10417/J XXIV. GP

Eingelangt am 20.01.2012
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Anfrage

 

der Abgeordneten Wolfgang Zinggl, Freundinnen und Freunde an die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur

betreffend Schließung der Bücherei in Bad Radkersburg

BEGRÜNDUNG

 

Im Kulturbericht 2010 hebt die Bundesministerium für Unterricht, Kunst und Kultur in ihrem Vorwort hervor: „Schließlich haben wir das Förderwesen der Kultursektion neugeordnet und konnten damit vor allem die öffentlichen Büchereien in ihrer wertvollen Arbeit unterstützen“.

Wie wertvoll diese Arbeit wahrgenommen wird, zeigt die geplante Einsparung einer Planstelle der Bibliotheksleiterin in Bad Radkersburg.

Das österreichweit erfolgreichste Vorzeigemodell eines Zusammenschlusses von Schulbibliotheken und der öffentlichen regionalen Bibliothek ist jenes im BORG Bad Radkersburg. Aufgrund der geplanten Einsparung der Planstelle muss die Bücherei auf eine Schulbibliothek für das BORG mit 12 Wochenstunden begrenzt werden. Damit kann sie auch nicht mehr für die angeschlossene Volksschule und Hauptschule genutzt werden.

Seit dem Jahr 1976 besteht im Gebäude des Bundes-Oberstufenrealgymnasiums Bad
Radkersburg diese gemeinsam geführte Schulbibliothek für das Gymnasium und
eine Öffentliche Bibliothek, die von einer Beamtin des BMUKK geleitet wird.

1979 haben der Bund, vertreten durch das Bundesministerium für Unterricht
und Kunst, die Stadtgemeinde Bad Radkersburg und die Pfarrgemeinde Bad
Radkersburg eine Vereinbarung unterzeichnet, in der unter anderem die
Personalfragen und die Raumerfordernisse geregelt  sind. Neu war in diesem Fall die
Schaffung einer Planstelle B des Bundes für die Leitung der Bibliothek.

In den folgenden Jahren entwickelte sich die Bücherei zum österreichischen Vorzeigemodell, in dem unter anderem österreichweit die neu installierten Weiterbildungslehrgänge für Schulbibliothekare an AHS und Hauptschulen durchgeführt wurden. Zahlreiche VertreterInnen von Gemeinden aus ganz Österreich besuchten die Bücherei, um sich über diese damals neuartige Form der Zusammenarbeit und Konzentration von Ressourcen und Mitteln zu informieren und sie auch in ihren Kommunen in ähnlicher Form erfolgreich zu etablieren.

Für die Bezirkshauptstadt Bad Radkersburg ist diese Bücherei ein
großer Gewinn. Es können nicht nur die Bewohner der Stadt und des Bezirkes
sondern auch die Gäste des sich in dieser strukturarmen Region entwickelnden
Thermen Zugang zu Literatur, Wissen und Information verschaffen. Darüber hinaus verzichteten die Volks- und die Hauptschule auf eigene Schulbüchereien und besuchen mit ihren SchülerInnen die Bibliothek, um nicht nur Entlehnungen für die Freizeitlektüre zu tätigen, sondern auch um mit dem Medienangebot zur Kulturvermittlung durchzuführen. Besonders wichtig ist dabei, dass ein Bogen zur aktiven und sinnvollen Freizeitgestaltung der Kinder
und Jugendlichen gespannt wird, weil die Bücherei Bad Radkersburg während
des ganzen Jahres, auch in Ferienzeiten geöffnet ist.

Durch die sinnvolle Konzentration der Aufwendungen für Raumerfordernisse,
ausgebildetes Personal, EDV etc. sind entsprechende Mittel für die
Anschaffung von Medien vorhanden. Somit kann durch die verantwortungsvolle
Auswahl aus der schon fast unübersehbaren Flut an Neuerscheinungen ein breit
gefächertes Angebot für alle Altersstufen und in allen Interessensgebieten
bereitgestellt werden. Durch die gute Vernetzung mit andern öffentlichen und
wissenschaftlichen Bibliotheken bietet die Bibliothek die Möglichkeit von
Fernleihen.

Da sich eine öffentliche Bücherei und eine Schulbibliothek auch als
Kommunikations- und Informationszentrum versteht, wurden 1999 als erste im
Bezirk Radkersburg zwei öffentlich zugängliche Internetplätze installiert,
die sehr stark frequentiert werden. Seit 2003 hat das Bildungsnetzwerk Steiermark eine Infostelle für Weiterbildung in der Bücherei Bad Radkersburg eingerichtet, bei der alle Programme und Angebote der Erwachsenenbildungseinrichtungen aufliegen. Darüber hinaus finden einmal monatlich – und auf Wunsch auch zu weiteren Terminen – kostenlose Beratungen zu beruflicher und persönlicher Weiterbildung durch eine Mitarbeiterin des
Bildungsnetzwerkes statt.

Das BMUKK beabsichtigt laut Erlass 303/0008-III/9b/2011
vom 2. Dezember 2011 die Planstelle der Bibliotheksleitung (nach deren Pensionsantritt) auf Grund der geforderten Einsparungsmaßnahmen im Bundesdienst nicht mehr nachzubesetzen. Darüber
hinaus wurde von Seiten des Landesschulrates für Steiermark die im ersten
Absatz erwähnte Vereinbarung mit Wirkung 1. 1. 2013 gekündigt.


Damit wird ein Erfolgsmodell, das für die Entwicklung des Büchereiwesens eine unschätzbare Multiplikatorenfunktion ausübt, vernichtet. Das erworbene Wissen über Kooperationen und Entwicklung geht verloren und die Region verliert ihre öffentliche Bibliothek. 

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgende

ANFRAGE

 

1)    Welche sachlichen Gründe jenseits vermeintlicher finanzieller Zwänge liegen Ihrer Entscheidung zugrunde, den erfolgreichen Bad Radkersburger Modellversuch zu beenden?

 

2)    Wie viel Geld (in absoluten Zahlen und in Prozent des Bildungs-Personalbudgets) wird durch den Verzicht auf die BMUKK-Planstelle in der Bibliothek Bad Radkersburg eingespart?

 

3)    Wie wollen Sie künftig den Zugang der Bad Radkersburger Bevölkerung zu niederschwelligen Informationsangeboten gewährleisten?

 

4)    Wie verträgt sich die Schließung der Bücherei in Bad Radkersburg mit der Position, dass „gesellschaftliches Basiswissen frei für alle zur Verfügung stehen muss“ (Bibliotheksprogramm der SPÖ)?

 

5)    Wie verträgt sich die Schließung der Bücherei in Bad Radkersburg mit der Position, dass „die Teilung der Bevölkerung in jene, die leichten und breiten Zugang zu Informationen finden, und jene, die über diesen Zugang nicht verfügen, als soziales, ökonomisches und kulturelles Problem erkannt und bekämpft werden muss“?

 

6)    Wo soll in Bad Radkersburg künftig soziale Integration und interkulturelle Begegnung stattfinden?

 

7)    Wie viele Planstellen sollen im Bundesministerium für Unterricht, Kunst und Kultur bis 2013 eingespart werden?

 

8)    Nach welchen Entscheidungskriterien werden die Planstellen ausgewählt, die im Ressort eingespart werden?

 

9)    In welchem Verhältnis steht die Schließung der Bibliothek in Bad Radkersburg zu den gerade von Ihnen und Ihrer Partei immer wieder verkündeten Versprechen, dass im Bildungsbereich nicht gespart werden dürfe?