10270/J XXIV. GP

Eingelangt am 12.01.2012
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Anfrage

 

der Abgeordneten Dr. Harald Walser, Freundinnen und Freunde an die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur

betreffend Mobbing im Bereich des Landesschulrates für Niederösterreich, Bezug nehmend auf 9260/AB

BEGRÜNDUNG

 

Die anfragenden Abgeordneten beziehen sich auf die Anfragebeantwortung durch die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur vom 30.11.2011 (9260/AB 24. GP).

Als Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur teilen Sie in Ihrer Anfragebeantwortung 9260/AB mit, dass Sie in der Angelegenheit Dr. Evelyn Mayer einen Bericht des Landesschulrates für Niederösterreich angefordert haben; dieser konnte keine Anhaltspunkte für Mobbing finden. Weitere konkrete Vorwürfe betreffend Mobbing durch Frau Mag. Ronniger seien nicht an das Bundesministerium für Unterricht, Kunst und Kultur herangetragen worden.

Im Nachrichtenmagazin „Profil“ vom 10.10.2011 wird unter dem Titel „Der Fall M.“ berichtet, dass zahlreiche Lehrer an Schulen, die in den Wirkungsbereich der Frau Mag. Ronniger fallen, schwere Vorwürfe gegen die Landesschulinspektorin erheben. Sie würden seit Jahren beschimpft, bedroht und schikaniert. Der Landesschulrat für Niederösterreich gebietet dem keinen Einhalt. Die Vorwürfe sind ähnlich denen, die Frau Dr. Mayer erhebt. In der zitierten Anfragebeantwortung vom 30.11.2011 halten Sie zutreffend fest, dass Mobbing im Bereich der Schule ernst zu nehmen und disziplinarrechtlich zu ahnden ist. Weiters halten Sie fest, dass die Duldung von Mobbing durch Vorgesetzte rechtswidrig ist.

Zum Zeitpunkt Ihrer Anfragebeantwortung (30.11.2011) war der zitierte Profilartikel sieben Wochen bekannt. Aus dem Artikel geht hervor, dass das Verhalten von Frau Mag. Ronniger zahlreiche LehrerInnen in Angst versetzt hat, der Präsident des Landesschulrates für Niederösterreich HR Hermann Helm spätestens seit 2007


davon informiert, dennoch aber untätig geblieben ist. Seit 2007 weiß er auch von den Nöten von Frau Dr. Mayer. HR Hermann Helm hat seine Untätigkeit in der Tageszeitung „Kurier“ vom 9.7.2011 unter anderem damit gerechtfertigt, dass Frau Mag. Ronniger pragmatisiert sei und er daher keine Maßnahmen treffen könne.

Spätestens seit Juli 2010 sind auch die zuständigen Beamten Ihres Ministeriums von den Vorfällen in Niederösterreich informiert. Die Mobbingbeauftragte der Gewerkschaft Öffentlicher Dienst, Frau Gubitzer, hat sich im Juli 2010 sowohl an Herrn SC Mag. Wolfgang Stelzmüller, wie auch an SC Mag. Theodor Siegl gewandt und sie über das Fehlverhalten von Frau Mag. Ronniger sowie über die Untätigkeit des Landesschulrates für Niederösterreich in dieser Sache schriftlich informiert.

Der Ehegatte von Frau Direktorin Dr. Mayer, Dr. Heinz Mayer, erklärte mehrfach öffentlich, dass der Umstand, dass den erhobenen Mobbingvorwürfen gegen Frau Mag. Ronniger nicht nachgegangen werde, nur die Schlussfolgerung zulasse, dass die „zuständigen Beamten entweder feig, faul oder inkompetent“ seien.

Als Landesschulinspektorin ist Frau Mag. Ronniger auch Vorsitzende der Prüfungskommission für die ihr unterstellten Schulen. Sie kann daher auch bei Prüfungen die Vorsitzführung übernehmen oder andere geeignete Personen als Vorsitzende bestimmen. Als Vorsitzende einer Prüfungskommission ist Frau Mag. Ronniger unmittelbar mit dem Schicksal von Schülerinnen und Schülern konfrontiert. Sie kann durch ihre Vorsitzführung bestimmend auf die Lebensläufe von Schülern einwirken.

In Ihrer Anfragebeantwortung vom 30.11.2011 berichten Sie, dass derzeit in der Angelegenheit von Frau Direktorin Dr. Mayer ein Amtshaftungsverfahren am Landesgericht St. Pölten anhängig ist. Den anfragenden Abgeordneten liegt nunmehr die Klagebeantwortung der Finanzprokuratur vor. Gem. § 4 Abs 6 Finanzprokuraturgesetz hatte die Finanzprokuratur diese Klagebeantwortung „im Einvernehmen mit Ihrem Ressort“ zu verfassen.

