12044/J XXIV. GP
Eingelangt am
15.06.2012
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Anfrage
der Abgeordneten Tanja Windbüchler-Souschill, Albert Steinhauser, Freundinnen und Freunde an die Bundesministerin für Justiz
betreffend Straftatbestand 107b StGB "Fortgesetzte Gewaltausübung"
Mit 1. Juni 2009 trat das zweite
Gewaltschutzgesetz in Kraft. Es sollte Defizite und Schutzlücken schließen,
der Schutzbedarf von Opfern von strafrechtlich relevanten Handlungen im
Zivilverfahren stärken und weitergefasste Bestimmungen für den Schutz
der Opfer festlegen. Das österreichische Gewaltschutzgesetz dient vielen
anderen Ländern als „Best Practice“, gerade weil die
Interventionsstellen und Gewaltschutzzentren hier einen gesetzlich verankerten
Stellenwert als Kooperationspartnerinnen von Exekutive und Justiz im Kampf
gegen Gewalt in der Familie einnehmen.
Jede 4. – 5. Frau erleidet zumindest einmal in ihrem Erwachsenenleben
körperliche und/oder sexuelle Gewalt durch einen Beziehungspartner.
Häusliche Gewalt bedeutet jedoch oft nicht, dass eine Einzeltat begangen
wird, die strafrechtlich verfolgt werden könnte. Es bedeutet in der Regel,
dass ein komplexes System von Unterdrückung und/oder Misshandlung die
Gewaltbeziehung beherrscht, dazu gehören Kontrolle, Isolation,
Demütigung, Machtansprüche und Einschüchterungen, das Benutzen
der Kinder, das Schaffen finanzieller Abhängigkeiten und ökonomische
Gewaltanwendungen, Drohungen, Nötigungen und Zwang, körperliche und
sexuelle Gewalt.
In ungefähr der Hälfte aller Familien in denen
die Polizei ein Betretungsverbot aussprechen muss, leben minderjährige
Kinder. Die miterlebte psychische und
physische Gewalt ist für die Kinder traumatisierend. Dazu kommt, dass die
weggewiesenen Familienmitglieder die Kinder oft unter Druck setzen, ihnen
Schuldgefühle machen und sie als Nachrichtenvermittler benutzen.
Die Installierung des Straftatbestandes
„Fortgesetzte Gewaltausübung“ kam der Forderung der
ExpertInnen nach, hier im Strafrecht eine Möglichkeit zu schaffen das
Misshandlungssystem als Ganzes zu sehen und dementsprechend der Exekutive und
der Justiz Konsequenzen den Tätern gegenüber zu ermöglichen.
Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgende
1) Wie viele Anzeigen wegen §107b StGB „Fortgesetze Gewaltausübung“ langten im Zeitraum vom 1.6.2009 bis 1.6.2012 in der Staatsanwaltschaft ein? Mit der Bitte um Auflistung nach Jahr und Bundesland.
2) Wie viele dieser erstatteten Anzeigen wegen §107b StGB „Fortgesetze Gewaltausübung“ wurden im Zeitraum 1.6.2009 bis 1.6.2012 zurückgelegt und von Seiten der Staatsanwaltschaft nicht mehr verfolgt? Mit der Bitte um Auflistung nach Jahr und Bundesland
3) Zu wie vielen U-Haft-Verhängungen kam es wegen der Anzeigenerstattung zu § 107b StGB, aufgelistet nach Bundesland und Jahr?
4) Zu wie vielen (und welchen) Diversionen kam es durch die Anzeigenerstattung nach § 107b StGB im Zeitraum 1.6.2009 bis 1.6.2012, mit der Bitte um Auflistung nach Jahr und Bundesland?
5) Zu wie vielen Hauptverhandlungen wegen §107b StGB kam es im Zeitraum 1.6.2009 – 1.6.2012? Mit der Bitte um Auflistung nach Jahr und Bundesland.
6) Wie viele Freisprüche und wie viele Verurteilungen mit welchem Strafausmaß gab es im Zeitraum 1.6.2009 – 1.6.2012 aufgelistet nach Bundesland und Jahr?