1201/J XXIV. GP
Eingelangt am 10.03.2009
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind
möglich.
ANFRAGE
des Abgeordneten Kogler, Freundinnen und Freunde
an den Bundesminister für Finanzen
betreffend Banken- und Versicherungspaket – Stand der Ausnutzung
Mit dem Gesetz zur Stärkung des Interbankenmarktes (Interbankmarktstärkungs-
gesetz - ISBG) und dem Bundesgesetz über Maßnahmen zur Sicherung der
Stabilität des Finanzmarktes (Finanzmarktstabilitätsgesetz – FinStaG) wurde ein
100-Milliarden-Schutz-Schild für Banken und Versicherungen geschaffen.
Dieses im Oktober im Nationalrat beschlossene Maßnahmenpaket beinhaltet neben
Maßnahmen zur Einlagensicherung u.a. Folgendes:
“Zur
Wiederherstellung eines funktionierenden Geldmarktes ist im
Interbankmarkt-stärkungsgesetz (IBSG) eine Ermächtigung des
Bundesministers für Finanzen für die Übernahme von
Bundeshaftungen zugunsten der Oesterreichischen Clearingbank (OeCAG), für
Wertpapieremissionen der OeCAG und für Wertpapieremissionen von
Kreditinstituten vorgesehen. Für diese Maßnahmen steht ein
Haftungsrahmen von insgesamt 75 Mrd. Euro zur Verfügung.
Das Finanzmarktstabilitätsgesetz ermächtigt den Bundesminister
für Finanzen zu Maßnahmen zur Stärkung der
Eigenkapitalausstattung von Kreditinstituten und Versicherungsunternehmen. Dies
kann in Form von Haftungsübernahmen für ausfallsgefährdete
Kredite und Veranlagungen, in Form der Bereitstellung von Eigenkapital,
insbesondere Partizipationskapital, aber auch durch den Erwerb von
Gesellschaftsanteilen an Instituten durch den Bund erfolgen. Für diese
Maßnahmen stehen mindestens 15 Mrd. Euro zu Verfügung.”[1]
Ende Oktober wurde auch eine Verordnung erlassen, die gewisse Bedingungen und Auflagen an die Banken und Versicherungen stellt, um unter den staatlichen Schutzschild zu kommen. Auf Grund der Bestimmungen des europäischen Wettbewerbsrechtes musste das österreichische Maßnahmenpaket auch von der Europäischen Kommission genehmigt werden. Diese Genehmigung ist am 10. Dezember 2008 erfolgt. Auf Druck der Europäischen Kommission wurde dabei der Handlungsspielraum der Regierung bei der Interpretation der Verordnung eingeschränkt – im Interesse aller SteuerzahlerInnen und zu ungunsten der Banken.
Seit Anfang Dezember herrscht also völlige Klarheit über Bedingungen und Konditionen.
Auch die institutionellen Voraussetzungen wurden geschaffen:
Die Oesterreichische Clearingbank AG nahm mit 13. November 2008 ihre Geschäftstätigkeit auf. Die OeCAG ist eine Spezialbank mit einer eigenen Banklizenz im Eigentum der großen Banken. Ihre Geschäfte werden durch die Oesterreichische Kontrollbank (OeKB) gemäß Geschäftsbesorgungsvertrag abgewickelt.
Die OeCAG kann mit den verfügbaren Eigenmitteln zunächst ein maximales Geschäftsvolumen von 10 Mrd. Euro darstellen. Die Republik Österreich (Bund) übernimmt Haftungen bis zu 4 Mrd. Euro für Ausleihungen der Clearingbank. Darüber hinaus beabsichtigt die Bank kurzfristige Emissionen
(Commercial Papers) im Volumen bis zu 5 Mrd. Euro mit Bundeshaftung zu begeben.
