12400/J XXIV. GP
Eingelangt am 06.07.2012
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Anfrage
der Abgeordneten Karl Öllinger, Freundinnen und Freunde an den/die Bundesminister für Gesundheit
betreffend Dubiose Prämien für dubiose Masken?
Die jüngsten Erkenntnisse rund um den Ankauf von „Grippeschutzmasken“, den die frühere Ressortchefin Maria Rauch-Kallat, ihr Kabinett und die für den Pandemie-Plan verantwortliche Sektion veranlasst haben, legen nahe, dass manches bei dieser Aktion nicht mit rechten Dingen zugegangen ist (siehe profil Nr. 26/2012 „Tröpfcheninfektion“, profil Nr. 27, „Die richtige Adresse“).
Auf parlamentarischer Ebene wurde im Jahr 2007 über zwei Anfragen (927/J und 1713/J) an Ihr Ressort und eine Prüfungsaktion des Rechnungshofs (RH-Bericht 2008/10) versucht, die Vorgänge um den völlig überteuerten Ankauf bzw. Rückkauf von „Grippeschutzmasken“ zu dokumentieren.
Nachträglich gesehen wirken die Antworten, die von der ebenfalls nicht für den Ankauf verantwortlichen Resssortvorgängerin Kdolsky gegeben wurden, sehr erhellend - gerade, weil sie nichts beantworten!
So wurde etwa in Frage 1 von 1713/J gefragt, wann genau und wo die Ausschreibung für die „Grippeschutzmasken“ erfolgte. Darauf erfolgte ebenso wenig eine Antwort wie auf die Fragen 3 und 4, welche Personen innerhalb bzw. außerhalb des Ministeriums an der Ausarbeitung von Vorgaben beteiligt waren. Fast alle anderen, teilweise sehr konkreten Fragen blieben ebenfalls unbeantwortet!
Stattdessen wurde eine dreiseitige Schilderung der Gründe, die zum Pandemie-Plan geführt haben, der Anfragebeantwortung zu 927/ J entnommen und wortident als Antwort zu den Fragen 1 bis 11, 36 – 39 ausgegeben.
Schon in der ersten Anfrage 927 / J wurde die Sprecherin des Handelsunternehmens REWE mit einer Aussage im „Standard“ (22.11.2006) zitiert, dass ihrem Unternehmen durch die Verkaufsaktion keine Verluste drohen, weil: „Wir haben lediglich den Verkaufsraum zur Verfügung gestellt…“.
Der Rechnungshof hat in seinem Bericht 2008/10 die merkwürdigen Beschaffungsvorgänge und die Masken als völlig überteuert kritisiert.
Die Verweigerung von Antworten durch Ihre so wie Sie nicht für den Beschaffungsvorgang verantwortliche Amtsvorgängerin hat schon damals den Verdacht bestärkt, dass bei der Beschaffung der Masken, die offensichtlich nicht einmal den Standard für Grippeschutzmasken erfüllt haben, andere Motive und Interessen ausschlaggebend waren. Der Bericht des Rechnungshofes hat diesen Verdacht bestärkt, indem er eine mangelnde Dokumentation und, einen völlig überzogenen Ankaufspreis feststellte.
Jetzt liefert die Zeitschrift „profil“ Dokumente nach, die einen Zusammenhang zwischen dem dubiosen bzw. unbeantworteten Beschaffungsvorgang für die Verkaufsaktion und einer Beratertätigkeit, die der Ehemann der damaligen Ressortchefin für den Konzern ausübte, der bei der Beschaffung begünstigt wurde, sehr plausibel machen.
Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgende
A) Im „profil“ wird Clemens Martin Auer, damals Kabinettschef der Ministerin Rauch-Kallat, damit wiedergegeben, dass er „über eine Marktforschung“ die beiden Anbieter von „Grippeschutzmasken“ ausfindig gemacht habe und mit ihnen „persönliche Verhandlungen“ geführt habe.
1) Wurde die „Marktforschung“ dokumentiert? Wenn ja, wie? Wenn nein, warum nicht?
