10151/J XXIV. GP

Eingelangt am 14.12.2011
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Anfrage

 

 

der Abgeordneten Huber

Kolleginnen und Kollegen

 

an die Frau Bundesministerin für Finanzen Dr. Maria Fekter

 

betreffend die Wirtschaftsführung in den Tiroler „Gemeindegutsagrar­gemeinschaften“ und die Umgestaltung hunderter Tiroler Agrargemeinschaften in „leoninische Wirtschaftskörper“ durch Kommunalisierung des Substanzwertes und der laufenden Einnahmen, wodurch die Zerschlagung jeder Privatinitiative und die kurzfristige Belastung der Ortsgemeinden mit der Verwaltung der agrargemeinschaftlichen Liegenschaften droht.

Dies alles mit unabsehbaren kurzfristigen Negativfolgen für die Gemeindehaushalte in Tirol und bundesweit samt Auswirkungen auf die Landesbudgets und letztlich auf den Bund selbst, wodurch die laufenden Sparmaßnahmen geradezu konterkariert würden.

 

Im Erkenntnis VfSlg 9336/1982 erkannte der Verfassungsgerichtshof, dass durch das positive Gemeinderecht vorgegeben sei, dass die in den Ortsgemeinden verwalteten Gemeinschaftsliegenschaften Eigentum der Ortsgemeinden sein müssten[1], obwohl das Gemeinderecht tatsächlich das Gegenteil anordnete[2].

 

In verfehlter Fortentwicklung dieser Judikatur wurde mit den VfGH-Erkenntnissen Slg 18.446/2008, 19.018/2009 ein neuer Typus Agrargemeinschaft geschaffen, der auf eine leoninische Ausbeutung der beteiligten Privatpersonen als Arbeitsgesellschafter und Vollhafter hinausläuft, während die Ortsgemeinde jeden Ertrag aus diesem Wirtschaftskörper absaugt.


Ungeachtet der Tatsache, dass ein solcher leoninischer Wirtschaftskörper mit dem Bundesgrundsatzgesetz betreffend die Flurverfassung 1951[3] völlig unvereinbar ist, hat der Tiroler Landesgesetzgeber dieses Modell mit LGBl 7/2010 im Alleingang und bei Verstoß gegen das Grundsatzgesetz umgesetzt. Der Verfassungsgerichtshof hat – nachdem mit dem Erkenntnis VfSlg 19.262/2010 vom 10.12.2010 der Anschein vermittelt wurde, die „Kommunalisierungsjudikatur“ seit VfSlg 9336/1982 könne korrigiert werden – mit dem Erkenntnis B 1645/10 vom 28.02.2011 noch einen „Gang höher geschaltet“: Das Vermögen dieses neuen Typus Agrargemeinschaft („atypische Gemeindegutsagrargemeinschaft“) wurde als Verfügungseigentum der Ortsgemeinden[4] dekretiert; die Agrargemeinschaft kann dementsprechend nur „Nutzungsrecht“ besitzen, obwohl die Agrargemeinschaft zivile Eigentümerin[5]  ist. Alle Nutzungen aus dem „atypischen Gemeindegut“ sollen der Ortsgemeinde zustehen[6].

In vierzehn Erkenntnissen vom 30.6.2011 ist der Verwaltungsgerichtshof dem nicht entgegengetreten[7]. Das Gegenteil war der Fall: Die Voraussetzungen dafür, dass eine solche leoninische public private „partnership Gemeindegutsagrargemeinschaft“ entstanden sein soll, wurden so definiert, dass österreichweit mehrere tausend Agrargemeinschaften betroffen sein könnten[8]. Untersuchungen außerhalb Tirols und Vorarlbergs dazu fehlen.

Die Konsequenz sind wirtschaftlicher Stillstand und eskalierende Rechtsstreitigkeiten in den betroffenen Tiroler Gemeinden.

Die Agrargemeinschaften führen keine Liegenschaftstransaktionen mehr durch, es sei denn, die Ortsgemeinde würde vorbehaltlos auf den „Substanzwert“ verzichten.

Den Gemeinderäten wird seitens der Gegner der Agrargemeinschaften mit Strafanzeige gedroht, wenn diese solche Forderungen erfüllen wollten.

Teilweise fordern die Ortsgemeinden astronomische Summen von den Agrargemeinschaften zur Bereinigung der Vergangenheit.

In der Ortsgemeinde Mutters wurde im Gemeindebudget 2011 ein sechsstelliger EURO-Betrag eingestellt (und ausgegeben).

Die Agrargemeinschaften verweigern in aller Regel jede Zahlung, weil es sich um Geld der Mitglieder handelt, welches diesen im Verhältnis der Anteilsrechte gemäß rechtskräftigem „Bescheid über die Liste der Parteien und deren Anteilsrechte“ zusteht.

In über 50% der Fälle ist die jeweilige Ortsgemeinde gemäß rechtskräftigem Bescheid nicht einmal Mitglied der Agrargemeinschaft.

 

Es ist absehbar, dass in einem Wirtschaftsköper „atypische Gemeindegutsagrargemeinschaft“, die privaten „Arbeitsgesellschafter“ sich kurzfristig abwenden werden. Die Ortsgemeinden als Träger der Substanz würden mit der Verwaltung dieser Liegenschaften belastet.

Jede Privatinitiative wird zusammenbrechen.

Systeme, welche Arbeitsgesellschaftern jede Aussicht auf Gewinn verweigern, haben bekanntlich keine Nachhaltigkeit.

 

Die offensichtlichen Konsequenzen aus dieser Judikatur gegen die Agrargemeinschaften sind

*  ein absehbarer wirtschaftlicher Niedergang der Agrargemeinschaften;

*  Ausfall der Waldpflegemaßnahmen mit allen Negativkonsequenzen für Umwelt und Wirtschaft;

* Ausfall der Wegbaumaßnahmen mit negativen Auswirkungen auf die Erholungslandschaft und den
   Tourismus;

*  Wegfall jeder Privatinitiative betreffend wertsteigernde Nutzungsformen des Gemeinschaftslandes;

*  wechselseitige Blockade in der Wirtschaftsführung.

 

Es drohen unabsehbare negative Folgen für die öffentlichen Finanzen, welche die aktuellen Sparbemühungen der österreichischen Bundesregierung konterkarieren. Negatives Beispiel ist die Verwaltungsführung der Gemeinschaftsliegenschaften von Sölden.

Die Agrargemeinschaft Sölden ist gemäß Regulierungsvereinbarung „typische Gemeindegutsagrargemeinschaft“ mit der Ortsgemeinde Sölden als Eigentümerin der Gemeinschaftsliegenschaften.

