11327/J XXIV. GP
Eingelangt am 10.04.2012
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind
möglich.
Dringliche Anfrage
Gemäß § 93 Abs. 1 GOG-NR
des Abgeordneten Dr. Walter Rosenkranz
und weiterer Abgeordneter
an die Bundesministerin für Finanzen
betreffend die Aufklärung von Korruptionsvorwürfen
Am 20. Oktober 2011 wurde vom Nationalrat mit den Stimmen aller Parteien ein Untersuchungsausschuss zur Klärung von Korruptionsvorwürfen eingesetzt.
Gemäß dem Antrag 910/GO der Abgeordneten Mag. Stadler, Dr. Rosenkranz, Amon, Dr. Jarolim, Kolleginnen und Kollegen wurden bislang in 12 von 19 Sitzungen insgesamt 46 Auskunftspersonen zum Beweisthema 01 „Die Wahrnehmung der staatlichen Aufsicht und Kontrolle über die ÖIAG hinsichtlich der anteilig in ihrem Eigentum stehenden Telekom Austria Group sowie deren Beteiligungen ab dem Jahr 2000 im Hinblick auf
a. die Leistung von Zahlungen ohne nachvollziehbare Gegenleistung,
b. die Tätigkeit von Lobbyisten, Beratern und Vermittlern sowie damit in Zusammenhang stehender Zahlungen,
c. die Weiterleitung von Zahlungen an Politikerinnen und Politiker und diesen nahe stehende natürliche oder juristische Personen sowie - direkt oder indirekt - an Parteien,
e. die Manipulation von Börsenkursen sowie
f. die direkte Einflussnahme auf die Erarbeitung von Gesetzen und Verordnungen in Ministerien durch die Telekom Gruppe und damit in Zusammenhang stehende Zahlungen. Diese Beeinflussung von Gesetzen und Verordnungen ist auch bezüglich der Vorgänge in den betroffenen Ministerien zu untersuchen,“
gehört.
Die Ladungen der Auskunftspersonen erfolgten in der Regel einstimmig bzw. mit überwiegender Mehrheit.
Seit dem 23.3.2012 ist dies nicht mehr der Fall. Die Regierungsparteien SPÖ und ÖVP weigern sich nunmehr, noch offene Vorwürfe, die insbesondere im Bereich der beiden Regierungsparteien angesiedelt sind, zu klären und Auskunftspersonen, deren Ladung einstimmig in Aussicht genommen wurde, zu laden.
Gegen die Zustimmung der Opposition und lediglich mit den Stimmen der Regierungsmehrheit soll die Causa Telekom nach nur mehr zwei weiteren Sitzungstagen am 11. und 12. April 2012, für die SPÖ und ÖVP im Alleingang Ladungsbeschlüsse gefasst haben, ohne die Aufklärung wichtiger offener Fragen und ohne die Ladung notwendiger Auskunftspersonen, unterbrochen werden. Danach soll das Thema Telekom ab 17.4.2012 vom Beweisthema 02, BUWOG - zumindest vorrübergehend - abgelöst werden.
Beim Beweisthema Telekom bleiben damit gezielt brisante Themenbereiche ungeklärt; die Ladung wichtiger Auskunftspersonen wird seitens der SPÖ-ÖVP- Mehrheit bewusst verweigert.
Die bisherigen Einvernahmen im Untersuchungsausschuss haben ergeben, dass die Telekom zu weit überhöhten Preisen dubiose Studien, deren tatsächliches Vorhandensein in vielen Fällen nicht nachweisbar ist, offiziell in Auftrag gegeben hat, diese Gelder aber zur Finanzierung von politischen Parteien, politisch nahestehenden Unternehmen und Organisationen genutzt wurden.
Eine wichtige Rolle im System Telekom hat seit zumindest Ende der 90er Jahre Dr. Peter Hochegger gespielt, der vorerst als PR-Berater für die Telekom tätig war, im Laufe der Jahre aber immer stärker als Lobbyist und als Schnittstelle sowie Bindeglied zwischen der staatsnahen Telekom und politischen Parteien und politischen Mandatsträgern aufgetreten ist. Über das Hochegger-Unternehmen Valora und über von dieser ausgestellte Scheinrechnungen sind immense Gelder von der Telekom an diverse Empfänger weitergeleitet worden.
„... 2006 ... den Wahlkampf der SPÖ zu unterstützen. ...schlug dann der Telekom Austria vor, 20 000 € zu spenden.“ …. …, Ziel war einzig und allein der Geldtransfer. ...“, so die von Peter Hochegger am 26. September 2011 vor dem BAK getätigte und vor dem Untersuchungsausschuss am 16. Feber 2012 bestätigte Aussage.
Wohlwollen seitens der Telekom wurde auch mittels zahlreicher Einladungen für Sport- und Society-Events an „wichtige Persönlichkeiten und Meinungsträger“ erkauft.
