10411/J XXIV. GP

Eingelangt am 20.01.2012
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Anfrage

 

der Abgeordneten Wolfgang Pirklhuber, Christiane Brunner, Freundinnen und Freunde an den Bundesminister für Gesundheit

betreffend Intensivtierhaltung und Antibiotika

BEGRÜNDUNG

 

Um Fleischerzeugung im industriellen Maßstab aufrechterhalten zu können, kommen Antibiotika zum Einsatz. Laut der Evaluierung des Antibiotikaeinsatzes in der Hähnchenhaltung durch das deutsche Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz Nordrhein-Westfalen erhielten 96 Prozent der Masthühnchen aus den untersuchten Beständen Antibiotika. Eine Studie aus Niedersachsen kommt zu dem Ergebnis, dass bei 82 Prozent der untersuchten Masthühnerbetriebe Antibiotika eingesetzt werden.

Bei der Verabreichung von Antibiotika stehen in der landwirtschaftlichen Nutztierhaltung grundsätzlich die Gruppen- oder Bestandsbehandlung im Vordergrund. In zunehmendem Maße sind auch die KonsumentInnen bzw. deren Gesundheit von dieser Entwicklung betroffen. Der oftmals großflächige und wenig zielgerichtete Einsatz von  Antiobiotika, die oftmals auch in der Humanmedizin eingesetzt werden, begünstigt die Entstehung von resistenten Erregern. Diese können schnell von Tier zu Tier weitergegeben werden und erreichen immer öfter den Menschen.

Aus Filialen fünf großer deutscher Handelsketten hat die deutsche Umweltorganisation BUND Hähnchenfleisch analysieren lassen. Das Ergebnis laut BUND: Auf mehr als jeder zweiten Stichprobe der Hersteller "Wiesenhof", "Sprehe" und "Stolle" waren antibiotikaresistente Bakterien (gekauft bei Edeka, Netto, Lidl, Rewe und Penny). Diese Bakterien können bei der Zubereitung des Fleischs auf den Menschen übergehen (ESBL- und MRSA-Keime[i]). Bei anfälligen Menschen können sie zu schweren Erkrankungen führen. Zudem können sie ihre Unempfindlichkeit gegen Antibiotika auf andere Bakterien im Körper übertragen.

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgende

ANFRAGE

 

1)    Welche Vorsorgemaßnahmen hat der Gesundheitsminister getroffen, damit keine Lebensmittel mit antibiotikaresistente Bakterien in die österreichische Lebenmittelkette gelangen?

 

2)    In welchem Umfang wurden Masthühner, bzw. deren Teilprodukte, die in die österreichische Lebensmittelkette gelangen, in den Jahren 2010 und 2011 auf antibiotikaresistente Bakterien untersucht (Bitte um Aufschlüsselung nach Anzahl der Proben, Verteilung auf die Bundesländer und Sektoren wie Gastronomie Lebenmitteleinzelhandel etc.)?

 

 

3)    In welchem Umfang werden 2012 Masthühner, bzw. deren Teilprodukte, die in die österreichische Lebensmittelkette gelangen  auf antibiotikaresistente Bakterien untersucht (Bitte um Aufschlüsselung nach Anzahl der Proben, Verteilung auf die Bundesländer und Sektoren wie Gastronomie Lebenmitteleinzelhandel etc.)?

 

4)    In welcher Art und Weise werden die praktischen Erfahrungen durch die Bestandsbetreuung und Beratung im Rahmen der Tiergesundheitsdienste vom Bundesminister in Bezug auf den Antibiotikaeinsatz erfasst und ausgewertet?

 

 

5)    Liegen dem Gesundheitsminister strukturierte Untersuchungen und Auswertungen zum  Antibiotikaeinsatz in der landwirtschaftlichen Nutztierhaltung in Österreich vor (bitte um Nennung des Titels, der Autoren und des Untersuchungszeitraums)?

 

6)    Werden die Antibiotikastoffströme in der österreichischen Landwirtschaft aufgegliedert nach Tiergattung und Wirkstoffgruppe erfasst? Wer führt ggf. die Erfassung durch?

 

 

7)    Welche Antibiotikagruppen kommen in welchen Mengen im Bereich Masthühner, Mastschweine- und der Mastkälberbetriebe zum Einsatz (Bitte um Aufschlüsselung nach Bundesland, Betriebsart, Bestandsgröße, Menge und Wirkstoffgruppe)?

 

8)    Werden die Dokumentationssysteme der Antibiotikastoffströme für eine wissenschaftliche Aus- und Bewertung genutzt?


9)    Wie werden die Daten über Antibiotikastoffströme zu einer betriebsindividuellen Reduktion des Arzneimitteleinsatzes genutzt?

 

10) Sind dem Gesundheitsminister EU-Mitgliedstaaten bekannt, deren Antibiotikaeinsatz in der Tierhaltung im Vergleich zu dem in Österreich deutlich geringer ist und auf welche Maßnahmen führt der Gesundheitsminister ggf. einen geringeren Antibiotikaeinsatz zurück?

 

 

11) Die  Weltgesundheitsorganisation empfiehlt, den Einsatz aller Cephalosporine der dritten und vierten Generation sowie der Fluorchinolone  in der Tiermedizin zu stoppen oder zumindest drastisch zu reduzieren, um die Entwicklung von Resistenzen nicht noch weiter zu fördern und zu beschleunigen.[ii]

a.    Tritt der Gesundheitsminister für ein Verbot des Einsatzes aller Cephalosporine der dritten und vierten Generation in der Tiermedizin in Österreich ein?

b.    Tritt der Gesundheitsminister für ein Verbot des Einsatzes von  Fluorchinolonen in der Tiermedizin in Österreich ein?



[i] MRSA steht für "Methicillin-resistente Staphylococcus aureus". Das sind Bakterien, die bei Menschen und Tieren Haut und Schleimhäute besiedeln und dort Wundinfektionen verursachen können.

ESBL sind Enzyme (Extended Spectrum Beta-Laktamasen), die in der Humanmedizin wichtige Antibiotika außer Kraft setzen können.

[ii] http://www.who.int/world-health-day/2011/presskit/whd2011_fs4d_subanimal.pdf