10853/J XXIV. GP
Eingelangt am 29.02.2012
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ANFRAGE
des Abgeordneten Dr. Martin Graf
und weiterer Abgeordneter
an die Bundesministerin für Finanzen
betreffend Tabakproduktrichtlinie der Europäischen Union
Im Juli 2009 beschloss die Europäische Kommission (EK), die derzeit geltende Tabakproduktrichtlinie aus 2001 (TPD 2001/37/EK) zu novellieren. Die geplante Novellierung umfasst die Einschränkung bzw. das völlige Verbot von Zusatzstoffen in Tabakprodukten; das Verbot von Produktwerbung am Verkaufsstandort, d.h. in der Trafik oder am Tabakwarenautomaten und die Einführung der Einheitspackung und Einheitszigarette (Plain Packaging). Diese Maßnahmen sollen 2012 final beschlossen werden, obwohl zahlreiche Studien belegen, dass mit Verboten dieser Art dem Rauchen bei Jugendlichen und der daraus resultierenden Gesundheitsschädigung keineswegs erfolgreich und nachhaltig begegnet werden kann. Demgegenüber stehen aber eine ganze Reihe von negativen Auswirkungen in den Bereichen Steuern und Abgaben, Markenschutz und Urheberrecht, eingeschränkte Wettbewerbsdifferenzierung, illegale Herstellung von Zigaretten und Schmuggel sowie Verlust von Arbeitsplätzen und Schwächung des Wirtschaftsstandortes Österreich auf der Agenda, wenn diese Maßnahmen eins zu eins umgesetzt werden.
Vor allem Plain Packaging, d.h. die Einheitspackung mit der Einheitszigarette produziert gleichermaßen Gefahren für Gesundheit, Steuereinnahmen und Wirtschaftsstandort. So unterstützen Einheitspackungen und Einheitszigaretten die organisierte Kriminalität, da die Herstellung gefälschter Zigaretten durch ihre schwere Unterscheidbarkeit mit Markenprodukten gefördert wird. Gefälschte Zigaretten wiederum bedingen ein erhöhtes Gesundheitsrisiko, da diese keiner strengen Inhalts- und Qualitätskontrolle bzw. gesundheitlichen und hygienischen Standards unterliegen. Dazu kommen die Vernichtung von Markenwerten sowie eine Wettbewerbsverzerrung, da dann nur mehr über Billigpreise eine Konkurrenzsituation auf dem Tabakmarkt erzeugt werden kann. Dies alles resultiert in einem massiven Ausfall von Tabaksteuer und sonstigen Steuern und Abgaben.
Da Österreich Produktionsstandort und Firmensitz einer ganzen Reihe von hochentwickelten Industrie- und Zulieferbetrieben ist, die in der Produktionskette von Zigarettenpapier, Zigarettenpapierdruck sowie Zigarettenschachteln engagiert sind, würde dies auch in diesem Bereich zu einer massiven Beeinträchtigung des Wirtschaftsstandortes Österreich führen.
Im Zuge eines öffentlichen Konsultationsverfahrens im Jahre 2010 sprachen sich nicht weniger als 85 Prozent der österreichischen Teilnehmer gegen eine Änderung der seit 2001 in Kraft befindlichen Tabakproduktrichtlinie aus. Nur 5 Prozent sahen diese als ein effizientes Mittel gegen den Tabakkonsum.
In diesem Zusammenhang stellen die unterfertigten Abgeordneten an die Bundesministerin für Finanzen folgende
Anfrage
1. Welchen Stand hat die Novellierung der Tabakproduktrichtlinie 2001 derzeit auf Ebenen der Europäischen Union?
2. In welcher Art und Weise wirkt das Bundesministerium für Finanzen bei dieser Novellierung mit?
3. Welche inhaltlichen Positionen vertritt das Bundesministerium für Finanzen in diesem Novellierungsverfahren?
4. Welche politischen Vorgaben gibt es von Ihnen als zuständiger Ressortministerin für Finanzen zu diesem Novellierungsverfahren, insbesondere im Hinblick auf Schmuggel, Steuer- und Abgabenausfall sowie Produktfälschung?
5. Welche Haltung nimmt das Bundesministerium für Finanzen zur Frage von „Plain Packaging“ und den sich daraus ergebenden Gefahren für Gesundheit, Wirtschaftsstandort und Steuer- und Abgabenaufkommen ein?
6. Welche politischen Vorgaben gibt es von Ihnen als zuständiger Ressortministerin für Finanzen zu diesem Novellierungsverfahren im Hinblick auf die sich daraus ergebenden Gefahren für Gesundheit, Wirtschaftsstandort und Steuer- und Abgabenaufkommen?
7. Welche Haltung nimmt das Bundesministerium für Finanzen zur großen Ablehnung der Novellierung durch die österreichischen Teilnehmer anlässlich des öffentlichen Konsultationsverfahrens 2010 ein?
8. Welche laufenden Gespräche und Abstimmungen führt Ihre Ressort mit dem Bundesministerium für Gesundheit („Gesundheitspolitik, Produktfälschung“) sowie Bundesministerium für Wirtschaft, Familie und Jugend („Wirtschaftsstandort“) zur Tabakproduktrichtlinie?
9. Wird Österreich der Novellierung der Tabakproduktrichtlinie 2001 zustimmen?
10. Wird diese Novellierung dem österreichischen Parlament zur Beschlussfassung vorgelegt werden?