1070/J XXIV. GP

Eingelangt am 25.02.2009
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ANFRAGE

 

 

der Abgeordneten Schatz, Freundinnen und Freunde

 

an die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie

 

betreffend Berücksichtigung der Beschäftigungsbedingungen im geplanten Postmarktgesetz

 

 

Die Postdienste in Österreich stehen kurz vor ihrer vollen Liberalisierung 2010. Dieses Datum ist seit Jahren bekannt und das Schaffen von Rahmenbedingungen zur Sicherung einer flächendeckenden und guten Versorgung mit Postdienstleistungen und einer qualitativ hochwertigen Beschäftigung in der Branche wären längst möglich gewesen. Gerade die aufgeregten Debatten im Herbst 2008 anlässlich des vom Post AG Vorstand angekündigten massiven Stellenabbaus und dem Schließen zahlreicher Postämter haben aufgezeigt, dass in Österreich bis dato viele politische Möglichkeiten nicht genutzt wurden, um gute und faire Rahmenbedingungen für Versorgung und Beschäftigung im Postsektor zu schaffen. Wettbewerb und Arbeitsbedingungen müssen kein Widerspruch sein, wenn das Prinzip des fairen Wettbewerbs herrscht mit klaren Auflagen im Arbeits- und Sozialrecht. Besonders die Ausarbeitung eines Postmarktgesetzes ist längst überfällig.

 

Statt rechtzeitig qualitätsstabilisierende Maßnahmen zur Wirkung zu bringen fand seit der schrittweisen Liberalisierung des Sektors ein massiver Abbau von Beschäftigung und die Ausweitung von prekären und atypischen Formen von Beschäftigungsverhältnissen bei privaten Anbietern statt. Das belegt auch die aktuelle ECORYS-Studie für Österreich, die EU-weit die Auswirkungen der Postliberalisierung regelmäßig evaluiert.

 

Während Österreich bis dato weitgehend untätig blieb, haben andere Länder wie Deutschland und Schweden schon längst erforderliche Maßnahmen zur Sicherung fairer Wettbewerbs- und Beschäftigungsbedingungen am Postmarkt geschaffen. Es gibt dort gesetzliche Mindestlöhne und Branchenkollektivverträge und keine Probleme wie das in Österreich häufig anzutreffende der Scheinselbstständigkeit.

In unserem Land droht derzeit die generelle Erosion kollektivvertraglicher und existenzsichernder Anstellungen in der Branche. Die Arbeitsbedingungen bei den privaten Anbietern im Packet- und Werbemittelbereich sind schlichtweg ein Skandal für den Sozialstaat Österreich. Es werden überwiegend Tagelöhner auf Werkvertrag ohne Gewerbeschein  beschäftigt, die per Stück bezahlt werden und über keinen arbeits- und sozialrechtlichen Schutz verfügen, selbstständig Zustellkosten tragen müssen und zum Teil nicht einmal kostendeckend arbeiten können. Hier kann in vielen Fällen nur noch von Ausbeutung gesprochen werden.

 

Mit der Übernahme der Firma Feibra –  wo ähnlich schlechte Bedingungen herrschen –  hat sich die  Post AG mittlerweile selber ihre interne Lohnkonkurrenz geschaffen.

Ähnliche Verhältnisse drohen im Briefbereich, wo die gleichen Anbieter tätig werden wollen.

 

Diese Entwicklung könnte durch adäquate politische Rahmenbedingungen großteils vermieden werden. Um dieser Aushöhlung von Beschäftigungsstandards einen Riegel vorzuschieben und ein weiteres Lohn- und Sozialdumping am liberalisierten Postmarkt zu verhindern, sind dringend weitere Maßnahmen erforderlich.

 

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

 

 

ANFRAGE:

 

 

1)     Warum gibt es bis heute kein Postmarktgesetz in Österreich? Warum sind Regelungen wie die Universaldienstverordnung oder Auflagen für neue Marktteilnehmer so ungenau und enthalten keine klaren qualitativen Mindestansprüche für Beschäftigung? Was sind die Gründe für die Verzögerungen?

 

 

2)     Im Herbst wurde anlässlich der sich verschärfenden Situation die Ausarbeitung   eines Postmarktgesetzes seitens Ihres Ministeriums erneut angekündigt und für Frühling 2009 versprochen. Wie weit ist der Entwurf bereits gediehen, wann ist mit seiner Fertigstellung zu rechnen? Wer nimmt an der Erstellung des Entwurfs teil? Welche Interessensgruppen sind eingebunden? Was werden die  wesentlichen Eckpunkte dieses Entwurfes sein?

