11357/J XXIV. GP
Eingelangt am 17.04.2012
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ANFRAGE
des Abgeordneten Elmar Podgorschek
und weiterer Abgeordneter
an die Bundesministerin für Finanzen
betreffend das Versagen der Republik hinsichtlich der Entschädigung der AMIS-Opfer
In der Causa AMIS entstanden für die betrogenen Anleger 120 Millionen Euro Schaden. Abgesehen von der unten dargestellten Problematik der Anlegerentschädigungen, bestehen Gerichtsentscheidungen, wonach der Bund den Anlegern wegen Verfehlungen der FMA bei der Aufsicht über die AMIS haftet. Die Republik Österreich hat den Geschädigten eine Abgeltung in Höhe von 27 Prozent der veranlagten Gelder angeboten. Die Annahme des Angebots umfasst auch die Ansprüche der Anleger gegen die Anlegerentschädigung, ausgenommen vom Vergleich sind Ansprüche der Anleger gegen die Liquidation der AMIS Fonds in Luxemburg. Laut Aussagen der zuständigen Liquidatorin in Luxemburg ist mit einer Ausschüttung von maximal 40% des Schadens an die Anleger aus der Liquidation zu rechnen. Damit dieses Minimalangebot Wirksamkeit erlangt, wäre die Zustimmung von 83 Prozent der Geschädigten von Nöten. So war die ursprüngliche Darstellung.
Dieser Lösungsweg ist aus mehreren Gründen nicht vertretbar und mit einer gerechten Justiz nicht zu vereinen. Abgesehen von der Amtshaftung für Verfehlungen der FMA, verpflichtet die Richtlinie 1997/9/EG zur Schaffung einer Anlegerentschädigungseinrichtung, die in der Lage ist jedem Anleger bis zu EUR 20.000 zu entschädigen. In der Causa AMIS entschied der OGH zu 9 Ob 50/09g, dass diese Anlegerentschädigung (Anlegerentschädigung von WPF GmbH), die AMIS Anleger bis zu einem Höchstbetrag von EUR 20.000 je Anleger zu entschädigen hat. Diese Richtlinie wurde seitens der Republik Österreich allerdings in mangelhafter Weise umgesetzt: Wertpapierdienstleistungsunternehmen mussten ursprünglich – je nach Anlassfall – bis zu zehn Prozent ihres Eigenkapitals in die Anlegerentschädigung einzahlen. In Anbetracht der Causa AMIS wurde zwar die Finanzierung der Anlegerentschädigung neu geregelt, durch § 76 WAG 2007 aber auch diese Neuregelung ist nicht ausreichend und die Anlegerentschädigung verfügt nicht über ausreichend Kapital, um ihren gesetzlichen Verpflichtungen nachzukommen. Derzeit verfügt diese Gesellschaft lediglich über Geldmittel im Volumen von 5 bis 6 Millionen Euro. Für den restlichen Betrag hat aller Voraussicht nach die Republik zu haften, wegen mangelhafter Umsetzung der Richtlinie 1997/9/EG. Der einzige Grund weshalb die Anlegerentschädigung wegen der Entschädigungsansprüche noch nicht Konkurs angemeldet hat, ist eine im Zuge der Causa AMIS ergangene Novelle des WAG[1], welche eine Treuhandkonstruktion der Abwicklung der Anlegeransprüche vorsieht, sodass die Anlegerentschädigung für diese Ansprüche nur mit dem erwähnten Treuhandvermögen von insgesamt ca. 5 bis 6 Millionen Euro haftet, nicht aber unmittelbar.
Das bedeutet nichts anderes, als dass der Steuerzahler wegen der mangelhaften Umsetzung, aufgrund der Staatshaftung gezwungen wird, in die Bresche zu springen.
Trotz der erwähnten Entscheidung des OGH bestreitet die Anlegerentschädigung weiterhin sämtliche Ansprüche von AMIS Anlegern, und es werden diesbezüglich zahlreiche Zivilprozesse geführt. Die Gesellschaft hätte im gegenständlichen Fall Konkurs anmelden müssen, alleine weil diese die Kosten der laufenden Verfahren nicht finanzieren kann. Für diese Kosten haftet die Anlegerentschädigung unmittelbar, nicht nur mit dem Treuhandvermögen. Es liegt daher nahe, dass die Anlegerentschädigung hinsichtlich dieser Kosten finanziell unterstützt wird.
Die Frist zur Prüfung der Ansprüche der Anleger läge aus gesetzlicher Perspektive bei einem Quartal. Der Fall AMIS liegt jedoch fünf Jahre zurück. Eine für die Geschädigten unzumutbare und überdies rechtswidrige Tatsache. Wobei insbesondere gemeinschaftsrechtswidrig ist, dass auch jene Anleger, deren Forderung gegen die Anlegerentschädigung bereits rechtskräftig festgestellt wurde, keine Zahlungen erhalten, weil das Treuhandvermögen der Anlegerentschädigung nicht ausreicht.
In diesem Zusammenhang richten die unterfertigenden Abgeordneten an die Bundesministerin für Finanzen folgende
ANFRAGE
1. Wie kam die Republik zu der Einschätzung, dass eine Pauschalabgeltung in Höhe von 27 Prozent der entstandenen Schadenssumme ausreichend wäre?
2. Weshalb wurde die EU-Richtlinie1997/9/EG nicht konform umgesetzt und nach Kenntnis dieses Umstandes nicht repariert?
3. Welche rechtlichen Konsequenzen wird die Nicht-Umsetzung der Richtlinie haben, insbesondere der Umstand, dass AMIS Anleger trotz rechtskräftiger Entscheidungen gegen die Anlegerentschädigung keine Zahlungen erhalten?
4. Wurden im Vergleichsangebot Zinsausfälle berücksichtigt, die im Zeitraum von fünf Jahren angefallen sind?
5. Wenn ja, unter welchen Aspekten konkret und in welchem prozentuellen Anteil und welchem absoluten Betrag hat dies Beachtung gefunden?
6. Wenn nein, weshalb nicht?
7. Auf welcher rechtlichen Grundlage beruht das Vergleichsangebot?
8. Wie viele betroffene Personen (Stand vom 1. Februar 2012) haben dem Angebot bereits zugestimmt (absolut und relativer Anteil)?
9. Was geschieht, sollte das Angebot von der Mehrheit der Betroffenen abgelehnt werden?
10. Innerhalb welchen Zeitraumes bedenkt das BMF die EU-Richtlinie 1997/9/EG korrekt umzusetzen?
11. Leistet der Bund einen Beitrag bzw. hat sich der Bund zur Haftung gegenüber der Anlegerentschädigung für die Kosten der Anlegerentschädigung hinsichtlich der laufenden Zivilprozesse verpflichtet?
12. Was geschieht, sollten in der Zwischenzeit erneut Anleger in einem Maß geschädigt werden, das die Zahlungsfähigkeit der Treuhandgesellschaft übersteigen?