10276/J XXIV. GP

Eingelangt am 12.01.2012
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ANFRAGE

 

der Abgeordneten Josef Bucher

Kolleginnen und Kollegen

an die Frau Bundesminister für Finanzen

betreffend Cross-Border-Leasing-Geschäfte in Österreich

 

Cross-Border-Leasing (CBL) ist als spezielle Form des Leasings eine strukturierte Finanzierung. Verschiedene Verträge werden im Rahmen eines Gesamtplans zusammen gefasst, so dass das Gesamtgeschäft nur mehr dann verständlich ist, wenn alle Verträge bekannt sind. Ziel derartiger Geschäfte ist es, in den beiden Ländern der Vertragspartner möglichst steuerschonend zu agieren, wobei insbesondere der Leasingnehmer, größtenteils Kommunen, das größere Risiko hat, im Falle von Gesetzesänderungen finanzielle Verluste zu erleiden.

Abgeschlossen wurden derartige CBL-Geschäfte in erster Linie mit Rentenfonds in den USA, wo diese Art von Geschäften mittlerweile allerdings gesetzlich verboten worden ist.

Auf den ersten Blick waren derartige Geschäfte verlockend, da so für die Gemeinden schnell Finanzmittel zu lukrieren waren. Es bestehen jedoch auch nicht unerhebliche Bedenken gegen CBL-Geschäfte. Zum einen werden die Verträge oft nicht zur Gänze offen gelegt bzw. an den demokratischen Gremien vorbei abgeschlossen. Zum anderen gilt als Gerichtsstand New York wo die Kommunen gegebenenfalls ihr Recht durchsetzen müssten. Was sowohl mit erheblichen Kosten als auch sehr unsicherem Ausgang verbunden wäre. Ebenso scheint es so, als ob die Gemeinden zwar die Finanzmittel gerne ausgegeben, aber keinerlei Vorsorgen für die Zeit nach dem Leasing und dem Rückkauf gebildet haben. Häufig werden die Leasingnehmer aber auch nachschusspflichtig, wie das Beispiel der TIWAG zeigt:

 

APA0393 5 WI 0354 WA            Siehe APA0257/07.10   Fr, 07.Okt 2011

 

Finanzen/Banken/Leasing/Energie/Strom/TIWAG/Dexia/Tirol/Belgien

 

Dexia - Falls auch Moody's Daumen senkt, hat Tiwag Absicherungsbedarf

 

Utl.: Jetzige S&P-Abstufung ungefährlich, noch innerhalb Spielraum =

 

   Wien/Innsbruck (APA) - Dem Tiroler Landesenergieversorger Tiwag droht bei einer weiteren Rating-Abwertung der angeschlagenen belgisch-französischen Dexia das Erfordernis einer Depot-Absicherung im Zusammenhang mit einem Cross-Border-Geschäft. "Sollte es zu einer Herabstufung kommen, müssten wir das Depot absichern", sagte Tiwag-Chef Bruno Wallnöfer der "Tiroler Tageszeitung" (TT, Freitag). Die S&P-Abstufung an diesem Freitag stellt noch keine Gefahr dar, da hier noch Spielraum besteht, bei einer weiteren Dexia-Deklassierung durch Moody's bestünde aber Absicherungsbedarf.

 

   Dexia ist im Zusammenhang mit den Cross-Border-Geschäften der Tiwag eine der Depotbanken. Mit diesen Leasing-Transaktionen hat der Landesversorger an US-Trusts Nutzungsrechte für bis zu 90 Jahre an ihren 14 Kraftwerken übertragen. Weil die US-Investoren eine Gesamtmietvorauszahlung geleistet haben, wurden die Cross-Border-Geschäfte in Amerika als Kauf gewertet. Das Volumen betrug rund 3 Mrd. Dollar, das Geld wurde auf Depotbanken veranlagt und daraus werden die Mietrückzahlungen der Tiwag finanziert. Die US-Trusts lukrierten Steuervorteile, die Ti-wag erhielt davon einen Barwertvorteil in Höhe von 202,6 Mio. Euro, so die Zeitung.

 

   Bereits einmal - wegen der ersten Finanzkrise vor drei Jahren - musste die Tiwag Geld aufwenden zur Absicherung ihrer Depots, und zwar als die Schweizer UBS im Rating herabgestuft wurde. "Zwei Millionen Euro im Jahr müssen wir derzeit für diese Besicherung aufwenden", wird Wallnöfer zitiert. Durch den Barwertvorteil erspare sich die Tiwag aber Zinsen von rund 10 Mio. Euro im Jahr: "Denn so viel hätte uns eine Kreditaufnahme von 200 Millionen gekostet."

 

   Die neuerliche Krise in der Bankenwelt bringt nun die Dexia als weitere Depotbank der Tiwag ins Trudeln. Die Ratingagentur Moody's droht bereits mit einer Herabstufung der Bonität. "Nach der Ratingwarnung könnte es dazu auch kommen", gibt Wallnöfer in der "TT" offen zu. Derzeit sei dies jedoch noch nicht der Fall. "Aber wenn es so weit ist, müsste wieder eine Absicherung erfolgen", fügt er hinzu. Wallnöfer beurteilt die Situation unaufgeregt. Denn die CBL-Verträge im Zusammenhang mit der Dexia seien im Vergleich zur UBS viel günstiger, es gebe ein Bündel an möglichen Absicherungsmaßnahmen. Das würde sich dann auf die Kosten für die Absicherung auswirken.

 (Schluss) sp/itz

 

In diesem Zusammenhang stellen die unterzeichneten Abgeordneten folgende

ANFRAGE:

 

  1. Wie viele derartige CBL-Geschäfte wurden in Österreich seitens des Bundes, der Länder und der Gemeinden, bzw. durch Gesellschaften, die sich zur Gänze oder einem erheblichen Teil im Einflussbereich der genannten Gebietskörperschaften befinden, eingegangen (Auflistung nach Körperschaft, Volumen und Laufzeit)?
  2. In welchem Ausmaß wurden für diese CBL-Geschäfte Nachschusspflichten fällig?
  3. Welche finanziellen Rückstellungen wurden seitens der oben genannten Gebietskörperschaften zur Absicherungen dieser CBL-Geschäfte vorgenommen?
  4. Welche gesetzlichen Einschränkungen regeln derzeit den Abschluss derartiger Geschäfte durch die oben genannten Gebietskörperschaften?