10413/J XXIV. GP

Eingelangt am 20.01.2012
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Anfrage

 

 

der Abgeordneten Werner Kogler, Freundinnen und Freunde an den/die Bundesministerin für Finanzen

betreffend Förderung der Investitionstätigkeit der Gemeinden und Zurückdrängung des Wildwuchses an Ausgliederungen im hoheitlichen Bereich

BEGRÜNDUNG

 

In den vergangenen Jahren wurde auf Gemeindeebene eine Fülle von Aufgaben an ausgegliederte Gesellschaften übertragen. In vielen Fällen werden damit ökonomisch sinnvolle Ziele verfolgt und auch erreicht. In vielen anderen Fällen aber wird das Instrument der Ausgliederung zweckentfremdet, erschwert den Überblick über die Gemeindefinanzen und schwächt die kommunale Demokratie.

Damit sind vor allem Auslagerungen sogenannter hoheitlicher Aufgaben angesprochen, wie etwa die Errichtung von Amtsgebäuden, Feuerwehrhäusern oder Volksschulen. Die "Neutralisierung" der mit den betreffenden Infrastruktur-Investitionen verbundenen Darlehensaufnahmen im Hinblick auf das sogenannte Maastricht-Defizit und die Lukrierung des Vorsteuerabzugs gehörten dabei häufig zu den erklärten Zielsetzungen der betreffenden Ausgliederungen.

Die erste der beiden Zielsetzungen ist Ausdruck des Wunsches, der Schuldenproblematik durch Verschleierung zu entkommen, und zeigt eine Haltung, die maßgeblich zur derzeitigen Verschuldenskrise in der Eurozone beigetragen hat. Die Pflicht zur Meldung neu geschaffener institutioneller Einheiten nach § 9 Abs.2 des Stabilitätspaktes 2011 (BGBl. I 117/2011) und deren objektive Beurteilung durch die Statistik Austria wird diesen Verschleierungsversuchen ein rasches Ende bereiten, wie sich aus Stellungnahmen der Statistik Austria im Herbst dieses Jahres (www.bit.ly/standard-11-10-11) unmissverständlich ableiten lässt.


 

Die Lukrierung des Vorsteuerabzugs wird erreicht, indem Infrastrukturprojekte durch ausgegliederte Gesellschaften durchgeführt und die fertiggestellten Projekte an die Gemeinde zurückvermietet werden und so eine unternehmerische Tätigkeit im Sinne von § 2 UStG konstruiert wird.

Dieser Vorteil könnte wesentlich einfacher und ohne die dabei anfallenden erheblichen Rechts- und Steuerberatungskosten lukriert werden, wenn anstelle der Gründung hunderter Gesellschaften einige wenige Zeilen ins Finanzausgleichsgesetz eingefügt werden, mit denen eine Förderung der Investitionstätigkeit der Gemeinden im hoheitlichen Bereich in jenem Umfang eingeführt wird, der der Belastung dieser Investitionstätigkeit durch Umsatzsteuern entspricht. (Eine vergleichbare Regelung enthält das Beihilfengesetz BGBl.746/1996).

Darüber hinaus stellt sich auch die Frage, ob die oben dargestellten Konstruktionen einer (insbesondere eu-)rechtlichen Überprüfung standhalten. Nach der Richtlinie des Rates über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (www.bit.ly/eu-mwst-rili) sind Gemeinden nicht steuerpflichtig (und damit auch nicht vorsteuerabsetzberechtigt), wenn sie Umsätze bewirken, die ihnen im Rahmen der öffentlichen Gewalt obliegen.

 

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgende

ANFRAGE

 

 

1. Wie beurteilen Sie die oben dargestellten Gesellschaftskonstruktionen für Infrastrukturvorhaben im hoheitlichen Bereich im Hinblick auf Artikel 13 der Richtlinie über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem, der für Umsätze im Rahmen der öffentlichen Gewalt keine Steuerpflicht (und damit auch keinen Vorsteuerabzug) vorsieht?

2. Sind Sie bereit, den Gemeinden für Investitionstätigkeit im hoheitlichen Bereich im Wege des Finanzausgleichs eine Förderung  im Ausmaß der Belastung dieser Investitionen durch die Umsatzsteuer anzubieten und damit den Wildwuchs an Ausgliederungen zurückzudrängen?