Punkt 5, der Bundesverfassung 1929 erlassenen Gesetzen unterliegt das in Abs (1) bezeichnete Gemeindegut den Bestimmungen dieser Gesetze. Die Entscheidung über den Bestand des Gemeindegutes als agrarische Gemeinschaft im Sinne dieser Gesetze, über den Verkauf des Gemeindegutes oder von Teilen desselben, ferner über die Übertragung von Nutzungsrechten an andere Gemeindemitglieder und die Höhe der einzelnen Nutzungen steht den Agrarbehörden zu. (4) Die Gemeindebehörde hat darauf zu achten, dass die Nutzungen der Gemeindemitglieder nicht über den notwendigen Guts- und Hausbedarf hinaus in Anspruch genommen werden und diese Nutzungen der nachhaltigen Bewirtschaftung des Grundstückes, insbesondere bei Waldungen, entsprechen. Nötigenfalls ist die Entscheidung der Agrarbehörde einzuholen.“
[71] Mit Verordnung über die Einführung der Deutschen Gemeindeordnung im Lande Österreich vom 15. September 1938, Dt RGBl 1167ff = Gesetzblatt für das Land Österreich 1938/408 Kundmachung des Reichsstatthalters in Österreich, wodurch die Verordnung über die Einführung der dt Gemeindeordnung im Lande Österreich vom 15. September 1938 kundgemacht wurde, wurde die Dt. Gemeindeordnung im „Lande Österreich“ in Kraft gesetzt. § 17 Angleichungsverordnung des Reichsstatthalters, Gesetzblatt für das Land Österreich, ausgegeben am 1. Oktober 1938 Nr 429, regelte das Verhältnis zum Flurverfassungsrecht wie folgt: „Die Bestimmungen dieser Verordnung finden auf jene Teile des Gemeindegliedervermögens, die als agrargemeinschaftliche Grundstücke im Sinn des § 15 Abs 2 d des Flurverfassungs-Grundsatzgesetzes, BGBl Nr 256/1932, gelten, nur insoweit Anwendung, als sie mit diesem Grundsatzgesetze und den die Flurverfassung regelnden Gesetzen der ehemaligen österreichischen Länder nicht in Widerspruch stehen.“.
[72] Art 2 des Gesetzes vom 10. Juli 1945 über die vorläufige Neuordnung des Gemeinderechts (vorläufiges Gemeindegesetz – VGemG), Staatsgesetzblatt 1945/66.
[73] Vgl etwa § 61 Abs 3 des Steirischen Gesetzes vom 6. Juli 1948 über die Änderung der Gemeindeordnung, LGBl 52/1948: „§ 61. Gemeindegut. (1) Sachen, welche zum Gebrauche eines jeden Gemeindemitgliedes einer Gemeinde dienen, bilden das Gemeindegut. Insbesonders gehören zum Gemeindegut Grundstücke, welche von allen oder nur von gewissen Gemeindemitgliedern einer Gemeinde oder einer Ortschaft zur Deckung ihres Guts- und Hausbedarfes gemeinschaftlich oder wechselseitig benützt werden. (2) … (3) Nach den aufgrund des Artikels 12, Abs (1), Punkt 5, der Bundesverfassung 1929 erlassenen Gesetzen unterliegt das in Abs (1) bezeichnete Gemeindegut den Bestimmungen dieser Gesetze. Die Entscheidung über den Bestand des Gemeindegutes als agrarische Gemeinschaft im Sinne dieser Gesetze, über den Verkauf des Gemeindegutes oder von Teilen desselben, ferner über die Übertragung von Nutzungsrechten an andere Gemeindemitglieder und die Höhe der einzelnen Nutzungen steht den Agrarbehörden zu. (4) Die Gemeindebehörde hat darauf zu achten, dass die Nutzungen der Gemeindemitglieder nicht über den notwendigen Guts- und Hausbedarf hinaus in Anspruch genommen werden und diese Nutzungen der nachhaltigen Bewirtschaftung des Grundstückes, insbesondere bei Waldungen, entsprechen. Nötigenfalls ist die Entscheidung der Agrarbehörde einzuholen.“ § 67 Oö Gemeindeordnung 1948, Anlage 1 zum Gesetz vom 7. Juli 1948 LGBl 22/1949: „Die Bestimmungen dieses Gesetzes finden auf jene Teile des Gemeindegutes, die als agrargemeinschaftliche Grundstücke im Sinne des § 15, Abs (2), Punkt d, des Bundesgesetzes vom Jahr 1932, BGBl Nr 256, betreffend Grundsätze für die Flurverfassung, gelten, nur insofern Anwendung, als sie mit diesem Grundsatzgesetz und dem Ausführungsgesetze hiezu nicht im Widerspruch stehen. Bis zur Erlassung des Ausführungsgesetzes bleiben die geltenden Vorschriften in Kraft.