10333/J XXIV. GP
Eingelangt am 18.01.2012
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ANFRAGE
des Abgeordneten Mathias Venier
und weiterer Abgeordneter
an den Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten
betreffend die aktuelle Diskussion um das sogenannte „Siegesdenkmal“
Das 1928 an jenem – zum „Siegesplatz“ umbenannten – Ort in der Stadt Bozen, auf dem bis 1920 ein Kaiserjägerdenkmal stand, errichtete und eröffnete Siegesdenkmal stellt seit mehr als 80 Jahren eine massive Provokation für die deutschsprachige Bevölkerung Süd-Tirols dar. Dieses faschistische Relikt, das unter Beihilfe des Heimatverräters und Mussolini-Günstlings Hans Piffrader zustande kam, empört nicht nur durch faschistische Symbolik wie Liktorenbündel sondern vor allem auch durch die überhebliche Inschrift „Hic patriae fines siste signa. Hinc ceteros excoluimus lingua legibus artibus“, welche sinngemäß die freche Behauptung aufstellt, die Italiener hätten Sprache, Gesetze und Künste nach Süd-Tirol gebracht.
Es ist tragisch, dass es eine echte „Entfaschisierung“ in Italien nie gegeben hat und es ist bezeichnend, dass die selbsternannten Hüter von Freiheit, Demokratie und Menschenrechten in Brüssel es bis heute nicht für wert befunden haben, auf Italien auch nur einen Hauch von Druck zur Entfernung dieses Schandmals auszuüben. Vielmehr darf sich die italienische Seite, seien es staatliche Behörden oder faschistische Organisationen, weiterhin in imperialistischer und menschenverachtender Art und Weise gerieren. Wie weit der Faschismus bei den Italienern in Süd-Tirol verankert ist, beweist u.a. auch die Tatsache, dass sich die italienische Bevölkerungsmehrheit von Bozen in einem 2002 abgehaltenen Referendum mit deutlicher Mehrheit gegen eine Umbenennung des „Siegesplatzes“ in „Friedensplatz“ aussprach.
Somit steht der protzige Faschistenbau bis heute für sich – als Zeichen der Unterdrückung der Süd-Tiroler und der Verherrlichung von Chauvinismus, Imperialismus und Menschenverachtung. Daran können auch die 2005 in ca. 50 m Entfernung vom Monument stehenden und von diesem abgewandten Miniatur-„Gedenk“-Täfelchen, die an das Leid unter dem Faschismus erinnern sollen, nichts ändern.
Anstatt das Schandmal niederzureißen, wurde es vielmehr seit dem Jahr 2009 mit öffentlichen Mitteln (mit bisherigen kosten von über 2 Mio. Euro) von Grund auf renoviert. Wie Ende Dezember 2011 bekannt wurde, hat nunmehr die Süd-Tiroler Landesregierung ein Abkommen mit dem Regierungskommissariat und dem Amt für Denkmalpflege in Venedig geschlossen, mit dem in den rund 700 Quadratmeter großen unterirdischen Räumen unter dem Siegesdenkmal ein Museum zum Thema Faschismus und Nationalsozialismus ausgearbeitet. Eine Entfernung des Monuments wird seitens der Landesregierung den Berichten zu Folge als „nicht realistisch angesehen“. Dies trotz der Tatsache, dass selbst die bis dato nicht gerade als couragierte Kämpferin für die Selbstbestimmung aufgefallene Landesrätin Sabina Kaslatter-Mur (SVP), feststellte: „Von außen erweckt das Siegesmonument den Eindruck, dass die Werte des Faschismus immer noch gültig seien.“
Der Süd-Tiroler Schützenbund bezeichnet das geplante Projekt als „Verlegenheitsmuseum“. Landeskommandant Mjr. Elmar Thaler stellt dazu klar: „Anstatt klar mit der faschistischen Vergangenheit Bozens zu brechen, will man rücksichtsvoll ein gut verstecktes Museum errichten. So tritt man im kommenden Mai keinem der Hunderttausenden herbeizukarrenden Alpini auf die Füße und tut gleichzeitig etwas fürs gute Gewissen. Frömmelnde Scheinheiligkeit also auch weiterhin allerorten. Im römischen Regierungsorchester hat man zwar die Musikanten ausgewechselt, die Musik ist allerdings dieselbe geblieben.“
In diesem Zusammenhang richten die unterfertigten Abgeordneten an den Bundesminister europäische und internationale Angelegenheiten nachstehende
Anfrage:
1. Wie wird die Errichtung des geplanten Museums unter dem Siegesdenkmal seitens des BMEIA und Ihrer Person bewertet?
2. Sind Sie insbesondere der Ansicht, dass mit einer von außen nicht ersichtlichen, unterirdischen Ausstellung bei gleichzeitiger optischer Unverändertheit des Baus der die Werte des Faschismus verherrlichende Charakter des Monuments beseitigt werden kann?
3. Falls nein, ist eine protestierende Stellungnahme seitens Ihrer Person oder bevollmächtigter Gesandter Ihres Ministeriums zum geplanten Museum bzw. zum Denkmal geplant?