10487/J XXIV. GP
Eingelangt am 30.01.2012
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind
möglich.
Anfrage
Des Abgeordneten Kai Jan Krainer,
Genossinnen und Genossen
an die Bundesministerin für Finanzen
betreffend „der Feststellung von Einheitswerten, insbesondere von neu zu bewertenden
Grundvermögen und Betriebsgrundstücken“
Sehr geehrte Frau Bundesministerin,
als Bemessungsgrundlage für die Grundsteuer wird der sogenannte Einheitswert herangezogen. Dabei wird zwischen land- und forstwirtschaftlichen Grundvermögen (Grundsteuer A) und nicht land- und forstwirtschaftlichen genutzten Betriebsgrundstücken sowie Grundvermögen (Grundsteuer B) unterschieden. Die Einheitswerte von Grundvermögen und Betriebsgrundstücken wurden zum letzten Mal zum 01.01.1973 nach einer Hauptfeststellung bestimmt (das Gesetz sah ursprünglich vor alle 9 Jahre eine solche Hauptfeststellung durchzuführen). Seither wurden sie nur pauschal um 35% angehoben. Zum Vgl. die Verbraucherpreise sind im gleichen Zeitraum, also seit 1972 um rund 250% gestiegen. Da seit 1972 keine Hauptfeststellung von Grundvermögen mehr durchgeführt wurde spiegeln die Einheitswerte heute weder den tatsächlichen (Verkehrs-)Wert noch den relativen Wert von Grundvermögen und Betriebsgrundstücken zu einander wider. So zitiert der Verfassungsgerichtshof am 7. März 2007 in seiner Erkenntnis zur verfassungsmäßigkeit der Erbschafts- und Schenkungssteuer den Verwaltungsgerichtshof, welcher bereits 1992 unter Verweis auf Literatur feststellt, „ daß Einheitswerte für bebaute Grundstücke nur einen Bruchteil des Verkehrswertes ausmachen“. 1994 meint der Verwaltungsgerichtshof erneut: ,, Da für die derzeit in Geltung stehenden Einheitswerte des Grundvermögens unverändert die Wertverhältnisse vom 1. Jänner 1973 zugrunde gelegt werden und daher eine Anpassung an die regional sehr unterschiedlich eingetretenen Veränderungen der Bodenpreise und auch der Baukosten nicht möglich ist, besteht eine immer größer gewordene Diskrepanz zwischen den bereits zum 1. Jänner 1973 als sehr mäßig konzipierten Einheitswerten und den tatsächlichen Werten des Grundbesitzes (vgl. Twaroch-Frühwald Wittmann, BewG, 129). Es ist somit eine Erfahrungstatsache, dass Einheitswerte für bebaute Grundstücke ebenso wie auch für unbebaute Grundstücke nur einen Bruchteil des Verkehrswertes ausmachen ... Im Hinblick auf die mannigfaltigen Umstände, die den gemeinen Wert einer Liegenschaft zu beeinflussen imstande sind, ist damit eine lineare Vervielfachung des Einheitswertes zur Ermittlung des gemeinen Wertes völlig ungeeignet. "
Auch wenn seit 1972 keine Hauptfeststellung von Einheitswerten durchgeführt wurde müssen dennoch immer wieder Grundstücke und Immobilien bewertet werden. Dies ist etwa dann der Fall wenn eine Umwidmung eines Grundstückes erfolgt und/oder ein Grundstück bebaut wird.
Vor diesem Hintergrund richten die unterzeichneten Abgeordneten nachstehende Anfrage an die Bundesministerin für Finanzen. Die Fragen 9. bis 14. konzentrieren sich dabei auf einzelne Katastralgemeinden um eine stichprobenartige Erhebung zu ermöglichen, die den Verwaltungsaufwand zur Beantwortung der Anfrage in Grenzen hält. Sollte in einer der drei Katastralgemeinden Dornbach, Mils bei Hall in Tirol oder Horn eine Erhebung der angefragten Daten nicht möglich sein, bitten wir um die Beantwortung der selben Fragen in Bezug auf eine vergleichbare Katastralgemeinde.
Anfrage:
1. Hat das Bundesministerium für Finanzen Berechnungen oder Schätzungen durchgeführt im welchen das Verhältnis der Einheitswerte von Grundstücken und Immobilien zu ihrem tatsächlichen Verkehrswert untersucht wird, oder liegen der Bundesministerin für Finanzen Schätzungen / Berechnungen dieser Art vor?
2. Wenn dies der Fall ist, was sind die Ergebnisse dieser Berechnungen/Schätzungen, also im welchen Verhältnis stehen die Einheitswerte zu den tatsächlichen Marktwerten? (je nach Verfügbarkeit bitten wir um Angabe der Durchschnittswerte, der Mindest- und Maximalwerte, der Streuung, sowie einer Aufteilung nach Regionen, nach Objekten für die die Grundsteuer A und jenen für die die Grundsteuer B gilt sowie nach bebauten und unbebauten Grundstücken, soweit möglich bitten wir darüber hinaus um eine Aufschlüsselung nach Jahren)
3. Wie beurteilen Sie die in der Studie "Reform der Grundsteuer nach dem Grazer Modell" (Schratzenstaller et al 2008) angeführten Schätzungen wonach der Einheitswert von nicht-landwirtschaftlichen Grundvermögen und Betriebsgrundstücke im Verhältnis zu ihrem Verkehrswert 1:4 bis 1:10 beträgt?