“ § 82 Tiroler GO 1949: „Durch die Bestimmungen dieses Gesetzes werden die gesetzlichen Vorschriften über die Flurverfassung nicht berührt.“ § 91 Abs 4 Vorarlberger Gemeindegesetz 1965 (LGBl 45/1965) = § 99 Vorarlberger Gemeindegesetz 1985: „Die Gemeinde als Trägerin von Privatrechten ist verpflichtet, Gemeindegut, dessen rechtliche und wirtschaftliche Verhältnisse noch nicht nach den Bestimmungen des II. Hauptstückes des Flurverfassungsgesetzes, LGBl Nr 4/1951, geordnet sind, vorläufig nach den Bestimmungen des Flurverfassungsgesetzes zu verwalten.“
[74]) Sten. Prot. des Abgeordnetenhauses des Österreichischen Reichsrates, IX. Session, Seite 9221, Regierungsvertreter v Rinaldini: „Der Grund, warum überhaupt dieses Gesetz auch diese Grundstücke, nebst dem so genannten Klassenvermögen, also auch das Gemeindegut einbezogen hat, ist einfach der, weil nach den Erfahrungen, welche in einer Reihe von Ländern gemacht worden sind, diese wagen Bestimmungen der Gemeindeordnung, welche ja bloß auf die unangefochtene Übung hinweisen und eventuell, wo eine solche unangefochtene Übung nicht besteht, Gemeinderatsbeschlüsse als normierend bezeichnen, nicht hinreichend sind. Schon die einfache Vorfrage, ob ein solches Grundstück ein Grundstück der Gemeinden oder ein Grundstück einer Klasse von Gemeindeangehörigen sein wird, ist ja eine ungemein schwierig zu lösende Frage, und zwar eine Frage, die nicht bloß merital schwierig zu lösen ist, sondern schon dann Schwierigkeiten bietet, wenn man einfach um die Kompetenz frägt, wenn man sicheren Aufschluss haben will, wer eigentlich kompetent sei, in dieser Frage zu entscheiden? Diese Unzulänglichkeit der bestehenden Normen der Gemeindeordnung und auch insbesondere, was das Gemeinschaftsvermögen betrifft, die vollständige Unzulänglichkeit der Normen des 16. Hauptstückes des Bürgerlichen Gesetzbuches über die Gemeinschaft des Eigentums, haben geradezu dazu gedrängt, eine solche Vorlage zu entwerfen.“ Sten. Prot. des Abgeordnetenhauses des Österreichischen Reichsrates, IX. Session, Seite 9226 f: Berichterstatter des Commassionsausschusses, langjähriges Mitglied des Böhmischen Landesausschusses, Notar und Advocat Dr. Johannes Zak: „Was die Ausführungen des Herrn Regierungsvertreters betrifft, so stimme ich ihm vollkommen bei. Namentlich bin ich seiner Ansicht, wenn er sagt, es sei eigentlich die Vorfrage, was für ein Vermögen es sei, um das es sich im gegebenen Fall handelt, die schwierigste. Diese Vorfrage wird von den Landesausschüssen und Gerichten verschieden beurteilt und entschieden, ja man kann sagen, es gibt so viele Ansichten, als Entscheidungen. Man hat sehr oft vollen Grund, sich über die Entscheidungen des Landesausschusses und der Gerichte namentlich darüber zu wundern, wem das strittige Vermögen zugewiesen wurde. Wenn wir es bei der bisherigen Judikatur der politischen oder Gerichtsbehörden bewenden lassen, werden wir in diese verworrenen Verhältnisse niemals eine Ordnung bringen. Es muss bezüglich dieser Sachen einmal tabula rasa gemacht werden, und es ist hoch an der Zeit, solche Sachen, welche nur den Zwist in den Gemeinden nähren, sobald als möglich aus der Welt zu schaffen. Was die Gemeindeordnungen und insbesondere die böhmische Gemeindeordnung betrifft, so kann ich in der Tat sagen, dass ich in derselben fast gar keinen Anhaltspunkt für die Entscheidung dieser Frage finde. Wenn man sich auf die bisherige unangefochtene Übung beruft und nach dieser entscheidet, so ist dass ganz gewiss eine sehr hinfällige Basis.