In der Klagebeantwortung wird u.a. der Ehegatte der Klägerin, Heinz Mayer, in peinlichster Weise gelobt. Es wird ihm u.a. Genialität und allerhöchstes Ansehen in juristischen Kreisen attestiert. Im Einvernehmen mit Ihrem Ministerium vermutet nun die Finanzprokuratur, dass die gesundheitlichen Probleme der Klägerin dadurch verursacht worden sein könnten, dass sie mit dem Genie und der Genialität des Ehegatten nicht gleichziehen könne.

Damit wird die Persönlichkeit der Frau Dr. Mayer über ihren Ehegatten definiert und ihre persönliche Eigenständigkeit in Frage gestellt.

Mit vorbereitendem Schriftsatz vom 30.11.2011 hat die Finanzprokuratur im Einvernehmen mit Ihrem Ministerium (§ 4 Abs 6 Finanzprokuraturgesetz) im Amtshaftungsverfahren neuerlich Stellung genommen und Frau Mag. Ronniger als „sehr verantwortungsvolle und allseits geschätzte Landesschulinspektorin“ bezeichnet.


Im LSR für NÖ findet das Gebot der Amtsverschwiegenheit begeisterte Anhänger. Unter anderem nach dem Bericht des Nachrichtenmagazins Profil hat Frau Mag. Ronniger von ihr schikanierte Mitarbeiter stets darauf hingewiesen, dass die gesamte Kommunikation mit ihr der dienstlichen Verschwiegenheit unterliege. Sie hat für den Fall des Zuwiderhandelns den Verlust des Arbeitsplatzes angedroht. Gegenüber Frau Direktorin Dr. Mayer hat sie dies auch schriftlich zum Ausdruck gebracht. Auch Präsident Helm hat sich mehrfach auf die Amtsverschwiegenheit berufen.

Das im NÖ LSR vertretene Verständnis der Verschwiegenheitspflicht findet in der geltenden Rechtsordnung jedoch keine Grundlage.

 

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgende

ANFRAGE

1.    Hat der Landesschulrat für Niederösterreich im Bericht an Sie zu den konkreten Vorwürfen von Frau Dr. Mayer bzw. ihres Ehegatten Dr. Heinz Mayer im Einzelnen Stellung genommen? Wenn ja, bitte um Wiedergabe des Wortlautes.

2.    Weshalb wurde das Fehlverhalten von Frau Mag. Ronniger bisher weder an das Bundesministerium für Unterricht, Kunst und Kultur herangetragen, noch gegen sie rechtliche Schritte eingeleitet?

3.    Werden Sie sich in Bezug auf Vorwürfe gegen Frau Mag. Ronniger weiterhin lediglich auf Berichte des Landesschulrates für Niederösterreich verlassen? Wenn ja, warum? Wenn nein, welche Schritte werden Sie setzen, um sich persönlich mit den Vorwürfen gegen Frau Mag. Ronniger zu befassen?

4.    Welche Maßnahmen werden Sie gegen die Verantwortlichen im Landesschulrat für Niederösterreich, die jahrelang Mobbing durch Frau Mag. Ronniger geduldet haben, ergreifen?

5.    Welche Maßnahmen wird das Bundesministerium für Unterricht, Kunst und Kultur als oberste Dienstbehörde gegen Frau Mag. Ronniger verfügen?

6.    Erfüllt Herr Landesschulratspräsident HR Hermann Helm die ihm übertragenen Aufgaben aus Ihrer Sicht korrekt? Wenn nein, welche Maßnahmen werden Sie setzen, um eine korrekte Leitung des Landesschulrates für Niederösterreich zu erreichen?

7.    Haben die zuständigen Sektionschefs im Bundesministerium für Unterricht, Kunst und Kultur, Mag. Wolfgang Stelzmüller und Mag. Theodor Siegl, korrekt gehandelt, indem sie untätig geblieben sind?

8.    Wie werden Sie den betroffenen LehrerInnen helfen? Werden Sie dafür sorgen, dass sich die Verantwortlichen bei den betroffenen LehrerInnen entschuldigen?


9.    Wie hat das Bundesministerium für Unterricht, Kunst und Kultur auf die von Frau Gubitzer, Mobbingbeauftragte der Gewerkschaft Öffentlicher Dienst, erhaltenen Hinweise reagiert?

