11424/J XXIV. GP
Eingelangt am 19.04.2012
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ANFRAGE
der Abgeordneten Neubauer, Stefan
und weiterer Abgeordneter
an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft
betreffend geplante Schrottverwertungsanlage in Wien - Liesing
Wie der Stellungnahme des Bundesministers für Wirtschaft, Familie und Jugend zur Bürgerinitiative 34/BI vom 19. Jänner 2012 zu entnehmen ist, ist nach § 90 Abs. 1 des AWG 2002 ist mit der Vollziehung von § 37 AWG 2002 der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betraut.
Gemäß § 74 Abs. 2 GewO 1994 bedürfen gewerbliche Betriebsanlagen einer Genehmigung, wenn sie geeignet sind, das Leben oder die Gesundheit der Nachbarn einer Betriebsanlage oder das Eigentum oder sonstige dingliche Rechte der Nachbarn zu gefährden oder wenn sie geeignet sind, Nachbarn durch Geruch, Lärm, Rauch, Staub, Erschütterung oder in anderer Weise zu belästigen.
Nach § 77 Abs. 1 GesO 1994 ist eine Betriebsanlage nur dann von der Behörde zu genehmigen, wenn nach dem Stand er Technik und dem Stand der medizinischen oder der sonst in Betracht kommenden Wissenschaften zu erwarten ist, dass überhaupt oder bei Einhaltung der erforderlichenfalls vorzuschreibenden bestimmten geeigneten Auflagen die nach den Umständen des Einzelfalles voraussehbaren Gefährdungen im Sinne des § 74 Abs. 2 Z 1 vermieden und Belästigungen, Beeinträchtigungen oder nachteilige Einwirkungen im Sinne des § 74 Abs. 2 Z 2 bis 5 auf ein zumutbares Maß beschränkt werden.
§ 77 Abs. 2: Ob Belästigungen der Nachbarn im Sinne des § 74 Abs. 2 Z 2 zumutbar sind, ist danach zu beurteilen, wie sich die durch die Betriebsanlage verursachten Änderungen der tatsächlichen örtlichen Verhältnisse auf ein gesundes, normal empfindendes Kind und auf einen gesunden, normal empfindenden Erwachsenen auswirken.
§ 77 Abs. 3: Die Behörde hat Emissionen von Luftschadstoffen jedenfalls nach dem Stand der Technik (§ 71a) zu begrenzen. Die für die zu genehmigende Anlage in Betracht kommenden Bestimmungen einer Verordnung gemäß § 10 des Immissionsschutzgesetzes-Luft (IG-L), BGBl. I Nr. 115/1997, in der jeweils geltenden Fassung, sind anzuwenden.
Seit mehr als sechs Jahren bemüht sich die Firma KH Recycling GmbH um die Errichtung einer Betriebsanlage auf dem Standort Grawatschgasse 7 – 9, nur zwölf Meter entfernt von den nächsten Wohnhäusern einer angrenzenden Einfamilienhaussiedlung. Die Anrainer, die sich in einer Bürgerinitiative (34/BI) bereits an den Nationalrat gewandt haben, kämpfen seither beherzt gegen die Realisierung des Projektes und fühlen sich von den Behörden, die den Antrag unter anderem auf „Zumutbarkeit“ für die Anrainer zu überprüfen haben, im Stich gelassen. Viele Umstände legen auch den Verdacht nahe, dass es „höhere (Gemeinde Wien) Interessen“ für diesen Standort gibt, ja vielleicht sogar schon eine „geheime Zusage“. Einige Beispiel seien hier genannt:
1. Auf dem aktuellen Standort der KH Recycling ist von den Wiener Lokalbahnen (Eigentum der Gemeinde Wien) die neue Remise Inzersdorf geplant.
2. Die KH Recycling hat das Grundstück gekauft und bereits umfangreiche Abbrucharbeiten vorgenommen, obwohl es bis zum heutigen Tag keinen positiven Genehmigungsbescheid gibt!!
3. Auf dem geplanten Standort können sich die Wiener Lokalbahnen lukrative Geschäfte erwarten, weil eine direkte Gleisanbindung vorhanden ist und in den Plänen auch deren ausgiebige Nutzung vorgesehen ist.
4. Im Rahmen der Bürgerinitiative 34/BI wurde eine Stellungnahme des Bundesministers für Wirtschaft, Familie und Jugend eingeholt. Dazu hat das Ministerium bei der Magistratsabteilung 22 angefragt, und wurde, wie der daraus resultierenden Stellungnahme des Bundesministers zu entnehmen ist, falsch informiert. Denn das aktuelle laufende Genehmigungsverfahren ist nicht angeführt.
5. In einem früheren Genehmigungsverfahren, als noch eine frei stehende Schrottschere geplant war, wurde als eine von wenigen Auflagen eine nur 7 Meter hohe begrünte Lärmschutzwand gefordert, obwohl die Schrotthaufen doppelt so hoch gewesen wären und die Baggerarme 22 Meter erreichten. Die Abweisung dieses Antrags wurde aufgrund eines Fehlers in der lärmtechnischen Untersuchung erreicht. Dieser wurde aber nicht, von der zuständigen prüfenden Magistratsabteilung entdeckt, deren Aufgabe und Pflicht es gewesen wäre, sondern von den Anrainern.
6. Auch von Seiten der MA 19 fand man keine Einwände in Bezug auf die Ortsbildpflege gegen meterhoher Lärmschutzwände und diese überragende Schrotthaufen im Siedlungsgebiet.
