1202/J XXIV. GP
Eingelangt am 10.03.2009
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind
möglich.
ANFRAGE
der Abgeordneten Brunner, Freundinnen und Freunde
an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft
Mit Bescheid des Landeshauptmannes von Steiermark vom 24. Mai 2007, GZ FA 13A-32.00 M27-07/88, wurde den Konsenswerbern Ing. Peter Masser und Dipl. Ing. Alfred Liechtenstein die wasserrechtliche Bewilligung für das Trinkwasserkraftwerk Seebach-Kraftwerk Schwarze Sulm, Ausbaustufe A, im Europaschutzgebiet „Schwarze und Weiße Sulm“, erteilt. Gegen diesen Bescheid der Wasserrechtsbehörde erster Instanz wurde mehrfach das Rechtsmittel der Berufung erhoben, u.a. auch vom wasserwirtschaftlichen Planungsorgan des Amtes der Steiermärkischen Landesregierung.
Auch wurde wegen dieser wasserrechtlichen Bewilligung von der Europäischen Kommission bereits ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Österreich unter Nr. 2006/4414 eingeleitet und von der Kommission mit Schreiben vom 17. Oktober 2007 an die damalige Bundesministerin Dr. Ursula Plassnik u. a. ausgeführt, dass die bisherige Wasserrechtsbehörde (der Landeshauptmann von Steiermark) die verfahrensgegenständliche Schlüsselfrage , nämlich die Klärung des Vorliegens übergeordneter öffentlicher Interessen, nicht schlüssig nachgewiesen hat. Es sei auf Grund des Bescheides nicht nachvollziehbar, wie das gegenständliche Kraftwerk mit einer maximalen Leistung von 4920 KW überregionale Vorteile gegenüber der Erhaltung der längsten, zusammenhängend bestehenden unbeeinflussten Fließstrecke eines gestreckten Flusses mit zentralalpinem Einzugsgebiet aufweisen soll.
Im bisherigen Ermittlungsverfahren der Berufungsbehörde, dem Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft tritt hervor, dass das im § 104a des Wasserrechtsgesetzes 1959 normierte Verschlechterungsverbot der als „sehr gut“ eingestuften Gewässergüte der Schwarzen Sulm, wesentlicher Entscheidungsgegenstand ist.
Zwischenzeitig ist nunmehr spätestens seit einem Bericht der Landesbehörde vom 25. November 2008 (vorgelegt am 28. November 2008) zu GZ FA13A-32.00M27-08/135 dem Bundesministerium und der Landeshauptmannbehörde bekannt, dass am als „sehr gut“ eingestuften Oberflächenwasserkörper der Schwarzen Sulm „Neuerungen“ erfolgten.
Diese Neuerungen betreffen alte Wasserkraftanlagen, welche bereits in der Verhandlungsschrift der Wasserrechtsbehörde als erste Instanz (LH) vom 15. September 2003 sowie im Wasserrechtsbescheid vom 24. Mai 2007 GZ FA13A-38.00M27-07/88 (siehe Seite 40 u. andere) unter Hinweis auf § 27 Abs.1 lit.g. des Wasserrechtsgesetzes 1959, ex lege als erloschen gelten.
Im nunmehr berufungsgegenständlichen Bescheid ist nämlich Folgendes festgestellt worden:
„Im Zuge von der Fachabteilung 19A (wasserwirtschaftliches Planungsorgan beim Amt der Steiermärkischen Landesregierung) durchgeführte Kraftwerkserhebungen wurde festgestellt, dass die unter den Wasserbuch-Postzahlen 202, 646, 192, 191, 301, 333, 725, 201, 190, sowie 215 eingetragen Wasserrechte in der Realität nicht mehr existieren. An den betroffenen Standorten wurden weder Wehranlagen noch sonstige Querbauwerke vorgefunden. Die untersuchten Standorte stellen demnach keine Belastung im Sinne der Wasserrahmenrichtlinie dar. Die anthropogenen Einflüsse der noch erkennbaren Reste der Anlagen können maximal als punktuell bezeichnet werden. Es ist daher davon auszugehen, dass die obgenannten Wasserrechte rechtlich nicht mehr existent sind. Auf Basis der durchgeführten Erhebungen ist daher davon auszugehen, dass sich der betroffene Wasserkörper der Schwarzen Sulm (8026600) in einem „sehr guten“ ökologischen Zustand gem. Anhang C WRG befindet. Abweichungen vom natürlichen Zustand bedingt durch anthropogene Belastungen , wie durch das verfahrensgegenständliche Projekt gegeben, würden zu einer Verschlechterung des Zustandes des Wasserkörpers führen.“
Es besteht auf Grund der oben genannten konsenslos erfolgten Neuerungen (Wiederinbetriebnahme von Wasserkraftanlagen) der dringende Verdacht, dass durch wasserrechtswidrige Herstellungen der Zweck verfolgt wird, den Gewässerzustand der Schwarzen Sulm durch faktische Handlungen zu verschlechtern und damit möglichst einen Gewässerzustand von „gut“ statt wie bisher von „sehr gut“ zu erreichen. In diesem Falle würde das Verschlechterungsverbot des §104a des WRG 1959 nicht greifen und der Erteilung einer wasserrechtlichen Bewilligung für das verfahrensgegenständliche Vorhaben nicht mehr entgegenstehen.
