1144/J XXIV. GP

Eingelangt am 04.03.2009
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ANFRAGE

 

der Abgeordneten Lausch

und weiterer Abgeordneter

an die Bundesministerin für Justiz

betreffend Kosten einer angemessenen Gerichtsmedizin

 

Im Regierungsprogramm für die XXIV. GP ist unter Punkt E.11. zu lesen:

„Neuordnung der Gerichtsmedizin

Insbesondere im Bereich des Sprengels des OLG Wien sind das bestehende Provisorium zu überwinden und die verfügbaren gerichtmedizinischen Kapazitäten zu nutzen, um eine qualitativ hochwertige Gerichtsmedizin auf dem letzten Stand der Technik herzustellen, die eine kostengünstige Durchführung von Obduktionen gewährleistet.

In der StPO ist die Möglichkeit zu schaffen, nicht nur einen Einzelgutachter, sondern auch ein Institut zu beauftragen.“

 

Beim genannten Provisorium handelt es sich um ein Containerdorf am Zentralfriedhof sowie um die Auslagerung von Obduktionen an Gemeindespitäler. Durch die Schließung des sanierungsbedürftigen ehemaligen Vorzeigeinstituts für Gerichtsmedizin in der Sensengasse kam es darüber hinaus zu einer dramatischen Reduktion der durchgeführten Obduktionen. Laut einem Artikel der Tageszeitung „Die Presse“ vom 21.12.2007 wurde die Zahl der Obduktionen von ca. 1.500 auf lediglich 500 pro Jahr reduziert.

 

Dadurch entfällt jedoch, wie Ihre Kollegin in der Regierung, Innenministerin Maria Teresia Fekter selbst in der Anfragebeantwortung 4607/J XXIII. GP einräumte, „eine zusätzliche Möglichkeit, ein bei der kriminalpolizeilichen Leichenbeschau nicht erkanntes Fremdverschulden doch noch zu erkennen“.

 

Auch die angekündigte Schaffung einer Möglichkeit, Institute statt Einzelgutachter zu beauftragen, scheint die Qualität der Gerichtsmedizin zu beeinträchtigen, die Unabhängigkeit des Gutachtens scheint nicht im selben Ausmaß gewährleistet.

 

Im Wesentlichen muss sich die Bundesregierung entscheiden, ob die Gerichtsmedizin eine wichtige Rolle bei der angemessenen Aufklärung von Gewaltverbrechen und Verkehrsunfällen spielen soll, oder ob sie als reiner Budgetposten betrachtet wird.


 

In diesem Zusammenhang richten die unterfertigten Abgeordneten an die Bundesministerin für Justiz folgende

 

 

Anfrage:

 

1)     Wie viele Obduktionen wurden in den Jahren 2000 bis 2008 im Sprengel des OLG Wien, aufgeschlüsselt nach Jahren, durchgeführt?

 

2)     Wie hoch waren die Kosten für die Errichtung des Containerdorfs am Zentralfriedhof?

 

3)     Wie hoch sind die jährlichen Kosten für den Betrieb des Containerdorfs am Zentralfriedhof?

 

4)     Wie hoch sind die jährlichen Kosten für Obduktionen, die an Gemeindespitäler ausgelagert werden?

 

5)     Wie hoch sind die geschätzten jährlichen Kosten für eine Rückkehr zur ursprünglichen Obduktionszahl im Rahmen des bestehenden Provisoriums?

 

6)     Wie hoch sind die geschätzten Kosten für eine Sanierung bzw. einen Neubau der Gerichtsmedizin in der Sensengasse?

 

7)     Wie hoch sind die geschätzten Kosten für den Betrieb einer sanierten oder neu errichteten Gerichtsmedizin bei Beibehaltung der derzeitigen Obduktionszahl?

 

8)     Wie hoch sind die geschätzten Kosten für den Betrieb einer sanierten oder neu errichteten Gerichtsmedizin bei Rückkehr zur ursprünglichen Obduktionszahl?

 

9)     Ist auch bei Abgehen vom Prinzip der Beauftragung eines Einzelgutachters die Unabhängigkeit des Gutachtens auf die gleiche Weise gewährleistet?

 

10) Wenn ja, welche sonstigen Bedenken sprachen bisher gegen die Beauftragung von Instituten?

 

11) Wenn nein, können sie garantieren, dass auch in Zukunft ausschließlich Einzelgutachter beauftragt werden?