 

 

3)     Wie stehen Sie zur Einrichtung eines Ausgleichsfonds zwischen allen Anbietern am Postmarkt für die Erbringung des Universaldienstes nach der Liberalisierung? Gibt es schon konkrete Vorschläge dazu?

 

 

4)     Wie stehen Sie zu mehr und genaueren Auflagen (als die bisherige Anzeigepflicht) für private Anbieter? Könnten Sie sich vorstellen in einem Lizenzierungsverfahren ähnlich wie in Deutschland auch Auflagen für Beschäftigungsverhältnisse im Postdienstsektor festzulegen? (In Deutschland gilt der Passus „ähnliche Verhältnisse wie beim Universaldienstleister“, darunter könnten z.B. Anstellungsverhältnisse fallen) Wenn ja, wie? Wenn nein, warum nicht?

 

 

5)     Haben Sie andere Vorschläge zur Eindämmung des Lohn- und Sozialdumpings im Postdienstsektor und zur Gewährleistung fairer Wettbewerbsbedingungen? Wie wollen sie faire und einheitliche Rahmenbedingungen für Beschäftigung im liberalisierten Postmarkt garantieren?

 

 

6)     Das Lohn- und Sozialdumping findet derzeit im Postdienstsektor vor allem durch die Umgehung regulärer Beschäftigungsverhältnisse statt. 90% der Beschäftigten bei den privaten Anbietern sind selbstständig und zu sehr niedrigen Einkommen beschäftigt. ZulieferInnen werden zum Teil nach Stück bezahlt und müssen die Transportkosten selbst übernehmen. Sehen Sie diese Form der Selbstständigkeit als adäquat an? Was wollen Sie unternehmen, um diesen „Wildwuchs“ an Beschäftigungsverhältnissen zu regulieren?

 

 

7)     Wie wollen Sie für Mindeststandards bei Bezahlung und Beschäftigungsform des Personals bei Subunternnehmen und den Konkurrenten der Post AG und innerhalb der Post AG sorgen? Glauben Sie dass hier ein Branchen-KV genug ist, um Abhilfe schaffen?

 

 

8)     Die im Jänner 2009 präsentierte EU-weite ECORYS Studie zur  Postmarktliberalisierung zeigt für Österreich einen massiven Rückbau der Beschäftigung und eine starke Zunahme an atypischen Beschäftigungsverhältnissen wie Teilzeitarbeit und das Ersetzen der Stammbelegschaft durch LeiharbeiterInnen auf. Arbeitsplatzverluste bei der Post AG konnten in Österreich nicht durch Arbeitsplatzgewinne bei neuen Konkurrenten wettgemacht werden. Wie beurteilen Sie die Ergebnisse der Studie? Welche Konsequenzen ziehen Sie daraus?

 

 

9)     Wie wollen Sie konkret den angekündigten Personalabbau der Post AG für 2009 verhindern?

 

 

10)      Wie stehen Sie zu den Forderungen einer eigenen „Personalagentur“ der ÖIAG für alle ehemals verstaatlichten Betriebe? Haben Sie andere Lösungsvorschläge für nicht mehr benötigte zum Teil hochqualifizierte BeamtInnen?

 

 

11) Wie stehen Sie zu folgenden Empfehlungen für politische Begleitmaßnahmen der EU-Richtlinie 2008/6/EG des Europäischen Parlamentes und des Rates zur Änderung der Richtlinie 97/67/EG „im Hinblick auf die Vollendung des Binnenmarktes der Postdienste der Gemeinschaft“? Wie gedenken Sie diese umzusetzen?

 

 

 

 

11a) Die Empfehlung: „harmonische, ausgewogene und nachhaltige Entwicklung des Wirtschaftslebens, ein hohes Beschäftigungsniveau  und ein hohes Maß an sozialem Schutz „ (Abs. 6 RL)?

 

 

11b) Die Empfehlung:  „Erhaltung dauerhafter und qualifizierter Arbeitsplätze bei den Universaldienstanbietern und die Schaffung neuer Arbeitsplätze bei anderen Betreibern, neuen Marktteilnehmern sowie in den Wirtschaftszweigen im Umfeld des Postsektors zu erleichtern, was jedoch nicht zu unlauterem Wettbewerb führen sollte.“ ( Abs. 16  RL 2008/6)?

 

 

11c) Die Empfehlung: „Bei Bedarf können die Mitgliedstaaten  Arbeitsbedingungen in ihren Genehmigungsverfahren  unter Beachtung der Grundsätze der Transparenz  und der Verhältnismäßigkeit berücksichtigen“ (Abs. 53 RL 2008/6)?