10621/J XXIV. GP

Eingelangt am 17.02.2012
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ANFRAGE

 

des Abgeordneten Dr. Strutz

und weiterer Abgeordneter

 

an die Bundesministerin für Finanzen

betreffend Rückforderung der 50-Millionen Sonderdividende von den Altaktionären der Hypo durch die Finanzprokuratur

 

 

Am 25. März 2011 kündigte der Präsident der Finanzprokuratur, Dr. Wolfgang Peschorn "im Auftrag des Vorstandes der Hypo Alpe-Adria-Bank International AG" an, gerichtliche Schritte einzuleiten, falls die Altaktionäre der Hypo nicht bis 7. April 2011 eine 50-Millionen-Euro Sonderdividende plus Zinsen rückzahlen würden.

Dies ist definitiv nicht geschehen: Weder wurde die Sonderdividende zurück bezahlt, noch wurden bis dato gerichtliche Schritte eingeleitet.

Heute, mehr als acht Monate danach, scheint man auf die Eintreibung dieser enorm hohen Summe - inklusive angelaufene Zinsen mehr als 60 Millionen Euro - offensichtlich keinen Wert mehr zu legen. Man hört jedenfalls nichts mehr.

Und auch die schweren, immerhin von einem Spitzenjuristen der Republik Österreich behaupteten Verfehlungen ehemaliger Bankfunktionäre scheinen weder für die Staatsanwaltschaft, noch für die FMA gravierend genug, um entsprechende Maßnahmen zu setzen.

 

Die Finanzprokuratur fordert also "im Auftrag" Kranebitters 50 Millionen plus Zinsen retour; auf Briefpapier der österreichischen Finanzprokuratur spricht Dr. Wolfgang Peschorn im Zusammenhang mit dem Consultants-Verkauf von einer "rechtswidrigen Realisierung eines Kaufpreises durch Veräußerung von Beteiligungen an Tochterunternehmen der Hypo Consultants Holding GmbH" und fordert von den Altaktionären der Hypo eine Sonderdividende in Höhe von 50 Millionen Euro (zuzüglich Zinsen) zurück.

Diese drastische Forderung durch einen der ranghöchsten Beamten der Republik Österreich – im Auftrag des Hypo-Managements verschickt - wurde auch zeitlich limitiert: Sollten die im Schreiben vom 25. März 2011 angesprochenen Altaktionäre, also HYPO-BANK BURGENLAND AG (GRAWE), HYPO ALPE ADRIA Mitarbeiterprivatstiftung, Berlin & Co Capital S.a.r.l. und die Landes- und Hypothekenbank Holding, nicht bis 7. April 2011 das Geld zurückzahlen, würde definitiv geklagt.

Ein ziemlich starkes Auftreten Peschorns (im Auftrag Dr. Kranebitters als Chef der Hypo), untermalt durch zahlreiche, wohl nicht ganz zufällige Presseartikel. Aber seither sind mehr als acht (!) Monate ins Land gezogen; die angekündigte Millionen-Klage ist bislang ausgeblieben.

 

Peschorn tätigte im Auftrag Kranebitters bzw. der Hypo folgende Behauptungen:

"... Diese Untersuchung hat gezeigt, dass im Rahmen des Verkaufs der mehrheitlichen Beteiligung an der HBlnt an die Bayerische Landesbank (BLB) eine alineare Sonderdividende in Höhe von gesamt EUR 50 Mio (in Worten: Euro fünfzig Millionen) an die Altaktionäre im Jahre 2008 zu Unrecht beschlossen und geleistet wurde. Aus diesem Grund hat mich der Vorstand der HBlnt mit der Rückforderung der als Sonderdividende im Jahr 2008 an Sie ausbezahlten und von Ihnen vereinnahmten Beträge beauftragt ... "

"Nur durch die phasenkongruente Bilanzierung eines Bilanzgewinns auf Ebene der Hypo Consultants Holding GmbH konnte auf Ebene der HBlnt ein ausschüttungsfähiger Bilanzgewinn in einer Höhe der zu leistenden alinearen Sonderdividende in Höhe von EUR 50 Mio dargestellt werden. Denn zum Bilanzstichtag 31.12.2007 war im Jahresabschluss der HBlnt ein erheblicher Jahresfehlbetrag von rund EUR 270 Mio (in Worten: Euro zweihundertsiebzig Millionen) auszuweisen gewesen und gelang es, nur dadurch einen ausschüttungsfähigen Bilanzgewinn darzustellen, indem die vorhandene Gewinnrücklage in der Höhe von rund EUR 369 Mio bis zum Betrag in Höhe von rund EUR 5,6 Mio - sohin beinahe zur Gänze aufgelöst wurde ... ".

