10678/J XXIV. GP

Eingelangt am 23.02.2012
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

 

 

der Abgeordneten Peter Stauber

und GenossInnen

an die Bundesministerin für Justiz

betreffend die beabsichtigte Zusammenlegung bzw. Schließung von Bezirksgerichten in Kärnten

Ein entscheidender Faktor für Rechtsstaatlichkeit und Demokratie in jeder Gesellschaft ist ein gut funktionierendes und von der Bevölkerung akzeptiertes Gerichtswesen. Damit ein Gerichtswesen von der Bevölkerung auch akzeptiert wird müssen u.a. die Gerichte von den Rechtsuchenden ohne äußerst große Umstände erreichbar sein. Um auch den physischen Zugang zu den Gerichten für alle Menschen zu gewährleisten wurden in Österreich die Bezirksgerichte eingerichtet. Dadurch ist es den Menschen in den ländlichen Regionen möglich, für jene Angelegenheiten, die eine physische Präsenz im Gericht erfordern, auf zumutbare Weise Zugang zu den Gerichten zu erhalten.

Letzte Woche wurden von Justizministerin Karl Pläne zur Zusammenlegung bzw. Schließung von kleineren Bezirksgerichten der Öffentlichkeit präsentiert. Demnach sollen von derzeit 141 Bezirksgerichten künftig nur mehr 68 bestehen bleiben. Das Einsparvolumen wurde mit jährlich sechs Millionen Euro angegeben, dabei soll weder richterliches noch nichtrichterliches Personal eingespart werden. Die Einsparungseffekte sollen lediglich im Bereich Infrastruktur, Gebäude und Sachaufwand erreicht werden. Dagegen soll es nach dem Willen der Justizministerin für die Richterinnen und Richter an den Bezirksgerichten künftig Mehrbelastungen geben, weil der Streitwert für Zivilsachen, der an den Bezirksgerichten verhandelt wird, von 10.000 auf 25.000 Euro angehoben werden soll.


Medienberichten zufolge sollen in Kärnten die Bezirksgerichte Wolfsberg und Hermagor aufgelassen werden und auch das Bezirksgericht St. Veit an der Glan sowie die zweisprachigen Gerichte in Bad Eisenkappel, Bleiburg und Ferlach zur Disposition stehen. Solche radikale Maßnahmen würden den Zugang zu den Gerichten für viele Menschen in den betroffenen Bezirken stark behindern und das Vertrauen in die heimische Justiz weiter schwächen. Für die ländlichen Regionen wäre dies zudem ein weiterer infrastruktureller Kahlschlag. Angesichts aktueller diesbezüglicher Umfragen und der vielen Anrufe und elektronischen Schreiben, die bei politischen Mandatsträgern seit Bekanntwerden der Gerichtsschließungspläne eintreffen, steht es außer Zweifel, dass eine Schließung von Bezirksgerichten von der Kärntner Bevölkerung abgelehnt wird.

Die unterzeichneten Abgeordneten richten in diesem Zusammenhang an die Bundesministerin für Justiz nachstehende

Anfrage:

1.  Wird seitens des Justizministeriums tatsächlich angedacht, mehrere Bezirksgerichte und zweisprachige Gerichte in Kärnten zu schließen?

2.              Wenn ja, welche Gerichtsstandorte wären davon betroffen?

3.              Finden Sie es wirklich vertretbar, dass Menschen aus mehreren großflächigen Bezirken teilweise überlange Wegstrecken auf sich nehmen müssen, um das nächst gelegene Gericht zu erreichen?

4.              Ist es für Sie wirklich vertretbar, der bereits ohnehin oft benachteiligten ländlichen Bevölkerung auch noch den Zugang zu den Gerichten über Gebühr zu erschweren?

5.              Finden Sie tatsächlich, dass unsere Richterinnen und Richter gegenwärtig zu wenig beschäftigt sind und deshalb künftig zusätzliche Arbeitsbelastungen gerechtfertigt erscheinen?

6.      Finden Sie wirklich, dass das Vertrauen der Bevölkerung in die Justiz weiter geschwächt werden soll, um dafür möglicherweise einen prognostizierten Einspareffekt von sechs Millionen Euro jährlich zu lukrieren?


7.              Wurden seitens des Justizministeriums bereits politische Gespräche mit dem Kärntner Landeshauptmann betreffend die beabsichtigte Zusammenlegung bzw. Schließung von Bezirksgerichten geführt?

8.      Wenn ja, gab es vom Kärntner Landeshauptmann dahin gehende Signale, dass das Land Kärnten einer Zusammenlegung bzw. Schließung von Bezirksgerichten zustimmen könnte und welche Gerichte wären demnach von einer Schließung betroffen?