4. Wie beurteilen Sie die in der selben Studie genannten Schätzungen, dass der tatsächliche Wert von landwirtschaftlichen Grundvermögen und Betriebsgrundstücke 30 bis 100 mal höher liegt als deren Einheitswert?
5. Wie beurteilen Sie die Tatsache, dass die Einheitswerte heute nicht nur nicht die tatsächlichen Marktwerte widergeben sondern auch den relativen Wert von Grundstücken nicht widerspiegeln können - insbesondere in Hinblick auf die vertikale Steuergerechtigkeit nach dem Leistungsfähigkeitsprinzip (als fundamentales Prinzip der Besteuerung)?
6. Nach welchen Prinzipien erfolgt die Festsetzung der Einheitswerte von Grundstücken, wenn ein neuer Wert definiert werden muss (z.B. aufgrund der Errichtung eines Gebäudes auf einem bis dato unbebauten Grundstück)?
7. Unterscheiden sich die Prinzipien zur Festsetzung der Einheitswerte von Grundstücken für nicht-landwirtschaftliches Grund- und Betriebsvermögen von der Berechnung für landwirtschaftliches Grund- und Betriebsvermögen?
8. Wenn ja, was sind die Unterschiede bei der Festsetzung der Einheitswerte von landwirtschaftlichen und nicht-landwirtschaftlichen Grund- und Betriebsvermögen?
9. Wieviele Übertragungen von Grundstücken durch Kauf gab es in der
Katastralgemeinde Dornbach (Wien, KG-Nr.:1401) 2009 und 2010? (Wenn möglich bitte nur jene Fälle in denen ein Grundstück zu mehr als einem Viertel den Besitzer wechselte)
10. Bei wievielen dieser Übertragungen durch Kauf in der Katastralgemeinde Dornbach (Wien) lag der Kaufpreis über dem bis dahin geltenden Einheitswert des Grundstückes 2009 und 2010?
11. In wievielen Fällen dieser Übertragungen durch Kauf in der Katastralgemeinde Dornbach (Wien) wurde der Einheitswert 2009 und 2010 neu festgestellt?
12. Wie, also anhand welcher Methode wurden die neu festgelegten Einheitswerte in der Katastralgemeinde Dornbach (Wien) berechnet?
13. Wieviele Übertragungen von Grundstücken durch Kauf gab es in der Katastralgemeinde Mils (bei Hall in Tirol, KG-Nr.: 81012) 2009 und 2010? (Wenn möglich bitte nur jene Fälle in denen ein Grundstück zu mehr als einem Viertel den Besitzer wechselte)
14. Bei wievielen dieser Übertragungen durch Kauf in der Katastralgemeinde Mils (bei Hall in Tirol) lag der Kaufpreis 2009 und 2010 über dem bis dahin geltenden Einheitswert des Grundstückes.
15. In wievielen Fällen dieser Übertragungen durch Kauf in der Katastralgemeinde Mils (bei Hall in Tirol) wurde der Einheitswert neu festgestellt?
16. Wie, also anhand welcher Methode wurden die neu festgelegten Einheitswerte in der Katastralgemeinde Mils (bei Hall in Tirol) berechnet?
17. Wieviele Übertragungen von Grundstücken durch Kauf gab es in der Katastralgemeinde Horn (Niederösterreich, KG-Nr.: 10027) 2009 und 2010? (Wenn möglich bitte nur jene Fälle in denen ein Grundstück tatsächlich zu mehr als einem Viertel den Besitzer wechselte)
18. Bei wievielen dieser Übertragungen durch Kauf in der Katastralgemeinde Horn (Niederösterreich) lag der Kaufpreis 2009 und 2010 über dem Einheitswert des Grundstückes.
19. In wievielen Fällen dieser Übertragungen durch Kauf in der Katastralgemeinde Horn (Niederösterreich) wurde der Einheitswert neu festgestellt?
20. Wie, also anhand welcher Methode wurden die neu festgelegten Einheitswerte in der Katastralgemeinde Horn (Niederösterreich) berechnet?
21. Wie hoch waren in etwa die anfallenden Kosten die zur Bewertung von Grundstücken und Immobilien in den drei oben genannten Katastralgemeinden nötig waren? (bitte um Angabe der Gesamtkosten für alle Bewertungen sowie um einen Durchschnittswert)
22. Erfolgt die Festlegung der Einheitswerte für landwirtschaftlich genutzten Grund- und Boden nach dem Ertragswertprinzip?
23. Wenn ja, inwiefern werden Förderungen, die ja den tatsächlichen wirtschaftlichen Ertrag des Grundstückes positiv beeinflussen, darin berücksichtigt?