“ […] „Daraus ergibt sich demnach die Notwendigkeit, dass den Landtagen die Gelegenheit und Möglichkeit geboten werde, alles dasjenige vorzukehren und zu verfügen, was bezüglich des Gemeindegutes und Klassenvermögens notwendig ist.“ Sten. Prot. des Abgeordnetenhauses des Österreichischen Reichsrates, IX. Session, Seite 9223 f, Mitglied des Commassionsausschusses, langjähriges Mitglied des NÖ Landesausschusses Dr. Josef Kopp: „Es ist nicht möglich, dass die Gerichte eine verständliche, den Verhältnissen entsprechende Entscheidung treffen. Diese Möglichkeit muss vor allem anderen entfernt werden, und das kann die Landesgesetzgebung nicht tun. Darum ist ein Reichsgesetz notwendig […] Das eigentlich Nützliche ist eben, dass alle Fragen, die hier einschlagen, juridische und wirtschaftliche, einheitlich gelöst werden durch Behörden, in welchen sowohl die eine wie die andere Richtung vertreten ist, das kann nicht getrennt geschehen und darum nützt auch jener allerdings nicht formulierte Vorschlag nichts, der die Commassionsbehörde entscheiden lässt über die Frage des Eigentums, über die Frage der Regulierung und Teilung aber die autonome Behörde. Wenn sie das auseinanderreißen, scheiden sie etwas, was sich dialektisch, theoretisch scheiden lässt, aber praktisch durchaus nicht, außer zum entschiedenen Nachteile der Sache.“
[75]) Johannes Zak, Berichterstatter des Commassionsausschusses, Sten. Prot. des Abgeordnetenhauses des Österreichischen Reichsrates, IX. Session, Seite 9225: „Ich muss … konstatieren, dass die Streitigkeiten zwischen den Klassen in den Gemeinden, oder, wenn sie wollen, zwischen der Gemeinde als solcher einerseits und zwischen den gewissen Singularristen auf der anderen Seite, auf der Tagesordnung sind. Wer einmal Gelegenheit hatte, die Agenda des Landesausschusses im Kronlande Böhmen – und ich glaube es wird in anderen Kronländern auch nicht anders sein – einzusehen, wird finden, dass das größte Perzent derselben Streitigkeiten um die so genannten Gemeindegründe sind. […] Gestatten Sie mir, dass ich als praktischer Mann mich in diesen Fragen absolut gegen die Judikatur der Gerichte ausspreche. Einerseits ist die Bestimmung des 16. Hauptstückes des allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuches eine derartige, dass sie auf diese Verhältnisse überhaupt nicht passt. Der Zivilrichter hat aber eine andere Bestimmung nicht. Auch sind die Bestimmungen unserer Zivilprozessordnung derart, dass es in der Tat sehr schwer fällt, dieselben auch auf solche Fälle anzuwenden und schließlich: Um was handelt es sich denn in den meisten gerichtlich anhängig gemachten Prozessen? Derjenige Teil, der mit der Klage auftritt, behauptet gewöhnlich, er habe das Eigentum der so genannten Gemeindegründe ersessen. Zu diesem Behufe findet er fast immer die Gedenkmänner, durch welche bewiesen wird, dass die Altangesessenen das so genannte Gemeindegut von alters her wirklich besessen, genutzt, verwaltet und daraus die Nutzungen gezogen haben und die Gerichte müssen selbstverständlich der Klage stattgeben. Das Gemeindegut wird sofort dem Einzelnen als ihr Privateigentum zuerkannt, die Gemeinde zahlt die Gerichtskosten und verliert ihr Vermögen.