10508/J XXIV. GP
Eingelangt am
01.02.2012
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möglich.
Anfrage
der Abgeordneten Daniela Musiol, Harald Walser, Freundinnen und Freunde an den/die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur
betreffend Kirchenfinanzierung
BEGRÜNDUNG
Am 19.2.2012 haben die Regierungsparteien die
Bundesministerin für
Unterricht, Kunst und Kultur ersucht, „auf Basis der im Rahmen der
Parlamentarischen Enquete diskutierten Vorschläge dem Nationalrat bis
1.10.2012 in Form eines Berichts mögliche Modelle für den Ausbau
eines
Ethik-Unterrichts, einschließlich der jeweiligen Kosten für das
Unterrichtsbudget und unter Einbeziehung von Fragen der Aus- und
Fortbildungsmöglichkeiten für jene Lehrer/innen, die Ethik
unterrichten
sollen, vorzulegen." 2. NRP Neugebauer begründete den Vorstoß
zur
flächendeckenden Einfuhr des Ethikunterrichtes als
Ersatzpflichtgegenstand mit dem Verweis auf den angeblichen
„verfassungsmäßigen Auftrag, jenen, die am Gegenstand Religion
nicht
teilnehmen, ethisches Bewusstsein angedeihen zu lassen" sowie auf die
Vermutung, dass „diese Regelung auch als die kostengünstigste
angesehen
werde“.
Ein Konsens zur Notwendigkeit bzw. Gerechtheit der flächendeckenden
Einfuhr eines Ethikunterrichtes lediglich als Ersatzpflichtgegenstand
zum konfessionellen Religionsunterricht konnte im Rahmen der
parlamentarischen Enquete „Werteerziehung durch Religions- und
Ethikunterricht in einer offenen, pluralistischen Gesellschaft“ am
4.5.2011 nicht erzielt werden. Ferner wirft das Thema „Ethikunterricht
als Ersatzpflichtgegenstand zum Religionsunterricht“ Fragen auf, die,
insbesondere in Zeiten der dringend gewordenen Haushaltssanierung, einen
näheren Blick auf die Kostenstruktur des derzeitigen
Religionsunterrichtes notwendig machen.
Der Ethikunterricht ist als Ersatzpflichtgegenstand, per Definition,
von dem konfessionellen Religionsunterricht abhängig. Dieser bildet
wiederum nur eine der zahlreichen Subventionen und Direktzahlungen, die
den gesetzlich anerkannten Kirchen und Religionsgesellschaften in
Österreich seitens der öffentlichen Hand zukommen. Bevor die
flächendeckende Einfuhr des Ethikunterrichts erfolgen kann ist daher
auch weitere öffentliche Komponenten des Kirchenfinanzierungssystems in
Österreich näher zu betrachten. Dies scheint nicht zuletzt aufgrund
der
anhaltend hohen Kirchenaustrittszahlen notwendig zu sein.
Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgende
ANFRAGE
1) Wie hoch waren die Personalkosten (Bezüge der ReligionslehrerInnen inkl. Pensionsansprüche), die dem konfessionellen Religionsunterricht in öffentlichen Schulen in den Jahren 2010 und 2011 zuzurechnen waren (gegliedert nach den jeweiligen Religionsgemeinschaften)?
2) Wie hoch waren die anteiligen Sach- und Nebenkostenkosten, die dem konfessionellen Religionsunterricht in öffentlichen Schulen in den Jahren 2010 und 2011 zuzurechnen waren (gegliedert nach den jeweiligen Religionsgemeinschaften)?
3) Wie hoch waren die direkten Personalkosten (Bezüge der ReligionslehrerInnen inkl. Pensionsansprüche), die ausschließlich dem konfessionellen Religionsunterricht in konfessionellen Privatschulen in den Jahren 2010 und 2011 zuzurechnen waren (gegliedert nach den jeweiligen Religionsgemeinschaften)?
4) Im Bundesvoranschlag 2011 (Untergliederung 30: Unterricht, Kunst und Kultur) sind unter VA-Ansatz 1/30007, Aufgabenbereich 14 (Kultus) erfolgswirksame Ausgaben für Sachleistungen in der Höhe von EUR 56,592 Mio. als „Aufwendungen (Gesetzl. Verpflichtungen)“ ausgewiesen. Welche Einzelpositionen stehen hinter der ausgewiesenen Summe? Auf welche Einzelbestimmungen (Gesetze, Verordnungen oder Erlässe) sind diese Einzelpositionen jeweils zurückzuführen?
5) Unterliegen die Statuten oder das kanonische Recht der in Österreich gesetzlich anerkannten Kirchen und Religionsgesellschaften sowie die von ihnen verbreiteten Lehren (Enzykliken, Predigten von leitenden Geistlichen etc.) einer periodischen Überprüfung seitens des BMfUKK um etwaige Inhalte, die mit der österreichischen Rechtsordnung – und insbesondere den Grundfreiheiten und den Bestimmungen der Europäischen Menschenrechtskonvention – entgegen stehen, zu orten? Wenn nein: warum? Wenn ja: welche Konsequenzen, wenn überhaupt, ziehen geortete Unstimmigkeiten mit sich?
6) Im Juni 2010 wurde bekanntgegeben, dass das baufällig gewordene
sog.