Bürgermeister Mag. Ernst Schöpf, Präsident des Tiroler Gemeindeverbandes, erwirtschaftet jährliche Abgänge „in Anwendung der Gemeindeordnung“ mit der Verwaltung der Agrargemeinschaft.

Zum Stichtag 31.12.2010 hafteten rund EURO 1.687.000,-- an Bankschulden, welche bei der Verwaltung der agrargemeinschaftlichen Liegenschaften aufgeschlagen wurden, unberichtigt aus.

Weder im Wirtschaftsjahr 2009 noch im Wirtschaftsjahr 2010 wurde ein einziger EURO für „Aufforstung, Pflegemaßnahmen und Forstgärten“ ausgegeben.

In beiden Jahresrechnungen ist zur Position „Aufforstung, Pflegemaßnahmen und Forstgärten“ „0,00“ EURO an Ausgaben ausgewiesen.

Ungeachtet einer offensichtlich völlig unzulänglichen Waldpflege wird der Gemeindehaushalt der Ortsgemeinde Sölden durch die Wirtschaftsführung in den Gemeinschaftsliegenschaften unerträglich belastet.

Einem solchen mit der Kommunalisierungsjudikatur seit VfSlg 9336/1982 und 18.446/2008 vielen Tiroler Ortsgemeinden drohenden Finanzdebakel muss durch eine Novelle zum Flurverfassungs-Grundsatzgesetz 1951 vorgebeugt werden.

Die Tiroler Landesregierung versucht diese Gesetzesnovelle unter allen Umständen zu verhindern. Angeblich verspricht man sich wirtschaftliche Impulse aus einer Enteignung der Agrargemeinschaften.

Welche Nachhaltigkeitsüberlegungen diese Annahmen rechtfertigen bleibt schleierhaft.

Tatsächlich wird gerade das Gegenteil der Fall sein! Den öffentlichen Haushalten droht aus der Verwaltung nutzungsbelasteter Gemeinschaftsliegenschaften augenscheinlich ein Finanzdebakel.

 

Diese Prognose ist durch Erhebung von Vergleichszahlen zur Wirtschaftsleistung der verschiedenen Typen von Gemeinschaftsliegenschaften zu erhärten.

 

Angesichts der aktuellen Bemühungen der Bundesregierung um Einsparung, ist die Angelegenheit dringlich, weil offensichtlich aus der absehbaren Belastung der öffentlichen Haushalte mit der Wirtschaftsführung in den Gemeinschaftsliegenschaften strukturell bedingte neue „Haushaltslöcher“ eröffnet werden, während die Bundesregierung um nachhaltige Einsparmaßnahmen kämpft.

 

Zu unterscheiden sind folgende Typen von Gemeinschaftsliegenschaften:

 

a) Gemeinschaftsliegenschaften in Gemeindeverwaltung ohne jedwede agrarbehördliche Regulierung; die Verwaltung erfolgt in Anwendung der Gemeindeordnung über die Bestimmungen zur Verwaltung des Gemeindegutes (zB Gemeinde Galtür, Paznaun);

 

b) Gemeinschaftsliegenschaften mit agrarbehördlicher Regulierung im Eigentum und in Verwaltung der Ortsgemeinde und dem Bürgermeister institutionell als „Obmann der Agrargemeinschaft“ (zB Gemeinde Sölden, Ötztal);

 

c) Gemeinschaftsliegenschaften mit agrarbehördlicher Regulierung im Eigentum und in Verwaltung der körperschaftlich als juristische Person eingerichteten Agrargemeinschaft (in Tirol ca. 800 Fälle).

 

In diesem Zusammenhang richten die unterfertigten Abgeordneten an die Frau Bundesministerin für Finanzen folgende

 

 

AnfragE

 

 

zu den Verhältnissen im Bezirk Reutte/Tirol.

 

1. Welche Ortsgemeinden existieren im Bezirk, die mit Nutzungsrechten von Stammliegenschaftsbesitzern belastete Liegenschaften verwalten (Teilwaldbelastungen oder ohne Teilwaldrechte, Almliegenschaften), welche nie einer agrarischen Operation (Regulierung der Nutzungsrecht) unterzogen wurden?

Zusatzfragen:

a) Welche von diesen Ortsgemeinden existieren im Bezirk, die mit der Verwaltung solcher mit Nutzungsrechten (Teilwäldern) belasteten Liegenschaften laufende Überschüsse erwirtschaften?

b) Welche von diesen Ortsgemeinden existieren im Bezirk, die mit der Verwaltung solcher mit Nutzungsrechten (Teilwäldern) belasteten Liegenschaften laufende Abgänge erwirtschaften?

c) Welche von diesen Ortsgemeinden existieren im Bezirk, die mit der Verwaltung solcher mit Nutzungsrechten (Teilwäldern) belasteten Liegenschaften ausgeglichen wirtschaften?

d) Wie waren die Ergebnisse der einzelnen Gemeinden (Überschüsse/Abgänge) in den letzten fünf abgeschlossenen Wirtschaftsjahren 2010, 2009, 2008, 2007, 2006?


2. Welche Ortsgemeinden existieren im Bezirk, die mit Nutzungsrechten von Stammliegenschaftsbesitzern belastete Liegenschaften verwalten (Teilwaldbelastungen oder ohne Teilwaldrechte, Almliegenschaften), weil diesen Ortsgemeinden im Zuge der Regulierung das Eigentum an der Gemeinschaftsliegenschaft zugesprochen wurde?

Zusatzfragen:

a) Welche von diesen Ortsgemeinden existieren im Bezirk, die mit der Verwaltung der Agrargemeinschaft laufende Überschüsse erwirtschaften?

b) Welche von diesen Ortsgemeinden existieren im Bezirk, die mit der Verwaltung der Agrargemeinschaft laufende Abgänge erwirtschaften?

c) Welche von diesen Ortsgemeinden existieren im Bezirk, die mit der Verwaltung der Agrargemeinschaft ausgeglichen wirtschaften?

d) Wie waren die Ergebnisse der einzelnen Gemeinden (Überschüsse/Abgänge) in den letzten fünf abgeschlossenen Wirtschaftsjahren 2010, 2009, 2008, 2007, 2006?

 

3. Werden und wurden aus der Verwaltung der Liegenschaften gem. Frage 1. und 2. durch die Ortsgemeinden im Bezirk Steuereinnahmen und öffentlichen Abgaben (nicht Sozialversicherungsbeiträge) für die öffentlichen Haushalte generiert?

Zusatzfragen:

a) Wenn Ja, welche Steuern?

b) Wenn Ja, in welcher Höhe und in welchen Gemeinden?

c) Wenn Ja, wie hoch waren die Einnahmen in den letzten fünf abgeschlossenen Budgetjahren 2010, 2009, 2008, 2007, 2006, jeweils getrennt nach den öffentlichen Haushalten Bund und Land?

