12062/J XXIV. GP

Eingelangt am 21.06.2012
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ANFRAGE

 

des Abgeordneten Dr. Karlsböck

und weiterer Abgeordneter

an den Bundesminister für Gesundheit

 

betreffend  (Wunsch-)Sectio vs. vaginale Geburt – Kaiserschnittgeburten auf dem Vormarsch

 

In Österreich steigt der Anteil von Geburten mit Kaiserschnitt stetig an. Laut dem Jahrbuch der Gesundheitsstatistik 2010[1] ist die Kaiserschnittrate zwischen 2000 und 2010 von 17,2% auf 28,9% gestiegen. Zudem weist die Gesundheitsstatistik starke regionale Unterschiede auf. Beispielsweise hat die Kaiserschnittrate im Burgenland, in Kärnten, in der Steiermark und in Tirol bereits die 30%-Marke erreicht bzw. überschritten. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) empfiehlt, dass die Kaiserschnittrate nicht über 15% liegen sollte. Dieser  Prozentsatz wird erreicht, wenn Kaiserschnitte nur dann durchgeführt werden, wenn eine natürliche Geburt die Gesundheit oder das Leben von Mutter oder Kind gefährdet.

 

Die deutsche Kaiserschnittstudie[2], die im Auftrag der Gmündner Ersatzkasse (GEK) durchgeführt wurde, liefert interessante Hinweise für die stetig steigende Kaiserschnittrate in Deutschland und ist daher auch für die österreichische Situation von Bedeutung. Beispielsweise zeigt die Studie auf, dass Ärzte  einen  maßgeblichen Einfluss auf die Entscheidung zum Kaiserschnitt haben und sie bei 60 Prozent aller Kaiserschnitte diesen Schritt empfehlen. Auf der anderen Seite empfehlen Hebammen Kaiserschnitte deutlich seltener (27%). Die steigende Tendenz zu Kaiserschnitten ist laut Studie mit einer geringeren Intensität der Hebammenbetreuung verbunden.

 

Darüber hinaus werden Kaiserschnitte häufig als eine sichere Alternative zur vaginalen Geburt wahrgenommen. Hierbei werden laut Studie die langfristigen gesundheitlichen Risiken des Kaiserschnitts bei weiteren Schwangerschaften und Entbindungen in der Öffentlichkeit vernachlässigt und die Schwangeren darüber nicht ausreichend informiert. Als Nachteile des Kaiserschnitts führen die befragten Frauen mit Schnittentbindungen insbesondere Narben- oder Wundschmerzen (52,6%), Operations- und Infektionsrisiko (26,5%), längere Rekonvaleszenz (40,4%) und damit verbunden die eingeschränkte Versorgung des Säuglings (23%) und eine gestörte Mutter-Kind-Bindung (24,9%) an.


 

In diesem Zusammenhang richten die unterfertigten Abgeordneten an den Bundesminister für Gesundheit folgende

 

ANFRAGE

 

  1. Wie beurteilen Sie bzw. Ihr Ressort die stetig steigende Kaiserschnittrate in Österreich?

 

 

  1. Wie bewerten Sie bzw. Ihr Ressort die nachfolgenden Faktoren für die im internationalen Vergleich hohen und steigenden Kaiserschnittraten in Österreich:

 

a.  verändertes Geburtsrisiko,

 

b.  Klinik- und Krankenhausorganisation,

 

c.   aktive Einleitung der Geburt (z. B. Blasensprengung, Wehentropf)

 

d.  sich änderndes Gesellschaftsbild  des Kaiserschnitts (z.B. der Kaiserschnitt  wird als moderne und bequeme Geburtsvariante wahrgenommen)

 

e.  andere Gründe?

 

  1. Worauf sind die sehr großen Unterschiede in den einzelnen Bundesländern zurückzuführen?

 

  1. Wie erklären Sie sich die niedrigen Kaiserschnittraten in den nordischen Ländern?

 

  1. Welche Bedeutung besitzt dabei die viel stärkere Einbindung von Hebammen in der Betreuung von Geburten (z.B. in den Niederlanden)?

 

  1. Wie hoch ist der Anteil  der primären Sectiones (geplanter Kaiserschnitt, der vor oder nach dem Einsetzen der Wehen durchgeführt wird) im Vergleich mit der Zahl der sekundären Sectiones (Kaiserschnitt, der aufgrund einer Notfallsituation oder des Geburtsverlaufs aus mütterlicher oder kindlicher Indikation) in den Jahren 2008-2011?

 

  1. Wie bewerten Sie bzw. Ihr Ressort diese Zahlen bzw. deren Entwicklung?

 

  1. Welchen Kenntnisstand haben Sie bzw. Ihr Ressort über Art und Umfang von körperlichen und psychischen Folgen nach einer Kaiserschnittentbindung bei Mutter und Kind?

 

  1. Wie bewerten Sie bzw. Ihr Ressort die Problematik des Wunschkaiserschnitts und die Schwierigkeit der Abgrenzung zwischen Wunsch und einer relativen oder eindeutigen medizinischen Notwendigkeit ein?

 

  1. Gibt es in diesem Zusammenhang Erkenntnisse darüber, wie viele Kaiserschnitte in Österreich als relativ indizierte Schnittentbindungen oder Wunschkaiserschnitte bezeichnet werden können?

 

  1. Gibt es in diesem Zusammenhang Erkenntnisse darüber, was die häufigsten Gründe für relativ indizierte Schnittentbindungen oder Wunschkaiserschnitte sind?

 

  1. Welche Faktoren beeinflussen die Entscheidungen von schwangeren Frauen für eine Wunschsectio statt einer vaginalen Geburt?

 

  1. Im Jänner 2010 wurde im Bundesministerium für Gesundheit ein Round-Table-Gespräch zum Thema „Kaiserschnitt“ abgehalten. Darüber hinaus befasst sich die Arbeitsgruppe „Risikoschwangerschaft/ Risikogeburt“ unter anderem mit der Problematik der hohen Kaiserschnittraten.

 

    1. Wie oft wurden Round-Table-Gespräche bzw. die Arbeitsgruppen zu dieser Thematik abgehalten und wer nahm daran teil?

 

    1. Welche Kosten entstanden in diesem Zusammenhang?

 

    1. Welche Erkenntnisse bzw. Handlungsempfehlungen wurden generiert?

 

    1. Wurden diese umgesetzt?

 

    1. Wenn ja, mit welchem Ergebnis?

 

    1. Wenn nein, warum nicht?

 

  1.  Welche weiteren Maßnahmen wurden bzw. werden umgesetzt, um die hohen Kaiserschnittraten zu senken?

 

 



[1]http://www.statistik.at/dynamic/wcmsprod/idcplg?IdcService=GET_NATIVE_FILE&dID=108870&dDocName=059824

[2] http://www.ipp.uni-bremen.de/downloads/abteilung2/projekte/GEK_Kaiserschnittstudie.pdf