10144/J XXIV. GP

Eingelangt am 14.12.2011
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

 

der Abgeordneten Ursula Haubner, Martina Schenk

Kollegin und Kollegen

 

an den Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend

 

 

betreffend Verwaltungskosten und Komplexität des „Kinderbetreuungsgeldes“

 

Das Kinderbetreuungsgeld wurde 2002 unter der damaligen FPÖ/ÖVP Regierung als neue, einkommensunabhängige Familienleistung eingeführt:  Finanzielle Unterstützung (Familienleistung) für alle Eltern, deren Kind ab dem 1. Jänner 2002 geboren wird, während der Betreuung ihres Kindes in den ersten drei Jahren, abgekoppelt von einer vorherigen Erwerbstätigkeit.“[1].

 

Entgegen der kritischen Haltung der damaligen Opposition (SPÖ, Grüne) wurde das Kinderbetreuungsgeld von den Familien gut angenommen und ist heute unverzichtbarer Bestandteil der österreichischen Familienpolitik.

Allerdings stellt sich die Entwicklung des Kinderbetreuungsgeldes in den letzten Jahren nicht ganz so positiv dar. Dieser Umstand ist grundsätzlich auf folgendes Problem zurückzuführen:

Die Beschränkung der Wahlfreiheit der Eltern durch die existierende Zuverdienstgrenze. Die komplizierte Berechnungsmethode schafft bei manchen Eltern Barrieren für die tatsächliche Nutzung der Zuverdienstmöglichkeiten. Jene Eltern, die während des Bezuges der Leistung ihre Erwerbstätigkeit weiterführen oder eine Tätigkeit aufnehmen wollen, sehen sich oft mit der Schwierigkeit konfrontiert, ihre künftigen Bezüge richtig einschätzen zu können. Einige Eltern müssen daher deutlich unter der Zuverdienstgrenze bleiben, um keine Rückforderung zu riskieren. Andererseits hat sich insbesondere bei besser verdienenden Eltern gezeigt, dass etwa eine qualifizierte Teilzeitbeschäftigung während der Kleinkindphase bereits zu einer Überschreitung der Zuverdienstgrenze führt, sodass das Kinderbetreuungsgeld nicht bean­tragt bzw. vorzeitig beendet wird.

 

Die Zuverdienstgrenze beschränkt somit in manchen Fäl­len die Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Darüber hinaus ist das Kinderbetreuungsgeld im Vergleich zum ehemaligen Karenzgeld kein Ersatz für einen Verdienstentgang, sondern eine Familienleistung die unab­hängig von einer bestehenden oder früheren Erwerbstätigkeit gebührt. Arbeitsrechtliche Re­gelungen im Mutterschutz- und Väter-Karenzgesetz stehen in keinem Zusammenhang mit den Bestimmungen des Kinderbetreuungsgeldes. Das Kinderbetreuungsgeld ist eine Abgel­tung für die Betreuungsleistung. Den Eltern muss die Freiheit bleiben, zwischen Eigen- oder Fremdbetreuung entscheiden zu dürfen. Die Einschränkung der Erwerbstätigkeit über die Bestimmung einer Zuverdienstgrenze schränkt diese Wahlfreiheit der Eltern ein. Das Kinder­betreuungsgeld soll eine einkommensunabhängige Familienleistung sein.

Ein weiteres Problem in Zusammenhang mit der Zuverdienstgrenze beim Kinderbetreuungsgeld sind die enormen Verwaltungskosten:

Im Jahr 2012 stellt das BMWFJ Mittel in Höhe von 1.058,999.000 für die Familienleistung „Kinderbetreuungsgeld“ zur Verfügung. Bedauerlicherweise fließt dieser Betrag nicht zur Gänze in die Taschen der in Österreich lebenden Familien, sondern versickert hier ein erheblicher Teil im Verwaltungssumpf, der rund um das KBG entstanden ist. Auf der einen Seite gibt es unübersichtlich viele Varianten, die auch den Berechnungsaufwand erheblich erhöhen und andererseits wird unsinnigerweise noch immer an der Zuverdiestgrenze festgehalten, wobei die Einhaltung dieser Grenze – die tröpfchenweise erhöht wird (jetzt gerade wieder um EUR 300,- bei deiner der 5 Varianten) – bzw. deren Überprüfung ebenfalls mit einem enormen Verwaltungsaufwand einhergeht, der ganz simpel auf Null reduziert werden könnte: durch die sofortige Abschaffung der Zuverdienstgrenze. Diese Maßnahme hätte einen doppelt positiven Effekt: Stärkung des Wirtschaftsstandortes Österreich, weil Arbeitskräfte nicht mehr einfach wegfallen würden und Entfall des enormen Verwaltungsaufwandes bei der Überprüfung der Einhaltung der Zuverdienstgrenze.

 

Die unterzeichneten Abgeordneten stellen daher an den Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend folgende

 

 

Anfrage:

 

  1. Dürfen wir mit der Abschaffung der Zuverdienstgrenze noch in dieser Gesetzgebungsperiode rechnen? Wenn ja, wann genau? Wenn nein, weshalb nicht?
  2. Welche Kosten wären mit der Abschaffung der Zuverdienstgrenze beim Kinderbetreuungsgeld verbunden?
  3. Wie hoch ist der tatsächliche Verwaltungsaufwand der durch die neuen 5 Varianten entsteht (wir bitten um eine detaillierte Auflistung der Kosten pro Variante)?
  4. Wie hoch ist der jährliche Verwaltungsaufwand der durch die Überprüfung der Einhaltung der Zuverdiestgrenze ensteht?
  5. Wie stellt sich die Entwicklung der Verwaltungskosten für das Kinderbetreuungsgeld seit 2002 bis dato dar (Bitte jährliche Auflistung in absoluten Zahlen + Steigerung in Prozentangaben)?
  6. Wie stellt sich die Entwicklung der Ausgaben für Inserate und Broschüren betreffend das Kinderbetreuungsgeld seit 2002 bis dato dar, angesichts der Tatsache, dass es bereits so viele Änderung gegeben hat und das Werbematerial jedes Mal neu gedruckt werden muss?
  7. Wie viele unterschiedliche Broschüren oder Folder (Infomaterial) betreffend Kinderbetreuungsgeld gibt es und wo liegen diese auf? Wer trägt dafür die Kosten?
  8. Staatssekretärin Marek hat am 8.10.2009 im Familienausschuss von der Notwendigkeit

gesprochen, zusätzliches Personals für die Administration des KBG aufzunehmen:

a. Wie viel zusätzliches Personal wurde tatsächlich aufgenommen?

b. Welche Kosten sind mit den Neuaufnahmen verbunden?

c. Welcher Art ist die Beschäftigung (Werkvertrag, Anstellung etc) dieses Personals?

d. Welche vorhandenen Planstellen in Ihrem Ressort wurden dafür verwendet bzw.

wie viel neue Stellen mussten geschaffen werden?

e. Wie hoch ist mittlerweile der zusätzliche Personalaufwand im Kompetenzzentrum

Kinderbetreuungsgeld für die NÖ GGK und welche Kosten sind damit verbunden?

  1. Wie vor kurzem in der Presse zu lesen war, wünschen sie sich eine Inflationsanpassung für die Familienleistungen; was hat sie bisher davon abgehalten, sich und den Familien diesen Wunsch zu erfüllen?

 

Wien, am 07.12.2011



[1] Regierungsvorlage 620 d. B. XXI. GP