11752/J XXIV. GP

Eingelangt am 23.05.2012
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Anfrage

 

 

der Abgeordneten Christiane Brunner, Werner Kogler, Freundinnen und Freunde an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft

betreffend Schutz der Schwarzen Sulm

 

BEGRÜNDUNG

 

 

Der Verfassungsgerichtshof hob am 16. 3, veröffentlicht am 13. 4., den Bescheid des BMLFUW vom 30. 11. 2009, womit die wasserrechtliche Genehmigung für das „Kraftwerk Schwarze Sulm, Ausbaustufe Teil A“ versagt wurde, auf (VfGH B 51/10). Begründet wurde die Aufhebung mit der Verfassungswidrigkeit angewendeter Gesetzesbestimmungen. „Es ist nach Lage des Falles offenkundig, dass die Anwendung dieser Bestimmungen für die Rechtsstellung der Beschwerdeführer (Anm d Verf: der Kraftwerksbetreiber) nachteilig war. Siehe dazu später. Da der Verfassungsgerichtshof das Berufungsrecht des wasserwirtschaftlichen Planungsorgans als verfassungswidrig erachtet hatte, dies jedoch die einzige Berufung war, lebte die Genehmigung des Kraftwerks des Stmk Landeshauptmanns vom 24. Mai 2007 wieder auf.

Die Versagung der Genehmigung durch den BMLFUW fußte jedoch auf den Vorgaben der Wasserrahmen-RL, die von der Europäischen Kommission in einem Vertragsverletzungsverfahren geltend gemacht worden war. Das Kraftwerk ist in einem Natura 2000-Gebiet geplant. Der Vorteil der Energiegewinnung kann den Nachteil der Naturzerstörung nicht aufwiegen, sodass auch  im Sinne der WRRL eine Verschlechterung des Gewässerzustands nicht zu rechtfertigen ist (siehe Aufforderung zur Stellungnahme vom 17. 10. 2007 [K(2007)4901]).

Die Kommission hat daher aufgrund mehrfacher Beschwerden bereits wieder ein Vertragsverletzungsverfahren eingeleitet. Zum Schutz der Sulm und um eine Klage beim Europäischen Gerichtshof zu vermeiden, ist daher alles zu unternehmen, damit die Genehmigung des Wasserkraftwerks aus 2007 nicht wirksam werden kann.


Für die Wasserrechtsbehörde gibt es hier mehrere Möglichkeiten, um einen europarechtskonformen Rechtszustand herbeizuführen:

1.         Amtsbeschwerde des BMLFUW gegen den 2007er-Bescheid an den Verwaltungsgerichtshof wegen Verstoß gegen Europavorschriften gemäß § 116 WRG.

2.         Aufhebung des 2007er-Bescheids nach § 68 Abs 3 AVG wegen drohenden schweren volkswirtschaftlichen Schadens, da eine EuGH-Verurteilung mit hohen Geldstrafen einhergehen würde, die vom Bund zu tragen wären. Dafür zuständig ist die Bescheid erlassende Behörde, der LH oder die Oberbehörde, der BMLFUW.

3.         Rasche Entscheidung über den Wiedereinsetzungsantrag und die Berufung gegen den 2007er-Bescheid durch Umweltorganisationen. Diese machten gleich nach Bekanntwerden der Aufhebung des 2007er-Becheid durch den VfGH ihr Berufungsrecht geltend, das sie auf Art 9 Abs 3 Aarhus-Konvention stützen. Dieses ergebe sich nun eindeutig aus der Entscheidung des Aarhus Compliance Comittee vom 6. 3. 2012. Eine Wiedereinsetzung sei rechtens, weil es nicht vorhersehbar gewesen wäre, dass das Wasserwirtschaftliche Planungsorgan, das Berufung erhoben hatte, dieses Berufungsrecht verlustig gehen würde und weil auch erst jetzt durch die Entscheidung des ACCC die Rechtslage klargestellt sei. Eine Teilnahme am Verfahren erster Instanz sei für dieses aus der Aarhus-Konvention abgeleitete Überprüfungsrecht nicht notwendig.

