10708/J XXIV. GP

Eingelangt am 23.02.2012
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ANFRAGE

 

des Abgeordneten Dr. Karlsböck

und weiterer Abgeordneter

an den Bundesminister für Gesundheit

 

betreffend Unabhängige Heilmittelkommission (UHK) – mangelnde Effizienz und Rechtssicherheit?

 

 

Österreich wurde am 21.11.2001 in der Rechtssache C-424/99[1] verurteilt, weil im österreichischen Verfahren zur Aufnahme von Arzneimitteln in das Heilmittelverzeichnis (jetzt Erstattungskodex) kein entsprechendes Rechtsmittel zur Verfügung stand und somit die am 21. Dezember 1988 veröffentlichte Richtlinie des Rates 89/105/EWG[2], "betreffend die Transparenz von Maßnahmen zur Regelung der Preisfestsetzung bei Arzneimitteln für den menschlichen Gebrauch und ihre Einbeziehung in die staatlichen Krankenversicherungssysteme" nicht entsprechend umgesetzt hatte.

Aufgrund dieser EU-Rechtsprechung wurde gemäß § 351i ASVG die Unabhängige Heilmittelkommission (UHK) als Rechtsmittelgericht für Entscheidungen des Hauptverbandes der österreichischen Sozialversicherungsträger (Bescheide) in Sachen Erstattungskodex eingerichtet, um einen Instanzenzug gegen negative Entscheidungen zu etablieren. Hierbei handelt es sich um eine „Kollegialbehörde mit richterlichem Einschlag“ (nach Art. 133 Z 4 B-VG). Der Rechtsweg an den Verwaltungsgerichtshof wurde ausgeschlossen und daher kann die UHK sowohl Erst- als auch Letztinstanz im Arzneimittelverfahren sein.

In der Praxis sind die Aufnahme eines Arzneimittels in den Erstattungskodex und sein Verbleib darin für Versicherte von großer Bedeutung, denn sie haben unmittelbaren Einfluss auf den Behandlungserfolg und auf die Lebensqualität der Versicherten. Im Regelfall verschreiben Ärzte bevorzugt Arzneimittel, die im Erstattungskodex aufscheinen, wenn diese für die Behandlung hinreichen, auch wenn es im Einzelfall bessere Medikamente gäbe, für die die Kosten aber nicht ohne weiteres Verfahren von der Krankenkasse getragen werden. Die Möglichkeit, die Kosten für eine ausreichende und zweckmäßige Krankenbehandlung (§§ 133 Abs. 2,  136 Abs. 1 ASVG) auch für Arzneimittel ersetzt zu bekommen, die nicht im Erstattungskodex gelistet sind, werden aufgrund des Kostenrisikos und des Verfahrensaufwands nur von wenigen Patienten genutzt. In der parlamentarischen Anfrage 9837/J (XXIV. GP)[3] betreffend „innovative Arzneimittel und Therapien – eine Kostenfrage zum Nachteil der Patienten“ wurde bereits auf diese Problematik hingewiesen.

 

Das Verfahren zur Aufnahme in den Erstattungskodex betrifft insbesondere das Leistungsrecht der Versicherten. Daher ist es von wesentlicher Bedeutung, dass in diesem Bereich eine maximale Rechtssicherheit herrscht und die Aufgaben effizient wahrgenommen werden können. Jedoch kritisieren viele Experten die derzeitige Ineffizienz und Rechtunsicherheit der UHK und fordern eine Umgestaltung.

 

In diesem Zusammenhang stellen die unterfertigten Abgeordneten an den Bundesminister für Gesundheit folgende

 

ANFRAGE

 

1.)   Warum hat die UHK als zweite und letzte Instanz nur eine „meritorische“ Entscheidungsbefugnis (§ 351i Abs. 4 ASVG) und keine Möglichkeit, Entscheidungen des Hauptverbandes inhaltlich abzuändern?

 

2.)   Wie bewerten Sie bzw. Ihr Ressort den Vorschlag von Experten, die benötigte Effizienz im Rechtsmittelverfahren durch eine inhaltliche Entscheidungsbefugnis  der UHK herzustellen?

 

3.)   Warum ist ein Instanzenzug nach der Entscheidung der UHK an den Verwaltungsgerichtshof ausgeschlossen?

 

4.)   In der gängigen Verfahrenspraxis werden regelmäßig Entscheidungen des Hauptverbandes vor der UHK bekämpft.

a.    Wie ist vor diesem Hintergrund eine Nominierung eines UHK-Beisitzers aus dem Hauptverband zu rechtfertigen (§ 351h Abs. 3  ASVG)?

b.    Wie beurteilen Sie bzw. Ihr Ressort die daraus entstehenden Spannungsverhältnisse?

c.    Welche gesetzlichen „Sanierungsmaßnahmen“ sind in diesem Zusammenhang geplant?



[1] http://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=CELEX:61999CJ0424:DE:PDF

[2] http://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=CELEX:31989L0105:de:HTML

[3] http://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXIV/J/J_09837/index.shtml