 

4. In welchen Ortsgemeinden im Bezirk existieren regulierte Agrargemeinschaften, die körperschaftlich eingerichtet sind und denen das Eigentumsrecht an der jeweiligen agrargemeinschaftlichen Liegenschaft zugesprochen wurde, die jedoch nach der neuen Judikatur als „atypische Gemeindegutsagrargemeinschaften“ beurteilt werden?

Zusatzfragen:

a) Welche Steuern und öffentlichen Abgaben (nicht Sozialversicherungsbeiträge) in welcher Höhe wurden von diesen, heute als „atypische Gemeindegutsagrargemeinschaften“ beurteilten Agrargemeinschaften in den einzelnen Ortsgemeinden jeweils getrennt nach den öffentlichen Haushalten Bund, Land und Gemeinde in den letzten fünf abgeschlossenen Budgetjahren 2010, 2009, 2008, 2007, 2006, lukriert?

b) Wie wird sich dieses Aufkommen an Steuern und öffentlichen Abgaben (nicht Sozialversicherungsbeiträge) in den nächsten 10 Jahren entwickeln, wenn sich der mit den VfGH- Erkenntnissen Slg 18.446/2008, 19.018/2010 und der TFLG-Novelle 2010 eingeschlagene strukturelle Umbau der „atypischen Gemeindegutsagrargemeinschaften“ durchsetzt?

Konkretisierung dazu:

a) Erwartet sich die Finanzministerin eine Änderung? Wenn Ja, in Richtung einer Erhöhung der Einnahmen für die öffentlichen Haushalte oder in Richtung einer Verringerung?

b) Welche Steuereinnahmen und öffentlichen Abgaben (nicht Sozialversicherungsbeiträge) werden durch den „Umbau“ als “atypische Gemeindegutsagrargemeinschaften“ wegfallen?

c) Welche Steuereinnahmen und öffentlichen Abgaben (nicht Sozialversicherungsbeiträge) werden sich durch den „Umbau“ als “atypische Gemeindegutsagrargemeinschaften“ verringern?

d) Welche Steuereinnahmen und öffentlichen Abgaben (nicht Sozialversicherungsbeiträge) werden sich durch den „Umbau“ als “atypische Gemeindegutsagrargemeinschaften“ erhöhen?


Anhang: Zum historischen Hintergrund

 

Seit Inkrafttreten des Teilungs- und Regulierungs-Landesgesetzes im Jahr 1909[9] werden in Tirol Liegenschaften in agrargemeinschaftlicher Nutzung „reguliert“. Das bedeutet, dass die Agrarbehörde festgestellt hat, wer diese Liegenschaften nutzen durfte und welches Anteilsrecht die Berechtigten besitzen.

Je nachdem, ob die jeweilige Ortsgemeinde bereits als Verwaltungsstruktur implementiert war oder nicht, wurde die Gemeindeordnung um zweckmäßige und notwendige Regelungen zur Sicherstellung zweckmäßiger Verwaltung ergänzt[10] oder es wurde eine Agrargemeinschaft körperschaftlich  eingerichtet.

Das historische Gemeinschaftsland, die Wirtschaftsgenossenschaft der Nachbarn an extensiv genutzten Grund und Boden, bildete über Jahrhunderte eine wesentliche Grundlage des Gemeindeverbandes, der seit jeher einen „doppelten Beruf“ ausgeübt hat, weil dieser historische Gemeindeverband einerseits private Wirtschaftsgenossenschaft war, andererseits politisch-soziales Gebilde[11]. Aus dieser traditionellen Verknüpfung des politisch-sozialen Gemeindeverbandes mit der historischen Wirtschaftsgenossenschaft der Nachbarn (welche die historische „Gemeinde“ bildeten) resultiert die enge Verflechtung der verschiedenen Systeme.

Mit Einrichtung der heutigen Ortsgemeinden aufgrund der Ausführungsgesetze zum Reichsgemeindegesetz 1862 aus der Zeit von 1863 bis 1866 wurde die traditionelle gemeinschaftliche Verwaltung in politisch-sozialen Angelegenheiten und Angelegenheiten der gemeinsamen Wirtschaftsgenossenschaft fortgeführt, ein europaweit zu beobachtendes Phänomen[12].

Die Grundbuchanlegung hat sich in allen österreichischen Ländern streng an das Urkundenprinzip gehalten. Weil diese Gemeinschaftsliegenschaften seit Jahrhunderten unter der Bezeichnung „Gemeinde“ bekannt waren, wurden diese allerorten auch auf diese Eigentümerbezeichnung oder ähnliche Begriffe wie Katastralgemeinde, Kommune, Ortschaft, Fraktion usw einverleibt. Besonders instruktiv ist diesbezüglich ein Bericht des NÖ Landesausschusses an den NÖ Landtag aus dem Jahr 1878[13], der aufgrund von vierjährigen Erhebungen in allen niederösterreichischen Gemeinden zu Stande gekommen war.


Der Österreichische Gesetzgeber hat sich freilich klar gegen eine Kommunalisierung (Verstaatlichung) der Gemeinschaftsliegenschaften positioniert und in §§ 26 Prov. GemG 1849[14] und 11 resp. 12 der Ausführungsgesetze zum Reichsgemeindegesetz 1862 ausgesprochen, dass die Errichtung der modernen Ortsgemeinde keine Verstaatlichung der historischen Wirtschaftsgenossenschaften bewirken darf[15]. Eine Enteignung der historischen Wirtschaftsgenossenschaften bedürfte einer Gesetzesnorm[16]; eine solche ist gerade nicht ersichtlich.

Die modernen Gemeindeordnungen stellen ausdrücklich klar, dass die Gemeinschaftsliegenschaften, insoweit diese als Gemeindegut in den Strukturen der Ortsgemeinde verwaltet werden, gerade nicht nach Gemeinderecht als Eigentum der Ortsgemeinde zu gelten haben; zuständig sei vielmehr das „Flurverfassungsrecht“. Diese Klarstellung im Gemeinderecht der Länder erfolgte – naturgemäß – für jedes Land unterschiedlich durch den jeweiligen Landesgesetzgeber, zB für Tirol 1935[17], für Vorarlberg 1935[18], für Oberösterreich 1936[19], für Steiermark 1948[20].