10. Ist es korrekt, dass SC Mag. Wolfgang Stelzmüller und SC Mag. Theodor Siegl die Briefe von Frau Gubitzer bis heute – das heißt also seit mehr als eineinhalb Jahren – nicht beantwortet haben?

11. Teilen Sie die Auffassung, dass pragmatisierte Beamte bei Fehlverhalten nicht zur Verantwortung gezogen werden?

12. Welche Maßnahmen werden Sie ergreifen, um Ihre MitarbeiterInnen darüber zu informieren, dass diese Rechtsauffassung falsch ist?

13. Wie beurteilen Sie - insbesondere im Lichte des zitierten Profilartikels - die öffentliche Äußerung Dr. Heinz Mayers, wonach die zuständigen Beamten den erhobenen Mobbingvorwürfen nicht nachgegangen und daher „entweder feig, faul oder inkompetent“ seien?

14. Teilen Sie diese Beurteilung?

15. Welche Maßnahmen werden Sie ergreifen, um einen derartigen Eindruck in Zukunft nicht entstehen zu lassen?

16. Bei wie vielen Prüfungen hat Frau Mag. Ronniger in den Jahren 2005 bis inklusive 2011 persönlich den Vorsitz geführt? Bitte um eine Aufschlüsselung nach Jahren.

17. Wie viele Vorsitzführungen haben andere Landesschulinspektoren für Berufsbildende Schulen in Niederösterreich sowie in den Ländern Wien, Oberösterreich und Steiermark in diesem Zeitraum pro Jahr ausgeübt?

18. Hatte Frau Mag. Ronniger für ihre Vorsitzführung Anspruch auf Gebühren? Wenn ja: in welcher Höhe jährlich von 2005 bis inklusive 2011.

19. Sind Sie der Auffassung, dass eine Landesschulinspektorin, gegen die seit Jahren schwere Vorwürfe wegen persönlichen Fehlverhaltens erhoben werden, die Lehrer beschimpft, bedroht und schikaniert haben soll, geeignet ist, als Vorsitzende bei Prüfungen tätig zu werden?

20. Sind Sie der Auffassung, dass derartige Vorwürfe unbeachtet bleiben können?

21. Auf welche konkreten Umstände stützt sich diese Vermutung, wonach die gesundheitlichen Probleme von Frau Dr. Mayer dadurch verursacht worden sein könnten, dass sie mit dem Genie und der Genialität des Gatten nicht gleichziehen könne, die Sie gemeinsam mit der Finanzprokuratur in diesem Zusammenhang anstellen?


22. Teilen Sie die Auffassung der AnfragestellerInnen, dass derartige Vermutungen eine schwere Beleidigung darstellen?

23. Entspricht das damit zum Ausdruck gebrachte Frauenbild Ihrem Verständnis als Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur?

24. Wird dieses Frauenbild auch bei der Unterrichtserteilung und Erziehungsarbeit zur Anwendung gebracht?

25. Sind Sie der Auffassung, dass dieses Frauenbild zeitgemäß ist? Wenn nicht, welche Maßnahmen werden Sie ergreifen, damit Ihre MitarbeiterInnen derartige Einstellungen nicht weiter verfolgen?

26. Sind Sie tatsächlich der Meinung, dass eine Landesschulinspektorin, gegen die seit Jahren von LehrerInnen aus verschiedenen Schulen schwere Mobbingvorwürfe erhoben werden, als verantwortungsbewusst zu bezeichnen ist, wie aus dem Schriftsatz der Finanzprokuratur vom 30.11.2011 hervorgeht?

27. Schätzen auch Sie als Leiterin der obersten Dienstbehörde das Wirken von Frau Mag. Ronniger? Wenn ja, warum? Wenn nein, welche Maßnahmen werden Sie setzen?

28. Welche Maßnahmen werden Sie ergreifen, dass das Ansehen der Republik durch derartige Aussagen, die Sie rechtlich und politisch mitzuverantworten haben, nicht weiter geschädigt wird?

29. Teilen Sie die Auffassung der anfragenden Abgeordneten, dass sich LehrerInnen und DirektorInnen, die in den letzten Jahren Opfer von Mobbinghandlungen durch Frau Mag. Ronniger geworden sind, durch derartige Äußerungen der obersten Dienstbehörde verhöhnt fühlen müssen?

30. Welche Maßnahmen werden Sie ergreifen, um den im Landesschulrat für Niederösterreich vertretenen antiquierten Vorstellungen von Verschwiegenheitspflicht entgegen zu wirken?

31. Entspricht eine Schulverwaltung, die die gesamte Kommunikation zwischen Schule und Schulaufsicht der Verschwiegenheitspflicht unterwirft, dem Bild der modernen Schule?