“ Sten. Prot. des Abgeordnetenhauses des Österreichischen Reichsrates, IX. Session, Seite 9223 f, Dr. Josef Kopp: „Es ist nicht möglich, dass die Gerichte eine verständliche, den Verhältnissen entsprechende Entscheidung treffen. Diese Möglichkeit muss vor allem anderen entfernt werden, und das … kann die Landesgesetzgebung nicht tun. Darum ist ein Reichsgesetz notwendig […] Das eigentlich Nützliche ist eben, dass alle Fragen, die hier einschlagen, juridische und wirtschaftliche, einheitlich gelöst werden durch Behörden, in welchen sowohl die eine wie die andere Richtung vertreten ist, das kann nicht getrennt geschehen und darum nützt auch jener allerdings nicht formulierte Vorschlag nichts, der die Commassionsbehörde entscheiden lässt über die Frage des Eigentums, über die Frage der Regulierung und Teilung aber die autonome Behörde. Wenn sie das auseinanderreißen, scheiden sie etwas, was sich dialektisch, theoretisch scheiden lässt, aber praktisch durchaus nicht, außer zum entschiedenen Nachteile der Sache.“
[76] Raschauer, Rechtskraft und agrarische Operation nach TFLG, in: Die Agrargemeinschaften in Tirol, 276: „Danach erstreckt sich die Zuständigkeit der Agrarbehörde – unter Ausschluss der Zuständigkeit anderer Behörden – insbesondere auf Streitigkeiten über das Eigentum an den in das Verfahren einbezogenen Grundstücken.“
[77]) Peter Pernthaler, Die Gesetzgebungskompetenz für Gemeindegut, in: Kohl/Oberhofer/Pernthaler/Raber, Die Agrargemeinschaften in Westösterreich (im Druck), 409 ff: „Was unter den Kompetenzbegriffen „Bodenreform“ (dies ist der Oberbegriff) und „agrarische Operationen“ im Einzelnen zu verstehen ist, muss – da der Inhalt dieser Begriffe in der Verfassung selbst nicht näher umschrieben ist – im Sinne der ständigen Rechtsprechung danach beurteilt werden, „in welcher rechtlichen Prägung die Rechtsordnung die Begriffe im Zeitpunkt ihrer Schaffung verwendet hat“. Der Inhalt der Kompetenzvorschriften wird somit nach dem Prinzip der historischen Auslegung ermittelt. Die Kompetenzbegriffe sind in jener Bedeutung zu verstehen, die sie beim Wirksamwerden der betreffenden Zuständigkeitsvorschriften (hier: 1. 10. 1925) in der Rechtsordnung hatten.“ […] Hinsichtlich des Begriffs der „agrarischen Operationen“ (dieser Begriff steht hier im Vordergrund – auf den umfassenderen Begriff der „Bodenreform“ soll unter Pkt 3 eingegangen werden) – ist nach Lehre und Rechtsprechung auf die drei „Reichsrahmengesetze“ von 1883, RGBl Nr 92 bis 94, abzustellen: Als agrarische Operationen werden vom Verfassungsgerichtshof stets „nur die in den drei sogenannten ‚Reichsrahmengesetzen‘ vom 7. Juni 1883, RGBl 92 bis 94, geregelten Aktionen der Zusammenlegung, der Bereinigung des Waldlandes von fremden Enklaven und der Teilung und Regulierung von Agrargemeinschaften verstanden“
[78]) „Den Agrarbehörden obliegt es, die „rechtlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse an agrargemeinschaftlichen Grundstücken“ zu ordnen, indem die überkommene rechtmäßige gemeinschaftliche Nutzung sowie das Eigentum und die Anteilrechte an diesen Liegenschaften nach in „Übereinkommen“ vereinbartem oder „von amtswegen“ ermittelten Sachverhalt festgestellt werden. Eigentumsrechte an Gemeinschaftsgut können auf Grund vertraglicher Einigung im Übereinkommen in das Gemeindevermögen übertragen, von Amtswegen jedoch nur „festgestellt“ werden. Dabei ist der wirkliche Eigentümer zu ermitteln (Feststellungsentscheidung [!]); Zuständigkeit zu Enteignungen oder enteignungsgleichen Eingriffen kommen den Agrarbehörden im Regulierungsverfahren nicht zu. „Ob ein Grundstück ein Gemeindevermögen, ein Gemeindegut oder ein Gemeinschafts- bzw Gesamtvermögen einer Nutzungsgemeinschaft bilde, muß von Fall zu Fall beurteilt werden und lassen sich die beiden letzteren Eigentumskategorien nur sehr schwer voneinander unterscheiden.“ (Peyrer, Die Regelung der Grundeigenthums=Verhältnisse, 1877, 23)“ (Josef Kühne, Zu Agrargemeinschaften in Vorarlberg, in: Die Agrargemeinschaften in Westösterreich (im Druck) 352.