Dies wurde u.a. auch von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eines Berufungswerbers dem Ministerium mit Schriftsatz und Eingabe vom 6. 2. 2009 bekannt gegeben. Auch der Europäischen Kommission wurden diese Umstände zum anhängigen Vertragsverletzungsverfahren Nr. 2006/4414 mit gleichem Datum bekannt gegeben, ebenso der Bezirkshauptmannschaft Deutschlandsberg.
Angeblich und völlig unverständlich wurden die Wasserrechtsbehörden erst über Anregung des Anwaltes eines Berufungswerbers dahingehend tätig, dass wegen dieser beschriebenen „Neuerungen“ Verfahren zur Herstellung des gesetzmäßigen Zustandes i.S. §138 des WRG 1959 eingeleitet wurden. Gleichfalls sollen erst nach dieser Bekanntgabe durch den Rechtsfreund gegen die „Neuerer“ Verwaltungsstrafverfahren zur Einleitung gebracht worden sein. Dies bedeutet, dass sowohl die Landesbehörde, als auch das Bundesministerium zumindest seit dem 25. November 2008 (Bericht der Landesbehörde an das BM) keine Verfahren zur Herstellung des gesetzmäßigen Zustandes eingeleitet haben, sondern dies erst mit 6. 2. 2009 oder kurz danach (Anregung RA) „nachgeholt“ haben. Andererseits wurden, wie uns bekannt ist, seitens des Bundesministerium als Berufungsbehörde sehr wohl unter Hinweis auf den Bericht der Landesbehörde vom 25. November 2008, die bekannt gegebenen „Neuerungen“ zum Gegenstand des Berufungsverfahrens gemacht, da, wie uns ebenfalls bekannt ist, mit Verfügung der Berufungsbehörde vom 11. Dezember 2008 die Sachverständigen der Berufungsbehörde dahingehend informiert und beauftragt wurden die „Revitalisierungen“ zu beurteilen bzw. zu klären, ob eine andere Bewertung des mehrfach genannten Oberflächenwasserkörpers hervortrete.
Sollte eine solche Vorgehensweise aus der Sicht der Betreiber zum Erfolg führen, würde die Rechtsordnung ad absurdum geführt werden und dazu weiters die geplante Einbeziehung der Schwarzen Sulm mit ihrem bestehenden „sehr gutem“ Zustand in den nationalen Gewässerbewirtschaftungsplan vereitelt werden.
Die uns bekannten „Neuerungen“ betreffen die Wasserkraftanlage PZ 646, Wasserkraftanlage Jakoblipp, nunmehr Herbert und Gabriele Resch, sowie die Wasserkraftanlage Hüttenmarx PZ 190 (beide Oberflächenwasserkörper 8026600).
Des weiteren ist uns bekannt, dass durch den Konsenswerber Dipl. Ing. Liechtenstein Bemühungen im Gange sind, unter Nutzung zur Sturmschadenbeseitigung nach den vorjährigen Großsturmereignissen normierter gesetzlicher Erleichterungen, in unmittelbaren Nähe des Ursprunges der Schwarzen Sulm, damit im „sehr guten“ Zustandsbereich, einen Nassholzlagerplatz für rund 30.000 Festmeter durch die Liechtenstein´sche Forstverwaltung, genehmigt zu erhalten. (Vorgespräche und Begehungen durch die Bezirkshauptmannschaft Deutschlandsberg sollen bereits erfolgt sein).
Es ist darüber hinaus nicht auszuschließen, dass weitere „Instandsetzungen“ erfolgten bzw. erfolgen.
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende
ANFRAGE:
1. Werden Sie sicherstellen, dass die wenigen intakten und unberührten Gewässerstrecken, zu denen auch die Schwarze Sulm zählt, erhalten bleiben? Wenn ja, wie? Wenn nein, warum nicht?
2. Warum hat das Bundesministerium trotz Kenntnis seit zumindest dem 25. November 2008 kein Verfahren zur Herstellung des gesetzmäßigen Zustandes betreffend KW Anlagen von Franz und Maria Koch „Lamplsäge“, (AV zu GZ FA 13A-32.00 M27-08) die Wasserkraftanlage PZ 646, Wasserkraftanlage Jakoblipp, nunmehr Herbert und Gabriele Resch, sowie die Wasserkraftanlage Hüttenmarx PZ 190 eingeleitet bzw ein solches veranlasst, sondern die bekannt gegebenen „Neuerungen“ zum Gegenstand des Berufungsverfahrens gemacht, indem die Sachverständigen der Berufungsbehörde dahingehend informiert und beauftragt wurden, die „Revitalisierungen“ zu beurteilen bzw. zu klären, ob eine andere Bewertung des mehrfach genannten Oberflächenwasserkörpers hervortrete?
3. Am 11.06.2007 wurde von Seiten des wasserwirtschaftlichen Planungsorgans des Landes Steiermark gegen den Wasserrechtsbescheid berufen (GZ: FA19A73Su3-2004/15). Was sind die konkreten Gründe für die lange Dauer des Verfahrens?
4. Die Anfrage der Grünen vom 10.01.2008, wie die Stellungnahme der Republik Österreich der EU-Kommission auf das Mahnschreiben im Zusammenhang mit den Kraftwerksplänen an der europarechtlich geschützten Schwarzen Sulm (Vertragsverletzungsverfahren Nr. 2006/4414) lautet, wurde mit dem Hinweis darauf (nicht) beantwortet, dass die Beantwortungsfrist mit 21. Jänner 2008 endet. Wie hat nun die Republik Österreich im Einzelnen auf das oben genannte Mahnschreiben geantwortet?