11784/J XXIV. GP

Eingelangt am 31.05.2012
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

der Abgeordneten Mag. Ruth Becher

und GenossInnen

an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft

betreffend Umsetzung der Entschließung 162/E (XXIV. GP) des Nationalrates betreffend Plastiktragtaschen durch Umweltminister Berlakovich

Die Verwendung von Plastiktragtaschen bzw. „Plastiksackerln“ sind seit Langem ein großes Umweltproblem. So werden in Österreich jährlich rund 350 Millionen Plastiktragtaschen verwendet, das entspricht in etwa einem Gesamtgewicht von 7.000 Tonnen Plastik. In der gesamten Europäischen Union fällt zudem mit etwa 800.000 Tonnen Gesamtgewicht Plastik ein Vielfaches des österreichischen Verbrauchs an Plastiktragtaschen an. Bedenkt man nun, dass eine Plastiktragtasche durchschnittlich nur rund 30 Minuten verwendet wird, ihr Abbau allerdings circa 400 Jahre in Anspruch nimmt, ist die weitere Verwendung von Plastiktragtaschen nicht nur ein in ökologischer Hinsicht ein grobes Fehlverhalten, sondern hält auch keiner ökonomischen Kosten-Nutzen-Rechnung stand.

Den Ernst der Lage erkennend, verabschiedete der österreichische Nationalrat am 17. Mai 2011 die Entschließung 162/E (XXIV. GP), in welcher die zuständigen Mitglieder der Bundesregierung u.a. aufgefordert wurden, die Plastiktragtaschen sukzessive zu ersetzen. Begründet wurde diese Entschließung des Nationalrates damit, dass die Produktion von Kunststoffen sehr viele wichtige Ressourcen und Energie benötigt und die „österreichische Position wichtig (ist), weil sie auf europäischer und internationaler Ebene Vorbildwirkung haben kann“. Außerdem sollten in Österreich ökologische Optimierungspotenziale geprüft und gegebenenfalls genutzt werden, Maßnahmen gegen „Littering“ gesetzt und möglichst dauerhafte Taschen und nicht Wegwerfsackerln verwendet werden. Dazu sollen Ökobilanzen und abfallwirtschaftliche Untersuchungen durchgeführt werden.

Aber leider wurde nicht der zuständige österreichische Umweltminister Nikolaus Berlakovich in dieser wichtigen Angelegenheit tätig, sondern unser Nachbarland Italien. 2011 wurde dort ein allgemeines Verbot für die bekannten italienischen Plastiksackerln erlassen. Einige andere Staaten wie Frankreich oder Kroatien wurden ebenfalls bereits tätig oder haben dies zumindest öffentlich angekündigt.

Umweltminister Berlakovich wollte sich zwar noch im Januar dieses Jahres für ein EU-weites Verbot von Plastiktragtaschen einsetzen, zog sich jedoch zwei Monate später auf den Standpunkt zurück, dass „ein Verbot aufgrund von EU-Richtlinien nicht möglich sei“. Eine rechtlich unverbindliche interne Studie der EU-Kommission kam damals nämlich zum Ergebnis, dass sich diesbezügliche Verbote zwar positiv für die Umwelt auswirken würden, jedoch auch „schwierige juristische Fragen“ aufwerfen würde. Auch ein nationales Verbot einzelner Mitgliedstaaten der EU wäre demnach nicht mit EU-Recht vereinbar. Die Studienautoren sprechen sich jedoch für ein Verbot der unentgeltlichen Abgabe von Plastiktragtaschen aus und fordern ergänzend eine regelmäßige Erhöhung des Plastiksackerl- Preises.

Während Umweltminister Berlakovich eine Zwangsabgabe auf Plastiktragtaschen, wie von den Autoren der oben zitierten Studie vorgeschlagen wurde, ablehnt, forderten die Landtage von Wien, Niederösterreich, Oberösterreich und der Steiermark ein Verbot der Plastiktragtaschen. In Italien besteht übrigens das Plastiksackerl-Verbot zugunsten der Umwelt und trotz divergierender Rechtsansicht der EU-Kommission weiter.

Die unterzeichneten Abgeordneten richten in diesem Zusammenhang an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft nachstehende

Anfrage:

1.  Wurden bisher seitens Ihres Ministeriums gemeinsam mit der Wirtschaft ökologische Optimierungspotenziale hinsichtlich der Tragehilfen geprüft und wurden dazu als Grundlage für diese Analyse auch Ökobilanzen erstellt?

2.                  Wenn ja, was waren die Ergebnisse dieser Prüfungen bzw. Studien und wann werden sie dem Nationalrat sowie der Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt?

3.                  Wenn nein, warum wollen Sie der Aufforderung des Nationalrates nach Prüfung der ökologischen Optimierungspotenziale hinsichtlich der Tragehilfen sowie der Erstellung von Ökobilanzen nicht nachkommen?