[79] Vgl dazu: LAS Tirol vom 5.8.1969 LAS-104/17 (Gemeindegut Trins, Regulierung) unter dem Vorsitz des späteren Richters am Verfassungsgerichtshof, Dr. Andreas Saxer. „Das zweite Hauptstück des FLG enthält unter der Überschrift `Ordnung der rechtlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse an agrargemeinschaftlichen Grundstücken´, einleitende Bestimmungen, die im Zuge aller nach diesem Hauptstück durchzuführenden Bodenreformmaßnahmen anzuwenden sind. In § 75 FLG, der den Gegenstand des Ermittlungsverfahrens bei der Regulierung beschreibt, ist zwar die Feststellung des Eigentumsrechts zugunsten einer Agrargemeinschaft nicht angeführt; es ergibt sich aber aus den erwähnten einleitenden Normen des 2. Hauptstückes (§ 36 Abs. 2 lit. d und § 38 Abs. 1 und 7 FLG) die Aufgabe, im Zuge des Verfahrens festzustellen, welche Grundparzellen Gemeindegut und damit agrargemeinschaftliche Liegenschaften sind, und wem sie gehören, insbesondere ob das Eigentum den Nutzungsberechtigten als Miteigentümern oder einer körperschaftlich eingerichteten Agrargemeinschaft zusteht.“
[80] Raschauer, Rechtskraft und agrarische Operation nach TFLG, in: Die Agrargemeinschaften in Tirol, 276: „Insgesamt ist die Agrarbehörde daher nicht auf die Vornahme einer Grundbuchabfrage o dgl beschränkt, mit der Konsequenz, sich allenfalls auf ein non liquet beschränken zu müssen. Ihr obliegt in diesen Fällen auch nicht die Beurteilung einer Vorfrage, vielmehr ist sie dann – grundsätzlich unter Ausschluss einer gerichtlichen Entscheidungsbefugnis – selbst die in der Hauptsache zur Entscheidung berufene Behörde. Die Agrarbehörde hat im Sinn der Rechtssicherheit klare Verhältnisse zu schaffen, also erforderlichenfalls rechtsgestaltend "festzustellen". Wenn die Agrarbehörde das Eigentum eines Rechtsträgers "feststellt" und wenn diese Feststellung unangefochten bleibt, dann ist dieser Rechtsträger Eigentümer im Rechtssinn.“
[81]) „Den Agrarbehörden obliegt es, die „rechtlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse an agrargemeinschaftlichen Grundstücken“ zu ordnen, indem die überkommene rechtmäßige gemeinschaftliche Nutzung sowie das Eigentum und die Anteilrechte an diesen Liegenschaften nach in „Übereinkommen“ vereinbartem oder „von amtswegen“ ermittelten Sachverhalt festgestellt werden. Eigentumsrechte an Gemeinschaftsgut können auf Grund vertraglicher Einigung im Übereinkommen in das Gemeindevermögen übertragen, von Amtswegen jedoch nur „festgestellt“ werden. Dabei ist der wirkliche Eigentümer zu ermitteln (Feststellungsentscheidung [!]); Zuständigkeit zu Enteignungen oder enteignungsgleichen Eingriffen kommen den Agrarbehörden im Regulierungsverfahren nicht zu. „Ob ein Grundstück ein Gemeindevermögen, ein Gemeindegut oder ein Gemeinschafts- bzw Gesamtvermögen einer Nutzungsgemeinschaft bilde, muß von Fall zu Fall beurteilt werden und lassen sich die beiden letzteren Eigentumskategorien nur sehr schwer voneinander unterscheiden.“ (Peyrer, Die Regelung der Grundeigenthums=Verhältnisse, 1877, 23)“ (Josef Kühne, Zu Agrargemeinschaften in Vorarlberg, in: Die Agrargemeinschaften in Westösterreich (im Druck) 352.