 

Weil jedoch in den Ortsgemeinden das private Gemeinschaftseigentum und das Eigentum der Ortsgemeinden nicht leicht auseinander gehalten werden konnten und in Böhmen und Niederösterreich schon in den 70er Jahren des 19. Jahrhunderts zahlreiche Gerichtsstreitigkeiten über die Eigentumsverhältnisse an diesen Liegenschaften ausgebrochen waren, hat der Reichsgesetzgeber 1883 die Grundlagen für die agrarischen Operationen der Teilung oder Regulierung solcher Liegenschaften geschaffen[21]. Voraussetzung war die Schaffung eines entsprechenden Landesgesetzes[22], was in Tirol erst 1909 erfolgte, in Vorarlberg erst 1921.

 

Insoweit keine Teilung beabsichtigt war, wurde nach diesen Landesgesetzen – mit Ausnahme von Kärnten – die Verwaltung dieser Liegenschaften innerhalb der Gemeindeinstitutionen geregelt[23]. Erst das Flurverfassungs-Grundsatzgesetz 1932 hat die vollständige Herauslösung der historischen Gemeinschaftsliegenschaften aus der Gemeindeverwaltung ermöglicht. Voraussetzung war ein entsprechender Antrag von mindestens 25% der mitberechtigten „Teilgenossen“.

Im Regulierungsverfahren hat jedoch immer noch die Alternative bestanden, sich dahingehend zu vereinbaren, dass die Ortsgemeinde Eigentümerin bleiben sollte, wodurch ihr weiterhin die Verwaltung der Gemeinschaftsliegenschaften gesichert war.

 

In Konsequenz bestehen in Tirol drei Varianten von Gemeinschaftsliegenschaften:

a) Gemeinschaftsliegenschaften in Gemeindeverwaltung ohne jedwede agrarbehördliche Regulierung; die Verwaltung erfolgt in Anwendung der Gemeindeordnung über die Bestimmungen zur Verwaltung des Gemeindegutes (zB Gemeinde Galtür, Paznaun);

b) Gemeinschaftsliegenschaften mit agrarbehördlicher Regulierung im Eigentum und Verwaltung der Ortsgemeinde und dem Bürgermeister institutionell als „Obmann der Agrargemeinschaft“ (zB Gemeinde Sölden, Ötztal);

c) Gemeinschaftsliegenschaften mit agrarbehördlicher Regulierung im Eigentum und Verwaltung der körperschaftlich als juristische Person eingerichteten Agrargemeinschaft (in Tirol ca 800 Fälle).

Obwohl die Tiroler Gemeindeordnung des Jahres 1935 auf der Grundlage des Bundesgrundsatzgesetzes zur Flurverfassung 1932 explizit klargestellt hatte, dass Gemeinschaftsliegenschaften kein Gemeindeeigentum seien, sondern nur von der Gemeinde so lange verwaltet werden, bis eine agrarbehördliche Regulierung erfolgt ist[24] (gleiches war in Vorarlberg


geltendes Recht[25]) und obwohl sich an dieser Klarstellung der Gemeindegesetzgeber nicht das mindeste geändert hatte (nicht während der Gewalt- und Unrechtsherrschaft der Nationalsozialisten[26] und nicht durch die Wiedererrichtung der Zweiten Republik[27] und auch nicht durch die weitere Entwicklung des Gemeinderechts[28]), kam es zum Erkenntnis VfSlg 9336/1982, wo behauptet wurde, Gemeindegut sei zwingend Eigentum der jeweiligen Ortsgemeinde.



[1]              VfSlg 9336/1982 Pkt III Z 2 Abs 1 der Begründung:) „Dieses – im gemeinderechtlichen Befund nicht gedeckte – Bild der Bodenreformgesetze ist es, von dem auch die Tiroler Landesregierung in ihrer Äußerung ausgeht; sie verkennt dabei allerdings, dass man bei diesem Bild nicht haltmachen darf, sondern auf die Regelungen des Gemeinderechtes zurückgreifen und die Auswirkung der mangelnden Übereinstimmung untersuchen muss.“ (VfSlg 9336/1982 Pkt III Z 1 Abs 3 der Begründung:) „Das Gemeindegut iS der Gemeindeordnungen ist aber – und hierin ist der VfGH insbesondere auch mit der Vbg. Landesregierung einig – nicht nur formell der Gemeinde zugeordnet, sondern auch in materieller Hinsicht Eigentum der Gemeinde und nur insofern beschränkt, als es mit bestimmten öffentlich-rechtlichen Nutzungsrechten einiger oder aller Gemeindeglieder belastet ist, sodass die Substanz und also auch der Substanzwert und ein allfälliger Überschuss der Nutzungen der Gemeinde als solcher zugeordnet bleiben.“ (VfSlg 9336/1982 Pkt III Z 2 Abs 8 der Begründung:) „Das Flurverfassungsrecht knüpft also wohl formell an den Begriff des Gemeindegutes iS der Gemeindeordnungen an, der das Eigentum der Gemeinde voraussetzt. Indem es aber das Gemeindegut ohne Berücksichtigung dieses Umstandes in die Ordnung der Verhältnisse an agrargemeinschaftlichen Grundstücken einbezieht, die zwangsläufig auf das Verhältnis der Nutzungen abstellt, vernachlässigt es den der Gemeinde zugeordneten Substanzwert.“

[2]              Siehe dazu unten im Anhang, „Zum geschichtlichen Hintergrund“.

[3]              Flurverfassungs-Grundsatzgesetz 1951, Anlage 1 zur Kundmachung der Bundesregierung vom 13. Februar 1951 über die Wiederverlautbarung von Rechtsvorschriften auf dem Gebiet der Bodenreform, BGBl 1951/103, idgF.

[4]              B 1645/10 vom 28.02.2011, Pkt 2.2.2.5. der Begründung „Dieser Anspruch der Gemeinde auf den Substanzwert des Gemeindegutes stellt aber gleichermaßen eine durch die Eigentumsgarantie geschützte Rechtsposition dar, die auch das subjektive Recht der umfassenden Dispositionsbefugnis über alle vom Eigentumsschutz erfassten Rechte gewährleistet (Korinek, in: Korinek/Holoubek [Hrsg], Österreichisches Bundesverfassungsrecht III [Loseblatt 2002] Art5 StGG Rz 26 aE; vgl. auch EGMR 24.6.1993, Fall Papamichalopoulos, Appl. 14.556/89, Z39 ff.). Es ist daher verfassungsrechtlich geboten, den Anspruch der Gemeinde auf den Substanzwert des Gemeindegutes - hier im Wege der Einräumung von Zustimmungs- und Einwirkungsrechten - zu wahren, weil ansonsten der Gemeinde die Ausübung ihrer Eigentümerbefugnisse verfassungswidrig vorenthalten werden würde (vgl. VfSlg. 18.446/2008).“