" ... Auf Grund der derzeit vorliegenden Unterlagen und Informationen steht eine solche Vorgangsweise in Anbetracht des schon zu diesem Zeitpunkt, dem 31.12.2007, bestehenden erheblichen Jahresfehlbetrages nicht mit der Sorgfalt eines ordnungsgemäß handelnden Bankvorstandes in Einklang. Der Verzicht der HBlnt auf Sicherheiten für gewährte Kredite im Zusammenhang mit der Veräußerung von Beteiligungen der Hypo Consultants Holding GmbH im Jahre 2007 entsprach wohl ebenfalls nicht der bankkaufmännischen Sorgfalt, zumal die HBlnt zu diesem Verzicht auch nicht verpflichtet war. Da die zuvor nach besichert gewesenen Kredite in kurzer Folge notleidend und uneinbringlich wurden, stellt sich dieser Verzicht auf Sicherheiten als eklatant sorgfaltswidrige Geschäftsführungshandlung dar ... ".

" ... Die seinerzeitigen Aktionäre wären verpflichtet gewesen, von einer derartigen Beschlussfassung im Rahmen der Hauptversammlung Abstand zu nehmen, um die Interessen der Bank und der Gläubiger nicht zu beeinträchtigen. Die Aktionäre hätten somit die rechtswidrige Ausschüttung einer Sonderdividende verhindern können und auch müssen.... Der HBlnt steht somit im Umfang der an Sie zu Unrecht ausbezahlten Beträge aus der Sonderdividende 2007 ein Rückforderungsanspruch zu .... "

"Hypo leitet gerichtliche Schritte ein, falls bis 7. April 2011 keine Rückzahlung erfolgt".

 

Abschließend steht dann klar und unmissverständlich im Brief, den also Dr. Peschorn im Auftrag des Hypo-Vorstandes verschickt hat:

"Ich habe Sie daher auftragsgemäß aufzufordern, bis spätestens 07.04.2011 den Betrag zuzüglich gesetzlicher Zinsen seit 09.05.2008 auf das Konto der Finanzprokuratur bei der ÖPSK, BLZ 60.000, Nr. 5.500.017, zu überweisen. Sollte bis zum 07.04.2011 kein vollständiger Zahlungseingang erfolgt sein, wird die Bank gerichtliche Schritte einleiten".


Nunmehr ist einige Zeit vergangen; umso befremdender ist es daher, dass diese enorme Forderung in Höhe von 50 Millionen Euro zuzüglich Zinszahlungen offensichtlich nicht weiter verfolgt wurde, obwohl ein klares Zahlungslimit gesetzt wurde.

Laut ORF hat Peschorn beispielsweise zum Thema Hypo behauptet, dass "das Umfeld in Kärnten" nicht geeignet ist, einen so komplexen Sachverhalt bei der Gerichtsbarkeit aufzuarbeiten. So habe es auch beim Prozess gegen Ex-Bankchef Kulterer "einige Merkwürdigkeiten" gegeben. Die Justiz müsse sich überlegen, den fall aus Kämten abzuziehen, "um ihrer Aufgabe auch wirklich gerecht zu werden".

Nun muss Peschorn (aber selbstverständlich auch Kranebitter, der ja als Bankchef Auftraggeber war) sich mit diesem Brief und seiner Ankündigung gerichtlicher Schritte - wo es nunmehr offensichtlich bei der Ankündigung blieb - gefallen lassen, dass es somit bei seinen Aktivitäten selbst "Merkwürdigkeiten" gibt.