4.                  Wurden bereits seitens Ihres Ministeriums geeignete Wege zum sukzessiven Ersatz von Einkaufstragetaschen und Verpackungen aus nicht verrottbarem Kunststoff geprüft?

5.                  Wenn ja, wie sieht die Strategie Ihres Ministeriums zum sukzessiven Ersatz von Einkaufstragetaschen und Verpackungen aus nicht verrottbarem Kunststoff aus?

6.                  Wenn nein, warum wollen Sie der Aufforderung des Nationalrates nach Prüfung geeigneter Wege zum sukzessiven Ersatz von Einkaufstragetaschen und Verpackungen aus nicht verrottbarem Kunststoff nicht nachkommen?

7.                  Welche Maßnahmen hat Ihr Ministerium bisher gesetzt, um die Verwendung von immer wieder verwendbaren Tragtaschen aus Stoff oder Papier bzw. aus nachhaltigen, nachwachsenden und kompostierbarem Material zu forcieren?

8.                  Sollten bisher von Ihrem Ministerium keine diesbezüglichen Maßnahmen gesetzt worden sein, stellt sich die Frage, warum Sie der Aufforderung des Nationalrates nach ebensolchen Maßnahmen nicht nachkommen wollen?

9.                  Wurde bereits seitens Ihres Ministeriums die Kennzeichnungspflicht von Tragetaschen mit deutlichem Hinweis auf das verwendete Material, die richtige Verwendung und Verwertung geprüft?

10.           Wenn ja, welche Schlussfolgerungen ergaben sich aus dieser Prüfung und warum wurden etwaige Empfehlungen noch nicht umgesetzt?

11.           Wenn nein, warum wollen Sie der Aufforderung des Nationalrates nach Prüfung einer Kennzeichnungspflicht von Tragetaschen mit deutlichem Hinweis auf das verwendete Material, die richtige Verwendung und Verwertung nicht nachkommen?

12.           Wurden bereits seitens Ihres Ministeriums Recherchen durchgeführt, wie in anderen Ländern innerhalb und außerhalb der EU die Verwendung von Plastiktragtaschen reduziert oder verhindert wird?

13.           Wenn ja, was waren die Ergebnisse dieser Recherchen und wann werden sie dem Nationalrat sowie der Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt?

14.           Konnten diese Recherchen auch Länder mit sogenannten best practice-Modellen identifizieren und wird sich die Strategie Ihres Ministeriums künftig an diesen Modellen orientieren?

15.           Wenn nein, warum wollen Sie der Aufforderung des Nationalrates nach diesbezüglichen Recherchen nicht nachkommen?

16.           Wurde bereits seitens Ihres Ministeriums eruiert, inwieweit in den Mitgliedstaaten der EU oder in den europäischen Regionen Regelungen zur Reduzierung oder Verhinderung der Verwendung von Plastiktragtaschen notifiziert wurden?

17.           Wenn ja, wie sieht in den EU-Mitgliedstaaten und Regionen der aktuelle gesetzliche Regelungsstand hinsichtlich der Reduzierung oder Verhinderung der Verwendung von Kunststofftragtaschen aus?

18.           Wenn nein, warum wollen Sie dieser Aufforderung des Nationalrates nicht nachkommen?

19.           Welche Maßnahmen und Initiativen haben Sie auf europäischer Ebene im Sinne der Abfallrahmenrichtlinie gesetzt, um die Verwendung von nicht verrottbarem Kunststoff europaweit zu reduzieren und Alternativen wie wiederverwendbare Tragtaschen aus nachhaltigen und schnell biologisch abbaubaren Rohstoffen zu forcieren?

20.           Welche Reaktionen wurden von unseren europäischen Partnern, speziell von Österreichs Nachbarstaaten, auf Ihre diesbezüglichen Maßnahmen und Initiativen gesetzt?

21.           Sollten Sie nach über einem Jahr noch immer keine Maßnahmen und Initiativen auf europäischer Ebene gesetzt haben, stellt sich die Frage, warum Sie der entsprechenden Aufforderung des Nationalrates nicht nachkommen wollen?

22.           Wurden bisher seitens Ihres Ministeriums Maßnahmen ergriffen, um die heimischen Plastiktragtaschen-Produzenten bei ihrem Umstieg auf wiederverwendbare Tragtaschen aus nachhaltigen und schnell biologisch abbaubaren Rohstoffen zu unterstützen?

23.           Wenn ja, welche Maßnahmen waren bzw. sind das und welche Unternehmen wurden bzw. werden auf welche Weise durch Ihr Ministerium unterstützt?

24.           Wenn nein, gibt es in Ihrem Ministerium Absichten, die heimischen Plastiktragtaschen-Produzenten und damit auch die dort beschäftigten ArbeitnehmerInnen bei ihrem Produktionsumstieg auf wiederverwendbare Tragtaschen aus nachhaltigen und schnell biologisch abbaubaren Rohstoffen zu unterstützen?