[82]) VfSlg 18.446/2008, Pkt B II. 3. Abs 6: „Da aber das Gemeindegut - wie dargelegt - auch nach dem Inhalt des Regulierungsplanes als solches weiter besteht, ist seit der Aufhebung der undifferenzierten Einbeziehung in das System der Reformgesetzgebung seine Eigenart zur Geltung zu bringen.“
[83]) VfSlg 18.446/2008, Pkt B II. 3. Abs 4: „Die These des Verfassungsdienstes des Amtes der Tiroler Landesregierung, für eine verfassungskonforme Deutung der Ergebnisse der Regulierung sei kein Raum mehr, unterstellt der bloßen Regulierung einen überschießenden, die Verhältnisse für alle Zeiten grundlegend verändernden Sinn.“ […] „Der Verfassungsdienst des Bundeskanzleramtes verkehrt die Ablehnung der These, die Gemeinde habe ihr Eigentum nur als Treuhänder der Nutzungsberechtigten (als "Realgemeinde") inne gehabt, geradezu ins Gegenteil, wenn er daraus ableitet, das nunmehrige Eigentum der Agrargemeinschaft verbiete es einen über die Nutzungsrechte hinausgehenden Anteil am Substanzwert der Gemeinde zuzuordnen.“ Pkt B II. 3. Abs 5: „Mit der verfehlten Prämisse, es handle sich bei den in Rede stehenden Liegenschaften nicht mehr um Gemeindegut, fallen auch die darauf aufbauenden weiteren Argumente der belangten Behörde und des Verfassungsdienstes des Bundeskanzleramtes.“ B II. 3. Abs 2: „In ihrer Stellungnahme zur Frage des Verfassungsgerichtshofes, ob die Regulierung die Eigenschaft der Liegenschaften, Gemeindegut zu sein, beseitigt habe, will die belangte Behörde - der insoweit auch die Verfassungsdienste folgen - die Beseitigung dieser Eigenschaft daraus ableiten, dass die Eigentumsverhältnisse durch die Regulierung verändert wurden. Die rechtskräftig gewordene Eigentumsübertragung hat jedoch nur das Eigentum auf die Agrargemeinschaft übertragen, an der Eigenschaft des Gemeindeguts nichts verändern können und wollen und daher auch nichts verändert.“
[84]) VfSlg 18.446/2008, Pkt B II. 3. Abs 6: „Da aber das Gemeindegut - wie dargelegt - auch nach dem Inhalt des Regulierungsplanes als solches weiter besteht, ist seit der Aufhebung der undifferenzierten Einbeziehung in das System der Reformgesetzgebung seine Eigenart zur Geltung zu bringen.“ Pkt B II. 3. Abs 5: „Mit der verfehlten Prämisse, es handle sich bei den in Rede stehenden Liegenschaften nicht mehr um Gemeindegut, fallen auch die darauf aufbauenden weiteren Argumente der belangten Behörde und des Verfassungsdienstes des Bundeskanzleramtes.“ Pkt B II. 3. Abs 4: „Die These des Verfassungsdienstes des Amtes der Tiroler Landesregierung, für eine verfassungskonforme Deutung der Ergebnisse der Regulierung sei kein Raum mehr, unterstellt der bloßen Regulierung einen überschießenden, die Verhältnisse für alle Zeiten grundlegend verändernden Sinn. […] Die bloße Übertragung des Eigentums an eine selbständige juristische Person hindert eine solche Änderung nicht. Der Verfassungsdienst des Bundeskanzleramtes verkehrt die Ablehnung der These, die Gemeinde habe ihr Eigentum nur als Treuhänder der Nutzungsberechtigten (als "Realgemeinde") inne gehabt, geradezu ins Gegenteil, wenn er daraus ableitet, das nunmehrige Eigentum der Agrargemeinschaft verbiete es einen über die Nutzungsrechte hinausgehenden Anteil am Substanzwert der Gemeinde zuzuordnen.“ Pkt B. II. 2. Abs 4 der Begründung: „Das Problem dieses Verfahrens ist vielmehr ausschließlich die im Gesetz nirgends näher bedachte Rechtslage, die durch die Feststellung des Eigentums einer Agrargemeinschaft am Gemeindegut geschaffen wurde. Das für das Gemeindegut wesentliche Substanzrecht der Gemeinde muss hier - entgegen dem ursprünglichen (gemeinderechtlichen) Konzept des Gemeindegutes, das sie als Eigentümerin vorsieht, - als (möglicherweise im Ausmaß wechselnder) Anteil an der Agrargemeinschaft zur Geltung gebracht werden können.“
