11310/J XXIV. GP

Eingelangt am 30.03.2012
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Anfrage

 

 

der Abgeordneten Alev Korun, Freundinnen und Freunde an denBundeskanzler

betreffend eklatante Fehlurteile der Disziplinaroberkommission

BEGRÜNDUNG

 

Wie der Falter in seiner Ausgabe vom 21.3.2012 berichtete kam es über Jahre hinweg immer wieder zu eklatanten Fehlurteilen der beim Bundeskanzleramt angesiedelten Disziplinaroberkommission. Die einzelnen Senate setzen sich aus BeamtInnen der Personalvertretung, des betroffenen Ressorts und des Bundeskanzleramts zusammen. Der für die Polizei zuständige Senat habe im Fall des in einer Lagerhalle gefolterten Bakary J. die Folter als „allgemein begreifliche heftige Gemütsbewegung“ entschuldigt, lächerlich milde Strafen verhängt und auch Entlassungen von pädophilen Polizisten, die tausende Kinderpornos und Sexvideos mit Unmündigen besessen haben, rückgängig gemacht. Begründung: Eine Entlassung sei im konkreten Fall nicht begründet. Es scheint, dass dieses Gremium seit Jahren einem komplett entgleisten Corpsgeist anhängt, der auch vor der Entschuldigung von grob menschenrechtswidrigem Verhalten von PolizistInnen nicht zurückschreckt. Dies hat zur Folge, dass nach wie vor zwei der an der Folter von Bakary J. beteiligten Polizisten im Dienst sind, die zwei anderen wurden von der Disziplinaroberkommission gar mit einer Frühpension „belohnt“.

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgende

ANFRAGE

 

 

1)    Welche Personen saßen bei der Entscheidung der Disziplinaroberkommission zum Fall der vier Polizisten, die Bakary J. gefoltert hatten, im zuständigen Senat  bzw. welche Senatsmitglieder trafen diese Entscheidung?


2)    Welche Personen saßen bei der Entscheidung der Disziplinaroberkommission zum Fall des Waldviertler Polizisten (siehe Falter 12/12 S.11), der bei der Operation Sledgehammer des Besitzes der pornographischen Darstellung Minderjähriger überführt wurde, im zuständigen Senat bzw. welche Senatsmitglieder trafen diese Entscheidung?

 

3)    Welche Personen saßen bei der Entscheidung der Disziplinaroberkommission zum Fall des Badener Polizisten (siehe Falter 12/12 S.11), der bei der Operation Sledgehammer des Besitzes der pornographischen Darstellung Minderjähriger überführt wurde, im zuständigen Senat bzw. welche Senatsmitglieder trafen diese Entscheidung?

 

4)    Welche Konsequenzen zog das Bundeskanzleramt aus den krassen Fehlurteilen der Disziplinaroberkommission im Falle der vier Polizisten, die Bakary J. gefoltert hatten bzw. der zwei Polizisten, die Besitzer von Kinderpornos waren gegenüber den Mitgliedern des entscheidenden Senats?

 

5)    Planen Sie Transparenz, wie sie seit 1.1.2012 im Beamten-Dienstrechtsgesetz für Entscheidungen der Disziplinaroberkommission vorgesehen ist (Veröffentlichung im Rechtsinformationssystem) auch für ältere Entscheidungen herzustellen? Falls ja, bis wann und wie? Falls nein, wie rechtfertigen Sie, das gerade bei diesen fragwürdigen älteren Entscheidungen der Disziplinaroberkommission Transparenz verweigert wird?

 

6)    Wie setzten sich die für PolizistInnen zuständigen Senate der Disziplinaroberkommission 2006-2012 jeweils zusammen (aufgegliedert nach Jahren) – wie viele der Senatsmitglieder waren in der jeweiligen Zusammensetzung VertreterInnen der Personalvertretung, des Bundeskanzleramts und des Innenministeriums ?

 

7)    Wie wurde bisher die fachliche Eignung (ungeachtet der „rechtskundigen“ Eignung)  der Mitglieder der Disziplinaroberkommission sichergestellt? Sind bei der Auswahl nach fachlicher Eignung Änderungen zum bisherigen Verfahren geplant? Falls ja, welche und ab wann?

 

8)     Ministerin Heinisch-Hosek machte am 21.3.2012 den Vorschlag, eine Liste von Straftaten zu erstellen, die automatisch in einem Disziplinarverfahren zur Entlassung führen sollen. Wird es eine solche Liste geben und falls ja bis wann? Welche Straftaten wären davon umfasst?