[5]              VwGH Zl 2010/07/0091, Pkt 4 Abs 1 „Es trifft zu, dass die Agrargemeinschaft durch die Feststellung von Eigentum im rechtskräftigen Regulierungsplan Eigentümerin des in Rede stehenden Gebietes ist. Durch diesen Eigentumsübergang von der Gemeinde auf die Agrargemeinschaft hat sich das Eigentumsrecht der Gemeinde aber in ein Anteilsrecht verwandelt (vgl. dazu die Erkenntnisse des Verfassungsgerichtshofes vom 11. Juni 2008, VfSlg 18.446/2008, und vom 5. März 2010, B 984/09 -  B 974/09). Dieses Anteilsrecht der Gemeinde ist inhaltlich mit dem Recht auf die Verfügung über den Substanzwert gleichzusetzen. Beziehen sich die Anteile der übrigen Mitglieder der Agrargemeinschaft (nur) auf die Rechte an den Nutzungen der agrargemeinschaftlichen Grundstücke, so bezieht sich das Anteilsrecht der Gemeinde an der Agrargemeinschaft auf das Recht zur Nutzung der Substanz (vgl. dazu auch § 34 Abs. 1 TFLG 1996 in der Fassung der TFLG-Novelle 2010). Die Agrargemeinschaft ist zwar "bloß formale Eigentümerin", allerdings - zivilrechtlich betrachtet - Alleineigentümerin der agrargemeinschaftlichen Grundstücke. Das der Gemeinde zukommende Recht auf den Substanzwert verwirklicht sich hier nicht in einer Form des Miteigentums, sondern als agrargemeinschaftliches Anteilsrecht.“

[6]              Vgl das Tiroler Landesrecht, angepasst an VfSlg 18.446/2008: § 33 Abs 5 1. Satz TFLG 1996 idF LGBl 7/2010: „(5) Der Substanzwert eines agrargemeinschaftlichen Grundstückes ist jener Wert, der nach Abzug der Belastung durch die land- und forstwirtschaftlichen Nutzungsrechte verbleibt. Der Substanzwert steht der Gemeinde zu.Nach dieser Gesetzesbestimmung verbleibt dem Wirtschaftskörper „Gemeindegutsagrargemeinschaft“ NULL, weil alle Erträgnisse aus dem Eigentum entweder den Nutzungsberechtigten zustehen oder der Ortsgemeinde.

[7]              Leit-Erk VwGH 30.6.2011 Zl 2010/07/0091

[8]              VwGH 30.6.2011 Zl 2010/07/0091: Z 1. Abs 3 „Nun hat der Verfassungsgerichtshof im Erkenntnis vom 10. Dezember 2010, B 639/10, B 640/10, unter anderem die Ansicht vertreten, dass bei einer Feststellung nach § 33 Abs. 2 lit. c Z 2 TFLG 1996 auf Grundlage des § 33 Abs. 5 TFLG 1996 feststehe, dass der Substanzwert der Gemeinde zukomme. Eine Feststellung, wonach Gemeindegut nach § 33 Abs. 2 lit. c Z 2 TFLG 1996 vorliege, beinhaltet daher auch einen (positiven) Ausspruch über den Restitutionsanspruch der Gemeinde. Angesichts dessen ist davon auszugehen, dass mit dem angefochtenen Bescheid, entgegen der Ansicht der Agrargemeinschaft, auch über den Restitutionsanspruch der Gemeinde abgesprochen wurde.“

[9]          Gesetz für die gefürstete Grafschaft vom 19. Juni 1909 LGBl 61/1909 die Teilung gemeinschaftlicher Grundstücke und die Regulierung der hierauf bezüglichen Benützungs- und Verwaltungsrechte.

[10]             Die Regulierung der Verwaltungsrechte hatte nur insofern stattzufinden, als die Verwaltung der Gemeinschaftsliegenschaft nicht schon durch die Gemeindeordnung oder andere, das Gemeindegut betreffende Vorschriften geregelt war, oder insofern innerhalb der letzterwähnten Regelungen noch besondere Vorkehrungen zur angemessenen Verwaltung notwendig erkannt wurden (§ 12 Abs 2 des Mähr-TRLG 1884; § 7 Abs 2 NÖ-TRLG 1886; § 7 Abs 2 Krain-TRLG 1887, § 12 Abs 2 Schles-TRLG 1888; § 12 Abs 2 Slbg-TRLG 1892; §§ 3 Abs 2 St-TRLG 1909 = 3 Abs 2 T-TRLG 1909 = 3 Abs 2 OÖ-TRLG 1909; § 3 Abs 2 Vlbg-TRLG 1921): „Die Regulierung der Verwaltungsrechte bezüglich gemeinschaftlicher Grundstücke findet nach diesem Gesetz nur insofern statt, als die Verwaltung solcher Grundstücke nicht schon durch die Gemeindeordnung oder andere, das Gemeindegut betreffende Vorschriften geregelt ist oder insofern innerhalb der letzterwähnten Regelung noch besondere Vorkehrungen zur angemessenen Verwaltung von als Gemeindegut benützten Grundstücken notwendig erkannt werden.“

[11]             Gierke, Deutsches Privatrecht, I, 577 f.

[12]             Grundlegend: Julius Weiske, Über Gemeindegüter und deren Benutzung durch die Mitglieder nach den Bestimmungen der neuen Gemeindegesetze, insbesondere in Württemberg, Hessen und Baden, nebst beurteilender Darstellung des neuen österreichischen Gemeindegesetzes, Leipzig 1849.

[13]             Bericht des Niederösterreichischen Landesausschusses vom 21. September 1878 betreffend die Regelung der Besitz- und Nutzungsverhältnisse des Gemeindeeigentums, XXVII der Beilagen zu den stenographischen Protokollen des niederösterreichischen Landtages, 5. Wahlperiode, Seite 8. Der Bericht des NÖ Landesausschuss vom 21. September 1878 bringt eine historische Entwicklung drastisch zum Ausdruck, wenn er feststellt, dass die alte Organisation der Nachbarschaft „zertrümmert“ war, weil die Nachbarschaft im „modernen Staate“ den öffentlichen Charakter verloren hätte, „ohne dass man daran dachte, ihre genossenschaftliche Organisation in Bezug auf ihre Privatrechte zu erhalten“. Die ‚Gemeinde’ erschien jedoch in allen Urkunden als Eigentümerin und „so beerbte die moderne Gemeinde ihre Mutter, die Nachbarschaft, ohne dass Letztere gestorben wäre.“

[14]              § 26 der provisorischen Gemeindeordnung 1849 bestimmt klar und deutlich: „Die privatrechtlichen Verhältnisse überhaupt und insbesondere die Eigenthums- und Nutzungsrechte ganzer Classen oder einzelner Glieder der Gemeinde bleiben ungeändert.“

