10200/J XXIV. GP
Eingelangt am 21.12.2011
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Anfrage
der Abgeordneten Herbert, Mayerhofer, Vilimsky
und weiterer Abgeordneter
an die Bundesministerin für Inneres
betreffend Grazer Umstände
Die "Kleine Zeitung" vom 13.11.2011
berichtete folgendes:
Wir werden langsam unterwandert“
Wie gefährlich Graz ist, was er am Bettelverbot kritisiert und welche
Sorgen ihm die Moscheenpläne bereiten – Polizeidirektor Alexander
Gaisch im Interview.
Lauscht man Politikern vor Wahlen, meint man, Graz ist Chicago. Wie
gefährlich ist Graz wirklich?
Gaisch: Ich beurteile das nicht pauschal, sondern nach Delikten differenziert.
Das größte Problem ist die Eigentumskriminalität. Es gibt
Zigtausende Wohnungen. Wir können nicht alle mit Polizisten besetzen, nur
die Bürger über Einbruchsprävention aufklären. Unsere
Ressourcen sind so knapp, dass nur Schwerpunktaktionen machbar sind.
Wo sind andere Problemzonen?
Gaisch: Esgibt sonst keine großen Sorgenkinder. Im Drogenbereich leistet
die Polizei gute Arbeit, das ist ein legistisches Problem, weil eine starre
Verordnung alles regelt. Es gibt ständig neue Designerdrogen, die sie
nicht als illegal erfasst. Die Verordnung hinkt hinterher, uns fehlt die
Handhabe.
Was ist die Lösung?
Gaisch: Eine flexiblere Verordnung, die neue Drogen als illegal mit abdeckt,
damit wir rechtlich vorgehen können. Und: Im Suchtproblem sitzen zu viele
Vereine am Tisch und reden unkoordiniert mit. Ich frage mich, warum wir noch
immer über den Drogenkonsumraum diskutieren. Da muss man einfach sagen, es
ist gesetzlich nicht möglich und damit basta!
Wären Sie sonst dafür?
Gaisch: Nein. Internationale Beispiele zeigen, dass eine liberalere
Drogenpolitik nicht die Erfolge bringt. Mein konservativer Ansatz:
Aufklären, was wir ja an Schulen tun.
Die Stadt ruft ständig nach mehr Polizei, wie schlecht besetzt sind Sie
denn?
Gaisch: Wir haben in Graz einen Unterstand von 50 bis 100 Polizisten. Aber hier
haben Bürgermeister Siegfried Nagl, Stadtpolizeikommandant Kurt Kemeter
und ich mit Innenministerin Johanna Mikl-Leitner sehr offen geredet. Und sie
hat zugesagt, dass es in den nächsten zwei Jahren kontinuierlichen Zuwachs
für die Grazer Polizei geben wird.
Die Folgen des Unterstands?
Gaisch: Wir haben schon Nöte, bei Spontandemos rasch genug Personal
aufzustellen. Und es gibt eine Vielzahl an Events, Kongressen,
Fußballspielen, die wir begleiten müssen. Man muss der Stadtflucht
Einhalt gebieten. Junge Beamte sollen zuerst einmal in der Stadt Dienst tun
müssen.
Das heißt, Beamte gehen lieber ins Umland, wo sie weniger oft den Kopf
hinhalten müssen?
Gaisch: Ich möchte mich hüten, zu sagen, die am Land haben weniger
Arbeit. Aber die Einsatzhäufigkeit ist in Graz höher. Dafür
verdient man hier mitunter sogar weniger, weil man keine Reisegebühren
verrechnen kann.
Die Politik müht sich mit Unruheherden wie dem Hauptplatz-Eck oder dem
Punk-Pavillon. Wie sehen Sie die Diskussionen?
Gaisch: Ich trenne das subjektive Sicherheitsgefühl vom objektiven. Was am
Hauptplatz-Eck passiert, stört mich persönlich auch. Als Leiter der
Sicherheitsbehörde muss ich schauen, was vorliegt. Vielleicht begehen die
Menschen Anstandsverletzungen, dann gibt es Organstrafmandate oder Anzeigen. Es
kommt auch zum Ersatzarrest, weil sie die Strafe nicht zahlen können. Es
ist ein Kampf gegen Windmühlen.
Sie können diese Leute also nicht einmal mitnehmen?
Gaisch: Nein, selbst wenn es zu einer Körperverletzung kommt, die nicht
über ein bestimmtes Maß hinausgeht, kann der Polizist nur hingehen,
Daten aufnehmen und wieder abziehen. Kein Staatsanwalt würde die in Haft
nehmen. Die Bürger beschweren sich, aber wir können nichts tun. Das
ist demotivierend.
Was ist die Lösung?
Gaisch: Wenn das dort die Mehrheit stört und für den Tourismus
schlecht ist, ist es einer Demokratie angemessen, dass man diese Minderheit von
dort verbannt.
Das wäre also die geplante Ausweitung des Alkoholverbots?
Gaisch: Ja.