Vor dem Hintergrund von Scheinrechnungen, ungeklärten (falschen) steuerlichen Behandlungen und dubiosen Geldflüssen richten die unterfertigten Abgeordneten an die Bundesministerin für Finanzen folgende
Dringliche Anfrage
1. Inwieweit waren die bisherigen Aussagen der diversen Auskunftspersonen im derzeit laufenden parlamentarischen Untersuchungsausschuss Anlass für die Finanzbehörden, Untersuchungen in Bezug auf Steuerbetrug, Steuerumgehung bzw. Täuschung der Finanz einzuleiten?
2. Gegen wen und aufgrund welcher Verdachtsmomente wurden Untersuchungen eingeleitet?
3. Wie gehen die Finanzbehörden mit den bislang aufgekommenen Hinweisen auf illegale Parteienfinanzierung insbesondere im Wege von Scheinrechnungen um?
4. Wie gehen die Finanzbehörden mit den Geschenkannahmen von Politikern insbesondere in Hinblick auf Jagdeinladungen um?
5. Inwieweit gibt es Ermittlungen gegen die ÖVP, insbesonders die ÖVP Tirol?
6. Inwieweit gibt es Ermittlungen gegen den mittlerweile zurückgetretenen ÖVP- Finanzlandesrat Switak?
7. Gibt es Ermittlungen gegen den Tiroler ÖVP-Landeshauptmann Günther Platter und wenn ja, aufgrund welcher Vorwürfe?
8. Gibt es Ermittlungen gegen den Tiroler ÖVP-Landesgeschäftsführer Martin Malaun und wenn ja, aufgrund welcher Vorwürfe?
9. Gibt es Ermittlungen gegen den derzeitigen ÖVP-Generalsekretär und früheren Tiroler ÖVP-Landesgeschäftsführer und Landtagsabgeordneten Johannes Rauch und wenn ja, aufgrund welcher Vorwürfe?
10. Gegen welche weiteren aktive Politiker, insbesondere Abgeordnete zum Nationalrat und des Bundesrates wird derzeit ermittelt und aufgrund welcher Vorwürfe ist dies der Fall?
11. Gab es bislang Untersuchungen aufgrund der Aussagen von Peter Hochegger, die Telekom habe Parteien zig-tausend Euro an Wahlkampfunterstützung gezahlt?
12. Wenn ja, gegen wen laufen Untersuchungen und zu welchen Ergebnissen ist man bislang gekommen?
13. Wenn nein, sind die Aussagen von Peter Hochegger zu dieser Causa aus ihrer Sicht falsch?
14. War die Vorgehensweise der ÖIAG in der Causa Telekom und insbesondere in Bezug auf die in Zusammenhang mit dem parlamentarischen Untersuchungsausschuss erhobenen Vorwürfen für Sie als Eigentümervertreterin zufriedenstellend?
15. Welche Konsequenzen werden Sie aufgrund der vom Untersuchungsausschuss aufgedeckten Fakten innerhalb der ÖIAG, insbesondere in Bezug auf die Telekom ziehen?
16. Welche sonstigen Konsequenzen werden Sie aufgrund der bislang vom Untersuchungsausschuss aufgezeigten Fakten ziehen?
17. Inwieweit gibt es seitens des Bundesministeriums für Finanzen bislang Wahrnehmungen zu den übrigen Beweisthemen des Untersuchungsausschusses (die lukrative Zwischenschaltung von parteinahen Personen und Unternehmen in den Erwerb ausländischer Beteiligungen seitens der Telekom (insb. Mobiltel Bulgarien, MDC Weißrussland, Mobtel Serbien), BUWOG; Vergabe des Behördenfunks; Schaltung von Inseraten durch staatsnahe oder im Einflussbereich von Bundesministerien befindlichen Unternehmen oder Organisationen auf Weisung oder infolge sonstiger unmittelbarer oder mittelbarer Einflussnahme von Mitgliedern der Bundesregierung; Schaltung von Inseraten bzw. das Eingehen von sonstigen Medienkooperationen seitens der Bundesministerien; Versuch der Lockerung des Glücksspielmonopols während der Amtszeit des Finanzministers Mag. Karl Heinz Grasser und diesbezügliche politische Interventionen und Zahlungen durch Glücksspielunternehmen; Anträge und Vergabevorgänge im Zusammenhang mit Staatsbürgerschaftsverleihungen)?
18. Inwieweit haben Sie zu den übrigen Beweisthemen bislang Anzeichen, die Korruption indizieren oder sogar beweisen?
19. Welche Politiker, insbesonders seitens der ÖVP, sind in die einzelnen Beweisthemen und die damit in Zusammenhang stehenden Vorwürfe verwickelt?
20. Inwieweit haben Sie zu einem (oder mehreren) der Beweisthemen bislang bereits von Amts wegen Strafanzeige eingebracht?
In formeller Hinsicht wird verlangt, diese Anfrage im Sinne des § 93 Abs. 1 GOG dringlich zu behandeln und dem Erstanfragesteller die Gelegenheit zur mündlichen Begründung zu geben.