„Papstkreuz“ im Wiener Donaupark überraschend und entgegen der
herrschenden Expertenmeinung saniert werden soll. Die Entscheidung, die
Sanierung durchzuführen, fiel nachdem die Erzdiözese Wien, der Bund
und
die Gemeinde Wien sich über die Aufteilung der geschätzten
Sanierungskosten in der Höhe von EUR 400.000 einigen konnten. Welche
Kosten entstanden nun tatsächlich dem Bund, nachdem das
„Papstkreuz“ im
Dezember 2011 neuerrichtet wurde? Wurde das Bundesdenkmalamt in die
Entscheidung miteinbezogen?
Für Einrichtungen und Unternehmungen von Religionsgesellschaften besteht häufig der so genannte Tendenzschutz, d.h. dass wesentliche ArbeitnehmerInnenrechte nicht gelten. In der Praxis heißt das etwa, dass MitarbeiterInnen nach einer Scheidung oder nach einem Kirchenaustritt gekündigt werden können. In diesen Einrichtungen und Unternehmungen darf auch nach konfessioneller Zugehörigkeit diskriminiert werden.
7) Welche Einrichtungen und Unternehmungen (im Eigentum) von Religionsgesellschaften fallen unter diesen Tendenzschutz und wie heißen sie?
8) Gibt es überprüfbare Kriterien für eine Zuerkennung des Tendenzschutzes?
9) Für welchen MitarbeiterInnenkreis gelten die Einschränkungen des Tendenzschutzes?
10) Wird das Recht, einen Betriebsrat zu gründen in diesen Betrieben vom Tendenzschutz eingeschränkt?
11) Welche ArbeitnehmerInnenrechte werden sonst durch den Tendenzschutz eingeschränkt oder aufgehoben?
12) Wie viele MitarbeiterInnen dieser Betriebe und Unternehmungen gehen gegen die diskriminierenden Bestimmungen des Tendenzschutzes vor?
13) Gibt es Initiativen von Seiten des Ministeriums, diese Einschränkung des Arbeitnehmerschutzes aufzuheben? Falls nicht, warum?
14) Wie viele konfessionelle ReligionslehrerInnen wurde seit 1945 die missio canonica (bzw. entsprechende Lehrerlaubnisse anderer Religionsgemeinschaften) entzogen?
15) Wie viele konfessionelle ReligionslehrerInnen haben durch diese Bestimmungen seit 1945 ihren Arbeitsplatz verloren?
16) Wie viele konfessionelle ReligionslehrerInnen wurden seit 1945 aufgrund dieser Bestimmung zwangspensioniert?
17) Muss eine Religionsgemeinschaft den Entzug der missio canonica bzw. vergleichbarer Lehrerlaubnisse begründen?
18) Wenn ja, welche Begründungen werden dafür angegeben?
19) Wie viele konfessionelle ReligionslehrerInnen unterrichten derzeit in Österreich?
20) Wie verteilen sich die konfessionellen ReligionslehrerInnen nach Schulzweigen und nach Konfessionen?
21) Wie viele dieser ReligionslehrerInnen sind Geistliche?
22) Wie hoch sind die jährlichen Personalkosten für ReligionslehrerInnen aufgeschlüsselt nach Religionsgemeinschaften?
23) Wie haben sich diese Personalkosten in den vergangenen zehn Jahren entwickelt aufgeschlüsselt nach Religionsgemeinschaften?
24) Wie hoch sind die jährlichen Pensionskosten für ReligionslehrerInnen aufgeschlüsselt nach Religionsgemeinschaften?
25) Analog zu den Kosten der ReligionslehrerInnen und den LehrerInnen konfessioneller Privatschulen mit Öffentlichkeitsrecht hat die öffentliche Hand auch die Personalkosten der FachinspektorInnen für den Religionsunterricht zu tragen. Wie hohe Kosten verursacht das jährlich aufgeschlüsselt nach Religionsgemeinschaften?
26) Wie viele FachinspektorInnen für den Religionsunterricht gibt es in Österreich aufgeschlüsselt nach Religionsgemeinschaften?
27) Wie viele konfessionelle Privatschulen mit Öffentlichkeitsrecht gibt es in Österreich?
28) Nach welchen Kriterien dürfen solche Schulen betrieben werden?
29) Nach welchen Kriterien wird diesen Schulen das Öffentlichkeitsrecht zuerkannt?
30) Was sind die Standorte dieser konfessionellen Privatschulen in Österreich?
31) Wer sind die BetreiberInnen der konfessionellen Privatschulen in Österreich?
32) In wie vielen politischen Bezirken Österreichs sind konfessionelle Privatschulen mit Öffentlichkeitsrecht die einzigen maturaführenden Schulen bzw. die einzigen maturaführenden Schulen in diesem Schulzweig?
33) Welche Bezirke sind das?
34) Wie hoch ist der jährliche Kostenersatz für konfessionelle Privatschulen in Österreich?
35) Betreffen diese Kosten nur den Bund oder übernehmen die Bundesländer diese Kosten bei Landesschulen selber?
36) Wie hoch sind die jährlichen Pensionskosten, die LehrerInnen konfessioneller Privatschulen mit Öffentlichkeitsrecht?