[15]              Öhlinger, Das Gemeindegut in der Judikatur des VfGH, in: Die Agrargemeinschaften in Tirol, 246: „So scharf nämlich die Zäsur ist, die das provisorische Gemeindegesetz in der Entwicklung des Gemeinderechts setzt, so klar sagt dieses Gesetz selbst in seinem § 26: `Die privatrechtlichen Verhältnisse überhaupt und insbesondere die Eigenthums- und Nutzungsrechte ganzer Klassen oder einzelner Glieder der Gemeinde bleiben ungeändert.´ Dieser Satz findet sich gleichlautend in den Ausführungsgesetzen der einzelnen Kronländer zum Reichsgemeindegesetz von 1862, mit denen der Prozess der „Schaffung“ der politischen Gemeinde zum Abschluss kommt, so in § 11 Vorarlberger Gemeindeordnung von 1864 und § 12 TGO 1866. Wenn hier explizit auf das Eigentum `ganzer Klassen´ Bezug genommen wird, so lässt sich nicht deutlicher zum Ausdruck bringen, dass auch das Eigentum der bisherigen Agrargemeinden (`Realgemeinden´) nicht verändert werden sollte.“

[16]              Heinz Mayer, Politische Ortsgemeinde versus Realgemeinde: Zur Frage des Überganges des historischen Gemeindevermögens, in: Kohl/Oberhofer/Pernthaler, Die Agrargemeinschaften in Tirol, 198 f: „Eine solche positivrechtliche Anordnung, die einen Eigentumsübergang normiert, existiert jedoch nicht; das Gegenteil ist der Fall: § 26 der provisorischen Gemeindeordnung 1849 bestimmt klar und deutlich: „Die privatrechtlichen Verhältnisse überhaupt und insbesondere die Eigenthums- und Nutzungsrechte ganzer Classen oder einzelner Glieder der Gemeinde bleiben ungeändert.“ Die Bestimmung ist eindeutig: Eine Änderung privatrechtlicher Verhältnisse wird durch das Inkrafttreten der provisorischen Gemeindeordnung nicht bewirkt und war vom Gesetzgeber auch nicht beabsichtigt. Dies bedeutet aber, dass es auch keine Rechtsnachfolge gibt.“

[17]              Artikel III. Tiroler LGBl 1935/36: Bis zum Inkrafttreten des Flurverfassungs-Landesgesetzes gelten für das Gemeindegut, insoweit es aus agrargemeinschaftlichen Grundstücken besteht, folgende Bestimmungen: 1. Über Ansprüche auf Nutzungen des Gemeindegutes entscheidet in I. Instanz der Gemeindetag. 2. Die Verteilung des Gemeinde-(Fraktions)Gutes oder eines Teiles davon unter die Gemeindemitglieder ist in der Regel unzulässig. Ausnahmen bewilligt die Landesregierung, wenn besonders triftige Gründe vorliegen. 3. …; § 79 Tiroler Gemeindeordnung 1935: Die Verteilung des Gemeindevermögens und Gemeindeguts oder eines Teiles davon unter die Gemeindemitglieder ist in der Regel unzulässig. Ausnahmen bewilligt die Landesregierung, wenn besonders triftige Gründe vorliegen. Insoweit es sich beim Gemeindegut um agrargemeinschaftliche Grundstücke handelt, ist die Teilung im Flurverfassungslandesgesetz geregelt. § 114 Abs 3 TGO 1935: Die Verteilung des Gemeindevermögens und Gemeindeguts oder eines Teiles davon unter die Gemeindemitglieder ist in der Regel unzulässig. Ausnahmen bewilligt die Landesregierung, wenn besonders triftige Gründe vorliegen. Insoweit es sich beim Gemeindegut um agrargemeinschaftliche Grundstücke handelt, ist die Teilung im Flurverfassungslandesgesetz geregelt. § 117 TGO 1935: Für die Regelung der rechtlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Gemeindeguts, insoweit dieses aus agrargemeinschaftlichen Grundstücken im Sinne des Flurverfassungslandesgesetzes besteht, sind die Bestimmungen des Flurverfassungslandesgesetzes maßgebend. § 120 Abs 2 TGO 1935: Nutzungsrechte haften an der Liegenschaft und können im Allgemeinen nur mit dieser rechtsgültig übertragen werden. (2) Für die ausnahmsweise Übertragung von Nutzungsrechten an agrargemeinschaftlichen Grundstücken sind die Bestimmungen des Flurverfassungslandesgesetzes maßgebend.“

[18]              § 102 Abs 3 Vlbg Gemeindeordnung 1935 (Vorarlberger) LGBl 1935/25: „Die rechtlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der als agrargemeinschaftliche Grundstücke im Sinn des § 15 Absatz 2 Punkt d des Bundesgesetzes betreffend Grundsätze für die Flurverfassung BGBl Nr 256/1932 geltenden Teile des Gemeindegutes, werden durch das Ausführungsgesetz zu diesem Bundesgesetz geregelt; bis dahin bleiben die bisher geltenden Vorschriften in Kraft.“ § 91 Abs 4 Vorarlberger Gemeindegesetz 1965 (LGBl 45/1965) = § 99 Vorarlberger Gemeindegesetz 1985: „Die Gemeinde als Trägerin von Privatrechten ist verpflichtet, Gemeindegut, dessen rechtliche und wirtschaftliche Verhältnisse noch nicht nach den Bestimmungen des II. Hauptstückes des Flurverfassungsgesetzes, LGBl Nr 4/1951, geordnet sind, vorläufig nach den Bestimmungen des Flurverfassungsgesetzes zu verwalten.“

[19]              § 67 Oö Gemeindeordnung 1948, Anlage 1 zum Gesetz vom 7. Juli 1948 LGBl 22/1949: „Die Bestimmungen dieses Gesetzes finden auf jene Teile des Gemeindegutes, die als agrargemeinschaftliche Grundstücke im Sinne des § 15, Abs (2), Punkt d, des Bundesgesetzes vom Jahr 1932, BGBl Nr 256, betreffend Grundsätze für die Flurverfassung, gelten, nur insofern Anwendung, als sie mit diesem Grundsatzgesetz und dem Ausführungsgesetze hiezu nicht im Widerspruch stehen. Bis zur Erlassung des Ausführungsgesetzes bleiben die geltenden Vorschriften in Kraft.“ § 67 Oberösterreichische Gemeindeordnung 1936. „Die Bestimmungen dieses Gesetzes finden auf jene Teile des Gemeindegutes, die als agrargemeinschaftliche Grundstücke im Sinn des § 15, Absatz 2, Punkt d, des Bundesgesetzes vom Jahre 1932, BGBl Nr 256, betreffend Grundsätze für die Flurverfassung, gelten, nur insoweit Anwendung, als sie mit diesem Grundsatzgesetz und dem Ausführungsgesetze hiezu nicht in Widerspruch stehen. Bis zur Erlassung des Ausführungsgesetzes bleiben die geltenden Vorschriften in Kraft.“ § 69 Abs 5 Oberösterreichische Gemeindeordnung 1936: „Über Ansprüche auf Nutzungen des Gemeindegutes entscheidet der Gemeindetag. Bei agrargemeinschaftlichen Grundstücken im Sinn der Grundsätze für die Flurverfassung (BGBl Nr 256/1932), entscheiden nach Inkrafttreten des Landes-Ausführungsgesetzes im Streitfalle die Agrarbehörden.“