2) Wer hat im Ministerium bzw. im Kabinett neben Clemens Martin Auer die Verhandlungen mit den Anbietern geführt bzw. für wen hat Clemens Martin Auer die Verhandlungen geführt?
3) War auch die zuständige Sektion für den Pandemieplan in die Verhandlungen eingebunden und durch wen? Wenn nein, warum nicht?
4) Wurden Vergleichsangebote eingeholt? Wenn ja, von wem und mit welchen Preisen? Wenn nein, warum nicht?
5) Wer hat im Ministerium die Abnahmegarantie verhandelt?
6) Wie lautet das gesamte Dokument, in dem das Ministerium die Abnahmegarantie erklärt?
7) Wer hat die Abnahmegarantie unterzeichnet?
8) Warum hat Ihr Ressort eine Abnahmegarantie gegeben?
9) Warum hat das Ressort bei der Ermittlung geeigneter Anbieter nicht auf das Know How der Bundesbeschaffung GmbH zurückgegriffen, die zuvor schon Schutzmasken in einer ähnlichen Größenordnung für Schüsselkräfte im öffentlichen Bereich organisiert hat?
10) Warum wurde die ursprünglich geplante Menge von 17 Millionen Schutzmasken, die angeblich zur Entscheidung für die zwei Anbieter geführt hat, auf 9 Millionen reduziert?
11) Erfolgte eine Aufteilung der zu liefernden Mengen zwischen den zwei geeigneten Anbietern? Wenn ja, in welchem Verhältnis? Wenn nein, warum nicht?
12) Welche Anforderungen wurden an die am Vertrieb der Schutzmasken beteiligten Supermarkt- und Drogerieketten von Seiten des Ressorts gestellt?
13) Sind diese Anforderungen dokumentiert bzw. in einem Vertrag festgehalten? Wenn ja, wie lauten diese Anforderungen bzw. der Vertragstext?
14) Waren die am Vertrieb der Schutzmasken beteiligten Supermarkt- und Drogerieketten an den Verhandlungen des Ministeriums mit den beiden Anbietern beteiligt?
15) Haben die Supermarkt- und Drogerieketten ihrerseits Anforderungen für die Übernahme der Grippeschutzmasken gestellt? Wenn ja, welche?
16) Wer hat für Ihr Ressort mit den Supermarkt- und Drogerieketten die Konditionen für Vertrieb, Handelspreis und Rücknahme der Masken verhandelt?
17) Laut „profil“ bzw. den Aussagen von Sektionsleiter (damals Kabinettschef) Clemens Martin Auer hat das Ministerium bzw. er die geeigneten Lieferanten ausgewählt und jedenfalls die Abnahmegarantie vereinbart. Die beiden beteiligten Handelsketten Spar und Rewe erklären, dass sie nur auf Veranlassung des Ministeriums an der Verkaufsaktion teilgenommen hätten. Gibt es schriftliche Aufzeichnungen in Ihrem Ressort, die diesen merkwürdigen Vorgang oder Vertrag dokumentieren?
18) Gibt es a) Beschwerden, b) Hinweise oder c) Aktenvermerke zu diesem merkwürdigen Beschaffungsvorgang? Wenn ja, wie lauten diese?
19) Laut „profil“ Nr. 27/2012 wurde vom damaligen Pressesprecher des Ressorts auch der Kontakt zu den Handelsketten hergestellt und ein Distributions- bzw. Kommunikationskonzept erstellt. Gibt es dazu Dokumente in Ihrem Ressort? Wenn ja, wie lauten diese?
20) Laut „profil“ Nr. 27/2012 waren zum Zeitpunkt der Beiziehung des Pressesprechers die beiden Lieferanten „bereits als Ansprechpartner definiert“. Demnach hätte der damalige Kabinettschef Clemens Martin Auer die beiden Lieferanten alleine ausgewählt. Entspricht diese Behauptung den Tatsachen?
