10977/J XXIV. GP

Eingelangt am 08.03.2012
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ANFRAGE

 

des Abgeordneten Ing. Hofer

und weiterer Abgeordneter

an die Bundesministerin für Finanzen

betreffend Bank Burgenland

 

Das Land Burgenland als Eigentümer der Bank Burgenland beabsichtigte deren Privatisierung durch einen Verkauf an einen strategischen Investor. Am 06.09.2005 beschloss die Burgenländische Landesregierung, einen weiteren Privatisierungsprozess der Bank Burgenland einzuleiten. Diesem Neustart waren zwei ergebnislose Verkaufsversuche vorangegangen.

 

Letztendlich verblieben mit 24.01.2006 zwei Bieter im Privatisierungsprozess der Bank Burgenland. Laut Vertragsentwurf der GRAWE betrug der Kaufpreis für die 1.870.000 Stückaktien der Bank Burgenland 100.300.000,-- Euro. Laut Vertrags-entwurf der SLAV betrug der Kaufpreis 155.000.000,-- Euro.

 

Der Burgenländische Landes-Rechnungshof hob in seinem Prüfungsbericht aus dem Jahr 2007 betreffend den Verkaufsprozess die Differenzsumme aus den beiden Kaufangeboten von 54.700.000,-- Euro zugunsten des Angebotes der SLAV hervor.

 

Am 08.02.2006 erstellte die HSBC eine Auswertung der verbindlichen Angebote von GRAWE und SLAV. Inhalt war unter anderem ein Abgleich der wichtigsten Eck-punkte der Interessen des Landes mit den Angeboten der beiden Bieter GRAWE und SLAV.

 

Am 04.03.2006 erstellte die HSBC ein Gutachten zur Privatisierung der Bank Bur-genland, in dem die HSBC dem Land Burgenland den Verkauf der Bank Burgenland – trotz des niedrigeren Kaufpreisangebotes – an die GRAWE empfahl.

 

Der Burgenländische Landes-Rechnungshof kritisierte in seinem Prüfungsbericht aus dem März 2007, „dass nach seiner Auffassung allein die Informationen aus dem Gut-achten der HSBC vom 04.03.2006 als nicht ausreichend anzusehen waren, um dem Land Burgenland eine umfassende Entscheidungsgrundlage zu bieten.“

 

Die Burgenländische Landesregierung beschloss am 07.03.2006 den Vertragsentwurf zwischen dem Land Burgenland und der GRAWE samt seinen Anhängen zu genehmigen. Am 17.03.2006 erteilte der Burgenländische Landtag dem diesbezüglichen Aktienkaufvertrag mit den Stimmen von SPÖ und ÖVP mehrheitlich seine Zustimmung.
Am 04.04.2006 legte die SLAV bei der EU-Kommission Beschwerde gegen den Verkauf der Bank Burgenland an die GRAWE ein. Der Beschwerdeführer berief sich dabei auf Artikel 87 des EU-Vertrages gegen Wettbewerbsverzerrung und führte das Argument einer unerlaubten staatlichen Beihilfe an.

 

Bereits vor der Zustimmung des Burgenländischen Landtages zum Aktienkaufvertrag zwischen dem Land Burgenland und der GRAWE äußersten namhafte Juristen aufgrund der Gefahr einer unerlaubten staatlichen Beihilfe Bedenken gegen den Verkauf an die GRAWE. FPÖ-Klubobmann Johann Tschürtz machte darauf unter anderem im Rahmen einer Pressekonferenz am 07.03.2006 aufmerksam und wandte sich am 14.03.2006 mit einer diesbezüglichen Anfrage an die EU-Wettbewerbskom-missarin.

 

Sowohl die Burgenländische Landesregierung als auch die GRAWE maßen diesen Warnungen vor einer unerlaubten staatlichen Beihilfe keine Bedeutung zu.

 

Am 30.04.2008 entschied die EU-Kommission, dass sich das Land Burgenland „nicht wie ein marktwirtschaftlich handelnder Verkäufer verhalten“ und der GRAWE „einen unzulässigen Wettbewerbsvorteil“ verschafft habe. Die Republik Österreich müsse rund 55.000.000,-- Euro von der GRAWE einfordern, so die EU-Kommission. Die Wettbewerbskommissarin betonte: „Durch die Rückforderung der (unerlaubten staatlichen, Anm.) Beihilfe von der GRAWE wird das Land Burgenland einen Betrag erhalten, der dem Wert der Bank Burgenland zum Zeitpunkt des Verkaufs entspricht.“

 

Außerdem stellte die EU-Kommission fest, dass das Land Burgenland nicht für die von der GRAWE geforderten Nachzahlung von 55 Millionen Euro einspringen dürfe. Eine entsprechende Klausel im Kaufvertrag sei nichtig, hieß es.