[20]              § 61 Abs 3 des Steirischen Gesetzes vom 6. Juli 1948 über die Änderung der Gemeindeordnung, LGBl 52/1948: „§ 61. Gemeindegut. (1) Sachen, welche zum Gebrauche eines jeden Gemeindemitgliedes einer Gemeinde dienen, bilden das Gemeindegut. Insbesonders gehören zum Gemeindegut Grundstücke, welche von allen oder nur von gewissen Gemeindemitgliedern einer Gemeinde oder einer Ortschaft zur Deckung ihres Guts- und Hausbedarfes gemeinschaftlich oder wechselseitig benützt werden. (2) … (3) Nach den aufgrund des Artikels 12, Abs (1), Punkt 5, der Bundesverfassung 1929 erlassenen Gesetzen unterliegt das in Abs (1) bezeichnete Gemeindegut den Bestimmungen dieser Gesetze. Die Entscheidung über den Bestand des Gemeindegutes als agrarische Gemeinschaft im Sinne dieser Gesetze, über den Verkauf des Gemeindegutes oder von Teilen desselben, ferner über die Übertragung von Nutzungsrechten an andere Gemeindemitglieder und die Höhe der einzelnen Nutzungen steht den Agrarbehörden zu. (4) Die Gemeindebehörde hat darauf zu achten, dass die Nutzungen der Gemeindemitglieder nicht über den notwendigen Guts- und Hausbedarf hinaus in Anspruch genommen werden und diese Nutzungen der nachhaltigen Bewirtschaftung des Grundstückes, insbesondere bei Waldungen, entsprechen. Nötigenfalls ist die Entscheidung der Agrarbehörde einzuholen.“

[21]              Gesetz vom 7. Juni 1883 betreffend die Teilung gemeinschaftlicher Grundstücke und die Regulierung der hierauf bezüglichen gemeinschaftlichen Benützungs- und Verwaltungsrechte, RGBl 1883/94.

[22]              Gesetz für die Markgrafschaft Mähren vom 13.2.1884, LGBl 31/1884 (Mähr-TRLG); Gesetz für das Herzogtum Kärnten vom 5.6.1885, LGBl 23/1885 (K-TRLG); Gesetz für das Erzherzogtum Österreich unter der Enns vom 3.6.1886, LGBl 39/1886 (NÖ-TRLG 1886); Gesetz für das Herzogtum Krain vom 26.10.1887, LGBl 2/1888 (Krain-TRLG), Gesetz für das Herzogtum Schlesien vom 28.12.1887, LGBl 13/1888 (Schles-TRLG); Gesetz für das Herzogtum Salzburg vom 11.10.1892, LGBl 32/1892 (Slbg-TRLG); Gesetz für das Herzogtum Steiermark vom 26. Mai 1909 LGBl 44/1909 (St-TRLG 1909); Gesetz für die gefürstete Grafschaft vom 19. Juni 1909 LGBl 61/1909 (T-TRLG 1909); Gesetz für das Erzherzogtum Österreich ob der Enns vom 28. Juni 1909 LGBl 36/1909 (OÖ-TRLG 1909) und das Gesetz für das Land Vorarlberg vom 11. Juli 1921 LGBl 1921/115 (V-TRLG 1921).

[23]              Die Regulierung der Verwaltungsrechte hatte nur insofern stattfinden, als die Verwaltung der Gemeinschaftsliegenschaft nicht schon durch die Gemeindeordnung oder andere, das Gemeindegut betreffende Vorschriften geregelt war, oder insofern innerhalb der letzterwähnten Regelungen noch besondere Vorkehrungen zur angemessenen Verwaltung notwendig erkannt wurden (vgl § 12 Abs 2 des Mähr-TRLG 1884; § 7 Abs 2 NÖ-TRLG 1886; § 7 Abs 2 Krain-TRLG 1887, § 12 Abs 2 Schles-TRLG 1888; § 12 Abs 2 Slbg-TRLG 1892; §§ 3 Abs 2 St-TRLG 1909 = 3 Abs 2 T-TRLG 1909 = 3 Abs 2 OÖ-TRLG 1909; § 3 Abs 2 Vlbg-TRLG 1921).

[24]              Artikel III. Tiroler LGBl 1935/36: Bis zum Inkrafttreten des Flurverfassungs-Landesgesetzes gelten für das Gemeindegut, insoweit es aus agrargemeinschaftlichen Grundstücken besteht, folgende Bestimmungen: 1. Über Ansprüche auf Nutzungen des Gemeindegutes entscheidet in I. Instanz der Gemeindetag. 2. Die Verteilung des Gemeinde-(Fraktions)Gutes oder eines Teiles davon unter die Gemeindemitglieder ist in der Regel unzulässig. Ausnahmen bewilligt die Landesregierung, wenn besonders triftige Gründe vorliegen. 3. …; § 79 TGO 1935: Die Verteilung des Gemeindevermögens und Gemeindeguts oder eines Teiles davon unter die Gemeindemitglieder ist in der Regel unzulässig. Ausnahmen bewilligt die Landesregierung, wenn besonders triftige Gründe vorliegen. Insoweit es sich beim Gemeindegut um agrargemeinschaftliche Grundstücke handelt, ist die Teilung im Flurverfassungslandesgesetz geregelt. § 114 Abs 3 TGO 1935: Die Verteilung des Gemeindevermögens und Gemeindeguts oder eines Teiles davon unter die Gemeindemitglieder ist in der Regel unzulässig. Ausnahmen bewilligt die Landesregierung, wenn besonders triftige Gründe vorliegen. Insoweit es sich beim Gemeindegut um agrargemeinschaftliche Grundstücke handelt, ist die Teilung im Flurverfassungslandesgesetz geregelt. § 117 TGO 1935: Für die Regelung der rechtlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Gemeindeguts, insoweit dieses aus agrargemeinschaftlichen Grundstücken im Sinne des Flurverfassungslandesgesetzes besteht, sind die Bestimmungen des Flurverfassungslandesgesetzes maßgebend. § 120 Abs 2 TGO 1935: Nutzungsrechte haften an der Liegenschaft und können im Allgemeinen nur mit dieser rechtsgültig übertragen werden. (2) Für die ausnahmsweise Übertragung von Nutzungsrechten an agrargemeinschaftlichen Grundstücken sind die Bestimmungen des Flurverfassungslandesgesetzes maßgebend.“