Es bleiben somit zum Thema 50-Millionen-Rückforderung viele wichtige, offene Fragen. Die unterfertigenden Abgeordneten richten daher in diesem Zusammenhang an die Bundesministerin für Finanzen folgende

 

ANFRAGE

 

1.    Ist es richtig, dass den Altaktionären (im Auftrag des Vorstandsvorsitzenden Dr. Kranebitter bzw. der Bank) zur Zahlung der 50-Millionen Euro konkret eine Frist bis 7. April 2011 bei sonstiger Einleitung gerichtlicher Schritte gesetzt wurde?

2.    Wenn ja, wurden die 50 Millionen Euro gezahlt bzw. von wem und wann sind die Zahlungen erfolgt?

3.    Hat einer der Altaktionäre einer Rückzahlung der Sonderdividende zugestimmt und wenn ja, wer?

4.    Wenn nein, wann wurde die angekündigten rechtlichen Schritte eingereicht?

5.    Steht die Vorgangsweise der Altaktionäre "mit der Sorgfalt eines ordnungsgemäß handelnden Bankvorstandes“ in Einklag?

6.    Wenn nein, welche Konsequenzen gibt es für die Altaktionäre?

7.    Entspricht der Verzicht der HBlnt auf Sicherheiten für gewährte Kredite im Zusammenhang mit der Veräußerung von Beteiligungen der Hypo Consultants Holding GmbH im Jahre 2007 der bankkaufmännischen Sorgfalt?

8.    Wenn nein, welche Konsequenzen werden daraus gezogen?

9.    Impliziert die im oben zitierten Brief befindliche Passage "Dieser Abschreibungsbedarf hätte bereits zum 31.12.2007 bilanziell auf Ebene der HBlnt erfasst werden müssen, was jedoch bewusst unterblieb, da die Zahlung einer Sonderdividende in Höhe von EUR 50 Millionen ansonsten nicht möglich gewesen wäre" nicht bewusste Bilanzfälschung?

10. Wenn ja, welche Konsequenzen werden daraus gezogen?

11. Wie stehen Sie dazu, dass Ankündigungen von Einrichtungen der Republik selbst nicht umgesetzt bzw. eingehalten werden, ja nicht einmal der Versuch diesbezüglich unternommen wird?

12. Wer hat die Verpflichtung gegenüber dem österreichischen Steuerzahler im Zusammenhang mit der Rückforderung der 50-Millionen Sonderdividende plus Zinsen über Bord geworfen?

13. Gibt es diesbezüglich Weisungen und wenn ja, von wem?

14. Wurden die angekündigten gerichtlichen Schritte zur Rückführung der Sonderdividende zuzüglich Zinsen - es geht hier somit immerhin um einen Betrag deutlich über 60 Millionen Euro -, nicht mehr mit dem entsprechenden Nachdruck verfolgt oder gar „abgesagt“'?

15. Sieht die zuständige Staatsanwaltschaft Klagenfurt die von Dr. Peschorn erhobenen massiven Anschuldigungen in Richtung strafrechtlicher Verfehlungen, die seit März 2010 auf dem Tisch liegen, substanziell nicht ausreichend genug, um hier geradezu zwingend ein Verfahren einzuleiten?

16. Hat der Bankvorstand unter Führung von Dr. Kranebitter, der Dr. Peschorn den Auftrag für diesen Brief gegeben hatte und somit 100%ig hinter diesen Aussagen stehen muss (vermutlich muss das aufgrund der Tragweite dieser Aussagen zumindest auch mit Aufsichtsratsvorsitzenden Dr. Ditz akkordiert sein, also andere wäre lebensfremd), keinerlei weitere Ambition, diesen hohen Betrag gegenüber den Altaktionären einzufordern und in Folge zwingend notwendige Anzeigen gegen die in diesem Zeitraum agierenden Funktionäre der Bank zu tätigen?

17. Kann es sein, dass die FMA, der dieser Brief der Finanzprokuratur vom 25. März 2011 aufgrund der darin enthaltenen Anschuldigungen im Sinne einer nicht korrekten Bilanzierung, Nichteinhaltung der kaufmännischen Sorgfaltspflicht etc. mit Sicherheit auch zugänglich gemacht werden musste, also eine weitere Einrichtung der Republik Österreich, ebenfalls kein Interesse zeigt, notwendige Schritte einzuleiten?