Aber wenn ein paar Betrunkene am Hauptplatz der Aufreger sind, geht es uns eigentlich
gut, oder?
Gaisch: Global betrachtet leben wir in einer glücklichen, sicheren Stadt,
ja.
Noch so ein Aufreger ist das Bettelverbot. Hat es gegriffen?
Gaisch: Was hat es gelöst? Es ist ein Gesetz, das nicht perfekt ist.
Warum nicht?
Gaisch: Weil es den Bettelbegriff nicht ausreichend definiert. Der Spruch des
Unabhängigen Verwaltungssenats zu Pfarrer Puchers Protestbetteln zeigt:
Man entgeht einer Strafe, wenn man sagt, für Dritte zu sammeln. Das
lässt zu viele Graubereiche zu.
Ist es mit der Bettelei auf der Straße nicht trotzdem vorbei?
Gaisch: Es ist besser geworden. Die Bettler umgehen das Verbot elegant, indem
sie Zeitungen verkaufen. Ich denke, sie finden einen Graubereich, mit dem sie
uns beschäftigen können. Vor Weihnachten werden wieder mehr Bettler
in Graz unterwegs sein.
Die Moscheenpläne sind für die Polizei ein Sicherheitsthema: Wieso
ist das ein Gefahrenpotenzial?
Gaisch: Ich gehe davon aus, dass der Großteil der in Graz lebenden
Muslime ein geordnetes, rechtschaffenes Leben führen möchte. Ich sehe
aber auch andere Fakten: Dass wir eine Bewegung in Graz haben, die mit der
Dschihad-Fahne (steht für den Eroberungskampf des Islams, Anm.)
öffentlich am Hauptplatz in Erscheinung getreten ist.
Wie groß ist die Gruppe?
Gaisch: Um es ein bisschen dingfest zu machen. Es gibt 17 Vereine aus der
Türkei, Tschetschenien, Afghanistan, die in Gebetshäusern ihrer
Religion nachgehen. Da sind gemäßigte und radikale Gruppen darunter.
Eine Handvoll Menschen pflegt einen radikalen Lebensstil, trifft sich mit
radikalen Bewegungen.
Hassprediger und Radikalisierung gibt es also auch in Graz?
Gaisch: Ja, würde ich sagen. Wir hatten vor Jahren einen Brandanschlag in
der Idlhofgasse und es hat Verdachtsmomente der Terrorismusfinanzierung gegeben.
Ich kann es nicht beweisen, aber es würde mich wundern, wenn es in Graz
nicht so wäre.
Warum ist der Moscheenbau aus Ihrer Sicht problematisch?
Gaisch: Ich habe nichts dagegen, solange sie für alle da ist. Und die
Finanzierung sollte kein Geheimnis sein. Für ihre Moschee in der
Herrgottwiesgasse haben die Bosnier Kosten von zwölf Millionen Euro
genannt. Das kann nicht durch die Vereinsmitglieder allein finanziert werden.
Wir vermuten, dass ausländische, wohl saudi-arabische Kräfte
dahinterstecken. In Bosnien war das so und dort gibt es heute Probleme. Diese
Absicht ist für mich auch in Graz erkennbar.
Die Moschee als Hort der Radikalisierung?
Gaisch: Im Worst Case. Das wird nie ein offensichtlicher Radikalismus sein.
Schwertkämpfer werden nie kommen, wir werden langsam unterwandert. Diese Bevölkerungsgruppe
hat mehr Kinder, einen anderen Lebensstil. Sie machen das recht geschickt mit
einem Bau, in dem viele Menschen Platz haben. Das wird mehr als eine Moschee:
ein kulturelles, soziales Zentrum mit Kindergarten.
So arbeiten auch Parteien oder die Kirche – durchaus als Dienst an der
Gesellschaft.
Gaisch: Stimmt, die Muslimen haben da nichts neu erfunden. Mit einem Unterschied:
Es kommt ein anderes Kulturgut rein, das wird größer. Das ist nicht
unmittelbar gefährlich. Aber wenn die Politik hier nicht gegensteuert,
halte ich es für gefährlich für unser
Demokratieverständnis.
Warum?
Gaisch: Sie werden ja auch sukzessive in die politischen Vertretungen kommen,
in den Gemeinderat und in den Landtag.
Das ist Demokratie, dass Bürger, die hier leben, in politischen Gremien
mitreden dürfen, oder?
Gaisch: Das ist ja alles okay. Wir müssen uns nur bewusst sein, wenn wir
das jetzt akzeptieren, hat das in fünf bis zehn Jahren Auswirkungen.
Ändere ich das jetzt nicht, ist das nicht mehr möglich. Kann ich es
nicht ändern, muss ich es dann akzeptieren.
Sollte die Politik Moscheen verhindern?
Gaisch: Das ist gesetzlich nicht möglich. Aber die Politik muss
Schlupflöcher schließen, damit ausländische Quellen bei uns
solche Bauten nicht finanzieren können.
In diesem Zusammenhang richten die unterfertigten Abgeordneten an die Bundesministerin für Inneres folgende
Anfrage: