11221/J XXIV. GP
Eingelangt am 28.03.2012
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ANFRAGE
des Abgeordneten DI Deimek
und weiterer Abgeordneter
an die Bundesministerin für Finanzen
betreffend Mineralölsteuerbefreiung für Flugzeuge
Der Europäische Gerichtshof (Vierte Kammer) hat mit Urteil vom 1. Dezember 2011 (C79/10) in der Rechtssache C-79/10 betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Bundesfinanzhof (Deutschland), in dem Verfahren Systeme Helmholz GmbH gegen Hauptzollamt Nürnberg entschieden, dass die Mineralölsteuerbefreiung nur für kommerzielle Fluggesellschaften gilt, die insoweit entgeltliche Beförderungsleistungen auf diesem Gebiet erbringen. Anderen Unternehmen, so das Steuerberatungsunternehmen PricewaterhouseCoopers in einer Verlautbarung "… die eigene Flugzeuge für Geschäftsfahrten einsetzen, steht diese Vergünstigung nicht zu. … Der EuGH lehnte die beantragte Steuerbefreiung insgesamt ab, weil es sich nicht um entgeltliche Beförderungen von Passagieren handelt, da nach seiner Auslegung der entsprechenden EU-Richtlinie nur diese (kommerziellen Flüge) von der Steuerbefreiung erfasst sind. Flüge der Mitarbeiter mit dem geschäftseigenen Flugzeug zu Kunden oder Messen, sind keine unmittelbaren entgeltlichen (Luftfahrt-)Dienstleistungen und stellen somit begrifflich keine Verwendung eines Luftfahrzeugs für kommerzielle Zwecke dar.
Die österreichische Finanzverwaltung hat schon etliche Monate vor diesem Urteil unter Bezugnahme auf die Richtlinie 2003/96/EG des Rates vom 27. Oktober 2003 und § 4 Abs. 1. Z I Mineralölsteuergesetz begonnen, die gewerblichen Luftfahrtunternehmen dahingehend zu überprüfen, ob für Flüge, die der allgemeinen Luftfahrt und nicht der gewerblichen Luftfahrt zuzurechnen sind, die Befreiung von der MÖSt zu Recht erfolgt ist. Prüfungsschwerpunkt war dabei die im weitesten Sinne private Nutzung, also unmittelbare Nutzung des Luftfahrzeuges - das für gewerbliche Zwecke unter dem Luftverkehrsbetreiberzeugnisses eines gewerblichen Luftfahrtunternehmens als Halter betrieben wird - durch den Luftfahrzeugeigentümer. Nach Auffassung der Finanzverwaltung wäre eine Befreiung von der MÖSt-Pflicht nur zulässig, wenn diese Flüge durch den Eigentümer oder für den Eigentümer nicht mehr als 25% (der vermutlich jährlichen Gesamtflugzeit) betragen.
Kritik an diesem Prüfungsansatz kam vor dem Hintergrund der Internationalität des Gewerbes und den sehr wahrscheinlich wettbewerbsverzerrenden Gegebenheiten, denen österreichische Luftfahrzeugeigentümer ausgesetzt sind, von Luftfahrtunternehmen und einschlägig tätigen Steuerberatern. Österreichische Luftfahrzeugeigentümer würden in der Folge ihre Luftfahrzeuge österreichischen Luftfahrtunternehmen entziehen und sie von Luftfahrtunternehmen österreichischer Nachbarstaaten betreiben lassen oder eventuell zusätzlich den Registerstaat wechseln. Beide Schritte sind mit überschaubarem Aufwand und lediglich einmaligen Kosten verbunden, die sich schon mit der ersten Betankung amortisiert haben.
Andererseits ist nicht zu übersehen, dass die Finanzverwaltung zu Recht versucht den Missbrauch, möglicherweise sogar systematischen, vorsätzlichen Missbrauch der MÖSt-Befreiung zu unterbinden und auch auf diese Art und Weise für Steuergerechtigkeit sorgt.
Die unterfertigen Abgeordneten stellen an die Bundesministerin für Finanzen folgende
Anfrage
1. Wie hoch war 2010 und 2011 das Mineralölsteueraufkommen bei Flugbenzin (AVGAS 100 LL) und bei Kerosin (Jet A, Jet Al)?
2. Wie vielen Luftfahrtunternehmen waren 2011 im Sinne der VS-1130, Arbeitsrichtlinie Mineralölsteuer - GZ BMF-010220/02l2-1V/9/2007 gem. §4 Abs.1 Z1 MÖStG von der Zahlung der Mineralölsteuer befreit?
3. Wie hoch war der jährliche Steuerausfall durch diese Befreiung?
4. Wie hoch waren/sind die betragsmäßigen MÖSt Nachforderungen auf Grund der einschlägigen Prüfung der Finanzbehörden?
5. In wie vielen Fällen wurden Nachforderungen erhoben und von wem (Tankstellenbetreiber und/oder Luftfahrtunternehmen)?
6. Für welche Kalenderjahre wurden diese Prüfungen durchgeführt?
7. Wurden in diesem Zusammenhang Anzeigen bei den zuständigen Strafbehörden eingebracht, und wenn ja, weswegen?
8. Welchen Aufwand (in Manntagen und Kosten) verursachte die oben beschriebene Prüfung von Luftfahrtunternehmen?
9. Welche Auswirkungen ergeben sich für die Vollzugspraxis der österreichischen Steuerbehörden auf Grund des zitierten Urteils des Gerichtshofs der Europäischen Union/Europäischer Gerichtshof?
10. Wie stellen Sie sicher, dass es durch die Vorgangsweise der österreichischen Finanzbehörden nicht zu einer Ungleichbehandlung oder zu Umgehungs- und Vermeidungshandlungen kommt, die schlussendlich nicht im gesamtwirtschaftlichen Interesse Österreichs liegen können?