[85] Zum Bescheid über die Feststellung der Anteilsrechte s § 65 iVm § 76 TFLG 1935 [62 TFLG 1935]; §§ 65 iVm 76 TFLG 1952 [62 TFLG 1952]; §§ 55 iVm 63 TFLG 1969 [53 TFLG 1969]; §§ 56 iVm § 64 TFLG 1978 [54 TFLG 1978], §§ 56 iVm 64 TFLG 1996 [54 TFLG 1978].
[86] VfSlg 18.446/2008 Pkt B II. 3. Abs 3 der Begründung: „Der Umstand, dass eine Regulierung der Sechziger Jahre das Eigentum am Gemeindegut der Agrargemeinschaft zugeordnet und der Gemeinde einen Anteil nur nach Maßgabe der Nutzungen zugebilligt hat, dispensiert demgemäß heute nicht vom verfassungsrechtlichen Gebot, den der Gemeinde zustehenden, wenngleich bisher nicht berücksichtigten Substanzwert […] zu berücksichtigen und gegebenenfalls schon vorher die Anteile neu festzustellen.“ Pkt B. II. 2. Abs 4 der Begründung: „Das Problem dieses Verfahrens ist vielmehr ausschließlich die im Gesetz nirgends näher bedachte Rechtslage, die durch die Feststellung des Eigentums einer Agrargemeinschaft am Gemeindegut geschaffen wurde. Das für das Gemeindegut wesentliche Substanzrecht der Gemeinde muss hier - entgegen dem ursprünglichen (gemeinderechtlichen) Konzept des Gemeindegutes, das sie als Eigentümerin vorsieht, - als (möglicherweise im Ausmaß wechselnder) Anteil an der Agrargemeinschaft zur Geltung gebracht werden können.“ Pkt B II. 1. Abs 2. der Begründung: „Wenn die Agrarbehörden in den Sechziger Jahren also das Eigentum am Gemeindegut auf die Agrargemeinschaft übertragen haben, war das durch das Vorbild der echten Agrargemeinschaften vielleicht nahe gelegt, im Blick auf das Ergebnis aber offenkundig verfassungswidrig. Ist dieser Akt jedoch - wie hier - rechtskräftig geworden, ist Gemeindegut entstanden, das nun atypischerweise im gemeinsamen Eigentum der Gemeinde und der Nutzungsberechtigten steht und als Agrargemeinschaft organisiert ist (vgl. VfSlg. 17.779/2006). Innerhalb der Agrargemeinschaft allerdings - einer Körperschaft des öffentlichen Rechts (§34 Abs2 TFLG) - wirft eine solche Konstruktion die Frage auf, wie der Anteil der Gemeinde im Verhältnis zu den Anteilen der Inhaber von Stammsitzliegenschaften zu bemessen ist.“ (keine Hervorhebungen im Original)
[87] Raschauer, Rechtskraft und agrarische Operation, in: Die Agrargemeinschaften in Tirol (2010) 279: „Vor der Beschlussfassung über den Regulierungsplan sind gemäß § 54 TFLG 1996 die Anteilsrechte zu ermitteln. Wird ein Übereinkommen nicht erzielt, sind die Anteilsrechte auf die gesetzlich vorgezeichnete Weise zu ermitteln. Nach Rechtskraft des Verzeichnisses der Anteilsrechte, setzt § 65 Abs 1 TLFG 1996 fort, ist der Regulierungsplan zu erlassen. Das Gesetz setzt im Sinn der vorgesehenen Verfahrensgliederung also die Rechtskraft des Bescheides über die Anteilsrechte voraus, bevor ein Regulierungsplan zu erlassen ist. Für den in § 54 und in § 65 Abs 1 TFLG geregelten Bescheid, der das Verzeichnis der Anteilsrechte beinhaltet, ist ein Eingriff in die Rechtskraft gesetzlich nicht vorgesehen.“
[88] Zum Bescheid über die Feststellung der Anteilsrechte s § 65 iVm § 76 TFLG 1935 [62 TFLG 1935]; §§ 65 iVm 76 TFLG 1952 [62 TFLG 1952]; §§ 55 iVm 63 TFLG 1969 [53 TFLG 1969]; §§ 56 iVm § 64 TFLG 1978 [54 TFLG 1978], §§ 56 iVm 64 TFLG 1996 [54 TFLG 1978].