 

Die GRAWE schloss einen möglichen Rücktritt vom Kaufvertrag damals dezidiert aus. Die Republik Österreich, die GRAWE und das Land Burgenland kündigten mit dem Gang zum Europäischen Gerichtshof jedenfalls rechtliche Schritte gegen die Entscheidung der EU-Kommission an. In weiterer Folge wurde Klage gegen die von der EU-Kommission verhängte Beihilfenentscheidung erhoben.

 

Am 28.02.2011 wies das Europäische Gericht als erste Instanz des Europäischen Gerichtshofes die Klage ab und bestätigte damit die Entscheidung der Europäischen Kommission. Die Austria Presse Agentur berichtete am 28.02.2012 unter anderem:

 

„Der Europäische Gerichtshof wies eine Reihe von Argumenten der Kläger gegen die Kommissionsentscheidung zurück. So stellte das Gericht fest, dass die EU-Kommis-sion zur Ermittlung des Marktpreises neben dem höchsten Angebot keine unabhängi-gen Wertgutachten berücksichtigen müsse. Auch habe keiner der am Prüfverfahren Beteiligten die Fähigkeit des (unterlegenen, Anm.) Konsortiums in Zweifel gezogen, die zur Entrichtung des gebotenen Kaufpreises erforderlichen Mittel aufzubringen, betonten die Richter.

 

Die Kläger hätte auch nicht belegen können, dass die Dauer des Verfahrens vor der Finanzmarktaufsicht im Fall des Verkaufs an das Konsortium die Chancen der Priva-tisierung gefährdet hätte, urteilten die EU-Richter. Auch wäre der deutlich geringere Preis für die GRAWE nicht durch ein geringeres Risiko für das Land, aus seiner Ausfallhaftung in Anspruch genommen zu werden, gerechtfertigt gewesen, entschied der EU-Gerichtshof.“

 

 

 

In diesem Zusammenhang richten die unterfertigten Abgeordneten an die Bundesministerin für Finanzen folgende

 

 

Anfrage:

  1. Ist Ihnen der Fall bekannt?
  2. Ist Ihnen bekannt, ob die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft in dieser Causa bereits tätig ist?
  3. Wenn nicht, werden Sie in dieser Angelegenheit mit der Korruptionsstaatsanwaltschaft Kontakt aufnehmen?
  4. Ist ihnen bekannt, dass die Slav-Gruppe zwar Bestbeiter war, diese aber mit dem Argument, dass die Genehmigung des Verkaufs durch die Finanzmarktaufsicht (FMA) mehrere Monaten dauern würde, vom Rennen letztlich ausgeschlossen worden ist?
  5. Entspricht diese Darstellung burgenländischer Landespolitiker den Tatsachen?
  6. Wenn ja: Welche Möglichkeiten sehen Sie, solche Verfahren künftig zu beschleunigen?
  7. Wäre eine solche Verzögerung aus Ihrer Sicht ein Argument, öffentliches Eigentum ein Drittel unter dem Marktwert zu verkaufen?
  8. Ist Ihnen oder Beamten Ihres Hauses der folgende Inhalt des Kaufvertrages bekannt: „(…) Diesfalls verpflichtet sich der VERKÄUFER, den KÄUFERN sämtliche Kosten und Aufwendungen im Zusammenhang mit einem solchen Verfahren zu erstatten sowie – sofern die Europäische Kommission oder eine andere Behörde feststellt, dass eine unzulässige Beihilfe gewährt wurde – den KÄUFERN jenen Betrag zuerstatten, den die Europäische Kommission in dieser Entscheidung festsetzt. (…)“?
  9. Wenn ja: Seit wann war Ihnen oder Ihrem Haus dieser Passus bekannt?
  10. Könnte eine Reform der FMA hinkünftig verhindern, dass wie im gegenständlichen Fall, das Land Burgenland Steuergeld missbraucht?
  11. Wie bewerten Sie die diesbezügliche Entscheidung der EU-Kommission im Jahr 2008?
  12. Wie bewerten die Experten Ihres Hauses die Chancen des Landes Burgenland bei einem Fortsetzen des Rechtsstreits?
  13. Werden Sie den Exponenten der Burgenländischen Landesregierung empfehlen, die Entscheidung der EU-Kommission und des EUGh zur Kenntnis zu nehmen?