Es ist unverständlich, dass eine Anlage derartigen Ausmaßes, welches die angrenzenden Wohngebiete, welche ohnehin durch die nahe Triesterstraße und Fluglärm über das Zumutbare hinaus belastet sind, in unmittelbarer Nähe von Wohnsiedlungen bewilligt werden soll. Dort, wo es verboten ist, nachts innerhalb von 25m zum nächstgelegenen Wohnhaus, einen LKW, mit einem höchst zulässigen Gesamtgewicht von 3,5 Tonnen zu parken, soll kein Problem darstellen, in zwölf Meter Entfernung einen Betrieb anzusiedeln, der permanent Lärm, Feinstaub und Erschütterungen produziert.
Man hat aus den vergangenen Projekteinreichungen das Antragswerbers offenbar gelernt. Demnach besteht eine erheblich Differenz zwischen den laut Antrag geplanten Produktionsmengen und den möglichen Kapazitäten der geplanten Betriebsausstattung, vor allem bei der eingesetzten Schrottschere. Dieser Umstand trägt zusätzlich zur Verunsicherung der Anrainer bei, sie befürchten, dass das Projekt KH Recycling mit der Angabe wesentlich geringerer Produktionsmengen als „zumutbar“ eingestuft und die Anlage genehmigt wird.
In diesem Zusammenhang stellen die unterfertigten Abgeordneten an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft folgende
Anfrage
1. Ist Ihnen das beschriebene Vorhaben bekannt?
2. Wie werden Sie sicherstellen, dass diese Betriebsanlage nur dann einer Genehmigung zugeführt wird, wenn die im § 74 Abs. 2 i. V. m. §§ 77 und 78 der Gewerbeordnung durch in Auftrag gegebene Gutachten sichergestellt bzw. erreicht werden (bzw. analoge Bestimmungen nach dem AWG)?
3. Welche behördlichen Schritte wurden unternommen, um die in diesem Bereich existenten Immissionen zu erheben, zu erfassen und diese mit der beabsichtigten Betriebsanlage auf Spitzenwerte (in den Tag- bzw. Nachtstunden) zu berechnen?
4. Welche Werte wurden hinsichtlich Immissionen errechnet und was war die Grundlage für die Berechnung dieser Werte?
5. Ist im gegenständlichen Verfahren die Einbeziehung der Wasserrechtsbehörde erfolgt?
a. Wenn ja, zu welchem Ergebnis gelangte diese bei Beurteilung der Betriebsanlage?
b. Wenn nein, warum wurde diese nicht eingebunden?
6. Wurde die abfallrechtliche Behörde eingebunden?
a. Wenn ja, zu welchem Ergebnis gelangte diese bei Beurteilung der Betriebsanlage?
b. Wenn nein, warum wurde diese nicht eingebunden?
7. Zu welchem Ergebnis gelangte die Behörde hinsichtlich Emissionen bzw. Immissionen hinsichtlich des Betriebsstandortes selbst?
8. Zu welchem Ergebnis gelangte die Behörde hinsichtlich Emissionen bzw. Immissionen der Be- und Entlieferung?
9. Gibt es für die Versorgung des Betriebsstandortes ein Verkehrsgutachten aus dem die Logistik der Be- und Entlieferung zu entnehmen ist?
a. Wenn ja, welche Werte werden hinsichtlich der Bürgerinitiative – Anrainer in Bezug auf Emissionen und Immissionen und der dafür vorgesehenen Grenzwerte erreicht?
10. Steht der in Bezug stehende Betriebsstandort derzeit im Einklang mit den raumordnungstechnischen Grundlagen (Bebauungsplan, Flächenwidmungsplan)
11. Steht der in Bezug stehende Betriebsstandort und die zu errichtende Betriebsanlage derzeit im Einklang mit den Bestimmungen des Altlastensanierungsgesetzes?
12. Steht die zu errichtende Anlage im Einklang mit den Bestimmungen des Abfallwirtschaftsgesetzes?
13. Steht das Grundstück auf dem die Anlage errichtet werden soll im Einklang mit dem Altlastensanierungsgesetz?
14. Wird bei der Vorprüfung der Anlage bereits im Genehmigungsverfahren die Richtlinie 96/62/EG des Rates vom 27.9.1996 Berücksichtigung finden und gegebenenfalls in welcher Form?
15. Wer hat die Kosten für die Entsorgung des kontaminierten Erdreichs zu tragen bzw. konnte der Verursacher des kontaminieren Erdreichs eruiert werden?
16. Wie ist es zu erklären, dass die Vertreter der Bürgerinitiative „BI gegen Schrottplatz“ bis heute nicht in das laufende Verfahren aktiv eingebunden wurden?
17. Werden die ca. 1.200 Personen, die sich mit ihrer Unterschrift der Bürgerinitiative angeschlossen haben, als Beteiligte im Verfahren oder als Parteien von der Behörde anerkannt?
18. Werden die Vertreter der Bürgerinitiative zur Ortsaugenscheinsverhandlung eingeladen werden?
19. Nach welchen rechtlichen Kriterien wird das Verfahren durchgeführt und wie ist die Begründung dafür?
20. Wer wird im Grundbuch als Grundstückseigentümer des Betriebsareals ausgewiesen?
21. Liegt seitens des Grundeigentümers für die Umsetzung des Antrages auf Errichtung der beschriebenen Anlage eine aktuelle Grundeigentümer- zustimmung vor?