[89] VfSlg 18.446/2008 Pkt B II. 3. Abs 3 der Begründung: „Der Umstand, dass eine Regulierung der Sechziger Jahre das Eigentum am Gemeindegut der Agrargemeinschaft zugeordnet und der Gemeinde einen Anteil nur nach Maßgabe der Nutzungen zugebilligt hat, dispensiert demgemäß heute nicht vom verfassungsrechtlichen Gebot, den der Gemeinde zustehenden, wenngleich bisher nicht berücksichtigten Substanzwert […] zu berücksichtigen und gegebenenfalls schon vorher die Anteile neu festzustellen.“ Pkt B. II. 2. Abs 4 der Begründung: „Das Problem dieses Verfahrens ist vielmehr ausschließlich die im Gesetz nirgends näher bedachte Rechtslage, die durch die Feststellung des Eigentums einer Agrargemeinschaft am Gemeindegut geschaffen wurde. Das für das Gemeindegut wesentliche Substanzrecht der Gemeinde muss hier - entgegen dem ursprünglichen (gemeinderechtlichen) Konzept des Gemeindegutes, das sie als Eigentümerin vorsieht, - als (möglicherweise im Ausmaß wechselnder) Anteil an der Agrargemeinschaft zur Geltung gebracht werden können.“ Pkt B II. 1. Abs 2. der Begründung: „Wenn die Agrarbehörden in den Sechziger Jahren also das Eigentum am Gemeindegut auf die Agrargemeinschaft übertragen haben, war das durch das Vorbild der echten Agrargemeinschaften vielleicht nahe gelegt, im Blick auf das Ergebnis aber offenkundig verfassungswidrig. Ist dieser Akt jedoch - wie hier - rechtskräftig geworden, ist Gemeindegut entstanden, das nun atypischerweise im gemeinsamen Eigentum der Gemeinde und der Nutzungsberechtigten steht und als Agrargemeinschaft organisiert ist (vgl. VfSlg. 17.779/2006). Innerhalb der Agrargemeinschaft allerdings - einer Körperschaft des öffentlichen Rechts (§34 Abs2 TFLG) - wirft eine solche Konstruktion die Frage auf, wie der Anteil der Gemeinde im Verhältnis zu den Anteilen der Inhaber von Stammsitzliegenschaften zu bemessen ist.“ (keine Hervorhebungen im Original)
[90] § 33 Abs 5 1. Satz TFLG 1996 idF LGBl 7/2010: „(5) Der Substanzwert eines agrargemeinschaftlichen Grundstückes ist jener Wert, der nach Abzug der Belastung durch die land- und forstwirtschaftlichen Nutzungsrechte verbleibt. Der Substanzwert steht der Gemeinde zu.
[91] § 33 Abs 5 1. Satz TFLG 1996 idF LGBl 7/2010: „(5) Der Substanzwert eines agrargemeinschaftlichen Grundstückes ist jener Wert, der nach Abzug der Belastung durch die land- und forstwirtschaftlichen Nutzungsrechte verbleibt. Der Substanzwert steht der Gemeinde zu.