Als Vorstände wurden Johann Kernbauer von der UniCredit Bank Austria und Peter Nowak von der Erste Group angestellt. Zum Vorsitzenden des Aufsichtsrates wurde Johann Strobl (RZB) bestellt. Die weiteren Aufsichtsräte sind Manfred Kunert (Österreichische Volksbanken), Bernhard Spalt (Erste Group), Peter Harold (Hypo- Banken), Heinz Meidlinger (UniCredit Bank Austria) und Carsten Samusch (BAWAG-P.S.K.) Zwei weitere Aufsichtsräte können noch von der Republik Österreich nominiert werden.[2]
Im November erfolgte auch “die Gründung der FIMBAG Finanzmarktbeteiligung Aktiengesellschaft des Bundes als im Alleineigentum der Österreichische Industrieholding AG (ÖIAG) stehende Gesellschaft. Dieses Unternehmen ist mit der Durchführung von Maßnahmen zur Kapitalstärkung von Kreditinstituten und inländischen Versicherungsunternehmen sowie der Verwaltung der im Zuge dieser Maßnahmen erworbenen Beteiligungen beauftragt. (…)
Nach Vorschlag der Bundesregierung wurden zu Vorständen der Gesellschaft KR Dr. Klaus Liebscher und KR Adolf Wala bestellt. Dem Aufsichtsrat gehören über Vorschlag der Bundesregierung Dr. Veit Sorger als Vorsitzender, Dkfm. DDr.h.c. Hannes Androsch als Stellvertreter des Vorsitzenden sowie weiters Dipl.-Ing. Dr. Stefan K. Zapotocky, Hon.-Prof. DDr. Hellwig Torggler, Mag. Herbert Kaufmann und Dr. Alexander Russ an.[3]
Die Nationalbank (OenB) drängte Anfang Dezember gegenüber den an dem
Bankenpaket interessierten Instituten, die Maßnahmen noch 2008 zu vereinbaren
und umzusetzen. So hätten die Maßnahmen noch 2008 für die Bilanz wirksam gemacht werden können. OeNB-Gouverneur Ewald Nowotny appellierte an die Banken: Die Verträge sollten „rasch“ abgeschlossen werden.[4]
Der Appell blieb ohne Folgen. Außer der gefährdeten Kommunalkredit vereinbarte 2008 kein Institut einen Vertrag mit der Republik.
Einer der Gründe für dieses Zaudern dürfte sein, dass die Institute den Beschränkungen für Dividendenauszahlungen ausweichen wollten und die Dividenden für 2008 noch ohne Einschränkungen auszahlen wollten.
Weiters wollten sich die Banken und Versicherungen offensichtlich die Zinsenzahlungen für das 2. Halbjahr 2008 ersparen. Diese wären bei Inanspruchnahme der Eigenkapitalspritze vor dem Jahresende zu zahlen gewesen.
So aber müssen die SteuerzahlerInnen für die Zinskosten gerade stehen, die dem Bund aus der vorzeitigen Aufnahme jener 8 Mrd Euro entstehen, die dieser auf Basis der in Aussicht genommenen Kapitalspritzen noch vor dem Jahresende aufgenommen hat. Zusätzlich machen es die Dividendenausschüttungen für 2008 unwahrscheinlicher, dass 2009 ein positives Ergebnis erwirtschaftet wird. Dieses ist aber Voraussetzung dafür, dass für das vom Staat zu Verfügung gestellte Partizipationskapital Zinsen gezahlt werden.
Laut Medienberichten sind die Banken aber ganz eifrig am Rechnen. Ob die Versicherungen auch interessiert sind – darüber wird kaum etwas in den Medien geschrieben.
Angeblich soll der größte Teil des österreichischen 15-Milliarden-Euro-Pakets für staatliche Eigenkapitalspritzen bereits reserviert sein. Über den konkreten Stand der Vertragsverhandlungen zwischen Banken/Versicherungen und Ministerium ist kaum etwas bekannt – außer denjenigen Details, die durchsickern und sich dann verstreut in diversen Medienberichten wiederfinden.
Ob die Clearingbank wirklich ein Erfolg ist, ist auch angesichts der Medienberichte zur herrschenden Kreditklemme für Unternehmen und Private, fragwürdigen Zwangskonventierungen von Fremdwährungskrediten und der bisher enttäuschend geringen Teil- und Inanspruchnahme bei bisherigen Auktionen über die eingerichtete Plattform (Stand 2.2.2009: 1.969, 8 Mio Euro) fraglich.
Da der 100-Milliarden-Schutzschild zu 100% von den SteuerzahlerInnen zur Verfügung gestellt wurde, wollen wir endlich den aktuellen Stand der Verhandlungen wissen und Klarheit bekommen, inwieweit die Rettungspläne der Regierung überhaupt greifen.
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende
ANFRAGE:
[1] Siehe BMF-Homepage (Stand 1.2.2009 -https://www.bmf.gv.at/Finanzmarkt/ManahmenpaketzurSic_9175/_start.htm) – weitere 10 Mrd. Euro stehen zur Einlagensicherung zur Verfügung
[2] siehe Presseinformation vom 13.11.2008 von Hochegger auf der Homepage der Clearingbank
[3] Siehe Presseinformation des Finanzministeriums vom 11.11.2008 https://www.bmf.gv.at/Presse/Pressearchiv2008/9054.htm
[4] siehe APA 383 2008-12-09/13:46
[5] OTS0254 5 WI 1227 PKU0002, Fr, 31.Okt 2008, KURIER"-Interview mit Klaus Liebscher