4.         Sofern die Entscheidung über die Berufung nicht zur Aufhebung des BMLFUW-Bescheids führt oder die Option 1 und 2 nicht ergriffen werden, bestünde noch die Möglichkeit einer Überprüfung der Genehmigung nach § 21 a WRG wegen geänderter wasserwirtschaftlicher Verhältnisse, welche auch zur Untersagung einer Genehmigung führen kann. Zuständig wäre der LH. Dem BMLFUW kommt ein Weisungsrecht zu.

5.         Nichtverlängerung der Bauvollendungsfrist gemäß § 112 WRG durch den LH. Diese wurde ursprünglich  mit 30. 12. 2011 festgelegt und ist abgelaufen.

 

Wie schon oben angedeutet, hat der Verfassungsgerichtshof mit G 126/11-12 festgestellt, dass das Berufungsrecht des Wasserwirtschaftlichen Planungsorgans dem verfassungsrechtlichen Organisationskonzept widerspreche. Das wasserwirtschaftliche Planungsorgan handle im Namen des LH, der in diesem Fall auch selbst die Genehmigung erteilt habe. Aufgrund der Geschäftsverteilung der Stmk Landesregierung ist es freilich anders, denn die Agenden des WPO werden von einem anderen Landesrat wahrgenommen als jene der Bescheid erlassenden Wasserrechtsbehörde. Darauf ging der Verfassungsgerichtshof jedoch nicht ein. Wie der gegenständliche Fall zeigt, sind beim WPO oftmals sachliche Erwägungen des Gewässerschutzes maßgebender als bei anderen Dienststellen. Es wäre für die Umwelt ein Verlust, würden dessen Rechte auf Dauer beseitigt. Durch eine WRG-Novelle könnte eine verfassungskonforme Lösung, damit sich das WPO weiterhin für den Schutz der Gewässer einsetzen kann, gefunden werden.

 

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgende

ANFRAGE

 

1.         Was haben Sie als Oberbehörde unternommen, um einen europarechtskonformen Rechtszustand zum Schutz der Sulm herzustellen?

2.         a)      Wann läuft die Frist für die Amtsbeschwerde nach § 116 WRG ab?

b)      Haben Sie Amtsbeschwerde samt Antrag auf aufschiebende Wirkung erhoben? Wenn nicht, warum nicht?

3.         Haben Sie die Aufhebung des Bescheids des LH von 2007 nach § 68 Abs 3 AVG geprüft und zu welchem Ergebnis sind Sie gekommen?

4.         a)      Wann sind die Wiedereinsetzungsanträge und Berufungen der Umweltorganisationen gegen die Genehmigung aus 2007 bei der Wasserrechtsbehörde eingelangt?

b)      Was ist der Verfahrensstand?

c)      Wie werden die Wiedereinsetzungsanträge und Berufungen zu entscheiden sein?

5.         a)      Wird der LH ein Verfahren nach § 21 a WRG einleiten?

          b)      Wenn nicht, warum nicht?

6.         a)      Welche Bauvollendungsfrist war ursprünglich für das Projekt bescheidmäßig vorgeschrieben?

b)      Kam es zu einer Abänderung und auf welche Weise?

c)      Ist derzeit ein Verfahren zu dieser Frage anhängig?

7.         In welcher Weise findet eine Koordination von BMLFUW und LH statt, um die erfolgversprechendsten Wege einzuschlagen, einen europarechtskonformen Rechtszustand herbei zu führen?

8.         Wann werden Sie eine WRG-Novelle im Wege des Ministerrats dem Parlament vorlegen, damit im Sinne der Aarhus-Konvention Umweltorganisationen ein Berufungsrecht gegen wr Genehmigungen im Gesetz eingeräumt wird und das Berufungsrecht des Wasserwirtschaftlichen Planungsorgans wieder in verfassungskonformer Weise ausgeübt werden kann?