B) Von den 9 Millionen „Grippeschutzmasken“ wurden 7,69 Millionen um insgesamt 4,24 Millionen Euro zum Stückpreis von 0,55 Euro zurückgekauft (Abnahmegarantie) und eingelagert. Der Rechnungshof schreibt dazu: „Eine Regelung für eine weitere Verwendung und Lagerung der im November 2006 nicht verkaufen Schutzmasken lag nicht vor“. Das Gesundheitsministerium hat die Lagerkosten für die Grippeschutzmasken übernommen.
21) Sind die Schutzmasken noch immer eingelagert? Wenn nein, wann und wie wurde die Einlagerung beendet? Wenn ja, bis wann?
22) Welche Kosten für die Einlagerung sind angefallen und wer hat diese Kosten (inkl. Entsorgung) übernommen?
23) Sind im Ressort weitere Kosten für die Schutzmasken angefallen, etwa für die Bewerbung der Aktion in den Supermarkt- und Drogerieketten? Wenn ja, wie hoch waren diese Kosten im Detail und im Ganzen?
24) Wer hat für Ihr Ressort den Ankaufs- und den Rücknahmepreis für die Masken verhandelt?
25) Gab es unterschiedliche Konditionen für den Ankaufspreis bei den zwei als „geeignet“ befundenen Anbietern? Wenn ja, welche?
26) Gibt es Kosten im Zusammenhang mit der Aktion für die Supermarkt- und Drogerieketten (inkl. Lagerungskosten), die nicht von Ihrem Ressort getragen wurden? Wenn ja, welche und von wem wurden diese getragen?
C) In der Anfragebeantwortung 1739/AB auf die Anfrage 1713/J wird die Qualität der „Grippeschutzmasken“ mit FFP 1 angegeben. Masken dieser Qualität schützen aber nicht vor Viren. Dafür wären Atemschutzmasken der Klasse FFP 3 notwendig gewesen und wurden auch von der WHO so empfohlen.
27) Welche Kriterien haben Ihr Ressort veranlasst, Masken der Qualität FFP 1 auszuwählen?
28) Gab bzw. gibt es eine Empfehlung Ihrer zuständigen Sektion oder einer anderen Einrichtung des Gesundheitswesens in Österreich, die sich für Masken der Qualität FFP 1 im Pandemiefall ausspricht? Wenn ja, wie lautet diese Empfehlung im Detail?
29) Der Rechnungshof schreibt in seinem Bericht 2008/10, dass das Gesundheitsressort für sein Schlüsselpersonal Schutzmasken im Wert von rund 1.400 Euro erworben hat. Welcher Qualität waren diese Schutzmasken und wie hoch war deren Ankaufspreis pro Stück?
30) Eine einfache aktuelle Internet-Recherche zu Atemschutzmasken der Klasse FFP 1 ergibt, dass Packungsgrößen zwischen 10 und 20 Stück üblich sind, die Preise bei steigenden Abnahmezahlen stark fallen und so schon im Einzelhandel Stückpreise erzielt werden können, die unter den vom Ministerium über „Marktforschung“ angeblich festgestellten Preisen liegen. Auch der Rechnungshof argumentierte damit, dass die Konsumenten bei der Verkaufsaktion „einen mehr als doppelt so hohen Stückpreis wie öffentliche Einrichtungen bei der Beschaffung von rd. 1 Millionen Stück Schutzmasken der gleichen Kategorie und Norm zu bezahlen“ hatten. Ihr Ressort hielt damals völlig unverständlich daran fest, dass der hohe Preis bei der Verkaufsaktion durch die unterschiedliche Verpackung und Logistik begründet sei. Diese Argumentation ist nicht nachvollziehbar, ja geradezu grotesk. Welche Beurteilung über Ankaufspreis und Qualität der Masken treffen Sie bzw. Ihr Ressort aus heutiger Sicht?
31) Gab bzw. gibt es Ankäufe von Grippeschutzmasken für Schlüsselpersonen durch Ihr Ressort seit 2006? Wenn ja, mit welchen Konditionen für wie viele Personen? Wenn nein, warum nicht?