[25]             § 102 Abs 3 Vlbg Gemeindeordnung 1935 (Vorarlberger) LGBl 1935/25: „Die rechtlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der als agrargemeinschaftliche Grundstücke im Sinn des § 15 Absatz 2 Punkt d des Bundesgesetzes betreffend Grundsätze für die Flurverfassung BGBl Nr 256/1932 geltenden Teile des Gemeindegutes, werden durch das Ausführungsgesetz zu diesem Bundesgesetz geregelt; bis dahin bleiben die bisher geltenden Vorschriften in Kraft.“ § 91 Abs 4 Vorarlberger Gemeindegesetz 1965 (LGBl 45/1965) = § 99 Vorarlberger Gemeindegesetz 1985: „Die Gemeinde als Trägerin von Privatrechten ist verpflichtet, Gemeindegut, dessen rechtliche und wirtschaftliche Verhältnisse noch nicht nach den Bestimmungen des II. Hauptstückes des Flurverfassungsgesetzes, LGBl Nr 4/1951, geordnet sind, vorläufig nach den Bestimmungen des Flurverfassungsgesetzes zu verwalten.“

[26]             Mit Verordnung über die Einführung der Deutschen Gemeindeordnung im Lande Österreich vom 15. September 1938, Dt RGBl 1167ff = Gesetzblatt für das Land Österreich 1938/408 Kundmachung des Reichsstatthalters in Österreich, wodurch die Verordnung über die Einführung der dt Gemeindeordnung im Lande Österreich vom 15. September 1938 kundgemacht wurde, wurde die Dt. Gemeindeordnung im „Lande Österreich“ in Kraft gesetzt. § 17 Angleichungsverordnung des Reichsstatthalters, Gesetzblatt für das Land Österreich, ausgegeben am 1. Oktober 1938 Nr 429, regelte das Verhältnis zum Flurverfassungsrecht wie folgt: „Die Bestimmungen dieser Verordnung finden auf jene Teile des Gemeindegliedervermögens, die als agrargemeinschaftliche Grundstücke im Sinn des § 15 Abs 2 d des Flurverfassungs-Grundsatzgesetzes, BGBl Nr 256/1932, gelten, nur insoweit Anwendung, als sie mit diesem Grundsatzgesetze und den die Flurverfassung regelnden Gesetzen der ehemaligen österreichischen Länder nicht in Widerspruch stehen.“.

[27]             Gem Art 1 und Art 2 des Gesetzes vom 10. Juli 1945 über die vorläufige Neuordnung des Gemeinderechts (vorläufiges Gemeindegesetz – VGemG), Staatsgesetzblatt 1945/66, wurden jene Bestimmungen der bis Oktober 1938 geltenden Landes-Gemeindeordnungen, welche geschaffen wurden, um das Gemeinderecht der Bundeskompetenz betreffend Bodenreformrecht, insbesondere agrarische Operationen (Art 12 Abs 1 Z 3 B-VG) anzupassen, neu in Kraft gesetzt.

[28]             Vgl etwa § 61 Abs 3 des Steirischen Gesetzes vom 6. Juli 1948 über die Änderung der Gemeindeordnung, LGBl 52/1948: „§ 61. Gemeindegut. (1) Sachen, welche zum Gebrauche eines jeden Gemeindemitgliedes einer Gemeinde dienen, bilden das Gemeindegut. Insbesondere gehören zum Gemeindegut Grundstücke, welche von allen oder nur von gewissen Gemeindemitgliedern einer Gemeinde oder einer Ortschaft zur Deckung ihres Guts- und Hausbedarfes gemeinschaftlich oder wechselseitig benützt werden. (2) … (3) Nach den aufgrund des Artikels 12, Abs (1), Punkt 5, der Bundesverfassung 1929 erlassenen Gesetzen unterliegt das in Abs (1) bezeichnete Gemeindegut den Bestimmungen dieser Gesetze. Die Entscheidung über den Bestand des Gemeindegutes als agrarische Gemeinschaft im Sinne dieser Gesetze, über den Verkauf des Gemeindegutes oder von Teilen desselben, ferner über die Übertragung von Nutzungsrechten an andere Gemeindemitglieder und die Höhe der einzelnen Nutzungen steht den Agrarbehörden zu. (4) Die Gemeindebehörde hat darauf zu achten, dass die Nutzungen der Gemeindemitglieder nicht über den notwendigen Guts- und Hausbedarf hinaus in Anspruch genommen werden und diese Nutzungen der nachhaltigen Bewirtschaftung des Grundstückes, insbesondere bei Waldungen, entsprechen. Nötigenfalls ist die Entscheidung der Agrarbehörde einzuholen.“ § 67 Oö Gemeindeordnung 1948, Anlage 1 zum Gesetz vom 7. Juli 1948 LGBl 22/1949: „Die Bestimmungen dieses Gesetzes finden auf jene Teile des Gemeindegutes, die als agrargemeinschaftliche Grundstücke im Sinne des § 15, Abs (2), Punkt d, des Bundesgesetzes vom Jahr 1932, BGBl Nr 256, betreffend Grundsätze für die Flurverfassung, gelten, nur insofern Anwendung, als sie mit diesem Grundsatzgesetz und dem Ausführungsgesetze hiezu nicht im Widerspruch stehen. Bis zur Erlassung des Ausführungsgesetzes bleiben die geltenden Vorschriften in Kraft.“ § 82 Tiroler GO 1949: „Durch die Bestimmungen dieses Gesetzes werden die gesetzlichen Vorschriften über die Flurverfassung nicht berührt.“ § 91 Abs 4 Vorarlberger Gemeindegesetz 1965 (LGBl 45/1965) = § 99 Vorarlberger Gemeindegesetz 1985: „Die Gemeinde als Trägerin von Privatrechten ist verpflichtet, Gemeindegut, dessen rechtliche und wirtschaftliche Verhältnisse noch nicht nach den Bestimmungen des II. Hauptstückes des Flurverfassungsgesetzes, LGBl Nr 4/1951, geordnet sind, vorläufig nach den Bestimmungen des Flurverfassungsgesetzes zu verwalten.“