11967/J XXIV. GP
Eingelangt am
14.06.2012
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind
möglich.
Anfrage
der Abgeordneten Grosz, Ing. Westenthaler
Kolleginnen und Kollegen
an die Bundesministerin für Justiz
betreffend Sexualstraftäter in heimischen Vollzugsanstalten
Laut einem Urteil des Europäischen Gerichtshofes dürfen deutsche Behörden einen rechtskräftig wegen sexuellen Missbrauchs, Nötigung und Vergewaltigung verurteilten EU-Bürger nach verbüßter Haft ausweisen, wenn er immer noch eine Bedrohung darstellt bzw. Rückfallgefahr besteht.
(Vergleiche dazu den nachstehend abgedruckten Artikel von krone.at vom 22.05.2012 - http://www.krone.at/Welt/Deutschland_darf_italienischen_Sex-Taeter_abschieben-EuGH_entschied_-Story-322223
Die Abschiebung eines in Deutschland verurteilten italienischen Sexualstraftäters könnte zu einem Präzedenzfall in Sachen EU- Aufenthaltsrecht werden. Denn wie der Europäische Gerichtshof am Dienstag in Luxemburg entschied, dürfen die deutschen Behörden den EU- Bürger ausweisen, wenn er immer noch eine Bedrohung darstellt. Das gilt für besonders schwere Straftäter selbst dann, wenn sie schon lange im Land leben, urteilten die Richter.
Grundsätzlich erwerben sich EU- Bürger mit einem durchgehenden Aufenthalt ab zehn Jahren in einem anderen europäischen Land ein dauerhaftes Aufenthaltsrecht: Sie dürfen nur ausgewiesen werden, wenn die öffentliche Sicherheit es erfordert und ihre Anwesenheit eine körperliche Bedrohung für andere Bürger darstellt.
Bei besonders schweren Straftaten kann das der Fall sein, entschied der Europäische Gerichtshof nun am Dienstag. Eine solche Ausweisung setze demnach aber voraus, dass das Verhalten des Betroffenen "eine tatsächliche und gegenwärtige Gefahr darstellt" und die Taten besonders schwer wiegen.
Der Mann, der seit 25 Jahren in Deutschland lebt und zumeist arbeitslos war, war 2006 wegen sexuellen Missbrauchs, Nötigung und Vergewaltigung über einen Zeitraum von mehreren Jahren zu einer Haftstrafe von siebeneinhalb Jahren verurteilt worden. Das Opfer, die Tochter seiner damaligen Lebensgefährtin, war zu Beginn der Taten acht Jahre alt.
Weil die deutschen Behörden einen Rückfall befürchten, droht dem Mann nach Ende seiner Haft die Abschiebung. Dagegen klagte er. Das Oberverwaltungsgericht Nordrhein- Westfalen bat daraufhin die Luxemburger Richter um Hilfe bei der Auslegung des EU- Rechts.
Das Gericht stellte klar, dass die Behörden bei ihrer Entscheidung unter anderem berücksichtigen müssen, wie alt der Täter ist, wie sein Gesundheitszustand ist und wo seine Familie lebt. Nun muss das Landgericht Köln erneut prüfen, ob bei dem Betroffenen tatsächlich Rückfallgefahr besteht. In diesem Fall könnten die Behörden den Mann dann abschieben.
)
In diesem Zusammenhang drängt sich nicht zuletzt die Frage auf, wie viele Sexualstraftäter aus anderen EU-Staaten in den heimischen Vollzugsanstalten sitzen. Die vorhandenen Statistiken geben darüber keinen ausreichenden Aufschluss.
Daher richten die unterzeichneten Abgeordneten an die Frau Bundesministerin für Justiz nachstehende
ANFRAGE:
1.
Wie viele Straftäter, die wegen strafbarer Handlungen gegen die sexuelle Integrität und Selbstbestimmung verurteilt worden sind, sitzen derzeit in österreichischen Vollzugsanstalten?
2.
Woher stammen die Straftäter, die wegen strafbarer Handlungen gegen die sexuelle Integrität und Selbstbestimmung verurteilt worden sind, und sich derzeit in österreichischen Vollzugsanstalten befinden? (Bitte zahlenmäßig aufgegliedert nach Herkunftsländern)
3.
Wie viele Straftäter, die wegen strafbarer Handlungen gegen die sexuelle Integrität und Selbstbestimmung verurteilt worden sind, und sich derzeit in österreichischen Vollzugsanstalten befinden, werden voraussichtlich noch in diesem Jahr entlassen?
4.
Wie viele dieser Straftäter stammen aus einem anderen EU-Mitgliedstaat?
5.
Wie viele Straftäter, die wegen strafbarer Handlungen gegen die sexuelle Integrität und Selbstbestimmung verurteilt worden sind, und sich derzeit in österreichischen Vollzugsanstalten befinden, werden voraussichtlich im Jahr 2013 entlassen?
6.
Wie viele dieser Straftäter stammen aus einem anderen EU-Mitgliedstaat?
7.
Wird bei der Entlassung von „Sexualstraftätern“ „von Amts wegen“ überprüft, ob eine Rückfallgefahr besteht?
8.
Bei wie vielen Straftätern aus anderen EU-Staaten, die wegen strafbarer Handlungen gegen die sexuelle Integrität und Selbstbestimmung verurteilt worden sind, und sich derzeit in österreichischen Vollzugsanstalten befinden, ist aus jetziger Sicht (schätzungsweise) mit einer „akuten Rückfallgefahr“ zu rechnen?
9.
Welche Maßnahmen werden Sie aufgrund des genannten EuGH-Urteils setzen?
10.
Gibt es in dem Gesamtzusammenhang eine Zusammenarbeit mit dem Innenministerium bzw. mit deren nachgeordneten Behörden und wie gestaltet sich diese konkret?